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3 KOMMUNIKATION - DEFINITIONEN UND

3.2 Kernbegriffe der Kommunikationswissenschaft und ihr Zusammenwirken

3.2.2 Implizites und explizites Wissen

Auf den Unternehmenskontext bezogen lässt sich die Bedeutung von Wissen dadurch erklären, dass Erfolg maßgeblich von den folgenden Punkten abhängig ist:65

• Das Vorhandensein von individuellem Wissen auf einem gewissen Niveau mit einer gewissen Spezialisierung (relevant für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens)

• Die Güte des Wissenstransformationsprozesses von individuell zu kollektiv

• Die Qualität der Umsetzung dieses kollektiven Wissens in Geschäftserfolge

Wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Agieren von Unternehmen am Markt ist nach Ansicht von North zunächst der Bestand eines gewissen individuellen Wissensstandes bei einzelnen Mitarbeitern, auf dem basierend interne Wissensentstehungs- und Wissenstransferprozesse stattfinden können, die es ermöglichen, persönliches Wissen nutzbar zu machen, indem es mit anderen Mitarbeitern und dem Unternehmen geteilt wird, um es in den Dienst des Gesamtziels zu stellen. Der Informationsbegriff wird in diesem Ansatz nicht aufgegriffen, woran deutlich wird, dass hier ein weit gefasstes Wissensverständnis zugrunde gelegt wird, das von dem im letzten Abschnitt erarbeiteten abweicht.

Zentrale Frage im Rahmen von Kommunikationsprozessen ist, ob und inwieweit die zumindest in Teilen bestehende Bindung von Wissen an das Individuum überwunden werden kann, um eine Übertragung auf andere zu erreichen und so die Zirkulation von Wissen im Unternehmen zu ermöglichen.

Rode geht generell von einer Möglichkeit zur Wissensübertragung aus, beschreibt jedoch verschiedene Hürden, die dabei zu überwinden sind und zu einem hohen Zeitaufwand führen:66

1. Eingeschränkte sprachliche Kompatibilität: Wissensverständigung ist nur über ein ähnliches Verständnis der benutzten Sprache bzw. der verwendeten Symbole möglich. Da Menschen nie über ein exakt gleiches sprachliches Wissen verfügen, muss zunächst ein Konsens bezüglich der Bedeutung von Sprache und Symbolen geschaffen werden.

2. Eingeschränkte inhaltliche Kompatibilität: Da zu übermittelndes Wissen auf anderem Wissen aufbaut und der Wissensstand der Menschen sehr heterogen ist,

65 vgl. North, K. 2002, S. 68.

66 vgl. Rode, N. 2001, S. 32f.

variiert auch die Fähigkeit zur Partizipation am Wissenstransfer von Person zu Person stark. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass zunächst unter Zeitaufwand ein qualifizierendes geteiltes Basiswissen geschaffen werden muss.

3. Eingeschränkte psychologische Kompatibilität: Zum richtigen Wissensverständnis durch den Empfänger reicht es nicht aus, dass er die Kommunikation sprachlich und inhaltlich versteht. Denn ist er nicht zur Wissensaufnahme bereit (z.B. bedingt durch psychologische Schwierigkeiten), wird zusätzlicher Kommunikationsaufwand nötig, um das Wissen z.B. in eine dem Speziellen Fall angepasste Form zu überführen.

4. Begrenzte Lern- und Kommunikationsgeschwindigkeit: Es ergeben sich dadurch klare Begrenzungen bei der Wissensvermittlung, dass der Mensch in seiner Kapazität zur Aufnahme von Wissen limitiert ist und dieses zudem nur durch zeitaufwändige Kommunikation übertragen werden kann, da sowohl der schriftlichen als auch mündlichen Kommunikationsgeschwindigkeit klare Grenzen gesetzt sind.

Wertvolle Hinweise liefert in diesem Zusammenhang auch der von Nonaka/Takeuchi unter Rückgriff auf den von Polanyi eingeführten Begriff „tacit knowledge“67 herausgearbeitete Unterschied zwischen implizitem und explizitem Wissen (explicit knowledge).68 „Tacit knowledge“ ist demzufolge das Wissen eines Individuums, welches auf den ihm eigenen, individuellen Gefühlen und Werten beruht, die dieser Form des Wissens seinen subjektiven Charakter verleihen und dessen Formulierung und Weitergabe erschweren oder gar unmöglich machen. Explizites Wissen dagegen ist von methodisch-systematischem Charakter und kann mit Mitteln der Informations- und Kommunikationstechnologie aufgenommen, verarbeitet und vermittelt werden. Von besonderem Interesse für Unternehmen sind Prozesse, durch die Wissen vom einen in den anderen Status überführt werden kann. Nonaka und Takeuchi unterscheiden insgesamt vier Arten der Wissensschaffung bzw. -umwandlung:69

Sozialisation: implizit

implizit

Eine Übertragung von implizitem Wissen basiert auf dem direkten Austausch von Wissen zwischen Individuen. Das Wissen steht in diesem Fall nicht der gesamten Organisation zur Verfügung, was besonders in Bezug auf Informationen von

67 vgl. ausführlich: Polanyi, M. 1962/1998.

68 vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. 1995, S. 72.

69 vgl. a.a.O., S. 61ff.

Vorteil sein kann, die nur bestimmten Mitarbeitern oder Gruppen zugänglich gemacht werden sollen.

Externalisierung: implizit

explizit

Die Übertragung von implizitem in explizites Wissen ist für Organisationen von besonderem Interesse, da zuvor nur Individuen zugängliches Wissen für das Unternehmen und somit auch für andere Mitarbeiter nutzbar wird.

Internalisierung: explizit

implizit

Wird explizites Wissen in implizites überführt, kommt es zu einer Verinnerlichung des zuvor bereits dokumentierten Wissens auf Seiten des Mitarbeiters, indem dieser das zusätzliche Wissen mit seinem bereits bestehenden impliziten Wissen verbindet und im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung nutzen kann.

Kombination: explizit

explizit

Die Kombination von bereits bekanntem explizitem Wissen kann dann hilfreich sein, wenn durch eine neue Verbindung einzelner Wissenskomponenten neue Erkenntnisse erlangt werden können, die z.B. eine veränderte bzw. vereinfachte Aufgabenerfüllung erlauben.

Die vier Ebenen der Veränderung des Wissens vermitteln einen Eindruck davon, wie sich dessen Entstehung und Verfügbarkeit innerhalb von Unternehmen erklären und nutzen lässt. Ein wichtiges Anliegen von Unternehmen ist es, einen den Aufgaben entsprechenden optimalen Wissensstand der Mitarbeiter zu realisieren, der durch die gezielte Steuerung der Entstehung und Entwicklung ihres Wissensschatzes vollzogen wird. Der Weg bzw. die Zirkulation des Wissens innerhalb von Organisationen lässt sich anhand der von Nonaka und Takeuchi entwickelten „Spirale des Wissens“ veranschaulichen:

Abbildung 3: Die Spirale des Wissens

Quelle: vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. 1995, S. 71ff.

Die Abbildung verdeutlicht, wie Wissen beim Durchlaufen der vier Phasen von Wissensentstehung und -entwicklung vom Individuum ausgehend im Unternehmen zirkuliert. Das letzte Stadium des hier nachgezeichneten Prozesses ist schließlich die organisationsübergreifende Nutzbarkeit von Wissen, womit die Externalisierung ihr größtmögliches Ausmaß erreicht hat.

Die in diesem Kapitel dargelegten Ausführungen verschiedener Autoren stützen sich ganz auf den Wissensbegriff und klammern dabei Informationen weitgehend aus. Da diese für eine Reihe von Autoren als zentrales Kernelement der Kommunikationswissenschaft gelten und entsprechend in vielen Theorien einen festen Platz einnehmen, sollen Bedeutung und Funktion dieses Phänomens folgend näher erläutert werden, um anschließend ein eigenes Verständnis des Zusammenwirkens von Information und Wissen in der Kommunikation ableiten zu können.