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3 KOMMUNIKATION - DEFINITIONEN UND

3.2 Kernbegriffe der Kommunikationswissenschaft und ihr Zusammenwirken

3.2.4 Die Begriffshierarchie der Kommunikationselemente

Nachdem die Bedeutung von Wissen und Information getrennt voneinander erhellt wurde, sollen nun beide Phänomene gemeinsam in das begriffliche Repertoire der Kommunikationswissenschaft eingeordnet werden.

„Wird Information (…) als Wissen oder als Bedeutung aufgefasst, wie dies in der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion wegen der herrschenden Begriffsverwirrung häufig geschieht, so ist sie eng mit Kommunikation und infolgedessen auch mit den damit verknüpften Intentionen und Interessen verbunden.“79

Wie Strohner mit Recht bemängelt, kommt es nicht selten zu einer unscharfen Trennung von Begrifflichkeiten der Kommunikationswissenschaft, indem entweder unbedacht unterschiedliche Worte zur Beschreibung des gleichen Phänomens herangezogen werden

77 Wever, U. A. 1994, S. 47.

78 vgl. Wahren, H.-K. E. 1987, S. 29.

79 Strohner, H. 1990, S. 209.

oder aber auf bestimmten Begriffsverwendungen beharrt wird, obwohl eine ausdifferenzierte Anwendung sinnvoller wäre.

Im Folgenden werden zur Verdeutlichung der in der Kommunikationswissenschaft gebräuchlichen Ausdrucksvielfalt verschiedene Ansätze zu ihrer Unterscheidung wiedergegeben, um im Anschluss ein in Bezug auf den Kommunikationsprozess zweckdienliches Verständnis dieser ableiten zu können. Probst et al. greifen die unterschiedlichen Vorstellungen bezüglich des Kerns des Wissensbegriffes auf und zeichnen den Zusammenhang miteinander verwandter Begrifflichkeiten in Form eines Anreicherungsprozesses nach.

Abbildung 4: Die Beziehungen zwischen den Ebenen der Begriffshierarchie

Quelle: Probst, G./Raub, S. et al. 1999, S. 36.

Anhand des in Abbildung 4 aufgezeigten hierarchischen Aufbaus von Kommunikationskomponenten wird deutlich, dass erst durch die Satzlehre die Bedeutung von Zeichenkombinationen klar wird, sodass nun von Daten gesprochen wird, die wiederum in einen bestimmten Kontext gesetzt werden müssen, damit Informationen entstehen. Bereits diese beiden Grundschritte der Zeichenraffinierung machen deutlich, dass erst durch Übereinkünfte zwischen Personen Deutungsgrundlagen entstehen, die die Basis für gegenseitiges Verstehen bilden.

Auch Wilms sieht Daten als dokumentierte, eigene oder fremde Beobachtungsergebnisse mit Interpretationspotential ohne Struktur und ohne Kontext. Werden diese von einem Erkenntnissubjekt geordnet (z.B. kategorisiert, klassifiziert oder gruppiert), so wandelt der

Wissen Information

Daten Zeichen

Vernetzung

Kontext

Syntax

Zeichenvorrat

„1“, „7“, „0“ und „ , “ 1,70 Devisenkurs

$1 = DM 1,70 Marktmechanismen des Devisenmarktes

Akteur das Datenmaterial in Informationen um.80 Erst wenn Informationen zudem vernetzt, also in ein persönliches Deutungsschema mit individuellen Interpretationsstrukturen eingeordnet werden, wird mit Wissen die höchste Ebene in der Begriffshierarchie erreicht.

Einen ähnlichen Anreicherungsprozess zeichnet North mit der von ihm konzipierten Wissenstreppe nach, auf der Zeichen durch die stufenweise Ergänzung weiterer Bezugsgrößen zur Expertise heranreifen:

Abbildung 5: Die Wissenstreppe nach North

Expertise Erfahrung

Know-how Wissen

Informationen Daten

Zeichen

+ Syntax + Semantik + Kontext + Anwendung + Praxis

+ Handlungs- effizienz Quelle: North, K. 2002, S. 39.

North zufolge ist mit Wissen keineswegs die höchste Entwicklungsstufe von Zeichen erreicht. Vielmehr ermöglicht die praktische Anwendung einen immer routinierteren, effektiveren Umgang mit dem persönlichen Wissen, wodurch auf höchster Ebene über den Weg der Sammlung von Erfahrungen die Stufe der Expertise erreicht werden kann.

„Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden, Es wird von Individuen konstruiert und repräsentiert deren Erwartungen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge.“81

Mit diesem Zitat machen Probst et al. deutlich, dass genau genommen alle auf der

„Wissenstreppe“ über dem Wissen stehenden Begriffe gleichfalls zu diesem gezählt werden müssen, da auch Expertise nichts anderes ist als ein „ausgereifter“, verfestigter Wissensvorrat.

80 vgl. Wilms, F. E. P. 2000, Onlinequelle.

81 Probst, G. et al. 1999, S. 46.

Im Sinn des Wissensmanagements bedeutet Wissen (knowledge) soviel wie Handlungsfähigkeit, im Sinn einer Nominaldefinition so viel wie vernetzte Information.82 Fasst man beide Sinndeutungen zusammen, gilt Wissen als handlungsorientierte Verknüpfung von Informationen unter Berücksichtigung von Erfahrungen im Kontext.83 Die vorangestellten Zitate lassen erkennen, dass mit den Worten Vernetzung bzw.

Verknüpfung auf die Wissensbindung an Personen verwiesen wird, die bei Kommunikation in Form einer versuchten Wissensvermittlung nicht ohne weiteres zu lösen ist. Informationen als tiefer liegende Ebene in der Hierarchieordnung der Kommunikationselemente greift diese Problematik auf und erfüllt eine Doppelfunktion in Bezug auf die darüber liegende Wissensebene: „Information ist „der Rohstoff“, aus dem Wissen entsteht und Informationen bilden das Medium, über das Wissen transportiert wird.“84 North macht damit klar, dass nur Information als vom Individuum gelöstes Wissen zum Gegenstand der Kommunikation werden kann. Indem Mitarbeiter in Unternehmen also auf ihnen zugängliche Informationen zurückgreifen und diese mit Hilfe ihres Bewusstseins verarbeiten, wird Wissen geschaffen. Dieses basiert immer auf persönlichen Erkenntnissen und Erfahrungen, die individuell und damit personspezifisch sind, was als Unterscheidungsmerkmal zu Informationen gilt, die nicht an Personen gebunden sind.

Weingarten unterstreicht diese Annahme mit der Feststellung, dass in einem unabhängig von Personen existierenden Text die Information steckt.85

Überträgt man diese Thesen auf das Wissensverständnis von Nonaka/Takeuchi, werden trotz der unterschiedlichen Benennung einzelner Phänomene Parallelen sichtbar. Es spielt dabei keine Rolle, ob der nicht an Personen gebundene Wissensanteil als explizites Wissen oder aber Information bzw. der an Personen gebundene Bestandteil als implizites Wissen oder Wissen im Allgemeinen bezeichnet wird. Letztlich bleibt es dem jeweiligen Autor überlassen, sich für eine Benennung der Elemente zu entscheiden. Folgende Abbildung soll verdeutlichen, wie Information und Wissen in der zwischenmenschlichen Kommunikation zusammenwirken.

82 vgl. Heinrich, L.-J. 2002, S. 19

83 vgl. Picot, A. et al. 2003, S. 118.

84 North, K. 2002, S. 16.

85 vgl. Weingarten R. 1990. S. 9.

Abbildung 6: Die kleinste Einheit der persönlichen Kommunikation

Quelle: Eigene Darstellung.

In Abbildung 6 wird eine Einheit der direkten, persönlichen Kommunikation wiedergegeben. Kommunikation beschreibt gemeinhin den Prozess der Informationsübertragung und somit gleichzeitig den Versuch, mit Hilfe von Informationen Wissen zu repräsentieren. Information fungiert in diesem Fall als Substitut für Wissen, das sich aufgrund seiner Personenbezogenheit nicht übertragen lässt. Wissen ist diesem Verständnis nach nur dann für Kommunikationsprozesse von Bedeutung, wenn es vom Sender in eine Ausdrucksform überführt werden kann, die vom Empfänger wahrgenommen und verstanden wird. Diese Umwandlung von Wissen in Information wird in kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten häufig als Enkodierung bezeichnet. Wenn der Empfänger die Information wahrnimmt, wird sie von ihm in sein kognitives Bewusstseinssystem überführt und somit durch Dekodierung wiederum zu individuellem Wissen.

Die bereits weiter oben dargelegten Zweifel daran, ob Wissen durch Kommunikation von einer Person auf eine andere übertragen werden kann, werden durch die hier vertretenen Ansichten unterstützt. Es ergibt sich ein zweifacher Wandlungsprozess von Wissen, dass durch die Kodierungsleistung des Senders zunächst in Informationen umgeformt wird, um anschließend vom Empfänger durch Dekodierung in dessen persönlichen Wissensbestand integriert zu werden. Informationen verkörpern damit im Rahmen der Kommunikation zwar Wissen, können es jedoch nie in seiner ganzen Komplexität abbilden.