• Keine Ergebnisse gefunden

Charakterisierung der Mutante #4376

4 Ergebnisse

4.3 Mutante #4376

4.3.1 Charakterisierung der Mutante #4376

Wie einleitend beschrieben, waren die wichtigsten Charakteristika der Mutante #4376:

- starke Nitritakkumulation im Minimalmedium mit Nitrat als alleinige Stickstoffquelle, - ist nur mit der genomischen Cosmidbibliothek von M. smegmatis zu

komplementie-ren, was vermutlich an der besonderen Promotorspezifität liegt.

- kein Wachstum auf Nährböden mit Nitrat als alleinige Stickstoffquelle.

Aus diesen Aussagen ließ sich ableiten, dass der mutierte Bereich mit der Nitratassimilation unmittelbar in Verbindung steht. Die Nitritakkumulation in Minimalmedium mit Nitrat als alleinige Stickstoffquelle lässt vermuten, dass der Defekt vermutlich im Bereich der assimila-torischen Nitritreduktion liegt.

4.3.2 Komplementationsversuche der Mutante #4376 mit Konstrukten der Cosmidbibliothek von Mycobacterium smegmatis

Bereits die Arbeit von WEBER 1999 zeigt, dass die Mutante #4376 mit der genomischen Cosmidbibliothek von M. smegmatis komplementiert werden kann. Diese Versuche wurden zur Kontrolle wiederholt, indem die Cosmide pIW36-40 in den M. smegmatis #4376-Stamm mittels Elektroporation transformiert wurden. Da die Vektoren der Cosmide eine Hygromy-cinresistenzkassette besaßen, wurden die Transformanten zunächst auf hygromycinhaltigen Platten selektioniert. Die auf diesen Nährböden gewachsenen Kolonien wurden dann auf MB-, MB- mit Nitratzusatz (10mM KNO3) und auf 7H10-Platten aufgebracht und für 5-7 Tage bei 37°C inkubiert. Das Ergebnis zeigte, dass die Cosmide pIW36-40 in der Lage waren, die Mutante #4376 zu komplementieren (siehe Abbildung 19).

Abbildung 19: Wildtyp mc2 155 und die Mutante #4376 mit pIW36-40 komplementiert auf MB-, MB/NO3

-und 7H10-Nährböden

4.3.3 Klonierungsarbeiten zur Einengung des komplementierenden Bereiches Nachdem kontrolliert wurde, dass die Cosmide pIW36-40 komplementierten, wurde der ent-sprechende Bereich von ungefähr 40000bp soweit eingegrenzt, dass das mutierte Gen be-stimmt werden konnte.

Da die Sequenz von M. smegmatis bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig vorlag, wurden zunächst unterschiedliche Restriktionsverdaue der Cosmide mit den Enzymen AccIII, HindIII, KpnI und PvuII durchgeführt. Abbildung 20 zeigt stellvertretend eines der vier Aga-rosegele. Bei der Auswertung wurde darauf geachtet, welche der auftretenden Banden im Agarosegel bei allen fünf Cosmiden vorhanden war. Diese Überlegung basierte auf der Grundlage, dass alle fünf Cosmide in der Lage waren, die Mutante #4376 gleichermaßen zu komplementieren. Deshalb musste bei allen ein identischer Genbereich vorliegen, der sich in einer gleichgroßen Bande bei der Gelelektrophorese darstellen musste. Da der Verdau mit HindIII kein eindeutiges Ergebnis lieferte, wurde mit dem KpnI- und AccIII-Restriktionsverdau weitergearbeitet. Bei dem KpnI-AccIII-Restriktionsverdau zeigte sich eine über-einstimmende Bande mit einer Größe von ungefähr 4000bp. Bei dem AccIII-Verdau lag eine gemeinsame Bande von 3500bp vor.

Abbildung 20 Restriktionsverdau der M. smegmatis –Cosmide pIW36-40 mit dem Enzym KpnI

Diese beiden Banden wurden bei jeweils einem der Cosmide (pIW36 bzw. pIW37) ausge-schnitten und mit dem Vektor pMV306 kan. ligiert. Das Konstrukt mit dem KpnI-Fragment bekam die Bezeichnung pSS8, das Konstrukt mit dem AccIII-Fragment die Bezeichnung pSS22.

4.3.3.1 Klonierungsarbeiten mit dem KpnI-Fragment (pSS8)

Durch die Herstellung von pSS8 wurde der komplementierende Bereich von ungefähr 40000bp auf 4298bp reduziert. Um das entsprechende Gen näher einzugrenzen, mussten noch weitere Klonierungsarbeiten durchgeführt werden. Inzwischen war die Sequenz von M.

smegmatis zwar noch nicht publiziert, die Rohsequenz war im Internet (www.tigr.org) jedoch verfügbar.

Abbildung 21: Insert pSS8

1. Schritt: Zunächst wurde eine Sequenzierung (Primer SS7/SS8) durchgeführt, die eine zu 100% homologe Sequenz zu der von M. smegmatis ergab. Abbildung 21 zeigt eine Restrikti-onskarte der so erhaltenen Sequenz des 4298bp großen KpnI-Fragmentes.

Bei der genaueren Untersuchung der Sequenz wurde ein 2537bp großer Open Reading Frame gefunden. Bei einem Alignment mittels Computerprogramm „Advanced Blast Search“ der NCBI wurde überraschenderweise eine über 80%ige Homologie zu der NirB-Sequenz von M.

tuberculosis gefunden (vollständiges Alignment im Anhang aufgeführt, siehe Kapitel 9.1).

Die Größe des nirB-Gens von M. tuberculosis beträgt 2493bp. Wie in den Abbildungen 23 und 24 zu sehen ist, enthielt das AccIII-Fragment den gesamten ORF, während bei dem KpnI-Fragment Teile fehlten.

2. Schritt: Nachdem nun die benötigte Sequenz vorlag, konnte eine gezielte Deletion in das Konstrukt pSS8 gesetzt werden. Durch ein BsaAI-Restriktionsverdau wurde ein 779bp großes Fragment entnommen, und das übrige Konstrukt religiert. Es erhielt die Bezeichnung pSS10.

Das 779bp große Fragment wurde über die EcoRV-Site mit dem Vektor pMV306 kan. ligiert und als pSS9 bezeichnet. Beide Konstrukte wurden in die Mutante #4376 transformiert. Bei der phänotypischen Überprüfung zeigte sich, dass das Konstrukt pSS10 im Gegensatz zum Konstrukt pSS9 die Mutante komplementieren konnte.

Abbildung 22: Darstellung der möglichen komplementierenden Bereiche von pSS8

Die Tatsache, dass pSS9 die Mutante nicht komplementierte, ließ zwei mögliche Bereiche entstehen, die für die Komplementierung verantwortlich sein konnten. In Abbildung 22 sind diese Bereiche grau hinterlegt und als Bereich 1 und Bereich 2 deklariert.

3. Schritt: Welcher der beiden Squenzbereiche tatsächlich für die Komplementierung verant-wortlich war, sollte mit dem folgenden Klonierungsschritt festgestellt werden. Durch einen Doppelverdau des Plasmids pSS10 mit den Enzymen EcoRI (Restriktionsstelle liegt im Vek-tor direkt im Anschluss an die KpnI-Restriktionsstelle und ist deshalb in Abbildung 24 nicht dargestellt) und XmnI konnte eine große Deletion in dem Bereich 1 gesetzt werden. Nach Ausschneiden der EcoRI/XmnI-Bande und anschließender Religation entstand das als pSS20 bezeichnete Konstrukt. Die phänotypische Überprüfung zeigte, dass das Konstrukt pSS20 die Mutante #4376 komplementieren konnte. Somit wurde bewiesen, dass der in Abbildung 22 dargestellte Bereich 2 für die Komplementierung verantwortlich war.

4.3.3.2 Klonierungsarbeiten mit dem AccIII-Fragment (pSS22)

Durch die Sequenzierung wurde gezeigt, dass bei dem Plasmid pSS22 der gesamte Open Reading Frame vorlag. Aus den Klonierungsarbeiten des KpnI-Fragmentes ging hervor, dass der Teil des ORF, der zwischen der KpnI- und der AccIII-Restriktionsstelle liegt, für die Komplementierung nicht benötigt wurde, da dieser Genomabschnitt nicht in den Konstrukten pSS8, pSS10 und pSS20 enthalten war (siehe auch 23). Deshalb konnte für die folgenden Klonierungsschritte das kleinste noch komplementierende Konstrukt pSS20 aus den vorange-gangenen KpnI-Klonierungsarbeiten verwendet werden.

Abbildung 23: Insert pSS22

1. Schritt: pSS20 wurde verwendet, um durch einen Doppelverdau mit den Enzymen Bsa-AI/HpaI den in Abbildung 22 mit Bereich 1 gekennzeichneten Sequenzabschnitt komplett zu entfernen. Die HpaI-Site liegt im Vektor direkt neben der XmnI-Site und ist deshalb in Abbil-dung 24 nicht aufgeführt. Durch Religation entstand das Plasmid pSS21. Mittels Elektropora-tion wurde das Plasmid in die Mutante #4376 transformiert und phänotypisch auf Wachstum auf Nitrat als alleinige Stickstoffquelle untersucht. Auch dieses Konstrukt befähigte die Mut-ante, wieder auf Nitrat als alleinige Stickstoffquelle zu wachsen. Somit war bewiesen, dass der Bereich 1 nicht verantwortlich für die Nitratassimilation war.

2. Schritt: Im nachfolgenden Klonierungsschritt wurde pSS21 dazu verwendet, den Bereich 2 (siehe Abbildung 22) weiter einzugrenzen. Durch Anwendung eines PvuII/KpnI-Verdaus wurde ein 251bp großes Sequenzstück ausgeschnitten. Mittels Religation wurde das Plasmid pSS24 hergestellt und in die Mutante #4376 transformiert.

Abbildung 24: Übersicht der komplementierenden Konstrukte der Mutante #4376 (ohne Darstellung des Vektoranteils)

3. Schritt: Im letzten Abschnitt der Untersuchungen wurde der Bereich 2 noch weiter ver-kürzt. Hierzu wurde wieder das Plasmid pSS20 verwendet. Durch den Einsatz des Enzyms SacII wurde ein 1384bp großes Fragment über die SacII-Restriktionsstelle in den Vektor pMV306 kan. kloniert. pSS25 bildete das Ergebnis dieser Klonierung.

Ein weiterer Verdau von pSS20 sollte den Bereich 2 bis zur FseI-Restriktionsstelle verkürzen.

Es wurden die Enzyme FseI und HpaI verwendet. HpaI gehört zur Multiple-Cloning-Site des

Vektors und liegt unmittelbar neben der KpnI-Restriktionsstelle. Durch diesen Verdau wurde das zu untersuchende Fragment auf 815bp eingegrenzt. Das durch Religation entstandene Plasmid wurde als pSS23 bezeichnet.

4.3.3.3 Phänotypische Untersuchung der erstellten Konstrukte

Alle erstellten Konstrukte wurden durch Anwendung einer Elektroporation in die Mutante

#4376 transformiert und danach auf Wachstum mit Nitrat als alleinige Stickstoffquelle unter-sucht. Als Kontrollplatten wurden MB- und 7H10-Nährböden verwendet.

Es zeigte sich, dass die Konstrukte pSS8, pSS10 und pSS20, die aus den KpnI-Klonierungsarbeiten entstanden waren, die Mutante #4376 komplementieren konnten. Auf den Nährböden mit Nitrat als alleinige Stickstoffquelle zeigten sie starkes Wachstum. Nur das Konstrukt pSS9 konnte die Mutante #4376 nicht komplementieren, so dass lediglich Hinter-grundwachstum zu verzeichnen war (siehe auch Abbildung 25).

Abbildung 25: Komplementierung der Mutante #4376 mit den Konstrukten pSS8-10 und pSS20

Die Konstrukte, die durch Klonierungen des AccIII-Fragmentes entstanden sind, wurden ebenfalls phänotypisch untersucht. Komplementierende Eigenschaften wurden bei den Kon-strukten pSS22, pSS21 und pSS24 festgestellt. Die Konstrukte pSS23 und pSS25 konnten die Mutante #4376 nicht komplementieren, so dass auf den nitrathaltigen Nährböden kein Wachs-tum zu sehen war (siehe auch Abbildung 26).

Abbildung 26: Komplementierung der Mutante #4376 mit den Konstrukten pSS21, pSS23-25

4.3.4 Komplementationsversuche der Mutante #4376 mit der Nitritreduktase von M. tuberculosis

Da sich bei dem Sequenzvergleich zwischen dem untersuchten ORF1 von M. smegmatis und dem nirB-Gen von M. tuberculosis eine Homologie von über 80% herausstellte, wurde im Anschluss ein Komplementationsversuch der Mutante #4376 mit der Nitritreduktase von M.

tuberculosis durchgeführt.

In Vorarbeiten zu dieser Dissertation wurden Expressionskonstrukte der Nitritreduktase von M. tuberculosis hergestellt. Die Konstrukte pSM32-1 und pSM32-2 beinhalten die Nitritre-duktase (NirB) von M. tuberculosis.

Beide Konstrukte wurden mittels Elektroporation in die M. smegmatis Mutante #4376 trans-formiert und nach der Selektion auf antibiotikahaltigen Nährböden auf MB-, MB- mit Nitrat-zusatz und 7H10-Platten aufgebracht. Nach einer 5-7 tägigen Inkubationszeit bei 37°C wur-den die Platten beurteilt.

Es stellte sich heraus, dass erstaunlicherweise trotz hoher Homologie zu dem nirB-Gen von M. tuberculosis die Mutante #4376 nicht komplementiert werden konnte (siehe Abbildung 27).

Abbildung 27 Komplementationsversuch der Mutante #4376 mit Nitritreduktase (pSM32-1 und pSM32-2) von M. tuberculosis

4.3.5 Komplementationsversuch einer nirB-Mutante von Mycobacterium tuber-culosis mit dem Cosmid pIW36 von Mycobacterium smegmatis

Abschließend wurde der Gegenversuch durchgeführt und das Cosmid pIW36 der genomi-schen Cosmidbibliothek von M. smegmatis in eine ∆nirB-Mutante von M. tuberculosis trans-formiert. Die ∆nirB-Mutante wurde in Vorarbeiten zu dieser Dissertation erstellt und trägt die Bezeichnung SM119. Diese Mutante ist nicht mehr in der Lage, Nitrit durch Assimilation zu verstoffwechseln.

Über Elektroporation wurde das Cosmid pIW36, dass das nirB-Gen von M. smegmatis ent-hielt, in die Mutante SM119 transformiert und in ein MB/ADS-Medium inokuliert. Dem Me-dium wurden 10mMol Kaliumnitrit als alleinige Stickstoffquelle zugesetzt, um die Nitritassimilationsfähigkeit zu testen.

Die Start OD600 wurde bei der Kultur zu Beginn der Messungen auf 0,02 eingestellt.

Als Kontrolle wurde die Mutante SM119 und der Wildtyp M. tuberculosis H37Rv mitgeführt.

Die Inkubation von drei SM119::pIW36-Klonen erfolgte in einer Rollerbottle-Einheit bei 37°C über 10 Tage. Messungen wurden an den Tagen 3, 4, 6, 7 und 10 durchgeführt. In der Abbildung 28 sind Mittelwerte und die dazugehörigen Standardabweichungen von jeweils drei Experimenten dargestellt.

Tag

0 2 4 6 8 10

OD 600nm

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

M.tb.H37Rv del nirB SM119 SM119::pIW36-4 SM119::pIW36-5 SM119::pIW36-7

Abbildung 28: Wachstum von M. tuberculosis H37Rv, ∆nirB M. tuberculosis H37Rv (SM119) und SM119::pIW36 Nr. 4, 5, und 7, OD600nm, MB/ADS-Medium mit 10mM KNO2, aerobe Be-dingungen

Durch die Wachstumskurven wurde gezeigt, dass die Transformanten SM119::pIW36 Nr.: 4, 5 und 7 eine ähnliche Wachstumsrate wie M. tuberculosis H37Rv aufwiesen. Die ∆ nirB-Mutante zeigte nur sehr geringes Wachstum.

5 Diskussion

Die Nitratassimilation bei Mykobakterien ist das übergeordnete Thema der vorliegenden Dis-sertation.

Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurde eine Knock-out-Mutante von M. tuberculosis H37Rv hergestellt und untersucht. Diese Mutante besitzt eine Deletion im Bereich des glnR-Gens, das einen Regulator der Glutaminsynthetase kodiert. Die Glutaminsynthetase und somit auch ihr Regulator sind Bestandteil der Assimilation. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Einblick in den noch nicht erforschten Mechanismus des GlnR-Regulator zu geben.

Der zweite Teil dieser Dissertation beschäftigte sich mit der Eingrenzung des Genortes bei M.

smegmatis, der unmittelbar mit der Nitratassimilation im Zusammenhang steht. Es ist be-kannt, dass M. smegmatis zur Nitratassimilation befähigt ist. Die Fragen, welche Gene existie-ren und welche Funktionen sie besitzen, sind noch weitestgehend unbeantwortet. Deshalb zielt dieser Teil der Arbeit darauf ab, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Nitratassimila-tion zwischen M. tuberculosis und M. smegmatis aufzuklären.

5.1 Funktion des GlnR-Regulator bei Mykobakterien

Um die Funktion des GlnR-Regulator bei M. tuberculosis zu erforschen, wurde eine ∆glnR Knock-out-Mutante erstellt und in Bezug auf die Nitratassimilationsfähigkeit funktionell un-tersucht.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde zunächst eine M. smegmatis-Mutante eingehend unter-sucht und ihr Defekt bestimmt.

Durch Komplementationsversuche der M. smegmatis-Mutante #2009 mit Konstrukten der genomischen Bibliothek von M. tuberculosis konnte gezeigt werden, dass der Defekt im Be-reich des ORF Rv0818 lag. Welches Gen durch dieses offene Leseraster kodiert wird, konnte durch COLE und Mitarbeiter nicht genau bestimmt werden. Bei der Genomsequenzierung von M. tuberculosis konnten 3934 mögliche Gene gefunden werden, von denen lediglich ein Drittel mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Funktion zugeordnet werden konnte (COLE et al.

1998). Die übrigen Gene konnten nicht annnotiert werden. Sie wurden mit einer Nummer und einem Hinweis auf eine mögliche Funktion versehen. Bei den Genen Rv0818 und Rv2884 wurde eine mögliche GlnR-Funktion angegeben (COLE et al. 1998). Im Sequenzvergleich zeigte sich bei 173 zu 206 Basenpaaren eine Homologie von 83 Prozent zu dem Transskripti-onsregulator GlnR von Streptomyces coelicolor. Bei einem Vergleich der Aminosäuren lag

die Homologie bei 46 %. Diese Homologien lassen vermuten, dass es sich bei dem gefunde-nen Gen Rv0818, um eigefunde-nen entsprechenden Regulator mit ähnlicher Funktion handelt.

Die Glutaminsynthetase wird bei Bakterien unterschiedlich reguliert. Sie kann durch ein übergeordnetes System, das sogenannte Ntr-System, gesteuert werden, wie es bei der Familie der Enterobacteriaceae der Fall ist (SCHREIER et al. 2000). Eine weitere Möglichkeit ist die Expression der Glutaminsynthetase durch zwei Regulatoren mit heterologer Funktion abzu-stimmen. Ein Beispiel sind die Regulatoren GlnR und TnrA von B. subtilis (FISHER &

WRAY 2002). Die Glutaminsynthetase bei Streptomyces coelicolor zeigt, dass die Glutamin-synthetase auch durch nur einen GlnR-Regulator gesteuert werden kann (FINK et al. 2002).

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Funktionen des GlnR-Regulator von B. subtilis und Streptomyces coelicolor genauer vorgestellt, um Rückschlüsse auf die Funktionen des GlnR-Regulator bei M. tuberculosis zu ziehen.

Die Expression der Glutaminsynthetase von B. subtilis wird durch einen TnrA- und einen GlnR-Regulator bestimmt. Diese Regulatoren gehören zur Familie der MerR DNA-Bindungsproteine, die einen aminoterminalen und einen carboxyterminalen Bindungsbereich besitzen. Der N-terminale Bereich ist bei TnrA und GlnR nahezu identisch, während es im C-terminalen Bereich Unterschiede gibt. Mit dem C-C-terminalen Bereich binden sie an untschiedlichen Promotorregionen, was die differenten Funktionen der beiden Regulatoren er-klärt (FISHER & WRAY 2002, BRANDENBURG et al. 2002).

Liegt eine Stickstofflimitierung vor, so sind TnrA und GlnR für eine gesteigerte glnA-Genexpression verantwortlich (BRANDENBURG et al. 2002). Bei Stickstoffüberschuss hin-gegen unterdrückt GlnR die Expression der Glutaminsynthetase (FISHER 1999).

Bei Stickstofflimitierung wird solange vermehrt Glutaminsynthetase exprimiert, bis ein be-stimmter Schwellenwert überschritten wird. Dann wird TnrA mittels Feedback-Inhibition blockiert (FISHER & WRAY 2002). Die Glutaminsynthetase selbst interagiert und reguliert somit die DNA-Bindungsaktivität von TnrA. Über eine mögliche Interaktion zwischen der Glutaminsynthetase mit GlnR ist bislang noch nichts bekannt (WRAY et al. 2001).

Auch bei Streptomyces coelicolor ist die Regulation der GlnA-Glutaminsynthetase untersucht worden. Bei diesen Bakterien ist die Glutaminsynthetase (GS I), anders als bei B. subtilis nicht aus einer α-Untereinheit sondern aus drei α- und einer β-Untereinheit aufgebaut. Zu-sätzlich zu dieser gibt es noch eine zweite Glutaminsynthetase (GS II), die durch das Gen glnII kodiert wird (WRAY et al. 1991). Bei Untersuchungen zur Regulation der beiden Glu-taminsynthetasen hat man zwei Regulatoren gefunden, die durch die Gene glnR und glnRII kodiert werden. Der GlnR-Regulator interagiert mit dem Promotor der GS I, nicht aber mit

dem der GS II. Eine Deletion im glnR-Gen erzeugte eine auxotrophe Mutante, die Glutamin nicht mehr synthetisieren konnte und folglich kein Wachstum mehr zeigte.

Mit Hilfe von Promotoranalysen wurde bei Streptomyces coelicolor gezeigt, dass der GlnRII-Regulator im Bereich des Promotors von glnA und glnII bindet. Eine Deletionsmutante von glnRII zeigte jedoch keinen Phänotyp. Im Gegensatz zur glnR-Mutante blieb die glnRII-Mutante prototroph für Glutamin (FINK et al. 2002).

Die Homologie des GlnR-Regulator von Streptomyces coelicolor zu dem ORF Rv0818 von M. tuberculosis, lässt vermuten, dass es sich auch bei M. tuberculosis um einen Regulator mit ähnlicher Funktion handelt. Diese Hypothese könnte dadurch belegt werden, dass eine erstell-te ∆glnR-Mutante von M. tuberculosis ebenfalls auxotroph für Glutamin ist. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass auch die Glutaminsynthetase von M. tuberculosis einen ähnli-chen Aufbau wie die von Streptomyces coelicolor zeigt. Auch sie besitzt drei α-Untereinheiten und eine β-Untereinheit. Diese Übereinstimmung lässt vermuten, dass der GlnR-Regulator von M. tuberculosis auf ähnliche Weise mit der Promotorregion der Gluta-minsynthetase interagiert und so zur vermehrten Expression führt. Inwieweit GlnR mit der Promotorregion der Glutaminsynthetase in Kontakt tritt, wurde noch nicht untersucht.

Ein Sequenzvergleich der Gene glnII und glnRII von Streptomyces coelicolor mit dem Genom von M. tuberculosis ergaben keine nennenswerten Homologien. Auch das von COLE et al. als Rv2884 bezeichnete Gen zeigte keine Übereinstimmung zu dem glnRII–Gen von Streptomy-ces coelicolor (FINK et al. 2002). Deshalb kann man annehmen, dass bei M. tuberculosis kei-ne zweite Glutaminsynthetase exsistiert, die der der GS II bei Streptomyces coelicolor ent-spricht. Weiter lässt sich aus dieser Aussage folgern, dass es ebenfalls keinen dem GlnRII entsprechenden zweiten GlnR-Regulator bei M. tuberculosis gibt.

Um die Funktion von GlnR bei M. tuberculosis zu bestimmen, war die Erstellung der ∆glnR-Mutante SSC1 die wichtigste Voraussetzung. Die Funktionsassays sollten Aufschluss über die Funktionsweisen von GlnR und die Folgen der Mutation für die Pathogenität geben.

Die Überprüfung des Wachstumsverhalten von SSC1 im Vergleich zu dem Wildtyp-Stamm M. tuberculosis H37Rv zeigte, dass die Mutante nicht mehr in der Lage war, auf Nitrat als alleinige Stickstoffquelle zu wachsen. Sowohl auf den festen Nährböden als auch in den flüs-sigen Nährmedien wuchs sie im Gegensatz zu M. tuberculosis H37Rv nicht mehr. Deshalb handelt es sich bei SSC1 um eine auxotrophe Mutante. Bei Verwendung von Minimalnähr-medien mit Glutaminzusatz wurde dagegen ein Wachstum von der Mutante SSC1 festgestellt.

Dieses Verhalten weist darauf hin, dass die Funktion des GlnR-Regulator bei stickstofflimi-tierten Wachstumsbedingungen die vermehrte Expression des glnA-Gens ist. Wie genau diese Aktivierung auf genetischer Ebene ausgelöst wird, konnte aus den durchgeführten Versuchen nicht ersehen werden. Die Untersuchungen möglicher Bindungsstellen von GlnR im glnA-Promotorbereich können die Grundlage weiterer Forschungsarbeiten bilden, die den genauen Ablauf der gesteigerten Expression vertiefen. Die Ergebnisse der Arbeit werfen die Frage auf, welche Funktionen GlnR bei einem Stickstoffüberschuss haben könnte und ob bspw. die Glutaminsynthetase zu einer Feedback-Inhibition des GlnR-Regulator befähigt ist. Diese Fra-gestellungen stellen Ansatzspunkte weiterführender Untersuchungen dar.

Um Aussagen über einen möglichen Pathogenitätsverlust zu treffen, kann man die Untersu-chungen von TULLIUS und Mitarbeiter heranziehen. Sie haben ∆glnA-Deletionsmutanten von M. tuberculosis Erdman hergestellt und ihre Pathogenität im Tierversuch an Meer-schweinchen und in humanen THP-1 Makrophagen getestet. Das Ergebnis zeigt, dass die

∆glnA-Deletionsmutante auxotroph war, attenuiertes intrazelluläres Wachstum in Makropha-gen aufwies und sich avirulent im Meerschweinchenmodell verhielt (TULLIUS et al. 2003).

Da der GlnR-Regulator unmittelbar mit der Expression der Glutaminsynthetase in Zusam-menhang steht, sollten sich auch bei der vorliegenden ∆glnR-Mutante SSC1 entsprechende Auswirkungen auf die Pathogenität zeigen.

Um diese Aussage zu belegen, soll die Pathogenität der Mutante SSC1 in weiterführenden Arbeiten überprüft werden.

Interessant wäre auch die Überprüfung des Gens Rv2884, das ebenfalls von COLE et al. einer möglichen GlnR-Funktion zugeordnet wurde (COLE et al. 1998). Durch Erstellung einer ent-sprechenden Knock-out-Mutante in M. tuberculosis kann der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss dieses Gen auf die Glutaminsynthetase hat, und ob Parallelen zu der Funkti-on des GlnRII-Regulator vFunkti-on Streptomyces coelicolor bestehen. Möglich ist auch, dass dieses

Interessant wäre auch die Überprüfung des Gens Rv2884, das ebenfalls von COLE et al. einer möglichen GlnR-Funktion zugeordnet wurde (COLE et al. 1998). Durch Erstellung einer ent-sprechenden Knock-out-Mutante in M. tuberculosis kann der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss dieses Gen auf die Glutaminsynthetase hat, und ob Parallelen zu der Funkti-on des GlnRII-Regulator vFunkti-on Streptomyces coelicolor bestehen. Möglich ist auch, dass dieses