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6. Zusammenfassung der Ergebnisse und übergreifende Diskussion

6.1. Antimikrobielle Wirksamkeit der organischen Säuren

6.1.2. Einfluss der Konzentration

Der Vorteil von organischen Säuren bzw. Säurekombinationen mit niedrigen MHK-Werten ist, dass sie bereits in geringen Konzentrationen das Wachstum von Campylobacter spp. hemmen können. Die In-vitro-Untersuchungen zeigten, dass dies insbesondere für Säurekombinationen gilt. So waren die MHK90-Werte der in vivo eingesetzten organischen Säuren der Säurekombination CI 2,5-fach (Sorbinsäure) bis 160-fach (Essigsäure) reduziert im Vergleich zu den MHK90-Werten der Einzeltestung (Publikation 1). Laut AHMAD et al. (2005) bietet eine Kombination synergistisch wirksamer Komponenten den Vorteil, durch eine Reduktion der MHK-Werte auch die Effektivität in vivo zu steigern. Dies könne dazu beitragen, die Anwendungshäufigkeit zu senken (AHMAD et al. 2005).

Bei der Wahl der Konzentration ist es wichtig zu berücksichtigen, dass organische Säuren im Geflügeldarm unterschiedlichen Absorptions- und Metabolisierungsprozessen unterworfen sind. HUME et al. (1993) untersuchte nach oraler Gabe von radioaktiv markierter Propionsäure die Verteilung der organischen Säure in verschiedenen Organen und Geweben von Masthähnchen. Es zeigte sich, dass von 120 µmol verabreichter Propionsäure nach 15 Minuten lediglich 1,9 % im Darm und 0,5 % im Zäkum nachweisbar waren (HUME et al. 1993). Die niedrigen Konzentrationen im Darm konnten zum einen auf Absorptionsprozesse im Darm zurückgeführt werden, da sowohl im Serum als auch in der Leber radioaktiv markierte Propionsäure nachgewiesen wurde (HUME et al. 1993). Zum anderen konnte durch den Nachweis radioaktiv markierter Derivate wie Essigsäure, Buttersäure oder Milchsäure gezeigt werden, dass Propionsäure im Masthähnchen verschiedenen

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Metabolisierungsprozessen unterworfen ist (HUME et al. 1993). Die Hauptbesiedelungsorte von Campylobacter spp. sind Kolon und Zäkum, allerdings stellen beispielsweise auch der Kropf und der Muskelmagen Reservoire für Campylobacter spp. dar (KHALAFALLA 1990; BYRD et al. 1998; SILVA et al. 2011).

Wendet man die von HUME et al. (1993) ermittelten Werte für Propionsäure auf die in der vorliegenden In-vivo-Studie verwendete Konzentration der Säurekombination an, so könnte die in einer Konzentration von 16 mmol/L applizierte Säurekombination nach 15 Minuten Konzentrationen von 0,30 mmol/L im Darm und 0,08 mmol/L im Zäkum erreichen. Folgt man dieser Annahme, so könnten die angewandten Konzentrationen der Säurekombination in der vorliegenden Studie lediglich zu sub-inhibitorischen Konzentrationen im Kolon und Zäkum der Masthähnchen geführt haben. In der vorliegenden Arbeit wurde anhand von Wachstumsversuchen für zwei C. jejuni- und ein C. coli-Feldisolat gezeigt, dass sub-inhibitorische Konzentrationen von Propionsäure und Sorbinsäure (0,5 x MHK-Wert) zwar eine Verlängerung der Lag-Phasen bewirkten, das bakterielle Wachstum allerdings nicht vollständig verhinderten (Publikation 2). Daher ist es möglich, dass die Konzentration der Säurekombination im Zäkum und Kolon zu niedrig war, um die Campylobacter-Zahlen in diesen Darmabschnitten zu reduzieren.

Im Gegensatz zu der Situation in den hinteren Darmabschnitten der Masthähnchen konnte in der genannten Studie radioaktiv markierte Propionsäure im vorderen Darmabschnitt (Kropf, Drüsenmagen und Muskelmagen) in vergleichsweise hohen Konzentrationen nachgewiesen werden (HUME et al. 1993). Von 120 µmol applizierter Propionsäure waren nach 15 Minuten 23,4 % im vorderen Darmabschnitt nachweisbar (HUME et al. 1993). Auch THOMPSON u. HINTON (1997) wiesen nach Applikation von Ameisensäure und Propionsäure signifikant erhöhte Konzentrationen der beiden organischen Säuren im Kropf und im Muskelmagen nach. Wendet man die von HUME et al. (1993) beschriebenen Verhältnisse auf die vorliegende Studie an, könnte dies bedeuten, dass die in einer Konzentration von 16 mmol/L verabreichte Säurekombination im vorderen Darmabschnitt eine Konzentration von 3,7 mmol/L erreichte. Diese Konzentration entspricht in etwa dem MHK-Wert (4 mmol/L) und könnte diesen Schätzungen zu Folge einen reduzierenden Einfluss auf die

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Campylobacter spp.-Konzentrationen ausgeübt haben. Weitere Untersuchungen sollten darauf abzielen, die in den unterschiedlichen Darmabschnitten erreichten Konzentrationen der organischen Säuren zu bestimmen und den wachstumshemmenden Effekt dieser Konzentration auf Campylobacter spp. in vitro zu evaluieren.

Ein naheliegender Lösungsansatz für die Problematik, dass die Konzentrationen der organischen Säuren während der Darmpassage sinken und damit der antibakterielle Effekt reduziert wird, wäre die Anwendung von höheren Konzentrationen der organischen Säuren. Dies ist allerdings auf Grund mehrerer Faktoren nur bis zu einem gewissen Grad möglich. So beeinträchtigen organische Säuren ab bestimmten Konzentrationen das Tierwohl und die Mastleistung der Hühner. In einer früheren In-vivo-Studie wurde gezeigt, dass die Applikation von Propionsäure über das Tränkewasser in einer Konzentration von 6,7 g/kg die Futteraufnahme sowie die Gewichtszunahme der Masthähnchen reduziert (CAVE 1984). Darüber hinaus nahm mit steigenden Konzentrationen an Propionsäure auch die Mortalität in der Versuchsgruppe (6,7 g/kg Propionsäure: Mortalität von 5 %, 20 g/kg Propionsäure:

Mortalität von 14 %) im Vergleich zur Kontrollgruppe (Mortalität von 1 %) zu (CAVE 1984). Auch für Benzoesäure konnte ab einer Konzentration von 0,2 % im Broilerfutter ein hemmender Effekt auf das Wachstum der Masthähnchen gezeigt werden (JÓZEFIAK et al. 2010). In der vorliegenden Studie konnte kein negativer Effekt auf die Gewichtsentwicklung der Masthähnchen nachgewiesen werden. Die Konzentrationen von Benzoesäure (4,8 mmol/L, 0,04 %) und Propionsäure (3,2 mmol/L, 237 mg/kg) lagen dabei allerdings auch weit unter den von JÓZEFIAK et al.

(2010) und CAVE (1984) eingesetzten Konzentrationen, für die unerwünschte Effekte beschrieben wurden. Neben einer möglichen Beeinträchtigung des Tierwohls und der Mastleistung ist bei der Wahl der Konzentration zu beachten, dass es für verschiedene Futtermittelzusatzstoffe in der Europäischen Union festgelegte Höchstgehalte gibt.

Gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2017/63 beträgt der erlaubte Höchstgehalt von Benzoesäure im Alleinfuttermittel 125 mg/kg. Damit lag die in der experimentellen Studie verabreichten Konzentration an Benzoesäure (4,8 mmol/L, 586 mg/kg) über dem festgelegten Höchstgehalt. Eine Zulassung der Säurekombination als Futter- oder

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Wasseradditiv wäre demnach wahrscheinlich nur in einer niedrigeren Konzentration möglich.