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2 Literatur

2.1 Transitperiode

Die Transitperiode der Milchkühe definiert Grummer (11) als Zeitintervall von drei Wochen vor bis drei Wochen nach der Geburt. Dieser Zeitraum ist in der Literatur für den englischen Begriff „Transition Period“ weithin anerkannt (1, 12). Allerdings be-stehen auch zeitlich kürzere Definitionen, die nur die letzten ein bis zwei Wochen der Trächtigkeit und die ersten zwei Wochen der Laktation mit einschließen. Hierbei wird allerdings betont, dass das zeitliche Intervall für die gesundheitlich besonders anfällige Phase der Milchkühe noch bis zum Zeitpunkt der höchsten Milchleistung in der fünften Woche p.p. anhält (13, 14). Wenngleich die Definition des Zeitraumes variiert, besteht Einigkeit darüber, dass in dieser Zeit die höchste Inzidenz von Krankheiten bei Milchkühen zu beobachten ist (1, 11, 13). Diese Krankheiten werden als Produktionserkrankungen bezeichnet (1) und sind im Folgenden genauer be-schrieben.

2.1.2 Metabolische Veränderungen

Hochleistungsmilchkühe sind als „Metabolische Athleten“ bezeichnet worden (15) und gerade die Transitperiode stellt eine Zeit enormer metabolischer Anpassungen dar. Diese Anpassungen sind vor allem nötig, um dem erhöhten Energiebedarf während der späten Trächtigkeit und der beginnenden Laktation gerecht zu werden (11). In den letzten drei Wochen der Trächtigkeit beobachtet man eine Reduzierung der Futteraufnahme der Tiere, die in der letzten Trächtigkeitswoche um bis zu 30%

im Vergleich zur Mitte der Trächtigkeit sinkt (16). Eine Erklärung für diesen Rückgang bei gleichzeitig hohem Energiebedarf bietet zum Teil die Tatsache, dass der Pansen durch die Größenzunahme des Uterus eingeengt und so seine Aufnahmekapazität eingeschränkt wird (16). Allerdings müssen nach Bertics et al. (16) auch weitere Faktoren, die die Autoren nicht näher beschreiben, in Betracht gezogen werden, da bei erzwungener gleichbleibender Futtermenge bis zur Geburt eine Depression der Futteraufnahme nach der Geburt nicht vermieden wird. Zusätzlich ist der Energieverbrauch des Muttertieres durch die benötigte Energie für das Wachstum

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des Fetus zum Ende der Trächtigkeit erhöht (17, 18). Deshalb gelangt der Körper der Milchkuh bereits vor der Geburt in eine katabole Stoffwechsellage, die mit einer negativen Energiebilanz einhergeht (17, 18). Diese hält auch über die Geburt hinaus an. Nach Bauman et al. (19) und Grummer (11) ist der Höhepunkt der negativen En-ergiebilanz in der ersten Woche der Laktation zu beobachten.

Eine große Bedeutung innerhalb dieser Anpassungsreaktionen an eine katabole Stoffwechsellage hat der Fettstoffwechsel. Freie Fettsäuren (FFS) werden aus Adi-pozyten freigesetzt und stehen als Energielieferanten in der Leber zur Verfügung (19, 20). Fütterungsunabhängig steigen die Konzentrationen der FFS im Blut in den letzten drei Wochen vor der Geburt stetig an (11). Für den Abbau der FFS und der damit einhergehenden Bereitstellung von Lipoproteinen ist besonders die Leber zu-ständig (21). Näheres dazu ist im Kapitel 2.3.3 „Leberverfettung“ beschrieben.

Neben dem Fettstoffwechsel ist auch der Glukosestoffwechsel bei der Anpassung an eine negative Energiebilanz von entscheidender Bedeutung. Die Leber synthetisiert 85% der im Körper verbrauchten Glukose (1). Sowohl die späte Trächtigkeit als auch die beginnende Laktation erfordern eine erhöhte Produktion von Glukose, worauf die Leber mit einer erhöhten Aufnahme von endogenen glukoplastischen Substanzen, wie beispielsweise Aminosäuren und Glycerol reagiert (18). Nach Bell et al. (22) führen abnehmende Insulinkonzentrationen in den letzten beiden Wochen vor der Geburt zu einer Hemmung der Proteinsynthese und einer Erhöhung der Proteolyse, um dem erhöhten Verbrauch an Aminosäuren in der einsetzenden Laktogenese ge-recht zu werden.

Diese oben beschriebenen Anpassungsreaktionen im Lipid-, Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsel müssen bei Milchkühen adäquat reguliert werden, um die En-ergie für den Fetus und die einsetzende Milchproduktion bereitzustellen. Reguliert werden diese Anpassungen vornehmlich endokrinologisch (1). Die Endokrinologie der Transitperiode wird im Folgenden näher erläutert.

2.1.3 Endokrinologie

Die komplexe endokrinologische Regulation in der Transitperiode ist sowohl an den peripheren Hormonkonzentrationen, als auch den Rezeptorexpressionen, und an Veränderungen nachgeschalteter Signaltransduktionswege zu erkennen (18, 23).

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In diesem Zusammenhang ist bei der Milchkuh der Somatotropen Achse eine besondere Bedeutung zuzuschreiben. Diesem endokrinen Regelkreis ist dement-sprechend ein eigenes Kapitel gewidmet (siehe 2.2 Somatotrope Achse).

Die metabolische Adaptation spiegelt sich auch in den Änderungen der Konzen-trationen der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) wider. Die Schilddrüsenhormone haben Einfluss auf den Energiehaushalt, da sie vor allem den energetischen Grundumsatz des Körpers regulieren (24). Die T4- und T3 -Konzen-trationen sinken während der letzten Wochen vor der Geburt ab und steigen während der Laktation wieder auf die Ausgangswerte von der Mitte der Trächtigkeit an (11).

Dabei sind die T4-Konzentrationen und die Milchleistung zu Beginn der Laktation negativ korreliert (25). Parallel dazu sinken nach Pezzi et al. (25) die 5’Deiodinasen (5’D) in der Leber ab. Diese Enzyme spalten ein Jodatom vom T4 (auch Tetra-jodthyronin genannt) ab, wodurch TriTetra-jodthyronin, die aktive Form der Schilddrüsen-hormone entsteht. Durch die verminderte hepatische Deiodinase-Aktivität während der Geburt kommt es zu einem Abfall der T3-Konzentration im Blut. Dagegen steigt die Aktivität der 5’D in der Milchdrüse zum Geburtszeitpunkt an und korreliert positiv mit der Milchleistung, wobei auch höhere T3-Konzentrationen im Gewebe der Milchdrüse und im Kolostrum nachweisbar sind (25).

Aceves et al. (26) bringen Änderungen der Schilddrüsenparameter mit dem Krank-heitsbild des sogenannten Euthyreoten Krankheitssyndroms in Verbindung und führen dies auf den hohen Energieverbrauch der Milchdrüse und der damit einhergehenden negativen Energiebilanz und der hohen metabolischen Belastung zurück. Es kommt dabei zu einem Absinken der Thyroxinkonzentration und damit zu einem verminderten Grundumsatz des Körpers (26). Wie der Name „Euthyreotes Krankheitssyndrom“ besagt, sind solche Veränderungen sonst bei Krankheiten unterschiedlicher Genese zu beobachten (26).

Cortisol wird sowohl in der Nebenniere des Fetus als auch des Muttertieres gebildet und als Stresshormon angesehen. Darüber hinaus spielt es eine wichtige Rolle im Rahmen hormoneller Veränderungen vor der Geburt (27). Die Freisetzung von Cor-tisol induziert in den Eihäuten die Bildung des Enzyms 17α-Hydroxylase. Dieses Enzym bewirkt die Konversion von Progesteron zu Östrogenen (27). Weiterhin indu-ziert fetal gebildetes Cortisol die Synthese von Prostaglandinen, vor allem von Pro-staglandin (PG)F. Dieses führt zu einer Luteolyse und dadurch zum Absinken der

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weiter unten beschriebenen Progesteronkonzentrationen und anschließend zu Kon-traktionen der glatten Uterusmuskulatur (27). Während der dadurch ausgelösten Geburt sind die Cortisolkonzentrationen des Muttertieres, bedingt durch die An-strengungen während der Geburt, hoch (28, 29).

Progesteron ist für die Aufrechterhaltung der Gravidität von entscheidender Bedeut-ung (24). Es wird im Corpus luteum und zum geringen Teil auch in der Plazenta und Nebenniere gebildet (30, 31). Stabenfeld et al. (32) beschreiben ein Absinken der Progesteronplasmakonzentration ab dem Tag 250 der Trächtigkeit von durchschnitt-lich 7 auf 4 ng/ml in der Woche vor der Geburt, wobei die individuelle Schwank-ungsbreite relativ hoch sei, und ein schnelles Absinken ca. 24 h vor der Geburt auf einen Wert um 1 ng/ml, bedingt durch die Luteolyse. Der Rückgang ein bis vier Wochen ante partum hängt mit der bereits oben beschriebenen durch Cortisol induzierten Synthese des Enzyms 17α-Hydroxylase zusammen, das eine erhöhte Produktion von Östrogenen durch Umsetzung des Progesterons bedingt (31, 33, 34).

Gegen Ende der Trächtigkeit steigen die Konzentrationen von vornehmlich 17β-Östradiol (E2), aber auch Östron und Östriol stark an (35). Der Hauptsyntheseort die-ser Hormone ist die Plazenta. Östrogene induzieren geburtsvorbereitend eine erhöh-te Anzahl an Oxytocinrezeptoren am Uerhöh-terus, ein verstärkerhöh-tes Wachstum des Myome-triums und eine vermehrte Bildung von Actomyosin, wodurch sich die Kontraktilität des Uterus erhöht (27). Zusammen mit Relaxin bewirken Östrogene auch eine Auf-weichung der Zervix und des Geburtskanals und stimulieren die Freisetzung von PGF aus dem Endometrium (27). Direkt nach der Geburt kommt es innerhalb eines Tages zu einem Absinken der Östrogenplasmakonzentrationen auf ein Basalniveau (27, 36). Sie bleiben bis zur Bildung eines ersten dominanten Follikel um den 10. Tag post partum niedrig (37).

Prostaglandin F ist nicht nur für die Kontraktionen während der Geburt, sondern auch für die anschließende Uterusinvolution von Bedeutung. Zu früh sinkende Kon-zentrationen von PGF sind mit einer verzögerten Uterusinvolution in Zusammen-hang gebracht worden, weshalb PGF als ein bedeutender Faktor während der peripartalen Phase angesehen wird (27).

Das endokrine Pankreas synthetisiert unter anderem die beiden Peptidhormone In-sulin und Glukagon, welche beide, neben Catecholaminen und Cortisol, wichtige Re-gulatoren des Blutzuckerspiegels sind (24). Dabei führt Insulin zu einer Senkung des

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Blutzuckerspiegels durch Aufnahme von Glukose in Körperzellen. Glukagon dagegen führt zu einer Freisetzung von Glukose aus Zellen in die Blutbahn (24). Die Glukose-konzentration im Blutplasma fällt in der Woche nach der Geburt deutlich ab (38), wo-hingegen die Insulinkonzentration bereits in den letzten beiden Wochen vor der Geburt absinkt. Letztere bleibt dann in den ersten drei Wochen nach der Geburt auf einem niedrigen Level (39) und erreicht erst ca. 30 Tage p.p. wieder die Ausgangs-konzentration, die vier Wochen vor der Geburt gemessen wurden (40). Genau ent-gegengesetzt dazu steigen die zum Insulin antagonistisch wirkenden Glukagon-plasmawerte an und sinken anschließend wieder ab (38). Die niedrigen Insulinwerte führen zu einer vermehrten Aufnahme der Glukose durch die nicht insulinabhängigen Glukosetransporter der Zellen der Milchdrüse. Die Insulinkonzentrationen sind mit der Milchleistung negativ korreliert. Niedrige Insulinkonzentrationen werden deshalb auch als ein Grund für hohe Milchleistungen angesehen (41).