• Keine Ergebnisse gefunden

Tuberkulose beim Rind

Im Dokument Nitratassimilation bei Mykobakterien (Seite 19-23)

2 Literaturübersicht

2.2 Tuberkulose bei Tieren

2.2.1 Tuberkulose beim Rind

Haupterreger der Rindertuberkulose ist M. bovis, das zum M. tuberculosis–Komplex gezählt wird.

Epidemiologie:

M. bovis ist weltweit verbreitet und besitzt ein großes Wirtsspektrum. Dennoch tritt die Rin-dertuberkulose in den meisten entwickelten Ländern wie z. B. Deutschland oder Kanada nur noch selten auf (HUNTER 1996). In Ländern wie Großbritannien oder Neuseeland treten hin-gegen wieder vermehrt Tuberkulosefälle beim Rind auf, da hier vor allem Wildtiere als Erre-gerreservoir zur Verbreitung der Krankheit beitragen (CLIFTON-HADLEY & WILESMITH 1991, MORRIS et al. 1994). In Großbritannien aber auch in Irland ist der Dachs (Meles meles) als Erregerreservoir ermittelt worden (OLEA-POPELKA et al. 2003). Man hat herausgefunden, dass ein infizierter Dachs ungefähr drei Jahre lang M. bovis mit dem Harn oder Kot ausscheidet. Danach kann dieser Keim noch zwei Jahre im Boden überdauern.

Fressen Rinder auf einer solch kontaminierten Weide, können sie sich über das Gras mit dem Erreger infizieren (SHAKESPEARE 2002, QUINN & MARKEY 2003). Über eine geeignete Bekämpfungsmaßnahme mittels Impfung der Dachspopulation in Großbritannien und Irland wird bereits seit Jahren diskutiert (HUGHES et al. 1996, GORMLEY & COSTELLO 2003).

In Neuseeland stellt ein kleines Beuteltier, das Opossum (Trichosurus vulpecula) das größte Erregerreservoir für M. bovis dar (COLEMAN & COOKE 2001, CORNER et al. 2003). Da diese wildlebenden, mit M. bovis infizierten Tiere nur schwer zu bekämpfen sind, stellen sie eine andauernde Gefahr für alle Haustiere dar (DE LISLE et al. 2002).

Wenn Tuberkulose in einem Rinderbestand vorkommt, hängt sie unmittelbar von unterschied-lichen Einflussfaktoren, wie bspw. Besatzdichte, Alter der Tiere, Haltungsweise und Tierver-kehr ab (QUINN & MARKEY 2003). Die Übertragung des Erregers erfolgt hauptsächlich als Tröpfcheninfektion auf aerogenem Weg. Eine orale Aufnahme oder direkter Kontakt mit er-regerhaltigen Ausscheidungen wie Bronchialschleim, Milch, Faeces oder Ejakulat kann aber ebenfalls zu einer Infektion führen (COSIVI et al. 1995). Die bovine Tuberkulose ist eine der wichtigsten Zoonosen. M. bovis kann somit vom Rind auf den Menschen, aber auch vom Mensch auf das Rind übertragen werden (FRITSCHE et al. 2004). In Afrika ist bei Menschen neben einer sehr hohe Infektionsrate mit M. tuberculosis auch die Infektion mit M. bovis sehr häufig. Neben den als Haustieren gehaltenen Rindern, Ziegen und Schafe sind hier auch die wildlebenden Ruminaten wie z. B. Büffel und Carnivoren als Erregerreservoir nicht zu unter-schätzen (AYELE et al. 2004). Weitere mögliche Ansteckungsquellen für Mensch und Rind sind andere Ruminaten, wie Schafe, Ziegen (MORRIS et al. 1994) oder Rotwild, aber auch Zootiere (THOREL et al. 1998), Pferde, Schweine, Hunde und Katzen (O`REILLY &

DABORN 1995).

Pathogenese:

Nach Kontakt mit M. bovis werden die Mykobakterien von Makrophagen aufgenommen, aber nicht inaktiviert. Es entsteht eine lokale Entzündungsreaktion, die auch Primärherd genannt wird. Über afferente Lymphbahnen gelangen die Bakterien in den regionalen Lymphknoten.

Es entsteht der Primärkomplex. Abhängig vom Immunstatus des Wirtes entstehen schiedliche Gewebeschädigungen und Verlaufsformen (PALMER et al. 1999). Man unter-scheidet proliferative und exsudative Entzündungsprozesse. Charakteristisch für die prolifera-tive Reaktion ist die Vermehrung von Lymphozyten und die Stimulation der Makrophagen-aktivität. Die Wechselwirkungen zwischen dem Erreger und den Makrophagen bewirken die Mobilisation von Granulozyten und die Bildung von Riesenzellen. Durch eine typische An-ordnung dieser Entzündungszellen entsteht ein Granulom, das auch Tuberkel genannt wird.

Die zentrale Nekrose des Granuloms kann sekundär verkäsen und anschließend verkalken (BUCHAN & GRIFFIN 1990). Die exsudative Form ist durch Ansammlung eiweißhaltigen Exsudates gekennzeichnet, die zu einer Koagulationsnekrose führt. Ist bei einer Erstinfektion

ein Primärkomplex entstanden, so kann er im günstigsten Fall durch Vernarbung und Verkal-kung abheilen (TRAUTWEIN 2002). Bei einer Beeinträchtigung des Immunsystems kann ein solcher Primärkomplex auch nach längerer stationärer Phase reaktiviert werden. Die Bakteri-en aus dem Tuberkel gelangBakteri-en auf hämato- und lymphogBakteri-enem Wege in andere Organe und bilden multiple Granulome, was als Frühgeneralisation bezeichnet wird. Hierbei kann auch eine Meningitis verursacht werden (ROELS et al. 2003). In einer klinischen Studie wurden die häufigsten Lokalisationen der Granulome untersucht. Es zeigte sich, dass sie vor allem in der Lunge, in den tracheobronchalen und mediastinalen Lymphknoten zu finden sind (PALMER et al. 2002). Die anschließenden postprimären Prozesse treten dann auf, wenn die tuberkulöse Erkrankung erneut aktiviert wird (Exazerbation) oder eine wiederholte exogene Ansteckung (Superinfektion) vorliegt. Kennzeichnend für diesen Prozess ist die kanalikuläre Ausbreitung bspw. über Bronchien, Trachea oder Ducus lactiferi. Sie bedingt eine chronische oder isolierte Organtuberkulose, die auch als „offene Tuberkulose“ bezeichnet wird. Tritt eine zusätzliche Belastung, z.B. durch hohe Milchleistung oder eine Kalbung auf, kommt es letzt-endlich zum Versagen der zellulären Immunantwort und führt zur Sekundärgeneralisation oder Niederbruchphase mit tödlichem Ausgang (QUINN & MARKEY 2003).

Klinik:

In der Phase des Primärkomplexes sind kaum Anzeichen einer Erkrankung festzustellen. Nur während einer Fleischbeschauung können mögliche Veränderungen entdeckt und ein Ver-dacht geäußert werden. Klinisch manifeste Krankheitssymptome, wie Inappetenz, Fieber-schübe, Mattigkeit und schnelle Abmagerung, können erst Jahre später auftreten. Bei der chronischen Rindertuberkulose können je nach betroffenem Organ, matter Husten mit schlei-migen Auswurf, Diarrhoe oder auch eine miliar-tuberkulöse Mastitis entstehen (QUINN &

MARKEY 2003).

Diagnostik:

Um eine sichere Diagnose stellen zu können, sind klinische, bakteriologische, serologische, allergische, molekularbiologische und pathologisch-anatomische Untersuchungsmethoden möglich (TRAUTWEIN 2002).

Das wichtigste diagnostische Instrument war jahrzehntelang der Tuberkulin-Test, der seit 1952 in Deutschland erfolgreich zur Bekämpfung der Tuberkulose eingesetzt wurde. Seit 1978 ist die bovine Tuberkulose in Deutschland getilgt (SELBITZ & BISPING 1995). Heute wird die Tuberkulinprobe nicht mehr regelmäßig durchgeführt. Eine diagnostische

Untersu-chung mittels Originalausstrich kann nach auffälliger SchlachtkörperuntersuUntersu-chung eingeleitet werden.

Liegt ein Tuberkuloseverdacht bei einem lebenden Tier vor, dann kommt der oben genannte Tuberkulin-Test zum Einsatz. Laut der VERORDNUNG ZUM SCHUTZ GEGEN DIE TU-BERKULOSE DES RINDES (Neufassung von 1997) werden 5.000 Internationale Einheiten (IE) Tuberkulin intrakutan an der Schulter oder am Hals injiziert. Drei Tage später wird mit-tels Federkutimeter die Hautdickenzunahme ermittelt (QUINN & MARKEY 2003). Bei einer vorliegenden Mykobakterieninfektion kommt es zu einer allergischen Reaktion vom verzö-gerten Typ (Typ IV) (TRAUTWEIN 2002). Ist eine Hautdickenzunahme von mehr als 4mm zu verzeichnen, ist der Test positiv. Liegt der Wert unter 2mm, so ist der Test negativ. Bei Werten zwischen 2 und 4mm lässt der Test keine klare Bewertung zu (VERORDNUNG ZUM SCHUTZ GEGEN DIE TUBERKULOSE DES RINDES 1997). Bei einer Studie in Großbri-tannien wurden pathologische Untersuchungen an Rindern durchgeführt, die im Tuberkulin-test eine positive Reaktion zeigten. Es zeigte sich, dass in 78% der Fälle auch tuberkulöse Läsionen zu finden waren (CORRY & HINTON 1997). Bei einem zweifelhaften Ergebnis des Tuberkulintests folgt die simultane Untersuchung mit bovinen und aviären Tuberkulin. Fällt dieser Test positiv aus, so wird die Tötung des Tieres angeordnet (VERORDNUNG ZUM SCHUTZ GEGEN DIE TUBERKULOSE DES RINDES 1997). In Australien, Großbritan-nien und Irland wird bei zweifelhaften Befunden die Diagnose durch andere Verfahren, wie Interferon-γ-Test, Enzym-Immunoassay (ELISA engl.: enzyme linked immunosorbend assay) oder über die Amplifizierung der 16S rRNA-Sequenz IS6110 mittels Polymerasekettenreakti-on (PCR) abgesichert (CARTER & WISE 2004). In Neuseeland sind spezielle Bluttests für Rehwild entwickelt worden, da die technische Durchführung des Tuberkulintests sich als sehr schwierig herausstellte. Bei diesem Test werden Lymphzyten, Entzündungsprodukte und An-tikörper untersucht. So gelang erstmals bei dieser Tierart eine diagnostische Maßnahme mit einer Sensivität von 95% und einer Sensibilität von 98% zu etablieren (GRIFFIN & BU-CHAN 1994).

Bekämpfung:

Die bovine Tuberkulose gehört in Deutschland zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen.

Tritt die Tuberkulose auf, so muss gemäß der Verordnung zum Schutz gegen die Tuberkulose vom März 1997 gehandelt werden:

⇒ So müssen alle im Tuberkulintest positiven Tiere getötet werden.

⇒ Besteht nur ein Verdacht, so kann das auffällige Tier getötet werden.

⇒ Heilversuche oder Impfungen sind verboten (VERORDNUNG ZUM SCHUTZ GEGEN DIE TUBERKULOSE DES RINDES 1997).

In Ländern wie Großbritannien und Neuseeland mit einer hohen Prävalenz der Rindertuberku-lose hat die Entwicklung einer geeigneten Vakzine höchste Priorität, um eine langfristige Era-dikation dieser Krankheit zu erreichen (MUSTAFA et al. 2002). Problematisch an der fung ist, das die Spezifität des Tuberkulintests herabgesetzt wird und so nach erfolgter Imp-fung als diagnostisches Mittel wegfällt (SUAZO et al. 2003).

Abschließend wird auf die Infektion mit M. tuberculosis kurz eingegangen, da sie auch beim Rind vorkommen kann, aber nur eine geringe epidemiologische Bedeutung hat.

Eine solche Infektion führt zu minimalen Lymphknotenläsionen, nicht aber zur Ausbildung des typischen generalisierten Tuberkulosekrankheitsbildes. Beachtet werden muss, dass eine M. tuberculosis-Infektion zu einer Tuberkulinsensivität führt (SELBITZ 2002).

Im Dokument Nitratassimilation bei Mykobakterien (Seite 19-23)