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Funktion des GlnR-Regulator bei Mykobakterien

Im Dokument Nitratassimilation bei Mykobakterien (Seite 99-103)

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5.1 Funktion des GlnR-Regulator bei Mykobakterien

Um die Funktion des GlnR-Regulator bei M. tuberculosis zu erforschen, wurde eine ∆glnR Knock-out-Mutante erstellt und in Bezug auf die Nitratassimilationsfähigkeit funktionell un-tersucht.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde zunächst eine M. smegmatis-Mutante eingehend unter-sucht und ihr Defekt bestimmt.

Durch Komplementationsversuche der M. smegmatis-Mutante #2009 mit Konstrukten der genomischen Bibliothek von M. tuberculosis konnte gezeigt werden, dass der Defekt im Be-reich des ORF Rv0818 lag. Welches Gen durch dieses offene Leseraster kodiert wird, konnte durch COLE und Mitarbeiter nicht genau bestimmt werden. Bei der Genomsequenzierung von M. tuberculosis konnten 3934 mögliche Gene gefunden werden, von denen lediglich ein Drittel mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Funktion zugeordnet werden konnte (COLE et al.

1998). Die übrigen Gene konnten nicht annnotiert werden. Sie wurden mit einer Nummer und einem Hinweis auf eine mögliche Funktion versehen. Bei den Genen Rv0818 und Rv2884 wurde eine mögliche GlnR-Funktion angegeben (COLE et al. 1998). Im Sequenzvergleich zeigte sich bei 173 zu 206 Basenpaaren eine Homologie von 83 Prozent zu dem Transskripti-onsregulator GlnR von Streptomyces coelicolor. Bei einem Vergleich der Aminosäuren lag

die Homologie bei 46 %. Diese Homologien lassen vermuten, dass es sich bei dem gefunde-nen Gen Rv0818, um eigefunde-nen entsprechenden Regulator mit ähnlicher Funktion handelt.

Die Glutaminsynthetase wird bei Bakterien unterschiedlich reguliert. Sie kann durch ein übergeordnetes System, das sogenannte Ntr-System, gesteuert werden, wie es bei der Familie der Enterobacteriaceae der Fall ist (SCHREIER et al. 2000). Eine weitere Möglichkeit ist die Expression der Glutaminsynthetase durch zwei Regulatoren mit heterologer Funktion abzu-stimmen. Ein Beispiel sind die Regulatoren GlnR und TnrA von B. subtilis (FISHER &

WRAY 2002). Die Glutaminsynthetase bei Streptomyces coelicolor zeigt, dass die Glutamin-synthetase auch durch nur einen GlnR-Regulator gesteuert werden kann (FINK et al. 2002).

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Funktionen des GlnR-Regulator von B. subtilis und Streptomyces coelicolor genauer vorgestellt, um Rückschlüsse auf die Funktionen des GlnR-Regulator bei M. tuberculosis zu ziehen.

Die Expression der Glutaminsynthetase von B. subtilis wird durch einen TnrA- und einen GlnR-Regulator bestimmt. Diese Regulatoren gehören zur Familie der MerR DNA-Bindungsproteine, die einen aminoterminalen und einen carboxyterminalen Bindungsbereich besitzen. Der N-terminale Bereich ist bei TnrA und GlnR nahezu identisch, während es im C-terminalen Bereich Unterschiede gibt. Mit dem C-C-terminalen Bereich binden sie an untschiedlichen Promotorregionen, was die differenten Funktionen der beiden Regulatoren er-klärt (FISHER & WRAY 2002, BRANDENBURG et al. 2002).

Liegt eine Stickstofflimitierung vor, so sind TnrA und GlnR für eine gesteigerte glnA-Genexpression verantwortlich (BRANDENBURG et al. 2002). Bei Stickstoffüberschuss hin-gegen unterdrückt GlnR die Expression der Glutaminsynthetase (FISHER 1999).

Bei Stickstofflimitierung wird solange vermehrt Glutaminsynthetase exprimiert, bis ein be-stimmter Schwellenwert überschritten wird. Dann wird TnrA mittels Feedback-Inhibition blockiert (FISHER & WRAY 2002). Die Glutaminsynthetase selbst interagiert und reguliert somit die DNA-Bindungsaktivität von TnrA. Über eine mögliche Interaktion zwischen der Glutaminsynthetase mit GlnR ist bislang noch nichts bekannt (WRAY et al. 2001).

Auch bei Streptomyces coelicolor ist die Regulation der GlnA-Glutaminsynthetase untersucht worden. Bei diesen Bakterien ist die Glutaminsynthetase (GS I), anders als bei B. subtilis nicht aus einer α-Untereinheit sondern aus drei α- und einer β-Untereinheit aufgebaut. Zu-sätzlich zu dieser gibt es noch eine zweite Glutaminsynthetase (GS II), die durch das Gen glnII kodiert wird (WRAY et al. 1991). Bei Untersuchungen zur Regulation der beiden Glu-taminsynthetasen hat man zwei Regulatoren gefunden, die durch die Gene glnR und glnRII kodiert werden. Der GlnR-Regulator interagiert mit dem Promotor der GS I, nicht aber mit

dem der GS II. Eine Deletion im glnR-Gen erzeugte eine auxotrophe Mutante, die Glutamin nicht mehr synthetisieren konnte und folglich kein Wachstum mehr zeigte.

Mit Hilfe von Promotoranalysen wurde bei Streptomyces coelicolor gezeigt, dass der GlnRII-Regulator im Bereich des Promotors von glnA und glnII bindet. Eine Deletionsmutante von glnRII zeigte jedoch keinen Phänotyp. Im Gegensatz zur glnR-Mutante blieb die glnRII-Mutante prototroph für Glutamin (FINK et al. 2002).

Die Homologie des GlnR-Regulator von Streptomyces coelicolor zu dem ORF Rv0818 von M. tuberculosis, lässt vermuten, dass es sich auch bei M. tuberculosis um einen Regulator mit ähnlicher Funktion handelt. Diese Hypothese könnte dadurch belegt werden, dass eine erstell-te ∆glnR-Mutante von M. tuberculosis ebenfalls auxotroph für Glutamin ist. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass auch die Glutaminsynthetase von M. tuberculosis einen ähnli-chen Aufbau wie die von Streptomyces coelicolor zeigt. Auch sie besitzt drei α-Untereinheiten und eine β-Untereinheit. Diese Übereinstimmung lässt vermuten, dass der GlnR-Regulator von M. tuberculosis auf ähnliche Weise mit der Promotorregion der Gluta-minsynthetase interagiert und so zur vermehrten Expression führt. Inwieweit GlnR mit der Promotorregion der Glutaminsynthetase in Kontakt tritt, wurde noch nicht untersucht.

Ein Sequenzvergleich der Gene glnII und glnRII von Streptomyces coelicolor mit dem Genom von M. tuberculosis ergaben keine nennenswerten Homologien. Auch das von COLE et al. als Rv2884 bezeichnete Gen zeigte keine Übereinstimmung zu dem glnRII–Gen von Streptomy-ces coelicolor (FINK et al. 2002). Deshalb kann man annehmen, dass bei M. tuberculosis kei-ne zweite Glutaminsynthetase exsistiert, die der der GS II bei Streptomyces coelicolor ent-spricht. Weiter lässt sich aus dieser Aussage folgern, dass es ebenfalls keinen dem GlnRII entsprechenden zweiten GlnR-Regulator bei M. tuberculosis gibt.

Um die Funktion von GlnR bei M. tuberculosis zu bestimmen, war die Erstellung der ∆glnR-Mutante SSC1 die wichtigste Voraussetzung. Die Funktionsassays sollten Aufschluss über die Funktionsweisen von GlnR und die Folgen der Mutation für die Pathogenität geben.

Die Überprüfung des Wachstumsverhalten von SSC1 im Vergleich zu dem Wildtyp-Stamm M. tuberculosis H37Rv zeigte, dass die Mutante nicht mehr in der Lage war, auf Nitrat als alleinige Stickstoffquelle zu wachsen. Sowohl auf den festen Nährböden als auch in den flüs-sigen Nährmedien wuchs sie im Gegensatz zu M. tuberculosis H37Rv nicht mehr. Deshalb handelt es sich bei SSC1 um eine auxotrophe Mutante. Bei Verwendung von Minimalnähr-medien mit Glutaminzusatz wurde dagegen ein Wachstum von der Mutante SSC1 festgestellt.

Dieses Verhalten weist darauf hin, dass die Funktion des GlnR-Regulator bei stickstofflimi-tierten Wachstumsbedingungen die vermehrte Expression des glnA-Gens ist. Wie genau diese Aktivierung auf genetischer Ebene ausgelöst wird, konnte aus den durchgeführten Versuchen nicht ersehen werden. Die Untersuchungen möglicher Bindungsstellen von GlnR im glnA-Promotorbereich können die Grundlage weiterer Forschungsarbeiten bilden, die den genauen Ablauf der gesteigerten Expression vertiefen. Die Ergebnisse der Arbeit werfen die Frage auf, welche Funktionen GlnR bei einem Stickstoffüberschuss haben könnte und ob bspw. die Glutaminsynthetase zu einer Feedback-Inhibition des GlnR-Regulator befähigt ist. Diese Fra-gestellungen stellen Ansatzspunkte weiterführender Untersuchungen dar.

Um Aussagen über einen möglichen Pathogenitätsverlust zu treffen, kann man die Untersu-chungen von TULLIUS und Mitarbeiter heranziehen. Sie haben ∆glnA-Deletionsmutanten von M. tuberculosis Erdman hergestellt und ihre Pathogenität im Tierversuch an Meer-schweinchen und in humanen THP-1 Makrophagen getestet. Das Ergebnis zeigt, dass die

∆glnA-Deletionsmutante auxotroph war, attenuiertes intrazelluläres Wachstum in Makropha-gen aufwies und sich avirulent im Meerschweinchenmodell verhielt (TULLIUS et al. 2003).

Da der GlnR-Regulator unmittelbar mit der Expression der Glutaminsynthetase in Zusam-menhang steht, sollten sich auch bei der vorliegenden ∆glnR-Mutante SSC1 entsprechende Auswirkungen auf die Pathogenität zeigen.

Um diese Aussage zu belegen, soll die Pathogenität der Mutante SSC1 in weiterführenden Arbeiten überprüft werden.

Interessant wäre auch die Überprüfung des Gens Rv2884, das ebenfalls von COLE et al. einer möglichen GlnR-Funktion zugeordnet wurde (COLE et al. 1998). Durch Erstellung einer ent-sprechenden Knock-out-Mutante in M. tuberculosis kann der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss dieses Gen auf die Glutaminsynthetase hat, und ob Parallelen zu der Funkti-on des GlnRII-Regulator vFunkti-on Streptomyces coelicolor bestehen. Möglich ist auch, dass dieses Gen ähnlich wie bei B. subtilis eine heterologe Funktion zu GlnR hat und vergleichbar mit dem TnrA-Regulator ist. Diese Untersuchungen würden möglicherweise dazu beitragen, den gesamten Funktionskomplex des GlnR-Regulator bei M. tuberculosis zu klären.

Diese gefundenen Ansätze sollten in nachfolgenden Arbeiten berücksichtigt werden, um den vollständigen Regulationsmechanismus der Glutaminsynthetase von M. tuberculosis aufzu-klären.

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