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Tat- und Tätermerkmale der Organisierten Kri- Kri-minalität

Organisierte Kriminalität in Deutschland

2. Tat- und Tätermerkmale der Organisierten Kri- Kri-minalität

Nachdem mit Hilfe der Definitionen die theoretischen Merk-male der Organisierten Kriminalität vorgestellt wurden, wer-den nun die praktischen Aspekte erörtert. Hierbei werwer-den ins-besondere die Indikatoren und Kriminalitätsfelder untersucht, die für ein Verbrechen der Organisierten Kriminalität spre-chen.

Bei dem Täterverhalten fallen folgende Indikatoren auf, die bei nahezu allen OK-Aktivitäten feststellbar sind.

2.1 Indikatoren (Täterverhalten)

2.1.1 Tatplanung

Die Vorbereitungszeit einer Tat der OK- Gruppen ist sehr lang und intensiv; dabei nutzen sie zum einen die bestmögliche Technik, um ihr Ziel zu erreichen. Für diesen Technikeinsatz werden hohe Summe ausgegeben, um ein exakte Zielbe-schreibung zu erhalten. Zum anderen wird die Abwicklung der Tat minutiös geplant.

Bei der Tat werden im vorhinein Markterfordernisse berück-sichtigt, d.h., es wird geprüft, ob die Produkte im Absatzge-biet benötigt werden und einen hohen Gewinn bringen.

Es werden Informanten bezahlt und z.B. Scheinfirmen aufge-baut, die eine problemlose Abwicklung ermöglichen.

2.1.2 Tatausführung

Die Tat wird hochprofessionell durchgeführt, das heißt:

Experten übernehmen die Ausführung (Arbeitsteilung); auch Spezialisten aus dem Ausland kommen zum Einsatz.

Es werden Spezialgeräte eingesetzt.

2.1.3 Tatsicherung

Zwei Bereiche sind hier zu unterscheiden:

Verwertung der Beute: Das heißt, die Beute wird so schnell wie nur möglich gereinigt. Durch Geldwäsche und sofortige Investitionen des Gewinns in legale Bereiche wird eine Zu-rückverfolgung der Beute teilweise unmöglich gemacht.

Tatabsicherung: Indem Zeugen, Polizisten, Staatsanwälte, Richter und Pressevertreter bestochen werden, wird die nach-folgende Strafverfolgung in ihrer Intensität stark einge-schränkt. Kommt es doch zu Anklagen, wird zum einen die Flucht (durch gefälschte Pässe, u.a.) ermöglicht oder hoch-bezahlte Fachanwälte übernehmen die Verteidigung.

2.1.4 Gruppenverhalten

Die Gruppen sind zumeist hierarchisch aufgebaut; es besteht eine klare Befehlsstruktur. Einerseits besteht in diesen Täter-gruppen ein straffes, internes Strafsystem (v.a. für Versager und Verräter);

auf der anderen Seite steht die Unterstützung für Mitglieder, die bei Festnahmen in jeglicher Form unterstützt werden (Be-treuung, Kaution, Prozessunterstützung in verschiedener Form, Aufnahme nach der Haftentlassung, Hilfe für die Angehöri-gen).

2.1.5 Ziele der Täter

Die Stärkung der Finanzkraft steht im Vordergrund. Um dies zu erreichen, wird:

• die Konkurrenz bekämpft

• die Kontrolle über profitable Geschäftszweige angestrebt

2.1.6 Monopolisierungsstreben

Wie schon oben angesprochen, versuchen die Organisatio-nen die Konkurrenz zu vernichten, das heißt:

Übernahme und Kontrolle bestimmter Geschäfts- und Krimi-nalitätsfelder u.a. auch durch sogenannte Strohleute.

2.1.7 Täterverbindungen/Tatzusammenhänge

Die Taten finden in der Regel auf überregionaler oder sogar internationaler Ebene statt. Natürlich gibt es bei einigen verbrecherischen Organisationen auch nationale Konzentrationen, sowohl auf die Taten, wie auch auf die Täter.

2.1.8 Korrumpierung

Hierbei nutzt die Organisierte Kriminalität ihre finanziellen Möglichkeiten, Personen von sich abhängig zu machen. Dies kann durch Luxus-Güter, Darlehen, Prostitution, etc. gesche-hen. Korruption ist eine Grundvoraussetzung der Organisierten Kriminalität, so der Mafia-Experte J. Roth: „Nur durch Korrup-tion kann die Organisierte Kriminalität am Leben gehalten werden. Es läuft nur mit Korruption in jedem Bereich.“53

2.1.9 Öffentlichkeitsarbeit

Bei der Öffentlichkeitsarbeit (Publicrelation) tritt die OK-Grup-pierung natürlich nicht direkt auf, sondern nutzt Kontakte zu Journalisten und anderen Personen des öffentlichen Lebens und steuert so auch Medienberichte in ihre Richtung. Um das öffentliche Leben auf ihre Seite zu ziehen, treten Personen der Organisierten Kriminalität auch als Schirmherren und Sponso-ren von Veranstaltungen (u.a. Sport, Kultur) auf.

53Zitiert nach Jürgen Roth, aus dem ZDF-Mittagsmagazin-Interview, Mainz 2001

Nach den Tätermerkmalen muss man noch auf bevorzugte Kriminalitätsfelder eingehen. Bei der Aufzählung der Kriminali-tätsfelder ist darauf hinzuweisen, dass bei Straftaten im Zu-sammenhang mit diesen Delikten nicht unbedingt die Orga-nisierte Kriminalität dahinter stehen muss. Denn auch Einzel-täter und kleinere Banden nutzen diese Bereiche aus, um an Geld zu kommen.

2.2 Kriminalitätsfelder (Tatmerkmale)

Das Organisierte Verbrechen stützt sich im wesentlichen auf die folgenden klassischen Kriminalitätsfelder und zieht aus diesen ihre finanzielle Stärke:

• Drogenhandel/ Rauschgiftkriminalität

• Schutzgelderpressung/allgemeine Erpressung

• Menschenhandel (Arbeitskräfte, Prostituierte, Kinderhan-del, Flüchtlingsschleusung u.a.)

• Herstellung von Falschgeld/Fälschungen im allgemeinen (Kunst, Urkunden)

• Waffenhandel

• Kriminalität in Bezug auf das Nachtleben (illegales Glücksspiel, Prostitution u.a., siehe auch Wettkriminalität)

• Organisierter Diebstahl/Raub (Dieser bezieht sich auf alle möglichen Formen der Eigentumsdelikte. Es beginnt bei Kaufhausdiebstahl, geht über den Trick- und Taschen-diebstahl und endet bei dem organisierten Diebstahl von Autos, Scheckkarten, Kunstgegenständen.)

• Produktpiraterie (Das heißt Markenartikel - auch Kunst-gegenstände - werden kopiert und gefälscht und zu billi-gen Preisen profitträchtig weiterverkauft.)

• Wirtschaftskriminalität

Die Organisierte Kriminalität hat sich in fast alle Bereiche der Wirtschaftskriminalität vorgearbeitet, Beispiele dafür sind:

• Anlagebetrug

• Aktienbetrug54

• Konkursbetrug

• Subventionsbetrug (in Bezug auf die EU)

• Schmuggel (Es kann Produkte - Zigaretten, Konsumgüter etc.- betreffen, aber auch Tiere, Holz usw.)

• Entführung

Das organisierte Verbrechen wagt sich in den letzten Jahren auch in neue Felder der Kriminalität vor. Besondere Beispiele, die das verdeutlichen sind:

• Industriespionage55

• Wirtschaftsspionage56

• Alle Formen der Computerkriminalität

• Umweltkriminalität (illegale Entsorgung von Giftmüll und sonstiger Abfälle u.a.)

• Organhandel (Aufkauf von Organen in armen Ländern, z.B. Brasilien, Verkauf in den Industriestaaten)

54Dieses Kriminalitätsfeld trat vor allem in Bezug auf den neu-en Technologiemarkt der Aktineu-enbörsneu-en in die Öffneu-entlichkeit

55Industriespionage beschreibt die Ausspähung von Unter-nehmen durch Konkurrenzfirmen, strafbar nach UWG (unlau-terem Wettbewerbsgesetz)

56Wirtschaftsspionage betreiben fremde Mächte/Staaten, um die wirtschaftliche Entwicklungen in einem Zielland, beson-ders durch ihre Geheimdienste ausspähen zu lassen, um ei-gene Investitionen im Heimatland zu sparen; vgl. Comtesse, Wirtschaftsspionage im Aufwind?, in: Beiträge zur inneren Si-cherheit, Band 20, Brühl 2003, S. 201 ff

• Schleuserkriminalität (Flüchtlinge aus armen Staaten werden gegen Geld in die reichen Staaten geschmug-gelt, Schleuserziele v.a. die USA und EU)

• Embargoumgehung57

• Proliferation58

• Nuklearkriminalität59 60 (Dies betrifft in erster Linie den Handel mit Nuklearmaterial. Dieses wird in erster Linie für Waffen, d. h. Nuklearsprengköpfe in Trägerraketen unter-schiedlicher Reichweiten genutzt)

3. Die wichtigsten internationalen