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Diskussion der regionalen Wandkinetik mittels quantitativer Funktionsparameter

5 Diskussion

5.3 Diskussion der Ergebnisse der klinischen und echokardiografischen

5.3.3 Diskussion der linksventrikulären Funktion in Ruhe und nach Belastung

5.3.3.2 Diskussion der regionalen Wandkinetik mittels quantitativer Funktionsparameter

In vorliegender Arbeit erfolgte zusätzlich zur semiquantitativen Wandbewegungsanalyse eine weiterführende Untersuchung der regionalen Herzkinetik mit Hilfe von quantitativen Funktionsparametern wie der prozentualen Wandverdickung (PWT), der Bewegungsamplitude (BA), der Verkürzungsfraktion (FS), der zirkumferentiellen Faserverkürzung (Vcf) und der Ejektionszeit (ET; FLACHSKAMPF 2004). Zur Überprüfung der semiquantitativen Wandbewegungsanalyse beim Pferd und zur Verifizierung der damit ermittelten segmentalen Kinetikstörungen wurden die sechs Wandsegmente mit Hilfe der PWT und der BA in Ruhe und nach Belastung auf Kontraktions- bzw. Einwärtsbewegungsstörungen weitergehend untersucht. Da besonders bei Nachlastschwankungen (z.B. Blutdruckveränderungen) die Einwärtsbewegung stark variieren kann, sind die Wanddickenzunahme neben der Verkürzungsfraktion, der zirkumferentiellen Faserverkürzung und der Ejektionszeit (im M-Mode ermittelt) weitere Faktoren zur Erfassung der regionalen Myokardfunktion und -kontraktilität (FLACHSKAMPF 2004). In dieser Arbeit wurde über die beim Menschen üblichen Segmentanalysen hinaus auch die Herzspitzenebene quantitativ analysiert (CERQUEIRA et al. 2002; MARNETTE 2004).

Mit Hilfe der semiquantitativen Wandbewegungsanalyse wurden sowohl bei herzgesunden Pferden in Ruhe und nach Belastung als auch bei herzkranken Pferden in Ruhe ausschließlich Hypokinesien ermittelt. Herzkranke Pferde zeigten lediglich nach Belastung nicht selten deutliche Wandbewegungsstörungen in Form von A- und Dyskinesien. Mit Hilfe von quantitativen Parametern (prozentuale Wandverdickung (PWT) und Bewegungsamplitude (BA)) wurden dagegen in Ruhe weder bei gesunden noch bei herzkranken Pferden signifikante kinetische Veränderungen, wie mit der semiquantitativen Wandbewegungsanalyse (Hypokinesien), ermittelt. Nach Belastung kam es allerdings quantitativ bei den herzkranken Pferden zu einer deutlichen Abnahme der Wandverdickung in allen und bei den gesunden Pferden nur in 2 Myokardsegmenten (1. und 4.

Segment). Dieser quantitativ ermittelte Befund spiegelt die zuvor semiquantitativ festgestellte Abweichung der Herzkinetik wider. Insbesondere bei semiquantitativ ermittelten hypokinetischen kardialen Wandbewegungsstörungen ist es sinnvoll, beim Pferd zusätzlich eine quantitative

Bestimmung eine Graduierung der Kinetikstörung möglich werden könnte. Eine Objektivierung der semiquantitativen Befunde erscheint auch deshalb erstrebenswert, weil insbesondere bei der Interpretation von hypokinetischen im Gegensatz zu a- und dyskinetischen Bewegungsmustern eine große Inter- und Intra-Observer-Variabilität besteht (PICANO et al. 1994; HOFFMANN et al.

1996).

Die zuvor semiquantitativ ermittelten Kinetikstörungen im Bereich des Septums wurden mit Hilfe der quantitativ bestimmten prozentualen Wandverdickung (PWT) bestätigt. Es fiel nämlich auf, dass auch mit Hilfe dieses Parameters in Ruhe und nach Belastung eine deutlich schwächere Kontraktion des Herzseptums vorlag. Zusätzlich konnte mit Hilfe der Untersuchung der PWT die Kontraktion einerseits im Bereich des Septums und andererseits im Bereich der linksventrikulären Hinterwand objektiv bestimmt werden. Daraus ergab sich als Ergebnis der vorliegenden Arbeit, dass sich die linksventrikuläre Hinterwand nicht nur bei gesunden (PAULL et al. 1987; MARR et al. 1999) sondern auch bei herzkranken Pferden deutlich stärker kontrahiert als das Interventrikularseptum.

Nach Belastung nahm jedoch bei herzgesunden und herzkranken Pferden die Bewegungsamplitude (BA) an allen drei Segmenten des Interventrikularseptum (IVS) deutlich zu und an denen der linksventrikulären Hinterwand (LVPW) ab, so dass das IVS stärker als die LVPW an der Herzarbeit beteiligt zu sein schein. Das IVS ist im Gegensatz zur LVPW in seiner Bewegung nicht durch das Epikard begrenzt, so dass es trotz einer verringerten Kontraktionsstärke zu einer stärkeren Bewegung des Myokards besonders in Richtung des rechten Ventrikelcavums kommen kann. Somit kann sich trotz einer verringerten prozentualen Wandverdickung die Bewegungsamplitude erhöhen.

Durch die Belastung kam es in vorliegender Untersuchung zu einer deutlichen Abnahme der Kontraktion in allen sechs Segmenten des linken Ventrikels. Die reduzierte Kontraktion nach Belastung manifestierte sich sowohl bei gesunden als auch bei erkrankten Pferden in vorliegender Studie in einer deutlichen Abnahme der Verkürzungsfraktion (FS), der systolischen Wanddicken und der PWT besonders im Bereich der linksventrikulären Hinterwand. Dies wird in der Humanmedizin als eine deutliche linksventrikuläre, kontraktile Dysfunktion interpretiert (LITTLE 2001; FLACHSKAMPF 2004; WU et al. 2004b; LEE et al. 2005). Bei den Pferden dieser Arbeit wurde eine Abnahme der Kontraktion auch bei gesunden Kontrolltieren gesehen. Deshalb erscheint die Kontraktionsabnahme bei nur mäßiger Leistungsforderung (HF~100/Min) der hier untersuchten Pferde physiologisch bedingt. Beim Pferd scheint somit eine geringe Belastung zu einer

verringerten myokardialen Kinetik sowohl bei kranken als auch bei gesunden Pferden zu führen.

Diese Zusammenhänge können damit erklärt werden, dass durch eine Umverteilung des Blutes in das Kapillarbett der Skelettmuskulatur oder der Haut und eine Weitstellung der Gefäße die Nachlast verringert wird, so dass es möglicherweise auch bei abnehmender Kontraktionsstärke zu einer ausreichenden Durchblutung der Organe kommt. Obwohl beim Menschen in einer Stresssituation im gesunden und gut durchbluteten Myokard eine verstärkte systolische Wanddickenzunahme, konzentrische Wandeinwärtsbewegung und somit eine Verkleinerung des linken Ventrikels eintritt (GEHRING u. NIXDORFF 1998; SCHROEDER et al. 2003), wurden in der Humanmedizin und auch beim Pferd Verringerungen des linksventrikulären enddiastolischen Diameters und der Verkürzungsfraktion nach Belastung beschrieben (YAMAZAKI et al. 1990; KETELHUT et al.

1992). Beim Pferd kam es dabei jedoch im Gegensatz zur vorliegenden Studie nicht zu einer Reduktion der systolischen, sondern zu einer Zunahme der diastolischen Wanddicke (BERTONE et al. 1987). RUGH et al. (1989) zeigten bei gesunden Ponies eine verringerte systolische Funktion nach maximaler Laufbandbelastung. Diese Veränderung wurde mit einem erhöhten systemischen Druck oder einer reduzierten ventrikulären Kontraktilität erklärt. MARR et al. (1999) verglichen verschiedene echokardiografische Funktionsparameter (Verkürzungsfraktion, prozentuale Wandverdickung) nach Belastung bei unterschiedlichen klimatischen Verhältnissen. Die Kontraktion (Verkürzungsfraktion, FS) nahm nach Belastung bei einer hohen Temperatur und Luftfeuchtigkeit (30°C/80% Luftfeuchte) ebenfalls ab, während sie bei kühleren Verhältnissen (20°C/40% Luftfeuchte) nahezu unverändert blieb. Das bedeutet, dass immerhin auch in diesen Untersuchungen beim Pferd keine Zunahme der Kontraktilität nach Belastung erkannt wurde. Als mögliche Ursache wurde eine Reduktion der Inotropie bzw. eine verringerte Vorlast genannt, welche eine Abnahme des linksventrikulären systolischen bzw. diastolischen Durchmessers zur Folge hatte. Im speziellen Fall dehydrierter Pferde wird ein verringertes kardiales Herzzeitvolumen (NAYLOR et al. 1993) mit einer verringerten Vorlast durch Abnahme des totalen Blutvolumens erklärt (OPIE 2001).

In Bezug auf die Kontraktion des Myokards waren nach Belastung kaum Unterschiede zwischen herzkranken und herzgesunden Pferden mit den quantitativen Funktionsparametern zu ermitteln.

Betrachtet man jedoch die Auswirkungen der verschiedenen Herzerkrankung im Detail, dann hat

zu einer signifikant stärkeren prozentualen Wandverdickung (z.B. bei Pferden mit einer Mitral- und Aorteninsuffizienz in den Segmenten 2 und 4) als bei herzgesunden Pferden kam. Derartige Wandverdickungen (Hyperkinesien) sind quantitativ deutlich besser als semiquantitativ zu diagnostizieren, da die semiquantitative Methode bei einer solchen Veränderung eine zu hohe Observervariabilität aufweist und daher ausschließlich bei deutlichen Kontraktionsstörungen (Hypo-, A- oder Dyskinesien) angewandt wird (PICANO 1994).

Pferde mit einer Mitralklappeninsuffizienz (MVI) wurden auf kinetische Unterschiede zu Pferden mit Vorhofflimmern (VF) mit oder ohne eine zusätzliche MVI untersucht. Dabei zeigten Pferde mit Vorhofflimmern besonders nach Belastung sowohl mit der semiquantitativen als auch mit der quantitativen (prozentuale Wandverdickung (PWT), Bewegungsamplitude (BA) und Verkürzungsfraktion (FS)) Untersuchung deutliche Hypokinesien einzelner Segmente. Da beim gesunden Tier die aktive Vorhofentleerung erst unter Belastung mit einer bedeutsamen Blutmenge zur Ventrikelfüllung beiträgt, bewirkt ihr Fehlen im Falle von VF bei belastungsbedingter verkürzter Diastole durch eine ungenügende Streckung der Sarkomere eine herabgesetzte Wirkung des Frank-Starling-Mechanismus und damit eine stark verminderte myokardiale Kontraktilität (MUIR u. MCGUIRK 1984; PATTESON 1996). Die vorliegende Untersuchung zeigt dabei erstmalig, dass unter Belastung bei Pferden mit VF und MVI sowohl semiquantitativ als auch quantitativ deutliche Hypokinesien besonders in den Herzspitzensegmenten auftraten. Mit der quantitativen Untersuchung wurden zusätzlich zur semiquantitativen Untersuchung nicht nur bei Pferden mit Vorhofflimmern und MVI, sondern auch bei Pferden mit lediglich Vorhofflimmern signifikante Kontraktionsstörungen besonders nach Belastung detaillierter erfasst. Diese traten bei Pferden mit lediglich VF im Bereich der Herzspitze und auch in anderen Segmenten auf und waren teilweise sogar deutlich ausgeprägter als bei zusätzlicher MVI. Daher scheint sich eine MVI positiv auf das Kontraktionsvermögen (also die BA und PWT) auszuwirken. Durch die verringerte Nachlast aufgrund des Rückflusses in den linken Vorhof wird somit der ventrikuläre Blutauswurf deutlich erleichtert und der Ventrikel kann besser kontrahieren.

Die erhöhte BA in den klappennahen Segmenten bei Pferden mit VF und zusätzlicher MVI in Ruhe und nach Belastung zeigt, dass sich möglicherweise der Druckabfall durch die Klappeninsuffizienz deutlicher als auf die Herzspitze auswirkt.

Bei Pferden mit einer Herzklappeninsuffizienz wurde nicht nur die Auswirkung von Vorhofflimmern, sondern auch von der Dilatation einer oder beider linker Herzhöhlen auf die Myokardkinetik untersucht. Mit Hilfe der quantitativen BA im M-Mode wurde bei einer ventrikulären Dilatation besonders nach Belastung eine deutlich erhöhte Septumbewegung aller 3 Segmente ermittelt, die zuvor semiquantitativ nicht erfassbar war. Bei Pferden mit einer schweren Aorten- bzw. Mitralinsuffizienz kommt es infolge einer erhöhten Volumenbelastung zu einer Dilatation des linken Ventrikels mit diastolisch deutlicher Auswärtsbewegung des Septums in Richtung des rechten Ventrikels (DEMADRON et al. 1985; PATTESON 1996).

Bei einer Mitralinsuffizienz bewegt sich das Septum in der Systole wiederum in Richtung des linken Ventrikels, da durch die Insuffizienz der Ventrikeldruck schnell abgebaut und die Kontraktion somit erleichtert wird. Daher erhöht sich zwar die BA, jedoch nicht zwangsläufig die prozentuale Wandverdickung (PWT) im Herzseptum.

Somit zeigt diese Studie erstmals beim Pferd, dass mit Hilfe der semiquantitativen Wandbewegungsanalyse zwar deutliche Störungen der Kinetik zu sehen waren, diese jedoch nicht in jedem Fall quantitativ verifiziert werden konnten. Daher sollten beim Verdacht einer Kinetikstörung zusätzliche weiterführende quantitative Analysen vorgenommen werden.