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Teilkorpus GF – Erwachsene Standardsprecher

Vorgehensweise und Charakterisierung der diskursiven Daten

2.2 Beschreibung der Teilkorpora

2.2.4 Teilkorpus GF – Erwachsene Standardsprecher

2.2.4 Teilkorpus GF – Erwachsene Standardsprecher

Das Korpus „Gespräche im Fernsehen“ (GF) des Instituts für deutsche Sprache Mannheim umfasst 98 Transkripte zu Fernsehgesprächssendungen (Talkshows, Diskussionen, Interviews) sowie ethnographischen Interviews mit Produzenten (Redakteure, Moderatoren) und Diskussionsgästen aus den Jahren 1989 bis 2003, transkribiert nach DIDA56. Die Transkription wurde unter der Leitung von Dr. Wilfried Schütte durchgeführt. Der Aufnahmeleiter selbst bezeichnet diese Mediengespräche als „inszenierte direkte Kommunikation“ (Schütte 1996: 101) – gekennzeichnet sind Fernsehgespräche demnach v.a. durch ihre Inszeniert-heit, die vorgegebene Gästekonstellation, die Gesprächsleitung durch eine/n Moderator/-in und die von ihm/ihr bzw. der Sendungsredaktion vorgegebenen Themen. Im Vergleich mit alltäglicher, (vorwiegend) spontan ablaufender Face-to-Face-Kommunikation mit freier Themenentwicklung und flexibler Rede-rechtsvergabe sind hier also gravierende kommunikative Unterschiede festzu-stellen.

Mangels der zum Zeitpunkt der eigenen Erhebungen diskursiver Daten be-stehenden Alternativen wurde das Korpus GF mit seinen inszeniert-spontanen Kommunikaten jedoch zumindest insofern als für den Vergleich tauglich einge-stuft, als aufgrund der öffentlichen, medial vermittelten Kommunikationssitua-tion mit doppeltem Adressatenkreis (ersterer bestehend aus bekannten, zweite-rer aus anonymen Personen)57 möglicherweise bestehende Dialektkompetenzen bei einzelnen Sprecher/-innen nicht zum Tragen kommen. Auch wenn die the-matische Ausrichtung der Diskussionsrunden (von Hundeliebe über den Krieg am Golf bis hin zu Anekdoten über Bundeskanzlerin Merkel) in den ausgewähl-ten Transkripausgewähl-ten zum Teil erheblich variiert, so eint alle der standardnahe Sprachgebrauch sowie die in Bezug auf ihr Alter als „erwachsen“ einzustufen-den Sprecher/-innen. Hinsichtlich des Faktors Alter kann Teilkorpus GF dem-nach gemeinsam mit Teilkorpus ED zum Vergleich mit der Jugendkommunika-tion in Teilkorpus JD dienen, in Bezug auf die Abgrenzung dialektaler gegenüber allgemeinen Merkmalen gesprochener Sprache ist Teilkorpus GF mit

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56 DIDA ist eine Diskursdatenbank mit mehreren Komponenten (Partitur-Editor, Datenbank, Druckprogramm, Exportprogramm, Audioeditor), die von 1992 bis 2004 für die Verschriftli-chung diskursiver Daten am Institut für deutsche Sprache (IDS) verwendet wurde. Weiterfüh-rende Informationen finden sich auf der Webseite des Archivs für Gesprochenes Deutsch (AGD), online unter: http://agd.ids-mannheim.de/dida.shtml (20.05.2014).

57 Schütte (1996: 103) spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „Trialogizität der Medienkommunikation“, bestehend aus dem/der Moderator/-in, den Gesprächsteilnehmer/-innen auf der Bühne und dem Publikum im Fernsehstudio und vor den Fernsehern.

erwachsenen Sprecher/-innen der intendierten Standardvarietät (vgl. Glaunin-ger 2009: 95) als Kontrastfolie gegenüber den dialektal geprägten Teilkorpora ED und JD relevant.

Allerdings muss in der Interpretation der Daten berücksichtigt werden, dass es sich beim Großteil der Sprecher/-innen aus Teilkorpus GF um im Umgang mit Medien geübte Personen – in vielen Fällen mit Sprechausbildung – handelt. Bis auf Sprecherin Sabine aus GF 047B, die Sprecher Sandra Kramer und Hartmut Becker aus GF 244B sowie diverse Kurzmeldungen unbekannter Personen aus dem Publikum sind alle Sprecher/-innen in sprech- und medienintensiven Beru-fen (Schauspieler/-in, Journalist/-in, Politiker/-in u.a.) angesiedelt.

Hinsichtlich des sprachbiographischen Hintergrunds der beteiligten Perso-nen wurde darauf geachtet, nur jene Äußerungen in der kontrastiven Analyse mit den Teilkorpora JD und ED zu berücksichtigen, die von Sprecher/-innen mit Deutsch als Erstsprache stammen. Da alle hier analysierten Osttiroler Sprecher/-innen Deutsch-Muttersprachler/-Sprecher/-innen sind, sollte damit eine Verzerrung der Ergebnisse im Vergleich mit Teilkorpus GF vermieden werden. Daher wurden die Gesprächsbeiträge von Howard Carpendale im Umfang von 3095 Token und Abdoljavad Falaturi im Umfang von 1636 Token aus der kontrastiven Analyse ausgeklammert (vgl. die Fußnoten 54 und 55). Um die „fehlenden“ 4731 Token wieder aufzustocken, wurde Transkript GF 220B (4757 Token) zusätzlich in Teil-korpus GF aufgenommen.

Wo dies – aufgrund einer online einsehbaren Dokumentation des Lebens-laufes, z.B. über Wikipedia – möglich war, wurden neben dem Beruf auch das Alter und der Geburtsort der Sprecher/-innen aus Teilkorpus GF ermittelt und in Tabelle 4 zusammengefasst. In Bezug auf die regionale Zugehörigkeit sind die Sprecher/-innen relativ breit gestreut: vier Sprecher/-innen kommen aus dem Norden Deutschlands (z.B. Hamburg), sieben aus Berlin, zehn aus Mittel-deutschland (wobei zwei in der ehemaligen DDR, nämlich Jena, geboren sind) und neun Personen wurden im Süden Deutschlands (z.B. München) geboren.

Eventuell gegebene dialektale Einflüsse unter den Sprecher/-innen sind in den Gesprächen auf syntaktischer Ebene jedoch kaum zu erwarten – wenn Dia-lektsprechen vorkommt und/oder thematisiert wird, so passiert das explizit als bewusst eingesetztes Stilmittel, wie in folgender Gesprächssequenz von Heidi Brühl (HB, geboren in München) aus GF 047B zu erkennen ist:

Beispiel 2: GF 047B, Z. 15-26: „Wegen dem Bier“

015 HB: ** |weshalb | wurde jetzt geklatscht↓ wegen deinem 016 HB: bie"r oder wegen meinem sa"tz↓

017 XM: wegen des bieres

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018 K AUS DEM PUBLIKUM 019 DA: das 020 HB: ahja↓ <dann muss ich das noch mal wiederholen↑>

021 K& PUBLIKUM LACHT 022 DA: heißt wegen dem |bie"re: | 023 HB: |wes:wegen-| ** ich bin bitte 024 HB: → bayerin- und bei uns hoast=s wegen dem bie"r↓ * 025 HB: →aber des macht nix↓← ** äh: ich habe gesagt ich 026 HB: habe englisch aufgenommen↑

In diesem Ausschnitt werden regionale Unterschiede in der Rektion der Nomin-alphrase nach der Präposition wegen thematisiert.58 HB sieht in der Konstrukti-on mit Dativ ein Merkmal bairischen Sprechens realisiert und unterstützt ihre Aussage auch lautlich durch die Diphthongierung in Z. 24 (hoast=s für 'heißt es'). Später im Gespräch stuft sie selbst Dialektsprechen als „falsches“ im Ge-gensatz zum Hochdeutschen als „richtiges“ Sprechen (vgl. Z. 255ff.) ein und kennzeichnet implizit Dialektsprechen als im Rahmen der Fernsehkommunika-tion nicht adäquaten Sprachgebrauch:

Beispiel 3: GF 047B, Z. 255-260: „Richtig sprechen“

255 HB: → ja ich sprech ja richtig ich 256 DA: ja↑

257 HB: ka"nn * richtig deutsch sprechen nicht nur 258 K LACHEND 259 DA: du bist 260 HB: bayrisch auch * hochdeutsch wenn=s sein muss.

Der für die hier vorliegende Untersuchung relevanteste Unterschied zwischen Teilkorpus GF im Vergleich zu den Teilkorpora JD und ED besteht also darin, dass in den Fernsehgesprächen der Einsatz dialektaler Mittel von allen Beteilig-ten als markierter, von der „Normallage“ (Kallmeyer 1994: 25) abweichender Sprachgebrauch eingestuft wird, während dies in den Osttiroler Gesprächen eben nicht der Fall ist: Hier wird die Standardvarietät und/oder andere,

nicht-|| 58 Im Duden für „Richtiges und gutes Deutsch“ (2011: 999) werden in Bezug auf die gespro-chene Sprache beide Varianten (wegen + Genitiv; wegen + Dativ) als standardsprachlich kor-rekt eingestuft. Lediglich für das geschriebene Standarddeutsch sei demnach die Rektion mit Dativ nicht korrekt: „[D]er Gebrauch mit dem Dativ ist im Schriftlichen also noch als umgangs-sprachlich einzuschätzen“ (Duden für „Richtiges und gutes Deutsch“ 2011: 999).

bairische Dialekte als Marker eines außerhalb des Südbairischen als Normallage liegenden Sprachgebrauchs verwendet.

Die nachfolgende Tabelle fasst die zentralen Metadaten in Bezug auf die zehn Transkripte aus Teilkorpus GF zusammen.59 Für weiterführende Informati-onen zum gesamten Korpus „Gespräche im Fernsehen“ sei auf die Dokumenta-tion im Rahmen des Archivs für Gesprochenes Deutsch (AGD) verwiesen.60

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59 Nachfolgend seien kurz einige Hinweise zur Tabelle zusammengefasst: Die Spalte „Alter“

gibt jeweils das Alter zum Zeitpunkt der Aufnahme an. PaP steht als Abkürzugn für unbekannte Person aus dem Publikum. Um die Vergleichbarkeit mit Teilkorpus ED und JD zu gewährleisten, wurden die Sprechbeiträge von Howard Carpendale in der Analyse ausgeklammert, da der Sänger in Südafrika geboren und aufgewachsen ist. Der im Iran geborene und aufgewachsene Abdoljavad Falaturi weist ebenfalls nicht Deutsch als Erstsprache auf. Seine Äußerungen wurden daher ebenfalls aus der Analyse ausgeklammert. Der Moderator Giovanni di Lorenzo dagegen ist zwar in Stockholm (Schweden) geboren, ist aber deutsch-italienischer Herkunft, in Italien und Deutschland aufgewachsen und mit beiden Sprachen sozialisiert worden. Daher können seine Redebeiträge in Teilkorpus GF verbleiben und in der Analyse berücksichtigt werden.

60 Eine Korpusbeschreibung inklusive Link zur detaillierten Dokumentation der Metadaten zu den einzelnen Gesprächen findet sich online unter: http://agd.ids-mannheim.

de/korpus_gf.shtml (20.05.2014).

Beschreibung der Teilkorpora | 45

Tab. 4: Metadaten zu Teilkorpus GF

Transkript SendungSender Ort der Aufnah- meSendedatumSprecher(siglen) Beruf Alter Geburtsort GF 047BDall-As RTL-plusHotel Interconti, Hannover 01.07.1989Karl Dall (DA) Moderator/Komiker 48Emden Heidi Brühl (HB) Sängerin/Schauspielerin47München Playboy-Bunny Sabine (PSnicht bekannt ? ? Klaus Dahlen (KD) Schauspieler 51Berlin PaP (XM) nicht bekannt ? ? GF 054ADie Woche: Menschen im Ge- spch RTL-plusDachca des Hotels Maritim, Köln

13.9.1989Geert Müller- Gerbes (MG) Journalist/Moderator 52Jena Lisa Fitz (LF)Kabarettistin38Krailing Howard Carpen- dale (HC) Sänger/Komponist 43Durban Martin Ahrends (MA) Schriftsteller 38Berlin Heiner Geißler (HG) Politiker/Schriftsteller 59Oberndorf GF 186BDie Woche. Müller- Gerbes mit Gästen

RTL-plusDachca des Hotels Maritim, Köln 24.6.1990Geert Müller- Gerbes (GM) Journalist/Moderator 53Jena Dietmar Haroske (DH) Kleinpolitiker (Bürger- meister)? ? PaP (?) nicht bekannt ? ?

Tab. 4: fortgesetzt

Transkript SendungSender Ort der AufnahmeSendedatumSprecher(siglen) Beruf Alter Geburtsort GF 199BErst beten, dann töten? Der "Heilige Krieg" am Golf

Nord 3, Radio Bremen

Fernsehstudio von Radio Bremen23.1.1991Michael Geyer (MG) Historiker/Hochschullehrer 44? Georg Huntemann (GH) Theologe/Hochschullehrer 61Bremen Eugen Drewer- mann (ED) Theologe/Schriftsteller 51Bergkamen Abdoljavad Fala- turi (AF)Islamwissenschaftler65Isfahan GF 204BAlex. Das aktuelle Kulturstudio

Nord 3, Sender Freies Berlin

Fernsehstudio des SFB, Berlin12.2.1991Liane von Pein (LP) Moderatorin? ? Robert Jungk (RJ)Journalist 78Berlin Rupert Scholz (RS) Politiker 54Berlin PaP (XM) nicht bekannt ? ? GF 220BIII nach neun: Kapi- talismus

Nord 3, Radio Bremen

Fernsehstudio von Radio Bremen25.8.1995Juliane Bartel (JB) Moderatorin/Journalistin50Berlin Horst Grunert (HG) Politiker/Diplomat 67Berlin Giovanni di Lo- renzo (GL)Journalist/Moderator 36Stockholm Ellis Huber (EH) Arzt/Politiker 46Waldshut PaP (XW) nicht bekannt ? ?

Beschreibung der Teilkorpora | 47

Tab. 4: fortgesetzt

Transkript SendungSender Ort der Aufnah- meSendedatumSprecher(siglen) Beruf Alter Geburtsort GF 244BKerner - Man wird doch mal fragen dür- fen?!

SAT1Fernsehstudio von SAT18.1.1996Johannes B. Kerner (JK) Moderator 32Bonn Sandra Kramer (SK) nicht bekannt ? ? Hartmut Becker (HB) nicht bekannt ? ? PaP (XW) nicht bekannt ? ? PaP (XM) nicht bekannt ? ? GF 254AStreitfall: Eugen Dre- wermann

ZDF Studio des ZDF, Bonn6.2.1995Wolfgang Herles (WH) Journalist/Schriftsteller 45Tittling Eugen Drewer- mann (ED) Theologe/Schriftsteller 55Bergkamen Walter Kasper (WK) Theologe/Kardinal62Heidenheim PaP (NN) nicht bekannt ? ?

Tab. 4: fortgesetzt

Transkript SendungSender Ort der Auf- nahmeSendedatumSprecher(siglen) Beruf Alter Geburtsort GF 264BBerlin Mitte: ‚Modern Talking‘ – Wer rettet die deutsche Sprache?

ZDF Studio des ZDF in Berlin15.2.2001Maybrit Illner (MI)Journalistin/Moderatorin36Berlin Norbert Blüm (NB) Politiker 66Rüsselsheim Julian Nida- Rümelin (JN) Philosoph/Hochschullehrer 47München Walter Kmer (WK) Ökonom/Hochschullehrer 53Ormont Gotthilf Fischer (GF)Chorleiter 73Plochingen Thea Dorn (TD) Schriftstellerin/Moderatorin31Offenbach GF 276BNDR Talk- showNDRStudio des NDR22.2.2002Alida Gundlach (AG) Moderatorin59Hildesheim Sabine Christia- nsen (SC) Journalistin/Moderatorin45Preetz Edmund Stoiber (ES) Politiker 61Oberaudorf rg Pilawa (JP) Moderator 37Hamburg Sigi Harreis (SH) Journalistin/Moderatorin65Tübingen

Zusammenfassung | 49

2.3 Zusammenfassung

Abschließend sollen anhand von Tabelle 5 die drei für die kontrastive Analyse zentralen Teilkorpora ED, JD und GF hinsichtlich ihres Umfangs in transkribier-ter Zeit bzw. in Bezug auf die Tokenanzahl zusammengefasst und gegenüberge-stellt werden.

Tab. 5: Gegenüberstellung der drei Teilkorpora ED, JD und GF

Transkript Transkribierte Zeit Tokenanzahl

ED 1 47 min 16 sec 12866

ED 2 36 min 22 sec 11592

ED 3 59 min 33 sec 20301

ED 4 44 min 12 sec 17676

ED 5 30 min 20 sec 9431

ED 6 41 min 55 sec 16620

Teilkorpus ED total 4 h 19 min 38 sec 88486

JD 1 14 min 28 sec 5272

JD 2 23 min 34 sec 6071

JD 3 27 min 34 sec 9355

JD 4 13 min 53 sec 4157

JD 6-1 7 min 17 sec 1706

JD 6-2 8 min 30 sec 2359

JD 7 29 min 27 sec 8217

JD 8 28 min 12 sec 8791

JD 13 27 min 11 sec 7261

JD 14 30 min 33 sec 9719

JD 17 26 min 20 sec 7558

JD 18 8 min 3 sec 3509

JD 20 13 min 54 sec 4020

JD 22 22 min 51 sec 6073

JD 23 17 min 15 sec 3615

Teilkorpus JD total 4 h 59 min 2 sec 87683

Tab. 5: fortgesetzt

Transkript Transkribierte Zeit Tokenanzahl

GF 047B 15 min 4203

GF 054A 1 h 09 min 3782561

GF 186B 15 min 2832

GF 199B 45 min 865162

GF 204B 18 min 38 sec 5621

GF 220B nicht dokumentiert 4757

GF 244B 10 min 1885

GF 254A 1 h 03 min 14596

GF 264B nicht dokumentiert 6476

GF 276B nicht dokumentiert 2182

Teilkorpus GF total --- 89028

Vergleicht man den zeitlichen Umfang der einzelnen Aufnahmen, so wird offen-sichtlich, dass sechs relativ lange Gespräche (rund 30 bis 60 Minuten) der er-wachsenen Dialektsprecher/-innen relativ kurzen Gesprächen (rund acht bis 29 Minuten) der jugendlichen Dialektsprecher/-innen gegenüberstehen. Dieser Umstand liegt darin begründet, dass viele der Jugendlichen schon zu Beginn des Treffens ihren Wunsch äußerten, nicht mehr als eine halbe Stunde in die Gesprächsaufnahme investieren zu wollen. Aufgrund des freizeit-kommunikativen Settings (v.a. in den Jugendzentren) ist dieser Wunsch, sich wieder dem Tischfußball-, Dartspiel oder Ähnlichem zuwenden zu wollen, nachvollziehbar. Wurden Gesprächsaufnahmen in einer schulischen Institution in Freistunden durchgeführt, so war die zeitliche Begrenzung auch durch die Schulstundeneinteilung vorgegeben. Wenn die Schüler/-innen wieder in den Unterricht mussten, dann musste die Gesprächsaufnahme im informellen Set-ting im Pausenraum etc. dementsprechend beendet werden. Abzüglich der zu

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61 Für die Auswertung von Transkript GF 054A wurden von den insgesamt 40920 Token die Redeteile von Howard Carpendale (3095 Token) abgezogen (vgl. Kapitel 2.2.4.).

62 Für die Auswertung von Transkript GF 199B wurden von den insgesamt 10287 Token die Redeteile von Abdoljavad Alfaturi (1636 Token) abgezogen (vgl. Kapitel 2.2.4.)

Zusammenfassung | 51

Beginn der Aufnahmen abgetrennten 10-15 Minuten Eingangsphase ergibt sich daraus der zum Teil relativ geringe Umfang einiger Transkripte.63

Um die Recherche in den Teilkorpora JD und ED zu erleichtern, wurden die Transkripte im EXMARaLDA Corpus-Manager (Coma) zum jeweiligen Teilkorpus zusammengefasst. Die Suche selbst wurde auf Basis dieser Coma-Dateien mit dem EXMARaLDA-Werkzeug EXAKT durchgeführt. Mit Hilfe dieses Werkzeugs können Korpora nach transkribierten und/oder annotierten Elementen durch-sucht werden. Aufgrund der technischen Gegebenheiten war dies für die Tran-skripte aus Teilkorpus GF nicht möglich – die Auswertung wurde hier anhand der annotierten Analysekategorien manuell durchgeführt.

Prinzipiell muss abschließend festgehalten werden, dass die drei Teilkorpo-ra in Bezug auf die einzelnen Analysebereiche nicht immer im selben Ausmaß für die Analyse herangezogen werden können. Zunächst wird zu jedem Phäno-menbereich eine Korpusrecherche in allen drei Teilkorpora durchgeführt. Wenn jedoch ein Teilkorpus in diesem Bereich keine Variation aufweist, wird dieses für die weiterführende Analyse nicht mehr berücksichtigt. Dies ist beispielswei-se bei Konstruktionen mit Präpositionswegfall des Typs „ich gehe Kino“ so: Hier finden sich in Teilkorpus GF keine Belege, weshalb der Fokus der Analyse auf die Teilkorpora JD und ED gelegt wird.

Bei Bedarf wird außerdem die Analyse einzelner Varianten auf Restkorpus JD ausgeweitet. Das Vergrößern der Stichprobe im Bereich der Jugendkommu-nikation ist v.a. dann nützlich, wenn sich eine Variante als möglicherweise jugendpräferentiell abzeichnet, die Belegzahl in Teilkorpus JD jedoch zu gering ist, um Aussagen zur statistischen Wahrscheinlichkeit des Vorkommens der Variante treffen zu können. Darüber hinaus wird Restkorpus JD auch für die Form-Funktions-Analyse genutzt, wenn zusätzliche Belege erhellende Einblicke in die multifaktorielle Komplexität des Vorkommens einzelner Varianten bieten können.

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63 In Bezug auf Transkript JD 6 muss die Dauer die Teiltranskripte JD 6-1 und JD 6-2 zusam-mengerechnet werden (vgl. FN 55).

Wie in der Darlegung des Forschungskontexts (vgl. Kapitel 1.1.) bereits skizziert wurde, ist sowohl der Fokus auf Syntax gesprochener Sprache als auch jener auf altersbedingte Sprachvariation mit einigen theoretischen „Stolpersteinen“

verbunden, die es zu beleuchten und zu diskutieren gilt. Diese betreffen u.a. die Frage danach, was eigentlich unter Jugendsprache oder mündlicher Kommunika-tion zu verstehen sei, in welche Grundeinheiten gesprochene Sprache zerlegt werden kann und welche Analysekategorien den spezifischen Bedingungen mündlicher Kommunikation gerecht werden (könnten). Für die Auseinander-setzung mit bestehenden theoretischen Ansätzen im Hinblick auf diese Fragen wird zunächst das Verhältnis von Sprachgebrauch und Alter beleuchtet (vgl.

Kapitel 3.1.) und mit Blick auf den Sprachgebrauch Jugendlicher in Osttirol vertieft. Daran anschließend werden grammatiktheoretische Ansätze zur Be-schreibung syntaktischer Besonderheiten gesprochener Sprache diskutiert (vgl.

Kapitel 3.2.). Mit Fokus auf eine weitere zentrale Ebene von Äußerungsformen in mündlicher Kommunikation, nämlich ihre prosodische Ausgestaltung, wer-den schließlich Möglichkeiten der Segmentierung gesprochener Sprache be-leuchtet. Auf Basis dieser Überlegungen wird die Segmentierung der diskursi-ven Daten aus den Teilkorpora JD, ED und GF in fünf Einheitentypen vorgenommen (vgl. Kapitel 3.3.), was wiederum die Grundlage für die empiri-schen Analysen bildet.