• Keine Ergebnisse gefunden

5 MEDIENKOMMUNIKATION

5.6 Wirkungsrichtungen des Medieneinsatzes in der Kommunikation

5.6.5 Die Massenkommunikation und ihre Folgen

5.6.5.2 Transparenzerleben im Unternehmen

verweist auf die Bedeutsamkeit einer gezielten und systematischen Vermittlung entsprechender Kompetenzen (vgl. Kapitel 7.3.2.2).

Im Kern geht es also darum, den „Horizont“ der Belegschaft dergestalt zu erweitern, dass ihr größere Zusammenhänge verdeutlicht werden, die zu einer verbesserten Einbindung führen und in der Folge positive Auswirkungen auf Identifikation, Motivation, Eigenständigkeit und die Bereitschaft zur Übernahme von mehr Verantwortung erkennen lassen. Unternehmen sind heute mehr denn je auf mündige, emanzipierte Mitarbeiter angewiesen, die sich und ihr Handeln voll und ganz in den Dienst des Unternehmens stellen. Die Bereitschaft dazu kann nur dann erwartet werden, wenn dem Einzelnen durch die Bereitstellung entsprechender Informationen erleichtert wird, seine Lage sowie Aussichten im Unternehmen eigenständig zu beurteilen. Das Individuum will zuverlässiges Wissen darüber sammeln, wie viel es an Rang, Einkommen, Macht, Besitz, Intelligenz, Erfolg, Wohlempfinden und Lebenschancen im Vergleich zu anderen Individuen besitzt.275 Diesem Bedürfnis nach Orientierung können Arbeitgeber sinnvoll mit kommunikativen Maßnahmen begegnen, die dem Mitarbeiter einen Eindruck von sich selbst und seiner Rolle im Unternehmen vermitteln. Aus diesen Erkenntnissen können wiederum gemeinsam Ziele für die Zukunft abgeleitet werden, die den Einzelnen weder unter- noch überfordern, sodass auch auf diese Weise Zufriedenheit gefördert wird, indem das Individuum in die Lage versetzt wird, Zusammenhänge und Aufgabenstellungen richtig zu verstehen.276 Die Ansprüche von Arbeitnehmern im Hinblick auf die ihnen gewährten Einblicke in die gegenwärtige Lage und zukunftsorientierten Planungen des Unternehmens haben sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. So ergab eine Befragung von Mitarbeitern eines Medienkonzerns bezüglich ihrer Interessenlage zur Situation des Unternehmens, dass 63 % mehr als bisher über Planungen und Entscheidungen der Unternehmensleitung erfahren möchten; weitere 60 % gaben an, dass sie mehr als bisher über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens informiert werden möchten.277 Zusammenfassend betrachtet kann von einem gesteigerten Interesse der Arbeitnehmer an größeren Zusammenhängen im Unternehmen ausgegangen werden, das weit über die Geschehnisse am eigenen Arbeitsplatz hinausgeht.

Betrachtet man die durch Medien realisierbaren erweiterten Möglichkeiten zur Informationsübermittlung, so könnte der Eindruck entstehen, dass die optimale Versorgung von Mitarbeitern mit für sie bedeutsamen Daten heute kein Problem für Unternehmen mehr darstellen würde. Dass dies ein Trugschluss ist, belegen die Ergebnisse einer von

275 vgl. Macharzina, K., S. 49.

276 vgl. Jörg, P. 1998, S. 32.

277 vgl. Klöfer, F. 2003, S. 31.

Schwaiger et al. durchgeführten Umfrage aus dem Jahr 1995, die im Bereich der internen Informationspolitik gravierende Defizite offenbart:

Abbildung 26: Informationsversorgung von Mitarbeitern in Unternehmen (Befragung von 400 Großunternehmen bei einer Rücklaufquote von 23%)

Welcher Aussage würde die Mehrheit Ihrer Kollegen zustimmen?

Informationen erhält man automatisch 42%

Informationen muß man sich selbst holen 58%

Quelle: Schwaiger, M. 1995, S. 12. Onlinequelle.

Überraschend ist im Hinblick auf die vorangestellte Abbildung, dass es trotz des Einsatzes neuer Kommunikationstechnologien in Betrieben offenbar nicht gelingt, Mitarbeitern automatisch die für sie relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Unklar bleibt dabei, ob es sich tatsächlich um einen generellen Mangel an Informationen handelt oder lediglich falsche Kommunikationsinhalte an Mitarbeiter herangetragen werden. Damit ließen sich auch die uneinheitlichen Erkenntnisse zum Informationsstand von Mitarbeitern in Unternehmen erklären, die eine Unterversorgung erkennen lassen, obwohl paradoxerweise häufig gleichzeitig von einer Informationsüberlastung die Rede ist.278 Ob es trotz empfundener Mangelversorgung mit relevanten Daten zu einem „Overload“ mit als unbedeutend erachteter Information kommt, bleibt im Einzelfall zu klären. Dies scheint jedoch ein nicht selten auftretendes Phänomen zu sein.

Die festgestellten Mängel in der Informationsbereitstellung werfen die Frage auf, welche Ursachen für diesen Missstand verantwortlich zu machen sind. Schwaiger et al. kommen mit ihren diesbezüglichen Untersuchungen zu folgendem Ergebnis:

278 vgl. Hegner, I. T. 2001, S. 65f.

Tabelle 4: Gründe für eine unzureichende Informationsversorgung von Mitarbeitern (Befragung von 400 Großunternehmen bei einer Rücklaufquote von 23%)

Frage: Worauf ist es zurückzuführen, dass Informationen zu spät, unregelmäßig oder unvollständig an die einzelnen Mitarbeiter gelangen?

Vorgesetzter ist an Informationsweitergabe nicht interessiert 62%

Arbeitsüberlastung 39%

Kollegen sind an Informationsweitergabe nicht interessiert 30%

Zu viele Hierarchiestufen 29%

Unternehmen ist zu groß 27%

Mitarbeiter wissen nicht, was relevant ist 24%

Eingesetzte interne Medien sind ineffizient 23%

Quelle: Schwaiger, M. 1995, S. 12. Onlinequelle.

Anhand dieser Zahlen lässt sich ablesen, dass mangelnde Kompetenzen und verschiedene Formen des Fehlverhaltens von Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchiestufen in vielen Fällen Informationsmängel im Unternehmen hervorrufen. Weitere Problemfelder sind in der Organisation von Unternehmen und dem internen Medieneinsatz zu sehen, weshalb sich in diesen Bereichen Ansatzpunkte für die Optimierung der Informationskultur im Unternehmen abzeichnen, die uns an späterer Stelle wieder begegnen werden.

Die herausgearbeiteten positiven Effekte einer offenen, freizügigen Informationspolitik sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der ungehemmten Verbreitung von Daten im Unternehmen nicht nur durch den drohenden „Overload“ von Mitarbeitern Grenzen gesetzt sind. In vielen Fällen wäre es unklug, bestimmte Informationen preiszugeben, da deren Verbreitung den Geschäftserfolg nicht fördern, sondern gefährden würde.

„(…) Wissens- und Forschungsvorsprünge sind in einer freien Marktwirtschaft oft überlebensnotwendig. Besonders Daten zu Planung, Forschung und Entwicklung, aber auch zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens sind daher zumeist nicht für die betriebsinterne Öffentlichkeit gedacht.“279

Die von Winterstein formulierte Mahnung zur Vorsicht ist vor allem unter Berücksichtigung des vermehrten Einsatzes elektronischer Medien wichtig, weil diese kaum den Verbleib von Informationen im Unternehmen gewährleisten können. So dürfte die leichte Kopier- bzw. Dokumentierbarkeit vieler Daten auf der Basis von Kommunikationstechnologien nicht selten einen Beitrag zu Datenmissbrauch und unerlaubter Weitergabe leisten. Zudem ergeben sich aus einer verstärkten Vernetzung von Unternehmenseinheiten zusätzliche Risiken, da ein Zugriff von „außen“ auch unter den

279 Winterstein, H. 1996, S. 39.

besten verfügbaren Sicherheitsvorkehrungen kaum auszuschließen ist. Das durch Medien erreichbare hohe Niveau der Informationsweitergabe und -verfügbarkeit muss folglich von einem bewussten und sensiblen Umgang mit Daten begleitet werden, damit aus Medienchancen durch den Missbrauch von Informationen keine Risiken für das Unternehmen erwachsen.