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3. Material und Methoden

3.2. Nachweis möglicher Adaptationen nach Säurebehandlungen von

3.2.1. Untersuchungen in vitro

3.2.1.1. Auswahl der organischen Säuren und Campylobacter spp.-Isolate Die beiden organischen Säuren Propionsäure und Sorbinsäure wurden für die Adaptationsversuche ausgewählt. Beide organische Säuren sind in der Europäischen Union als Futtermittelzusatzstoff zugelassen und können damit unmittelbar in der Praxis eingesetzt werden (EUROPEAN COMMISSION 2019). Zudem wurde die antibakterielle Wirksamkeit beider organischen Säuren sowohl in In-vitro- als auch in In-vivo-Versuchen nachgewiesen (CHAVEERACH et al. 2002; VAN DEUN et al. 2008;

SKÅNSENG et al. 2010; GRILLI et al. 2013; JANSEN et al. 2014). Darüber hinaus spielen beide organische Säure als Konservierungsmittel eine wichtige Rolle in der Lebensmittelproduktion (THERON u. LUES 2011). In der vorliegenden Studie zeigte Sorbinsäure unter allen als Futtermittelzusatzstoff zugelassenen organischen Säuren die niedrigsten und Propionsäure nach Benzoesäure die drittniedrigsten MHK90-Werte.

Die beiden organischen Säuren unterscheiden sich dabei in ihren chemischen Eigenschaften. Sorbinsäure weist mit einem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten von 1,33 eine vergleichsweise niedrige Wasserlöslichkeit auf, während Propionsäure mit einem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten von 0,33 eine relativ gute Wasserlöslichkeit aufzeigt.

Aus dem Panel an Campylobacter spp.-Isolaten (s. Kap. 3.1.1.1.) wurden die beiden C. jejuni-Isolate Cj5 und Cj18 sowie das C. coli Isolat Cc7 für die Adaptationsversuche ausgewählt. Ein Kriterium war, dass aktuelle Feldisolate aus Hähnchenmastbetrieben mit Vertretern aus beiden Campylobacter spp.-Spezies in die Untersuchungen einbezogen werden sollten. Zudem wurden die ermittelten MHK-Werte für Propionsäure und Sorbinsäure bei der Auswahl berücksichtigt. Die beiden C. jejuni-Isolate zeigten mit 2 mmol/L (Sorbinsäure) und 32 mmol/L (Propionsäure) bei pH 7,3 vergleichsweise niedrige MHK-Werte, wohingegen das C. coli Isolat Cc7 bei pH 7,3 vergleichsweise hohe MHK-Werte von 4 mmol/L für Sorbinsäure und 64 mmol/L für Propionsäure aufwies.

3. Material und Methoden 33

3.2.1.2. Adaptationsversuche

Die drei ausgewählten Campylobacter spp.-Isolate wurden schrittweise steigenden Konzentrationen von Sorbinsäure und Propionsäure ausgesetzt.

Zunächst wurden Stammlösungen mit einer Konzentration von 3000 mmol/L für Propionsäure und 1000 mmol/L für Sorbinsäure in CAMH Bouillon angefertigt. Die Stammlösungen wurden mit Hilfe von 2 mol/L und 8 mol/L Natronhydroxid auf einen pH-Wert von 7,3 eingestellt. Als festes Nährmedium wurde Mueller-Hinton Agar (MHA, Carl Roth GmbH & Co. KG, Karlsruhe, Deutschland) verwendet, der auch für Empfindlichkeitsuntersuchungen empfohlen wird (VET01-A4 des CLSI (CLSI 2013)).

Der MHA wurde für die Adaptationsversuche mit 5 % defibriniertem Schafblut supplementiert (Oxoid, Wesel, Deutschland). Um Agarplatten mit unterschiedlichen Konzentrationen der jeweiligen organischen Säure zu erhalten, wurde das entsprechende Volumen der Stammlösung dem unter Hitzeeinfluss verflüssigten und auf 50°C abgekühlten Nährmedium zugegeben und gründlich untergemischt. Das Volumen der zugesetzten organischen Säurelösung wurde bei der Vorbereitung des Agars berücksichtigt, um einen Verdünnungseffekt zu vermeiden. Zuvor wurde das Wachstumsverhalten der verwendeten Isolate auf Agarplatten supplementiert mit organischen Säuren untersucht und die Startkonzentration ermittelt. Basierend auf den Ergebnissen wurden die Konzentrationen der ersten Stufe für die Adaptationsversuche gemäß den Angaben in Tabelle 6 gewählt. Für die weiteren Adaptationsversuche der Isolate wurden MH Agar mit steigenden Konzentrationen an Sorbinsäure (Konzentrationsschritte: 0,25-2 mmol/L) bzw. Propionsäure (Konzentrationsschritte: 2 mmol/L) angefertigt und bis zur Verwendung bei 7°C gelagert.

3. Material und Methoden 34

Tabelle 6: Erste Konzentrationsstufe der organischen Säuren im Agar im Rahmen der Adaptationsversuche.

Startkonzentration der organischen Säuren in Agarplatten (mmol/L)

Isolat Adaptiert an Sorbinsäure Propionsäure

C. jejuni Cj5 Sorbinsäure 2,5 -

Propionsäure - 58,0

C. jejuni Cj18 Sorbinsäure 2,5 -

Propionsäure - 62,0

C. coli Cc7 Sorbinsäure 4,0 -

Propionsäure - 66,0

Für die schrittweise Adaptation an steigende Konzentrationen der organischen Säuren wurden jeweils mehrere gewachsene Kolonien auf die Agarplatten mit der nächsthöheren Konzentration überimpft. Nach jeder Überimpfung wurden die Kulturen für 24 bis 48 Stunden mikroaerob bei 42 ± 1 °C bebrütet. Dieses Prozedere wurde jeweils bis zu einer Konzentration an organischer Säure wiederholt, die das bakterielle Wachstum verhinderte. Somit wurde die höchste Konzentration an organischer Säure ermittelt, die noch sichtbares Bakterienwachstum erlaubte.

3.2.1.3. Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration und Stabilität der Adaptation

Nach Abschluss der schrittweisen Adaptation wurden die MHK-Werte der C. jejuni-Isolate Cj5, Cj18 sowie des C. coli Isolats Cc7 mittels der Bouillon-Mikrodilutionsmethode, wie in Kap. 4.1.3. beschrieben, bestimmt.

Darüber hinaus wurde die Stabilität der Adaptation untersucht. Dazu wurden insgesamt sechs adaptierte Isolate alle 24 Stunden an zehn aufeinanderfolgenden Tagen auf MHA ohne Zusatz von organischen Säuren überimpft. Die Inkubation der Agarplatten erfolgte mikroaerob bei 42 ± 1 °C. Anschließend wurden die MHK-Werte der Isolate mittels Bouillon-Mikrodilutionsmethode wie oben beschrieben ermittelt (s.

4.1.3). Adaptierte Isolate, die nach der zehnmaligen Überimpfung eine erhöhte Empfindlichkeit (niedrigere MHK-Werte) zeigten, wurden erneut insgesamt zehn Mal

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überimpft. In diesem Fall wurden die MHK-Werte zusätzlich nach fünf, sechs, sieben, acht und neun Überimpfungen ermittelt.

3.2.1.4. Wachstumsverhalten der Isolate in Co-Kultur

Mit Hilfe von Kompetitionsversuchen wurde das Wachstumsverhalten der adaptierten Isolate in direkter Konkurrenz zu ihren Ursprungsisolaten untersucht.

Der Ablauf der Kompetitionsversuche ist in Abbildung 4 schematisch dargestellt. Zur Herstellung der jeweiligen Bakteriensuspension wurden Kolonien einer Übernachtkultur in eine 0,8 %ige Natriumchlorid (NaCl) Lösung überführt und mit Hilfe eines Densimaten auf einen McFarland Standard von 0,5 eingestellt. Anschließend wurden die Bakteriensuspensionen 1:10 in einer 0,8 %igen NaCl-Lösung verdünnt, um eine Bakterienkonzentration von circa 1 x 107 KbE/mL zu erhalten. Von diesen Bakteriensuspensionen der adaptierten Isolate und der dazugehörigen nicht-adaptierten Ursprungsisolate wurden jeweils 100 µL in einen Kolben mit 19,8 mL CAMHB supplementiert mit 5 % fetalem Kälberserum überimpft. Die bakterielle Endkonzentration betrug damit für das adaptierte Isolat und das Ursprungsisolat jeweils 5 x 105 KbE/mL. Die Kolben wurden auf einem Akku-Schüttler (Battery Shaker KM 2 Akku, Edmund Bühler GmbH, Bodelshausen, Deutschland) mit 130 Umdrehungen pro Minute geschüttelt und mikroaerob bei 42 ± 1 °C inkubiert. Alle 12 Stunden (C. jejuni Cj5 und C. coli Cc7) bzw. auf Grund einer längeren Generationenzeit alle 24 Stunden (C. jejuni Cj18) wurden 100 µL aus den Flüssigkulturen entnommen und 1:10 in 0,8 % NaCl verdünnt. Von den verdünnten Bakteriensuspensionen wurden 200 µL in einen frischen Kolben mit 19,8 mL CAMHB überimpft. Die Bestimmung der Bakterienkonzentrationen erfolgte bei jeder zweiten Überimpfung in einen frischen Kolben, den Überimpfungsintervallen entsprechend folglich alle 24 Stunden (C. jejuni Cj5 und C. coli Cc7) bzw. alle 48 Stunden (C. jejuni Cj18). Für jede Bakterienkultur bestehend aus dem adaptierten Isolat und dem entsprechenden Ursprungsisolat wurde eine zehnfache Verdünnungsreihe angefertigt.

Anschließend wurden 100 µL der Verdünnungsstufen im Doppelansatz sowohl auf MHA ohne Zusatz organischer Säure als auch auf MHA mit Zusatz von Sorbinsäure bzw. Propionsäure pipettiert und gleichmäßig mit Hilfe eines Spatels auf der

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Agaroberfläche ausgestrichen. Die Säurekonzentrationen der organischen Säuren wurden dabei je nach Campylobacter Isolat unterschiedlich gewählt. Sorbinsäure wurde in Konzentrationen von 7 mmol/L (C. jejuni-Isolate Cj5 und Cj18) oder 18 mmol/L (C. coli-Isolat Cc7) zugesetzt, während Propionsäure in Konzentrationen von 90 mmol/L (C. jejuni-Isolate Cj5 und Cj18) oder 115 mmol/L (C. coli-Isolat Cc7) dem MHA zugesetzt wurde. Die zugesetzten Konzentrationen der organischen Säuren wurden basierend auf den Ergebnissen von Vortests so gewählt, dass das bakterielle Wachstum des jeweiligen nicht-adaptierten Ursprungsisolats vollständig gehemmt wurde, während das Wachstum des adaptierten Isolats nicht beeinträchtigt wurde. Die Konzentration der nicht-adaptierten Ursprungsisolate wurde als Differenz der jeweils berechneten Konzentrationen ohne und mit Zusatz organischer Säuren berechnet. Die Kompetitionsversuche wurden dreimal durchgeführt.

Abbildung 4: Schematische Darstellung der Kompetitionsversuche.

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3.2.1.5. Wachstumsverhalten der Isolate in Reinkultur

Das Wachstumsverhalten der adaptierten Isolate und der Ursprungsisolate in Reinkultur wurde unter zwei verschiedenen Wachstumsbedingungen untersucht. Zum einen wurde das Wachstum in CAMHB ohne Zusatz organischer Säure untersucht und zum anderen erfolgte die Kultivierung in CAMHB supplementiert mit sub-inhibitorischen Konzentrationen der organischen Säure. Die Konzentration der supplementierten organischen Säure entsprach dabei jeweils 50 % des MHK-Werts, der in der vorliegenden Arbeit für die Ursprungsisolate ermittelt worden war. Die Bakteriensuspensionen und die mit organischer Säure supplementierte CAMHB wurden gemäß den unter 4.1.3. bzw. 4.1.1. beschriebenen Anweisungen für die Bouillon-Mikrodilutionsmethode angefertigt. Es wurden 200 µL der Bakteriensuspension und 200 µL CAMHB bzw. CAMHB supplementiert mit organischer Säure in die Vertiefungen einer 48-Well Mikrotiterplatte mit F-Boden (Sarstedt AG & Co. KG, Nümbrecht, Deutschland) überführt und unter ständigem Schütteln für 37 Stunden mikroaerob bei 42 ± 1°C inkubiert. Alle 60 Minuten erfolgte mit Hilfe des Tecan Spark Platereader (Tecan Austria GmbH, Grödig, Österreich) eine automatische Messung der optischen Dichte bei 600 nm (OD600). Eine mikroaerobe Atmosphäre mit 10 % CO2 und 5 % O2 wurde mit Hilfe eines Gasregelmoduls erreicht.

Um die OD600 der gewachsenen Bakterienpopulation bereinigt um die optische Dichte der CAMHB zu erhalten, wurde die OD600 der CAMHB von den einzelnen Messdaten subtrahiert.

3.2.1.6. Statistik

Die statistischen Auswertungen erfolgten mit Hilfe der Software R (R CORE TEAM 2019).

Die Ergebnisse der Kompetitionsversuche wurden mittels einer linearen Regressionsanalyse angelehnt an RENSCH et al. (2015) ausgewertet. Zunächst wurde für jeden untersuchten Zeitpunkt der drei Wiederholungsuntersuchungen die Log10 Differenz (LD) zwischen dem Ursprungsisolat und dem adaptierten Isolat berechnet. Mit Hilfe eines linearen Regressionsmodells wurde eine Anpassungsgerade der LD Werte über die Zeit berechnet. Dabei wurde die

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Anpassungsgerade durch den Nullpunkt gelegt, um zum Zeitpunkt Null die gleichen Bakterienkonzentrationen für die adaptierten Isolate und die Ursprungsisolate zu erhalten. Der geschätzte Regressionskoeffizient Kc war dabei gleich der Differenz zwischen der Konstante der Wachstumsrate des Ursprungsisolats und der Konstante des adaptierten Isolats (RENSCH et al. 2015). Darüber hinaus wurden Unsicherheitsintervalle von 95 % für den geschätzten Regressionskoeffizienten Kc, für die zeitabhängigen mittleren LD Werte und für die einzelnen LD Werte eines jeden Campylobacter spp.-Isolats bestimmt.

Die statistische Auswertung der Versuche zum Wachstumsverhalten der Isolate in Reinkultur erfolgte mittels des R Pakets growth-rates. Dazu wurden die OD600 Kurven mithilfe der in dem R Paket implementierten Gompertz-Funktion modelliert. Die Modellierung erlaubte eine Abschätzung der maximalen Wachstumsrate (µmax) und der Lag-Phase (tlag). Mit Hilfe des nicht-parametrischen Mann-Whitney-U-Tests wurde überprüft, ob sich die Werte der adaptierten Isolate und der entsprechenden Ursprungsisolate signifikant voneinander unterscheiden (p < 0.05).

3.2.2. Untersuchungen in vivo

3.2.2.1. Gewinnung von Re-Isolaten

Zur Überwachung der Empfindlichkeit des inokulierten C. jejuni-Stamms wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Tierversuchs (s. Kap. 3.1.2.) Re-Isolate gesammelt (Abb. 5). Die insgesamt 90 Re-Isolate wurden zu vier unterschiedlichen Zeitpunkten gewonnen: (i) der inokulierte C. jejuni-Stamm am Tag der Inokulation, (ii) ein Re-Isolat pro Seeder (n = 18) 2 dpi, (iii) ein Isolat pro Sentinel (n = 36) 11 dpi, (iiii) ein Re-Isolat pro Sentinel (n = 36) aus dem Zäkum 23 dpi. Die Re-Re-Isolate wurden den mCCD-Agar-Platten zur semiquantitativen Keimzahlbestimmung entnommen (Kap. 4.3.3.) und in Magermilchröhrchen bei -80°C gelagert. Vor Durchführung der Empfindlichkeitstestung wurden die Isolate auf Columbia Agar supplementiert mit Schafblut ausgestrichen und für 48 Stunden mikroaerob bei 42 ± 1 °C inkubiert.

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Abbildung 5: Zeitpunkte, an denen Re-Isolate während des Tierversuchs gewonnen wurden. Die vier Zeitpunkte sind mit einem Sternchen markiert.

3.2.2.2. Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration der Re-Isolate

Für die MHK-Wert Testung der Re-Isolate wurden zwei Stammlösungen der Säurekombination mit einer Gesamtkonzentration von 64 mmol/L in CAMH gemäß der unter Kap. 4.1.4. aufgeführten Anweisungen angefertigt. Der pH-Wert einer der beiden Stammlösung wurde auf 7,3 eingestellt. Abweichend von Kap. 4.1.4. wurde der pH-Wert der zweiten Stammlösungen auf 6,0 eingestellt. Anschließend wurden 11 zweifache Verdünnungsreihen in CAMHB mit einem pH-Wert von 7,3 bzw. 6,0 angefertigt.

Die Bestimmung der MHK-Werte erfolgte mittels der in Kap. 4.1.3. beschriebenen Bouillon-Mikrodilutionsmethode. Die MHK-Werte aller Re-Isolate wurden bei pH 7,3 getestet. Darüber hinaus wurden nach dem Zufallsprinzip 18 Re-Isolate ausgewählt, deren Empfindlichkeit zusätzlich bei pH 6,0 bestimmt wurde.

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