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2. Literaturübersicht

2.3 Ultraschall in der Kardiologie (Echokardiografie)

2.3.4 Stressechokardiografische Untersuchungsverfahren

Neben der in der Humankardiologie etablierten und routinemäßig eingesetzten Stressechokardiografie (Kap. 2.3.4.1) wird die Indikation und Durchführung von Belastungsuntersuchungen beim Pferd vorgestellt (Kap. 2.3.4.2).

2.3.4.1 Stressechokardiografie beim Menschen

Die Stressechokardiografie gehört in der Humankardiologie zu den wichtigsten nicht-invasiven diagnostischen und prognostischen Verfahren kardialer Funktionsstörungen (TRAPPE u.

LÖLLGEN 2000) und bezeichnet eine Herzuntersuchung mit Hilfe von Ultraschall während oder nach einer Stressbelastung (FLACHSKAMPF 2004). Stress ist die Reaktion eines Organismus auf sog. Stressoren wie z.B. körperliche und medikamentöse Belastung oder psychosomale und elektrophysiologische Reize. Aufgrund einer Alarmreaktion in Form einer erhöhten Sympathikusaktivität und Katecholaminausschüttung aus dem Nebennierenmark erhöht sich das Herz-Zeit-Volumen und der Sauerstoffverbrauch, was bei Kardiopathien aufgrund ungenügender Kompensationsmechanismen zu objektiven pathologischen Befunden oder subjektiven Beschwerden führen kann (TRAPPE u. LÖLLGEN 2000).

Erstmalig 1979 in der Humanmedizin beschrieben (WANN et al. 1979), erfolgte der Durchbruch der Stressechokardiografie erst mit neuen technologischen Entwicklungen Anfang der neunziger Jahre. Durch eine bessere Bildauflösung, Bildakquisition, durch Digitalisierung und die Einführung alternativer Stressinduktionen konnte die Erfolgsrate der auswertbaren Bildgebung auf mehr als 90% gesteigert werden (SCHROEDER et al. 2003).

Die häufigste und wichtigste Indikation der Stressechokardiografie beim Menschen liegt in der Diagnostik der koronaren Herzkrankheit (KHK). Bei dieser Erkrankung ist die myokardiale Sauerstoffversorgung aufgrund einer Herzkranzgefäßinsuffizienz unzureichend. Die Stressecho-kardiografie ermöglicht die Differenzierung von ischämischem, infarziertem und noch vitalem Myokard vor Auftreten klinischer oder elektrokardiografischer Veränderungen (STOJKOVIC et al.

2001). Im Versorgungsgebiet eines stenosierten Herzkranzgefäßes führt eine belastungsinduzierte Minderdurchblutung und Sauerstoffunterversorgung (Ischämie) zu einer Kontraktionsstörung des

Areals, die in Ruhe nicht hätte diagnostiziert werden können (HOFFMANN 2002). Zwischen Kontraktionsverhalten und transmuralem Blutfluss besteht eine enge Korrelation, so dass bei einer KHK die Wandeinwärtsbewegung langsamer ist und linear zur verminderten Perfusion abnimmt (KAUL 1990). Diese regionale myokardiale Dyssynergie kann mittels zweidimensionaler Echokardiografie lokalisiert und graduiert werden und ist ein geeigneter und früher sensitiver bzw.

spezifischer Marker einer Ischämie. Eine globale linksventrikuläre Dysfunktion (z.B. eine erniedrigte EF) als Hinweis auf eine später eintretende, umfassende Funktionsstörung ist weniger spezifisch und sensitiv für eine KHK-Diagnostik (FLACHSKAMPF 2004).

Der zeitliche Ablauf der Ereignisse während einer ischämischen Episode wird als Ischämiekaskade beschrieben (TAUCHERT et al. 1976): Die Ischämie beginnt mit einer „Flussheterogenität“

zwischen Subendokard und Subepikard, gefolgt von metabolischen Veränderungen, diastolischen Relaxationsstörungen und führt zu einer regionalen Dyssynergie der Wandbewegung. Später kommen EKG-Veränderungen sowie segmentale systolische Dysfunktionen und präkordiale Schmerzen hinzu. Eine 20%ige Reduktion der Myokardperfusion hat eine ebenso große Abnahme der Wandverdickung, eine 80%ige eine Akinesie zur Folge. Eine Dyskinesie wird als reines Wandstressphänomen einer Akinesie gesehen und scheint in Abhängigkeit zu Vor- und Nachlast zu stehen (HAUG 1998c).

Bei Herzklappenerkrankungen und Kardiomyopathien des Menschen dient die Stressechokardio-grafie zur Bestimmung der linksventrikulären Kontraktilität und belastungsbedingten klinischen Symptomatik. Die belastungsinduzierte Veränderung der Regurgitationsmenge und Dimension des Vitiums ermöglicht außerdem eine präzisere Schweregradeinteilung einer Klappeninsuffizienz, so dass der richtigen Zeitpunkt für eine Klappenoperation eindeutiger bestimmt werden kann (BACH 1997; OTTO 1999; TRAPPE u. LÖLLGEN 2000; CHEITLIN et al. 2003). Die Stressechokardio-grafie gilt heute somit als Standardmethode der linksventrikulären Funktionsdiagnostik in der Humanmedizin (SCHROEDER et al. 2003), da sie zusätzliche kardiovaskuläre Risiken bei Patienten mit normaler linksventrikulärer Ruhefunktion aufdecken kann (PICANO 2004).

Bei der Stressechokardiografie unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen

Belastung. Diese können wiederum in zwei hämodynamische Verfahren eingeteilt werden: Zum einen beruht die Ischämie auf einen vermehrten Sauerstoffverbrauch (ergometrische Belastung, intravenöse Dobutamin- oder Arbutamingabe), zum anderen auf einer verminderten myokardialen Sauerstoffzufuhr (Dipyridamol- und Adenosingabe; STOJKOVIC et al. 2001).

Die Indikation der pharmakologischen Belastung besteht bei Patienten mit eingeschränkter körperlicher Leistung durch neurologische, orthopädische und pulmonale Erkrankungen, so dass keine maximale ergometrische Belastung durchführbar ist (PELLIKKA et al. 1995). Das häufig angewendete Dobutamin wirkt hauptsächlich positiv inotrop. Erst die Kombination mit Atropin steigert die Chronotropie deutlich, was zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf am Herzmuskel führt.

Im Gegensatz dazu erzeugt die Dipyridamolgabe eine Vasodilatation an nicht stenosierten Herzkranzarterien, die im Gegensatz zu den sklerosierten Gefäßen noch nicht maximal dilatiert sind.

Die Umverteilung des Blutflusses in die gesunden Muskelareale verstärkt die Ischämie in den erkrankten (sog. „Steal-Effekt“; PICANO et al. 1989).

Die Standardprovokationsmethode zur Erzeugung einer Ischämie ist jedoch die aktive Belastung, da sie kardialbedingte Einschränkungen im alltäglichen Leben besser simuliert. Durch die passive, pharmakologische Belastung kommt es beim Menschen zu einer anderen hämodynamischen Antwort als bei der aktiven, z.B. in Form eines geringeren Blutdruckanstieges trotz identisch hoher Herzfrequenzen (PELLIKKA 1997). Weitere Vorteile einer aktiven Belastung ergeben sich aus dem geringen zeitlichen, apparativen und finanziellen Aufwand sowie der Vermeidung unerwünschter medikamentöser Nebenwirkungen und Kontraindikationen. Außerdem kann die Belastungsdauer und -intensität erfasst und die Untersuchung bei Belastungsende sofort abgebrochen werden (KOCH u. VOM DAHL 1998). Eine aktive Belastung erfolgt heutzutage in der Regel mit Hilfe der Laufband- oder der Fahrradergometrie. Die besonders in Deutschland praktizierte Fahrradergometrie ermöglicht eine Echokardiografie während maximaler Belastung, bei der Laufbandergometrie kann sie aufgrund von Bewegungsartefakten erst unmittelbar nach Stresseinwirkung erfolgen. Um geringgradige Wandbewegungsstörungen nicht zu übersehen, ist eine möglichst schnelle Erfassung der Standardschnittebenen nach Belastung von entscheidender Bedeutung. Speziell neigbare Liegen verbessern die Schallqualität während der Belastung

wesentlich, so dass die Herzkinetik in Abhängigkeit zur Belastungsstufe beurteilt werden kann (HAUG 1998a).

2.3.4.2 Belastungsuntersuchungen beim Pferd

In der Pferdemedizin dienen Belastungstests in den meisten Fällen zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit, wobei eine kardiovaskuläre Problematik nach muskulo-skeletalen und respiratorischen Erkrankungen die dritthäufigste Kausalität von Leistungsschwäche ist (MARTIN et al. 2000). Die Diagnostik einer subklinischen Herzerkrankung kann durch fehlende Nebengeräusche und Rhythmusstörungen bei der Ruheuntersuchung wesentlich erschwert werden.

Die Elektrokardiografie dient seit längerem der Diagnostik ventrikulärer oder supraventrikulärer Arrhythmien, die als häufigste kardiale Ursache einer Leistungsinsuffizienz gelten (MARTIN et al.

2000) und oft erst unter Belastung in Form von Extrasystolen auftreten (SCHEFFER u. SLOETT VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996). Neben Rhythmusstörungen können belastungsbedingte myokardiale Dysfunktionen auftreten (REEF et al. 1994), die stressechokardiografisch evaluiert und demaskiert werden können und möglicherweise für einen Leistungsabfall verantwortlich sind (REEF 2001).

Eine stressechokardiografische Untersuchung erfolgt, in der Regel nach einer eingehenden Ruheechokardiografie, auf dem Laufband oder an der Longe (SCHEFFER u. SLOETT VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996; GEHLEN et al. 2004b). Aufgrund von Bewegungsartefakten und anatomischen Gegebenheiten muss die Echokardiografie nach der Belastung erfolgen, wobei die optimale Untersuchungszeit innerhalb der ersten 30 Sekunden liegt (DURANDO et al. 2001; DURANDO 2005). Eine Aussage über die linksventrikuläre Funktion ist erst ab einer HF von 80 Schlägen/Minute möglich und mit Longenbelastung erreichbar (GEHLEN et al. 2004b; MARNETTE 2004). REEF (2001) untersuchte Pferde stressechokardiografisch nach einer Laufbandbelastung innerhalb der ersten zwei Minuten bei einer HF von über 100 Schlägen/Minute.

Spezies eine Untersuchung während der Belastung zu ermöglichen. Dabei wird in erster Linie Dobutamin eingesetzt, welches Nebenwirkungen wie Dysrhythmien besitzt (WYSS 1999; FRYE et al. 2003), in Kombination mit Atropin aber eine eingehende Stressechokardiografie ohne das Auftreten von eklatanten Nebenwirkungen ermöglicht. Jedoch ist die passive Stressechokardiografie bisher an erkrankten Pferden noch nicht ausführlich getestet worden (MARNETTE 2004;

SANDERSEN et al. 2005). Durch weitere Untersuchungen muss zudem noch eingehender gezeigt werden, ob eine pharmakologische Belastung einen ähnlichen Effekt auf das Herz wie eine aktive ausübt (DURANDO 2005).

Die aktive Belastung kann einerseits über eine längere Zeit bei gleich bleibender Geschwindigkeit erfolgen (Ausdauertest), andererseits kann die Geschwindigkeit stufenweise erhöht und jeweils einige Zeit beibehalten werden (Stufentest; MORRIS 1992). Beide Belastungsformen können sowohl submaximal als auch maximal sein. Bei einer Maximalbelastung ist das Testende mit der Erschöpfung des Pferdes erreicht, während bei einer submaximalen Belastung nach einer vorher festgelegten Zeit gestoppt wird (GALLOUX et al. 1993).

Zur Maximal- oder Minimalwertermittlung verschiedener Parameter soll eine vorzeitige Erschöpfung durch eine hohe Belastungsintensität und kurze Belastungsdauer vermieden werden.

Der Stufentest ermöglicht eine hohe HF und erzeugt ein sog. „steady-state“ (Herzfrequenzplateau).

Nach schnellem Anstieg auf einen Höchstwert sinkt dabei die HF innerhalb von ein bis zwei Minuten auf ein niedrigeres Niveau, das bei gleich bleibender Belastungsintensität gehalten wird.

Bei niedrigeren Belastungsstufen dauert dieser Prozess länger als bei höherer Geschwindigkeit (BASSAN u. OTT 1968; LINDHOLM u. SALTIN 1974). Dieses Phänomen begründet PERSSON (1967) mit einem erhöhten Energieverbrauch in der Beschleunigungsphase und einer verzögerten Milzentspeicherung zu Belastungsbeginn.