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3. Material und Methoden

3.1. Antimikrobielle Wirksamkeit organischer Säuren

3.1.1. Untersuchungen in vitro

3.1.1.1. Auswahl der organischen Säuren und Campylobacter spp.-Isolate 19

gegenüber Campylobacter spp. wurden folgende zehn organische Säuren ausgewählt: Propionsäure, Ascorbinsäure, Weinsäure, Sorbinsäure, Benzoesäure, Fumarsäure, Caprylsäure, Ameisensäure (Carl Roth GmbH + Co. KG, Karlsruhe, Deutschland) und Essigsäure (E. Merck KG, Darmstadt, Deutschland). Die Auswahl der organischen Säuren erfolgte nach verschiedenen Kriterien wie der bisherigen Anwendungshäufigkeit in der Hähnchenmast, der antimikrobiellen Wirksamkeit oder ihren jeweiligen chemischen Eigenschaften. So sollte eine möglichst große Bandbreite unterschiedlicher organischer Säuren in die Studie mit einbezogen werden.

Propionsäure, Ameisensäure und Essigsäure wurden ausgewählt, da sie bereits in der Vergangenheit vielfach in der Hähnchenmast eingesetzt wurden und im Vergleich beispielsweise zur Caprylsäure niedrige pKs-Werte, kurze Kohlenstoffketten und eine sehr gute Wasserlöslichkeit aufweisen. Fumarsäure und Weinsäure als Dicarbonsäuren sowie Benzoesäure als aromatische Carbonsäure unterscheiden sich in ihrer chemischen Struktur von anderen organischen Säuren (Tabelle 1, Kap. 2.2.1.).

Auch Ascorbinsäure als vinyloge organische Säure besitzt eine besondere chemische Struktur. Darüber hinaus zeigte sie in früheren Studien zwar eine sehr gute antimikrobielle Wirksamkeit (FLETCHER et al. 1983; JUVEN u. KANNER 1986), wurde aber in den darauffolgenden Jahren nicht weiter auf ihren reduzierenden Effekt gegenüber Campylobacter spp. in der Hähnchenmast untersucht. Caprylsäure, Capronsäure und Sorbinsäure zeigten bereits in früheren Studien eine sehr gute antimikrobielle Wirksamkeit und wurden aus diesem Grund in die Studie mit einbezogen (SOLIS DE LOS SANTOS et al. 2008; HERMANS et al. 2012a; GRILLI et al. 2013). Mit Ausnahme von Caprylsäure und Capronsäure sind die ausgewählten organischen Säuren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 als

3. Material und Methoden 20

Futtermittelzusatzstoff in der Europäischen Union zugelassen (EUROPEAN COMMISSION 2019).

Die minimale Hemmkonzentration (MHK) der organischen Säuren wurde bei zwei unterschiedlichen pH-Werten (pH 6,0 und pH 7,3) ermittelt. Dazu wurden für jede organische Säure zwei Stammlösungen mit jeweils der doppelten Konzentration der ersten Verdünnungsstufe angefertigt (Tabelle 2). Die entsprechende Masse an organischer Säure wurde mit Hilfe einer Feinwaage (Präzisions-Waage Pioneer, PX523, Nänikon, Schweiz) eingewogen und in 20 mL Kationen-adjustierte Mueller-Hinton Bouillon (CAMHB, Carl Roth GmbH + Co. KG, Karlsruhe, Deutschland) in Lösung gebracht. Das Einstellen der pH-Werte auf 6,0 bzw. 7,3 erfolgte durch Zugabe von 2 mol/L und 8 mol/L Natriumhydroxid. Anschließend wurde die Lösung mit dem entsprechenden Volumen an CAHMHB auf ein Endvolumen von 50 mL aufgefüllt. Es wurden 11 zweifache Verdünnungsreihen in CAMHB angefertigt, die zuvor auf einen pH-Wert von 7,3 bzw. 6,0 eingestellt worden war.

Tabelle 2: Übersicht über die getesteten Konzentrationsstufen und die eingewogene Masse der organischen Säuren bezogen auf die erste Verdünnungsstufe.

Säurename mEinwaagea Caprylsäure 0,508 0,031-32 Propionsäure 3,833 0,5-512 Sorbinsäure 0,598 0,063-64 Essigsäure 2,928 0,5-512 Capronsäure 0,800 0,063-64 Ameisensäure 1,933 0,5-512 Ascorbinsäure 0,342 0,031-32 Weinsäure 4,298 0,5-512 Benzoesäure 0,592 0,063-64 Fumarsäure 3,624 0,5-512

amEinwaage = eingewogene Masse der jeweiligen organischen Säure bezogen auf die erste Verdünnungsstufe (doppelte Konzentration der Endkonzentration).

Es wurden 20 C. jejuni- und 10 C. coli-Isolate in die Untersuchungen einbezogen (Tabelle 3). Das Testpanel bestand sowohl aus Typ- und Referenzstämmen als auch aus aktuellen Feldisolaten aus Hähnchenmastanlagen, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit bisherigen Studien zu erhöhen und ein möglichst aktuelles Bild der

3. Material und Methoden 21

Empfindlichkeitssituation in der Campylobacter spp.-Population zu erhalten. Die Isolate wurden in Kryoröhrchen (Carl Roth GmbH + Co. KG, Karlsruhe, Deutschland) bei -80°C aufbewahrt. Zur Anzucht wurden die Isolate zunächst auf Columbia Agar supplementiert mit Schafsblut (Oxoid Deutschland GmbH, Wesel, Deutschland) ausgestrichen und für 48 Stunden im Brutschrank (CO2 Brutschrank CB 160, Fa.

BINDER GmbH, Tuttlingen, Deutschland) bei 42 ± 1 °C mikroaerob (10 % CO2, 5 % O2, 85 % N2) bebrütet.

Tabelle 3:Übersicht der verwendeten Campylobacter spp.-Isolate

C. jejuni C. coli

Isolat Herkunft Isolat Herkunft

Campy_If37a Hähnchen Campy_If49a Hähnchen

Campy_If70a Hähnchen Campy_If52a Hähnchen

Campy_If73a Hähnchen Campy_If87a Hähnchen

Campy_If83a Hähnchen Cc1a Hähnchen

Campy_If86a Hähnchen Cc2a Hähnchen

Campy_If90a Hähnchen Cc4a Hähnchen

Campy_IfM3a Hähnchen Cc7a Hähnchen

Cj3a Hähnchen Cc21a Hähnchen

Cj5a Hähnchen BfR-CA-09557 Hähnchen

Cj8a Hähnchen DSM 4689 Schweinekot

Cj9a Hähnchen

a Die Feldisolate sind Teil der Stammsammlung des LMQS und wurden zwischen Juli 2005 und Januar 2018 aus Proben aus Masthähnchenställen isoliert.

3. Material und Methoden 22

3.1.1.2. Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration

Die minimale Hemmkonzentration (MHK) der organischen Säuren gegenüber den 20 C. jejuni- und 10 C. coli-Isolaten wurde mittels der Bouillon-Mikrodilutionsmethode ermittelt. Der MHK-Wert ist definiert als die niedrigste Konzentration einer organischen Säure, die makroskopisch sichtbares bakterielles Wachstum verhindert. Die Testung erfolgte in Anlehnung an die im Dokument VET-01-A4 aufgeführten Empfehlungen der Richtlinien des Clinical & Laboratory Standards Institute (CLSI 2013). Zur Herstellung der Bakteriensuspensionen wurden die Campylobacter spp.-Isolate auf Columbia Agar (supplementiert mit Schafsblut) ausgestrichen und für 24 Stunden mikroaerob bei 41,5°C ± 1°C bebrütet. Es wurden 50 µL der organischen Säuren in der jeweils doppelten Konzentration der Endkonzentration in die Vertiefungen einer 96-Well Platte mit einem U-Boden (Sarstedt AG & Co. KG, Nümbrecht, Deutschland) gegeben. Die gewachsenen Kolonien der Übernachtkulturen wurden in einer sterilen 0,8 % Natriumchlorid (NaCl) Lösung suspendiert und mit Hilfe eines Densimaten auf einen McFarland Standard von 0,5 eingestellt (ca. 1-2 x 108 KbE/mL). Das Prinzip des McFarland Standards beruht darauf, dass anhand der Trübung einer Bakteriensuspension die Keimkonzentration eingeschätzt werden kann und auf diese Weise Inokula mit einer definierten Bakterienkonzentration hergestellt werden können.

Die Bakteriensuspension wurde anschließend 1:100 in CAMHB verdünnt. Die CAMHB war zuvor für die Testung bei zwei unterschiedlichen pH-Werten auf einen pH von 6,0 oder pH 7,3 eingestellt und mit 5 % fetalem Kälberserum supplementiert worden (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Taufkirchen, Deutschland). Von den verdünnten Bakteriensuspensionen wurden 50 µL in die jeweiligen Vertiefungen der Mikrotiterplatte überimpft. Für jedes Isolat wurde eine Positivkontrolle bestehend aus 50 µL CAMHB und 50 µL der Bakteriensuspension angefertigt. Der C. jejuni-Stamm DSM 4688 und der C. coli Stamm DSM 4689 dienten als Qualitätskontrollstämme und wurden in jedem Versuchsdurchgang mitgeführt. Die MHK-Werte der beiden Qualitätskontrollstämme wurden zuvor dreimalig sowohl mittels der Bouillon-Mikrodilutionsmethode als auch der Bouillon-Makrodilutionsmethode getestet. Nach einer Bebrütungszeit von 48 Stunden bei 42°C ± 1 °C in mikroaerober Atmosphäre wurden die MHK-Werte abgelesen.

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