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Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben Unter diesem Kriminalitätsfeld werden Aktivitäten in

Organisierte Kriminalität in Deutschland

4. Lagebild der Organisierten Kriminalität in Deutschland

4.2 OK-Gruppierungen in Deutschland

4.3.5 Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben Unter diesem Kriminalitätsfeld werden Aktivitäten in

folgen-den Bereichen zusammengefasst:

• Rotlichtmilieu/Prostitution in Verbindung mit Menschen-handel

• Illegales Glücksspiel

• Falschspiel

Diese Formen der OK sind vor allem in Großstädten vertreten.

Dort werden in Bordellen, Spiellokalen etc. die oben genann-ten „Dienstleistungen“ angebogenann-ten. Teilweise werden diese Be-reiche getarnt in unauffälligen Restaurants oder Hotels ange-boten, in denen erst Stammkunden in den Genuss dieser illegalen Darbietung kommen. Wegen dieser Verschleierung ist es auch für die Behörden schwierig, zu erkennen, inwieweit das Glücksspiel illegal ist oder in Fällen der Prostitution Prostituierte selbständig oder für Zuhälter bzw. eine

135Nach der Kriminalitätsstatistik des BKA 1999, Wiesbaden 2000, Lagebild OK 2002, BKA Wiesbaden, 2003, S. 25

tuierte selbständig oder für Zuhälter bzw. eine Organisation136 tätig werden. Diese Bereiche sind so gut organisiert, dass man an die eigentlichen Chefs nicht herankommt, sondern höchstens die Zuhälter belangen kann, die auf lokaler Ebene für die Prostituierten verantwortlich sind. Meistens kennen selbst die Betreiber solcher Bordelle etc. die eigentlichen Hin-termänner nicht. Auch ist es für die Polizei schwierig, Vermö-gensbildung durch Falschspiel oder Prostitution nachzuwei-sen, da die Tarnobjekte, wie z.B. Hotels als geeignete Geldwaschanlagen dienen. Außerdem werden in den meis-ten Fällen die Gewinne sofort wieder in Immobilien oder an-derweitig investiert, wodurch sie nicht mehr nachweisbar sind.

Welches finanzielle Potential im Bereich Glücksspiel steckt, zeigen die folgenden Zahlen: Nach einer Expertenstudie gibt es in Deutschland im Jahr 2001 120.000 Spielsüchtige137, die oft durch die Sucht hochverschuldet sind und sich teilweise ihr Laster durch Straftaten finanzieren. Im Schnitt brauchen Süch-tige 6-8 Jahre, bis sie sich zu einer Behandlung entschließen.

So lange sind sie auch willenlose Opfer der Glücksspielanbie-ter (u.a. auch der der Organisierten Kriminalität). In Deutsch-land werden 870 Mio. EUR legal138 eingenommen. An Hand dieser Summe kann man errechnen, wie hoch der Gewinn der illegalen Glücksspielbetreiber ist.

Durch die lange Tradition dieses Kriminalitätsfeldes haben sich vor allem deutsche Betreiber in diesem Bereich festgesetzt.

Diese Stellung ist nach dem Ende des „Kalten Krieges“ ge-fährdet. Zum einen kaufen viele ausländische

136Die Polizei vermutet, dass bis zu 6,14 Mrd EUR in Deutsch-land mit der Prostitution umgesetzt werden. 400 % Zunahme seit 1990.

13790% sind davon Männer

138U.a. durch die 200.000 legalen Glücksspielautomaten

nisationen, wie die Cosa Nostra aus den USA, Bordelle in Deutschland auf. Die Deutschen arbeiten dann nur nach au-ßen offiziell als eigenständige Betreiber weiter. In Wahrheit werden sie in solchen Fällen von den großen OK-Gruppen ge-steuert und abgeschöpft. Nicht nur allein die gigantische Ka-pitalskraft der ausländischen OK-Organisationen gefährdet die Herrschaft der Deutschen. Diese sind in hohem Maße, vor allem im Bereich der Prostitution, von ausländischen Organi-sationen abhängig. Da deutsche Frauen, wenn sie als Prosti-tuierte arbeiten, häufig selbständig ihre Dienste anbieten, müssen die Bordellbetreiber auf ausländische Frauen zurück-greifen. Diese ca. 200.000 Frauen stammen in den meisten Fäl-len aus Osteuropa139 oder aus dem asiatischen Raum (Philip-pinen). Sie werden mit Versprechungen und mit der Aussicht auf hohe Verdienstmöglichkeiten über sogenannte „Künstler-agenturen“ oder Zeitungsinserate nach Deutschland gelockt.

Die Einschleusung erfolgt dann durch die ausländischen OK-Organisationen, zumeist russische Gruppierungen, die die Frauen in Deutschland entweder an festgelegte Auftrageber verkaufen oder sie versteigern. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen nur gegen Anteile an gewissen Etablissements Frauen geliefert werden. Dadurch sinkt die Macht der Deutschen, die in dem ständigen Verdrängungskampf um diesen wichtigen, lukrativen Kriminalitätsbereich gegenüber türkisch, bulgarisch und litauisch dominierten OK-Gruppen in den letzten 3 Jahren langsam an Boden verlieren. Ein Beispiel ist ein Fall aus Ost-deutschland, wo deutsche Bordellbesitzer flexibel die Seiten zwischen türkischen und russischen OK-Organisationen wech-seln mussten, um bestehen zu können. Ein neuer Trend in der Prostitution scheint der Einsatz von albanischen Zuhälterinnen sowie von afrikanischen und dunkelhäutigen Frauen zu sein,

139Ca. 120.000 Frauen jährlich überwiegend aus den GUS-Staaten sowie Bulgarien und Polen, vgl. FAZ v. 19.11.2003;

vgl. auch Lagebild OK, BKA, 2002, a.a.O., S. 22.

die dann in den meisten Fällen aus Nigeria stammen140. Dies kann zum einem am neuen Geschmack der deutschen Kun-den liegen, die nach osteuropäischen und auch asiatischen Frauen das Bedürfnis nach exotischen Frauen haben, die bis-her selten in Deutschland vertreten waren. Daneben gibt es natürlich Gründe, die auf der Seite der Zuhälter zu sehen sind.

Afrikanische Frauen sind billiger und haben weniger Ansprü-che. Da in Deutschland außerdem wenige Personen ihrer Ethnie bzw. Nationalität leben, ist eine Flucht oder das Unter-tauchen bei Bezugspersonen nahezu unmöglich. Als Beleg für diese Entwicklung darf man eine Meldung vom 29.11.2000 nennen. Hier wurde bei Razzien in Bayern, Sachsen, NRW und Hamburg, ein bundesweit operierender Menschhändlerring aus Nigeria ausgehoben. Es wurden 11 Personen verhaftet.

Die Spezialität dieser Bande war es, nigerianische Frauen in den Bordellen, u.a. in Leipzig, als Prostituierte unterzubringen.

4.3.6 Kinderhandel

Ein wiederentdeckter Kriminalitätsbereich der OK stellt der Kinderhandel dar. Während der Menschenhandel mit Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, auf hohem Niveau stagniert, explodiert der Handel mit Kindern. So werden nach Schätzungen der UN und Kinderrechtsorganisationen jährlich zwischen 700.000 und 5 Millionen Kinder weltweit verkauft und versklavt. Die Händlerorganisationen sollen zwischen 7 und 10 Milliarden $ Gewinn machen. Dies würde nach dem Rauschgift- und Waffenhandel den drittgrößten Wert in der OK-Profitskala darstellen.

140So begann am 03.07.01 in Düsseldorf ein Prozess gegen ei-nen 31jährigen Ghanaer, der 50 Frauen aus Ghana nach Deutschland gelockt haben soll. Er soll den Frauen eine Schulausbildung in Deutschland versprochen haben. Nach der Ankunft wurden diese aber gezwungen, als Prostituierte zu arbeiten; vgl. auch Lagebild OK 2002, BKW Wiesbaden, 2003, S. 25

Das Vorgehen der Kinderhändler ist einfach. Sie kaufen in ar-men Regionen (Afrika, Osteuropa, Asien und Südamerika)141 Kinder ein und verkaufen sie dann an andere kriminelle OK-Vereinigungen, die die Kinder in den verschiedensten Funkti-onen einsetzen:

• Als Sexsklaven im Prostitutionsmilieu, Porno-Branche usw.

(vor allem in Asien und Indien). In Somalia und in den USA sollen 300.000 Kinder als Sex-Sklaven aktiv sein.

• Als Soldaten. In Afrika kämpfen ca. 300.000 Kindersolda-ten in Bürgerkriegen und anderen militärischen Auseinan-dersetzungen (u. a. Uganda/Zaire/Sudan).

• Als kriminelle Helfer. So werden weltweit Kinder gezwun-gen, als Taschendiebe, Drogenkuriere und in anderer Form für kriminelle Personen oder Organisationen tätig zu werden (u. a. Kinderbanden aus Rumänien).

• Als Diener/Haushälter. Vor allem in westlichen Ländern und reichen Ölstaaten werden Kinder als solche Helfer ausgenutzt. Bis zu 500 € werden für solche Diener bezahlt.

• Als Adoptionskinder. Besonders für reiche Paare aus westeuropäischen und nordamerikanischen Staaten.

Teilweise kaufen solche Paare gleichzeitig die schwange-ren Mütter als Leihmütter und missbrauchen diese dann später als Haushälterinnen oder Babysitterinnen für ihre eigenen Kinder.142

141Für den osteuropäischen Raum gilt der Balkan als Dreh-scheibe. Dort werden jährlich bis zu 100.000 Kinder aus Ost-europa (größtenteils albanische Kinder) verschleppt und verkauft. In Afrika dient Nigeria als Verteilermarkt und in Asien Thailand (Bankok).

142Für Sonderfälle zahlen z. B. die OK-Gruppierungen in Alba-nien ca. 800 €.

• Als Arbeiter. In Minen (u. a. in West- und Südafrika beim Rohdiamantenabbau), Bergwerken und Industrieanlagen werden Kindersklaven eingesetzt.

Der Preis für die Kinder variiert sehr stark. Während in Afrika ein Kind für 10 $ zu kaufen ist, muss in Albanien bereits bis zu 500 $ gezahlt werden. Dies betrifft aber nur die Preise für den

„Erstkauf“, der Verkaufswert für die potentiellen Kunden (Fir-menchefs, Pornoproduzenten, Zuhälter usw.) ist erheblich hö-her. So zahlen Adoptiveltern bis zu 12.500 € für ein Kind.

Durch die hohen Gewinnspannen in diesem Bereich und die steigende Nachfrage sind immer mehr große OK-Gruppen in diesem Bereich aktiv. So finden wir hier die „Nigeria-Con-nection“, russische OK-Organisationen, die japanische Yakuza und das brasilianische „Rote Kommando“. Diese Organisati-onen arbeiten mit professionellen Methoden, wie sie aus dem Schleusungsbereich bekannt sind (u. a. konspirative Woh-nungen, Zusammenarbeit mit Passfälschern).

Durch laxe Gesetze und die Korrumpierbarkeit von Behörden in den ärmeren Staaten der Welt kann diese Form der Organi-sierten Kriminalität nicht bekämpft werden. Zukünftig muss es als eine der höchsten Aufgaben angesehen werden, diesem menschenverachtenden Gewerbe weltweit ein Ende zu set-zen. Die Erweiterung der UN-Kinderrechtskonvention um die zwei Zusätze143, die den Einsatz von Kindersoldaten (unter 18 Jahre) verbietet und die Kinderprostitution unter Strafe stellt, ist dabei nur ein erster Schritt im Kampf gegen den weltwei-ten Kinderhandel.

Ein finanziell lukrativer großer Markt innerhalb dieses Kriminali-tätsfeldes stellt neuerdings die Kinderpornografie dar. Im

143Die Zusätze wurden im Mai 2000 von der UNO verabschie-det; im Dezember 2002 ratifizierte auch die USA diese Zusät-ze, die anschließend im Februar 2003 in den USA in Kraft ge-treten sind.

ternet werden in den letzten Jahren verstärkt Filme und Bilder mit kinderpornografischem Inhalt angeboten. Staatsanwalt-schaften und Polizei im Bundesgebiet versuchen mit Hilfe von Sonderkommissionen gegen Beschuldigte vorrangig vorzuge-hen.144

4.3.7 Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsl