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2. Literaturübersicht

2.1 Physiologie des Herzens

Das Herz soll alle Organe des Körpers mit Blut versorgen. Diese Pumpfunktion ist durch repetierende Abläufe (Kap. 2.1.1) gekennzeichnet, die durch bestimmte Regulationsmechanismen gesteuert werden (Kap. 2.1.2), damit beim gesunden Herzen auch unter Belastung eine genügende Versorgung gewährleistet ist (Kap. 2.1.3).

2.1.1 Aktionsphasen des Herzens

Die Ruhe-Herzfrequenz beträgt bei einem ausgewachsenen Warmblutpferd 30 bis 40 Schläge pro Minute. Somit beträgt die Dauer einer vollständigen Herzaktion (= Herzperiode) ca. zwei Sekunden.

Die Herzperiode unterteilt sich in die Diastole (Erschlaffungsphase mit Füllung der Hauptkammern) und Systole (Kontraktionsphase). In Abhängigkeit vom Klappenschluss sind vier weitere Aktionsphasen differenzierbar, die nacheinander ablaufen und die Pumpfunktion des Herzens ermöglichen (PSCHYREMBEL 2004):

1. Anspannungsphase 2. Auswurfphase 3. Entspannungsphase 4. Füllungsphase

Die Strömungsrichtung des Blutes (vom Vorhof in die Hauptkammer und von dieser in die Ausströmungsbahn) wird durch die Ventilfunktion der vier Herzklappen erhalten. Die Atrioventrikularklappen (AV-Klappen) befinden sich zwischen Vorhof und Hauptkammer und

Systole

Diastole

besitzen auf der rechten Herzseite drei (Trikuspidalklappe) und auf der linken Herzseite zwei Segel (Mitralklappe). Die Klappen der Ausströmungsbahnen bezeichnet man aufgrund ihrer Halbmondform als Semilunarklappen. Diese werden auf der rechten Herzseite durch die Pulmonalklappe und auf der linken durch die Aortenklappe repräsentiert.

Das Öffnen und Schließen der Herzklappen in der jeweiligen Aktionsphase ist abhängig von den Druckverhältnissen beiderseits der einzelnen Klappe. In der Anspannungsphase übersteigt der ventrikuläre den atrialen Druck, so dass sich die AV-Klappen schließen. In dieser Phase sind alle vier Klappen geschlossen und das Blutvolumen in den Ventrikeln bleibt gleich (isovolumetrische Kontraktion). Durch die Anspannung des Herzmuskels kommt es zu einem starken Druckanstieg.

Nach Überschreiten des Druckes in der Aorta bzw. Pulmonalarterie öffnen sich die Semilunarklappen. Es erfolgt der Blutausstrom (Auswurfphase). Die Druckverhältnisse kehren sich in der Diastole um, so dass sich zuerst die Semilunarklappen schließen (Entspannungsphase).

Inzwischen haben sich die Vorhöfe wieder gefüllt, was durch eine Absenkung der Klappenebene während der Systole durch eine Sogwirkung gefördert wird. Fällt der Ventrikeldruck unter den atrialen Druck, wird durch Öffnung der AV-Klappen die Füllungsphase eingeleitet (SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 2003; PSCHYREMBEL 2004; ENGELHARDT u. BREVES 2005). Im gesunden Herzen ist der vollständige Klappenschluss gewährleistet, da die Klappenflächen wesentlich größer als der Querschnitt der Durchtrittsöffnung sind und ihre Ränder sich dicht aneinanderlegen. Sogar bei einer belastungsbedingten Erhöhung der Förderleistung entwickeln sich keine pathologischen Rückströme. Ein Umschlagen der Klappen wird durch Sehnenfäden (Chordae tendineae) verhindert (NICKEL et al. 2003).

Die mechanischen Abläufe der Herzperiode werden durch elektrische Erregungen ermöglicht, die als Elektrokardiogramm (EKG) abgeleitet und aufgezeichnet werden können. Enddiastolisch führt die Entladung des Herzschrittmachers, dem Sinusknoten, zu einer Vorhofkontraktion durch Erregung der Vorhofmuskulatur, dargestellt im EKG durch die P-Zacke. Die elektrische Erregung des Herzens erreicht anschließend den Ventrikel. Aufgrund der Erregungsausbreitung in der Kammer kommt es zur Bildung des QRS-Komplexes. Der Ventrikel kontrahiert sich daraufhin.

Anschließend wird die Erregungsrückbildung der Hauptkammer durch die T-Zacke ersichtlich

Die Versorgung des Herzmuskels über die Koronargefäße erfolgt fast ausschließlich in der Diastole, da systolisch das Gefäßlumen von dem gespannten Myokard verengt wird. Die Herzkranzarterien entspringen als erste Gefäße unmittelbar aus der Aorta (NICKEL et al. 2003).

Akustischer Ausdruck der Herzaktion sind beim Pferd bis zu vier Herztöne. Bei mangelhaftem Schluss (Insuffizienz) oder mangelhafter Öffnung (Stenose) der Klappen treten Herznebengeräusche auf, die im Gegensatz zu den Herztönen pathologisch sind. Es können allerdings auch nicht-klappenassoziierte, rheologisch bedingte Nebengeräusche aufgrund erniedrigter (z.B. Anämie) oder erhöhter Blutviskosität (z.B. beim Kolikpferd) auftreten (VAN LOON 2003).

2.1.2 Regulation des Herzschlagvolumens

Eine adäquate Anpassung an einen erhöhten Sauerstoffbedarf körperlicher Zellen erfolgt durch Regulation der Förderleistung des Herzens. Diese kann durch Belastung auf das 6-fache der Ruhewerte gesteigert werden (THOMAS u. FREGIN 1981; PATTESON 1996). Die bei einem Herzschlag ausgetriebene Blutmenge wird als Schlagvolumen (SV) und die Summe der Schlagvolumina/Minute als Herzminutenvolumen bezeichnet. Die Ejektionsfraktion (EF) ist der prozentuale Anteil des ausgeworfenen Blutes vom enddiastolischen Volumen. Die Förderleistung steht in direkter Abhängigkeit zur Kontraktilität und unterliegt im besonderen Maße dem Frank-Starling-Mechanismus. FRANK (1895) untersuchte Druck-Volumen-Beziehungen des Ventrikels mittels sog. Ruhedehnungskurven, welche die passive diastolische Ventrikelfüllung bis zu den jeweiligen enddiastolischen Drücken und Volumina beschreiben. STARLING zeigte 1915, dass „ein direktes Verhältnis zwischen dem diastolischen Herzvolumen und der, in der folgenden Systole freigesetzten Energie“ besteht. Dieser Mechanismus wurde daraufhin als Frank-Starling-Mechanismus bezeichnet.

Somit hängt die Kontraktilität (und damit das Schlagvolumen) von der enddiastolischen Ventrikelfüllung ab. Durch die Dehnung der Herzmuskelzellen wird die Anzahl der Aktin-Myosin-Interaktionsorte erhöht, was positiv inotrop (also kontraktionsverstärkend) wirkt (Abb. 2-1). Wird jedoch eine kritische Länge der Sarkomere überschritten, so reduziert sich die Überlappung der Aktin- und Myosinfilamente. Daher nimmt die Kontraktilität bei einer Dilatation des Ventrikels aufgrund eines dauerhaft erhöhten Füllungsdruckes ab (siehe auch Kap. 2.2.3; COLLUCI u.

BRAUNWALD 2004).

Abb. 2-1: Frank-Starling-Mechanismus (Schema)

Die Frank-Starling-Kurve (grün) zeigt, dass bei einem erhöhten enddiastolischen Volumen das Schlagvolumen und damit die Inotropie zunimmt. Schematisch sind die Sarkomere in Abhängigkeit vom Volumen eingezeichnet. Die schwarzen Aktinfilamente interagieren mit den roten Myosinfilamenten. Sind diese Sarkomere ungestreckt, überlagern sich die Aktine gegenseitig, was wiederum zur Abnahme der Verbindungen mit dem Myosin führt.

Die Schlagvolumina der beiden Herzkammern müssen ausgeglichen sein, so dass im Lungenkreislauf weder eine Stauung noch ein Leerpumpen eintritt (SILBERNAGL u.

DESPOPOULOS 2003). Die Längenzunahme der Sarkomere, bezogen auf die Ausgangslänge, wird auch als Vorlast („preload“) bezeichnet und ist damit abhängig von der zirkulierenden Blutmenge und der Vorhofkontraktion. Im Gegensatz dazu steht die Nachlast („afterload“), die der Wandspannung des Ventrikels entspricht und damit proportional zum momentanen Druck des Auswurftraktes und zum Radius des Ventrikels ist (ZOLK 2000).

2.1.3 Arbeitsweise des Herzens unter Belastung

Infolge einer Belastung reagiert das kardiovaskuläre System mit einer Erhöhung der Herzfrequenz (Chronotropie) und Kontraktionskraft (Inotropie) sowie einer Blutgefäßdilatation zur optimalen Blutversorgung der Muskulatur. Diese Reaktion wird über das autonome Nervensystem durch Ausschüttung von Katecholaminen mit Hilfe des Symphatikus und der Nebenniere extrakardial gesteuert und führt zu einer Erhöhung des Herzminutenvolumens (STEPHENSON 1997). Durch die Tachykardie kommt es zu einer Verkürzung der Diastole mit geringer Beeinflussung der Systolendauer. Dadurch trägt die Vorhofkontraktion bei Belastung im Gegensatz zur Ruhearbeit bedeutsam zur Ventrikelfüllung bei (ENGELHARDT u. BREVES 2005). Durch den Anstieg der systolischen Kontraktion erfolgt aufgrund der Elastizität des Myokards eine schnellere Dilatation (ZILE et al. 1985), so dass die frühdiastolische passive Ventrikelfüllung beschleunigt wird. Bei Belastung nimmt die Bedeutung des Frank-Starling-Mechanismus ab, da sich der Ventrikel enddiastolisch weniger stark als in Ruhe vergrößert (REINDELL u. DICKHUTH 1988).

Mit Hilfe der Herzfrequenz (HF) kann die Reaktion des Herzmuskels auf eine Belastung klinisch einfach ermittelt werden. Dazu liegen Untersuchungen beim Pferd bei submaximaler und bei maximaler Belastung sowie bei unterschiedlichen Trainingszuständen vor. Die HF steigt in Abhängigkeit zur Belastungsintensität von einer Ruhefrequenz von 30 bis 40 Schläge/Minute auf über 240 Schläge/Minute bei maximaler Arbeit (SEXTON u. ERICKSON 1990; HOPPER et al.

1991). Ein nahezu linearer Anstieg ist nur unter submaximaler Belastung gegeben. Bei maximaler Belastung nimmt die HF ab einer bestimmten Intensitätssteigerung nicht weiter zu (ROSE u.

HODGSON 1982; PERSSON 1983). Eine HF-Steigerung erfolgt allerdings nicht nur bei physischen, sondern auch unter psychischem Stress und ist proportional dem Einfluss von Unruhe und Angst (PERSSON 1983).

Der Einfluss von Herzerkrankungen auf die Ruhe- bzw. Belastungsfrequenz hängt vom Grad und Art der Erkrankung ab. Eine Gruppe von drei Pferden mit Klappeninsuffizienzen (zwei Aortenklappenstenosen und eine Mitralinsuffizienz) zeigte keine Frequenzerhöhung im Vergleich mit gesunden (MAIER-BOCK u. EHRLEIN 1978). Bei Pferden mit Vorhofflimmern ist von mehreren Autoren eine signifikante Frequenzerhöhung festgestellt worden (HOLMES et al. 1969;

DEEGEN 1971). Bei Untersuchungen von Pferden mit Lungenerkrankung konnte unter Belastung

eine signifikant höhere HF in Abhängigkeit zum Erkrankungsgrad festgestellt werden (MAIER-BOCK u. EHRLEIN 1978).