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Anomaler Hall-Effekt

Im Dokument Epitaxie von (Ga,Mn)As (Seite 58-62)

4.5 magnetische Effekte im Transport

4.5.3 Anomaler Hall-Effekt

F¨ur die Charakterisierung von GaMnAs-Schichten durch Transport-Untersuchungen ist der Hall-Effekt unerl¨asslich. Aufgrund der Magnetisierung des Materials kommt zum nor-malen Hall-Effekt noch eine zus¨atzliche Komponente, welche diesen bei tiefen aber auch mittleren Temperaturen umTC bei Weitem ¨uberwiegt. Der gesamte Hall-Widerstand l¨asst

4.5 magnetische Effekte im Transport

Abbildung 4.7:Der planare Hall Effekt: Abh¨angig vom Winkel des ¨außeren magnetischen Feldes, welches in der Probenebene angelegt wird, schaltet die Magnetisierung der GaMnAs-Schicht. Dabei tritt auch eine Hysterese auf. Aus [Tan03].

sich somit durch folgende Formel beschreiben:

ρxy =R0B+RAµ0M(B) (4.12)

Dabei istR0= qn1

h/e die Standard-Hallkonstante und der zweite, anomale Term bestimmt die Abh¨angigkeit des Hallwiderstandes von der Magnetisierung. Die anomale Hallkonstante RAh¨angt maßgeblich vom spezifischen Widerstand ρxx des Materials ab.

Wie in den n¨achsten Abschnitten erl¨autert wird, ist der genaue Mechanismus der zum an-omalen Hall-Effekt f¨uhrt noch immer in der Diskussion und es existieren verschiedene Mo-dellvorstellungen, die f¨ur die Beschreibung unterschiedlicher Materialsysteme entwickelt wurden und dadurch auch zu verschiedenen Beziehungen zwischen RA und ρxx f¨uhren.

skew scattering Mit demskew scattering, das in den 1950er Jahren von Smit erstmalig vorgestellt wurde [Smi58] konnten vor allem Metalle mit leichten magnetischen Verun-reinigungen bei tiefen Temperaturen beschrieben werden. In der Modellvorstellung be-sitzt hier jeder (spinpolarisierte) Ladungstr¨ager beim Streuvorgang an einer magnetischen St¨orstelle aufgrund der Spinbahnkopplung ein elektrisches Dipolmoment ~p = −λ ~k×~s.

Hierbei ist λ die Spin-Bahn-Kopplungskonstante und das Kreuzprodukt wird abgeleitet aus~l·~s= (~r×~p)·~s=−(~~k×~s)·~r.

Im elektrischen Feld E~ der St¨orstelle ergibt sich somit w¨ahrend des Streuprozesses eine translatorische Kraft F~ = (~p· ∇)E~ auf die Ladungst¨ager. Da jedes einzelne Streuereignis einen transversalen Strombeitrag liefert, ist der anomale Beitrag zum Hallwiderstand beim skew scattering linear zum spezifischen Widerstand:ρxy ∝ρxx(Abbildung 4.8). Beimskew scattering spricht man auch von einem extrinsischen Prozess, da f¨ur den anomalen Beitrag zur Hall-Spannung ein Streuprozess an einer Verunreinigung notwendig ist.

side jump Ein weiterer extrinsischer Prozess ist der 1970 von Berger vorgestellte side jump Mechanismus [Ber70]. Er wurde entwickelt um der in Ferromagneten vielfach beob-achteten quadratischen Abh¨angigkeit ρxy ∝ ρ2xx Rechnung zu tragen. Nach Berger wird bei einem elastischen Streuvorgang die Richtung des im letzten Abschnitt beschriebenen Dipols leicht ge¨andert. Da die Gesamtenergie des Systems beim Streuvorgang erhalten bleibt, wird der polarisierte Ladungstr¨ager pro Streuvorgang um einen kleinen Betrag ver-setzt. Zus¨atzlich ist die Gr¨oße der Versetzung proportional zur Feldst¨arke der St¨orstelle und damit zu ρxx, weshalb man letztlich den geforderten quadratischen Zusammenhang erh¨alt.

Berry-Phase Neben den extrinsischen Beitr¨agen existieren aber auch ein intrinsischer Beitrag zum Hallwiderstand, in dem laut Definition kein explizites Streuereignis involviert ist. Nach [Glu11] stellt dieser Beitrag bei den gut leitenden GaMnAs-Schichten, welche hohe Curie-Temperatur aufweisen den gr¨oßten Anteil des AHE (Abbildung 4.8) und ist nur von der Bandstruktur des reinen Kristalls abh¨angig.

Als zentrales Element ist hier die Berry-Phase zu nennen, die durch den sogenannten Parallelen Transport der Ladungstr¨ager zustande kommt und im Folgenden besprochen wird:

Zum ersten Mal erw¨ahnt wurde ein intrinsischer Mechanismus 1954 von Karplus und Lut-tinger [Kar54]. Durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung in den B¨andern eines Ferromagne-ten erh¨alt man nach [Kar54] einen zus¨atzlichen, zur angelegten (elektrischen) Feldrichtung senkrechten Beitrag zur Geschwindigkeit der Ladungstr¨ager, der proportional zum Qua-drat des spezifischen Widerstandes ist.

~~x˙ = ∂

∂~k +e ~E×~Ω (4.13)

Die Interpretation dieser anomalen Geschwindigkeit als Folge einer Berry-Phase im k-Raum erfolgte erst 2002 durch Jungwirth und McDonald [Jun02], als sie speziell den anomalen Transport von ferromagnetischen III/V-Halbleitern beschrieben.

Der anomale Beitrag in Gleichung 4.13 (zweiter Term der rechten Seite) wird dadurch ver-ursacht, dass der Transport eines (spinpolarisierten) Bloch-Zustandes durch ein atomares Potential adiabatisch erfolgt. Das bedeutet, dass die Quantenzahlen |n, ~ki des Zustan-des lokal erhalten bleiben, und deshalb keine ¨Anderung der Bandquantenzahl f¨ur kleine St¨orpotentiale stattfindet. Durch diese Zwangsbedingung – man spricht auch vom paral-lelen Transport entlang einer Kurve C im~k-Raum – erh¨alt |n, ~ki eine zus¨atzliche Phase χ, die Berry-Phase.

χ(C) = Z

C

hn, ~k|i∇~k|n, ~ki (4.14) Die Berry-Phase bzw. ihre Wirkung auf den Transport kann andererseits auch durch ein effektives Magnetisches Feld Ω(~ ~k) dargestellt werden:

Der Integrand aus 4.14 wird dabei als Vektorpotential X(~ ~k) aufgefasst, zum dieses f¨uhrt zum effektiven B-Feld: ~Ω(~k) =∇~k×X(~ ~k) . Nach [Jun02] kann dieses Feld, o.B.d.A. in z-Richtung, direkt aus dem gitterperiodischen Anteil der Blochwellenfunktionen desn-ten Bandesun errechnet werden und hat in kubischen Systemen die Form:

z(n, ~k) = 2Im[h∂un

∂ky|∂un

∂kxi] (4.15)

Um zur Hall-Leitf¨ahigkeit zu gelangen, muss schließlich unter Ber¨ucksichtigung der Fer-miverteilung fn,~k uber alle Zust¨¨ ande im k-Raum integriert werden:

σBerryxy =−e2

4.5 magnetische Effekte im Transport

Die Berry-Phase verursacht somit einen konstanten Beitrag in der Hall-Leitf¨ahigkeit.

Durch die Inversion des gesamten Leitf¨ahigkeitstensors [Glu11] wird daraus ein, wie beim side jump Mechanismus, quadratischer Term im AHE:

ρBerryyx ∝ρ2xx (4.17)

Eine besonders anschauliche Einf¨uhrung in den parallelen Transport und der damit ver-bundenen Berry-Phase ist in [Ong05] zu finden.

Inkoh¨arenter Beitrag Nach den neuesten Theorien, wie etwa in [Ono08] oder darauf aufbauend in [Glu11] dargestellt, wird bei schlecht leitendem GaMnAs der Hauptbeitrag zum Anomalen Hall-Effekt durch einen sogenannten inkoh¨arenten Beitrag verursacht. Die-ser kommt durch eine Dephasierung der Berry-Phase ¨uber die starke Unordnung des Sys-tems zustande. Der inkoh¨arente Beitrag liefert korrekt den ¨uber viele Materialsysteme ermittelten Zusammenhang von σxy ∝ σ1,6xx f¨ur stark gest¨orte Systeme (Abbildung 4.8).

Im Hallwiderstand macht er sich ¨uber die Komponente

ρincoherentyx ∝ρ0,4xx (4.18)

bemerkbar.

Abbildung 4.8:Vergleich des Verh¨altnisses der Hallleitf¨ahigkeit zu σxx von GaMnAs zu anderen Systemen.

GaMnAs allt da-bei teilweise in den hochresistiven Bereich starker Unordnung.

Die metallischen Proben erreichen den intrinsischen Bereich.

Aus [Ono08].

R´esum´e Der Anomale Hall Effekt ist mit all seinen Auspr¨agungen in den verschiede-nen Materialsystemen nach wie vor Gegenstand der aktuellen Forschung und kann hier nicht vollst¨andig besprochen werden. Von Seiten der Theorie bestehen große Bestrebungen seine Beschreibung f¨ur verschiedene Systeme zu vereinheitlichen (e.g. [Low10]). F¨ur eine ausf¨uhrlichere Darstellung der einzelnen Beitr¨age zum AHE sei daher auf die Literatur verwiesen [Nag10], f¨ur die Berry-Phase besonders auf [Glu11].

Auch wenn eine ganze Reihe von Mechanismen bei einer Messung zum AHE beitr¨agt, gestaltet sich die Beschreibung der Hallkurven in der Praxis weniger schwierig als man erwarten k¨onnte: Eine M¨oglichkeit besteht darin, die anomale Hallkonstante mit

RA=aρ(s.s.)xx +bρ2 (s.j.+Berry)

xx +cρ0,4 (incoh.)

xx (4.19)

additiv zu parametrisieren. In den Quellen, die vor Einf¨uhrung der Berry-Pase nurskew scattering undside jump Mechanismus ber¨ucksichtigen, wurden die beiden ersten Therme oft zusammenfasst:

RA=cργxx (4.20)

mit 1 ≤γ ≤ 2. Je nachdem, welcher Mechanismus dominiert, sollte γ dementsprechend n¨aher bei 1 oder 2 liegen.

Im Dokument Epitaxie von (Ga,Mn)As (Seite 58-62)