Abbildung 5.3:Typischer Verlauf von Hall-und Schichtwiderstand einer (kompressiv verspannten) GaMnAs-Probe im Feldbereich der Ummagnetisierung bei exakter Justage:
Im Schichtwiderstand dominiert nach der S¨attigung des AMR bei ca.0,5 Tder NMR.
Abbildung 5.4:Schaltverhalten der Probe C101020B (ag) aus Abbildung 5.3 unter einer Dejustage vonφ≈5◦. Die Lage der Dips h¨angt von der sweep-Richtung ab. Aus [Rei11].
Dass bei der Charakterisierung von GaMnAs Proben mittels Magnetotransport bereits eine geringe Fehljustage zum Teil deutliche Konsequenzen haben kann, wird in den Messungen der Abbildungen 5.3 und 5.4 deutlich:
Die Messungen wurden an einer Hallbar der Probe C101020B (ag) durchgef¨uhrt und die erhaltenen Werte wurden anschließend nicht symmetrisiert bzw. antisymmetrisiert. Da in der Literatur bereits von ¨ahnlichem Verhalten berichtet (e.g. [Mat04], [Hir07], [Wur08]), der urs¨achliche Mechanismus aber nicht besprochen wurde, wurde dieser Effekt n¨aher untersucht. Eine ausf¨uhrlichere Darstellung der Daten findet sich in der Bachelorarbeit Juliane Reif [Rei11].
Wie in Abbildung 5.4 zu sehen, zeigte die Probe unter einer leichten Verkippung umφ≈5◦ (Abbildung 5.5 a) eine Art hysteretisches Verhalten:
Je nach sweep-Richtung war immer nach dem Nulldurchgang des B-Feldes ein ausgepr¨agter Dip in der Hallspannung zu sehen, w¨ahrend im Schichtwiderstand der Hallbar jeweils klei-ne Einbr¨uche zum Zeitpunkt dieses
”Schaltvorgangs“ verzeichnet wurden. F¨ur den Fall, dass die Ummagnetisierung durch Nukleation und Verschiebung von Dom¨anen stattfin-det, kann in der vorliegenden Probe also von einem negativen Dom¨anenwandwiderstand ausgegangen werden.
Insgesamt erinnert dieses Schaltverhalten stark an den Planaren Hall-Effekt, wie er bei-spielsweise in [Tan03] beschrieben wird.
Nach dem in [Rei11] ausf¨uhrlicher dargestellten Modell schaltet dieinplane-Komponente der Magnetisierung w¨ahrend des Magnetfeld-sweeps in zwei Schritten zwischen verschie-denen leichten h100i-Richtungen der Probe. Die out of plane Komponente der Magne-tisierung hingegen verh¨alt sich unver¨andert. Im Folgenden wird der Schaltprozess etwas genauer erl¨autert und anschließend die Argumente zusammengefasst, welche dieses Modell
5.2 Transportmessungen mit Dejustage
st¨utzen.
Abbildung 5.5:a) Position einer Hallbar im Oxford-Kryostaten und relevante Winkel bei gezielter Dejustage. b)InplaneKomponenten von Magnetisierung und externem B-Feld bei leichter Dejustage sowie die einzelnen Schrit-te bei der Ummagnetisierung nach [Rei11].
Grundlage des Models ist ein geringesinplaneFeldBk= sin(φ)B, das durch die Dejustage der Probenstabachse um den Winkel φ verursacht wird (Abbildung 5.5 a). Dieses verur-sacht bei der Ummagnetisierung einen planaren Halleffekt analog zu [Tan03] oder [Chu10].
Da die Messungen bei Helium-Temperatur stattfanden, k¨onnen wir davon ausgehen, dass die magnetisch leichten Achsen durch die kubische Anisotropie bestimmt werden und ent-lang der h100i-Richtungen liegen (Abbildung 5.5). Sie schließen mit der Stromrichtung einen Winkel von 45◦ bzw 135◦ ein. Die uniaxiale Anisotropie verursacht hier lediglich eine geringe Modifizierung der leichten Achsen (Abbildung 4.1), wogegen die Fehljustage um den Winkelφzus¨atzlich bewirkt, dass die Lage der L¨angsachse der Hallbar bez¨uglich der Probenstabachse (Winkel θ in Abbildung 5.5a) bestimmt, in welcher der Richtungen sich die inplane Komponente der Magnetisierung ausrichtet.
Die Richtung der Magnetisierung w¨ahrend der Ummagnetisierung h¨angt von der freien Energie ab. Nach [Tan03] ist die freie Energie im Falle des Planaren Hall-Effekts
Ef ree=Kusin2ϕM +1
4Kccos22ϕM −M Hcos(ϕM −ϕH), (5.1) wobeiKu und Kc die Konstanten der uniaxialen bzw. kubischeninplane Anisotropie sind undϕM undϕB die Winkel derinplane Komponenten von ¨außerem Feld und Magnetisie-rung bez¨uglich der [110]-Richtung darstellen (Abbildung 5.5). Wie in Abbildung 5.5 ge-zeigt, schaltet so dieinplane-Magnetisierung in zwei 90◦-Schritten (2 und 3). Die restlichen Anderungen in der Hallspannung werden durch koh¨¨ arente Drehung der Magnetisierung (1 und 4) verursacht. Alternativ sind auch Beitr¨age durch die out-of-plane Komponente der Magnetisierung oder dem nicht herausgefilterten L¨angsanteil der Messung denkbar.
Der Umstand, dass der Schaltvorgang zwischen den leichten Richtungen nicht instantan vonstatten geht, deutet auf die Existenz von mehreren Dom¨anen in diesem Bereich hin. Mit
einem Zwei-Dom¨anen-Modell, wie es etwa in [Glu11] f¨ur reine PHE-Messungen entwickelt wurde, lassen sich solche weichen ¨Uberg¨ange gut erkl¨aren. Die unterschiedliche Geschwin-digkeit des Schaltvorgangs ist nach [Chu10] auf einen Beitrag der uniaxialen Anisotropie zur¨uckf¨uhren, der die Tiefe der Minima der freien Energie entlang der leichten Achsen unterschiedlich stark auspr¨agt.
Abbildung 5.6:Hallbar C101020B (ag): Ein-fluss der Probentemperatur auf das anomale Schaltverhalten. Aus [Rei11].
Abbildung 5.7:Hallbar C101020B (ag): Beein-flussung des Schaltverhaltens durch gezieltes Verkippen. Aus [Rei11].
Ein Argument daf¨ur, dass das genannte Modell den Verlauf der Ummagnetisierung richtig wiedergibt, ist die M¨oglichkeit, den Dip in der Hall-Spannung in einen Peak zu verwandeln, indem man die Fehljustage vonφauf −φ¨andert (Abbildung 5.7). Die einzelnen Zust¨ande der Probe werden also in umgekehrter Reihe durchlaufen: Eine Wirkung wie sie ebenfalls durch Inversion von Feld und Strom erzielt werden kann.
Des weiteren kann die Temperaturabh¨angigkeit des Effekts angef¨uhrt werden: Abbildung 5.6 zeigt, dass der Peak verschwindet, sobald etwa 60 K erreicht sind. Dies steht im Ein-klang mit der Tatsache, dass bei Temperaturen oberhalb von etwa T2C die uniaxiale Ani-sotropie das Verhalten der Probe dominiert. Somit entf¨allt das energetische Minimum bei 90◦ und die Magnetisierung springt, wenn ¨uberhaupt, um volle 180◦.
Als Einschr¨ankung des gesamten Modells muss allerdings erw¨ahnt werden, dass es bisher nicht m¨oglich war, ein solches zweistufiges Schaltverhalten mit SQUID-Messungen nach-zuvollziehen. Dies k¨onnte darauf zur¨uckzuf¨uhren sein, dass im Gegensatz zu [Tan03] und [Goe05] in anderen Ver¨offentlichungen von einem mehr-dom¨anigen Zustand w¨ahrend der Ummagnetisierung ausgegangen wird [Wel03], [Chu10] und so in den SQUID-Messungen als eine integrative Messmethode verborgen bleibt. Zur Kl¨arung dieses Sachverhalts k¨onnten beispielsweise Kerr-mikroskopische Untersuchungen angewandt werden.
Zusammenfassend l¨asst sich festhalten, dass in GaMnAs bereits sehr kleine (inplane) Fel-der von wenigen 10 mT reichen, um die Richtung Fel-der inplane Komponente der Magneti-sierung zu schalten, was wiederum auch dazu genutzt werden kann den Winkel φ einer Hallbar f¨ur Transportmessungen auf etwa±1◦ genau zu justieren.