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A. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GD

A.2 Die Strategie

Zentrales Ziel der GDA ist es, die Präventionsarbeit in Deutschland durch eine abgestimmte Kooperation der beteiligten Akteure wirkungsvoller und effizienter zu gestalten. Es sollen weitere Anreize für die Betriebe geschaffen werden, auf allen Ebenen eine nachhaltige und damit längerfristig angelegte Prävention zu betreiben. Dies beinhaltet die systematische Wahr-nehmung von Arbeitsschutz im Betrieb sowie die Stärkung des Sicherheits- und Gesundheitsbewusst-seins bei Arbeitgebern und Beschäftigten. Mit der Schnittstelle zur betrieblichen Gesundheitsförderung entsteht eine enge Verbindung zu dem auf die gesam-te Bevölkerung bezogenen Präventionsansatz. Ar-beitsschutz kann so auch einen wesentlichen Beitrag zu einer auf die Prävention ausgerichteten Gesund-heitspolitik der Krankenkassen und Unternehmen leisten. Somit können längere Lebensarbeitszeiten ermöglicht, die sozialen Sicherungssysteme entlastet und die volkswirtschaftlichen Folgekosten durch Un-fälle bei der Arbeit sowie arbeitsbedingte Erkrankun-gen reduziert werden. Die GDA leistet so auch einen

Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen (GDA Basispapier, 2008).

Die Kernelemente der gemeinsamen Deutschen Ar-beitsschutzstrategie sind:

– die Entwicklung gemeinsamer Arbeitsschutzziele, – die Festlegung vorrangiger Handlungsfelder und

von Eckpunkten für Arbeitsprogramme sowie de-ren Ausführung nach einheitlichen Grundsätzen, – die Evaluierung der Arbeitsschutzziele,

Hand-lungsfelder und Arbeitsprogramme mit geeigneten Kennziffern,

– die Festlegung eines abgestimmten Vorgehens der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden und der Unfallversicherung bei der Beratung und Überwachung der Betriebe,

– die Herstellung eines verständlichen, überschauba-ren und abgestimmten Vorschriften- und Regel-werks (UVMG 2008).

A.2.1.1 Die Entwicklung gemeinsamer Ar-beitsschutzziele

Die Auswahl geeigneter Arbeitsschutzziele erfolgt in einem Stufenverfahren. Dabei werden einerseits – wo vorhanden – wissenschaftliche und empirische Daten und Fakten herangezogen. Andererseits werden auch die praktischen Erfahrungen und Erkenntnisse der GDA-Träger (Bund, Länder, Unfallversicherungsträ-ger) einbezogen. Daneben fließen gemeinsam festge-legte Kriterien wie z. B. präventive Beeinflussbarkeit, Arbeitsbedingtheit und Umsetzbarkeit ein. Nicht zu-letzt werden sozialpolitische Schwerpunkte und Ziel-setzungen berücksichtigt. Die Arbeitsschutzziele wer-den für einen Zeitraum von ca. drei bis fünf Jahren festgelegt. Alle GDA-Träger und weitere Akteure arbeiten koordiniert zusammen, um durch gemein-schaftliche Aktionen diese Ziele zu erreichen. Für den Strategiezeitraum 2008 - 2012 wurden in enger Ab-stimmung mit den Sozialpartnern drei Arbeitsschutz-ziele mit gemeinsamen Handlungsfeldern festgelegt:

– Verringerung der Häufigkeit und Schwere von Arbeitsunfällen

– Verringerung der Häufigkeit und Schwere von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE)

– Verringerung der Häufigkeit und Schwere von Hauterkrankungen.

Ausschlaggebend für die Auswahl dieser Ziele war in erster Linie die weitreichende Bedeutung, die Ar-beitsunfälle grundsätzlich haben. ArAr-beitsunfälle ver-ursachen menschliches Leid bei den Betroffenen – nicht selten schon in jungen Jahren und häufig mit wesentlichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität;

für die Unternehmen und die Gesellschaft haben sie hohe Kosten zur Folge.

Zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen zählen Erkrankungen und Beschwerden des Bewegungsappa-rates. Die Arbeitsbedingungen spielen bei der Entste-hung und beim Fortschreiten von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) eine wichtige Rolle. Mit rund 100 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen machen MSE über ein Fünftel der Ausfallzeiten insgesamt aus und ca. 15 % aller gesundheitlich begründeten Frühverren-tungen. Für die sozialen Sicherungssysteme stellen MSE einen erheblichen Kostenfaktor dar. Für die Unternehmer besteht nicht nur eine rechtliche Ver-pflichtung zur Prävention von MSE, sondern auch ein ökonomisches Interesse.

Das dritte Arbeitsschutzziel ist den mit am häufigsten auftretenden arbeitsbedingten Erkrankungen der Haut geschuldet. Ihr Anteil liegt mit fast einem Drittel an der Spitze der Anzeigen auf Verdacht einer Berufs-krankheit (s. Abb. C 10 in Abschnitt C.5). Betroffen sind vor allem Beschäftigte in den Bereichen Gesund-heit, Nahrungs- und Genussmittel, Bau, Metall und Handel. Angesichts der oftmals gravierenden berufli-chen und ökonomisberufli-chen Auswirkungen für Erkrankte kommt der Prävention von Hauterkrankungen eine hohe Priorität zu.

Die EU-Arbeitsschutzstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007 - 2012 (s. Abschnitt B.1.1) nennt die Förderung der psychischen Gesund-heit als bedeutendes Ziel und benennt psychosoziale Fragen explizit als Forschungsgebiet. Psychische Belastungen und Erkrankungen stehen in enger Ver-bindung mit MSE; diese Kombinationsbelastung nimmt nach Prognosen der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz den 7. Platz zukünftiger Risken ein. Hohe Verantwortung, Zeitdruck, Überforderung und Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes, nehmen rasant zu. Die Auswir-kungen des demographischen Wandels stellen die Unternehmen zusätzlich vor große Herausforderun-gen. Zwei Arbeitsschutzzielen (Verringerung der Arbeitsunfälle, Verringerung der MSE) ist daher eine zweite Zielebene zugeordnet. Durch sie wird die Ein-beziehung der Verringerung von psychischen Fehlbe-lastungen und der Förderung der systematischen Wahrnehmung des Arbeitsschutzes in Unternehmen in die Programmentwicklung aufgenommen.

A.2.1.2 Gemeinsame Handlungsfelder und Arbeitsprogramme

Die Arbeitsschutzziele werden auf der Ebene von gemeinsamen Handlungsfeldern konkretisiert. Dabei werden besonders diejenigen Bereiche berücksichtigt,

in denen sich aufgrund der Entwicklungen der Ar-beitswelt spezifische Sicherheits- und Gesundheitsri-siken für die Beschäftigten und ökonomische Belas-tungen für die Betriebe und Sozialversicherungen ergeben.

Die Festlegung und Steuerung von gemeinsamen Handlungsfeldern wird in der Nationalen Arbeits-schutzkonferenz abgestimmt. Berücksichtigt werden vor allem

– Risiko-, Branchen-, Personen- und Systembezug unter Berücksichtigung besonderer Innovations-hemmnisse auf der betrieblichen Ebene,

– Wahl der Arbeitsschutzinstrumente (Überwa-chung, Beratung, Qualifizierung, Vorschriften und Regeln/ Normen, Medien, Forschung, Kampag-nen) auf der Ebene der Arbeitsschutzinstitutionen.

Gemeinsame Handlungsfelder werden mit einer abge-stimmten Methodik durchgeführt und evaluiert. Sie sollen durch alle Träger bearbeitet werden und mög-lichst viele Akteure einbinden. Aktivitäten in diesen ausgewählten Handlungsfeldern müssen in besonderer Weise dazu beitragen, die spezifischen Arbeitsschutz-ziele zu erreichen. Die in den Handlungsfeldern aus-gewählten Schwerpunktthemen werden im festgeleg-ten Zeitraum 2008 bis 2012 in elf Arbeitsprogrammen bearbeitet (s. Tab. A 1). Sechs dieser Arbeitspro-gramme werden bundesweit nach einheitlichen Krite-rien und unter Beteiligung aller Träger der GDA um-gesetzt und evaluiert (Kategorie I). Die übrigen fünf Arbeitsprogramme werden ebenfalls nach bundesweit einheitlichen Kriterien umgesetzt und evaluiert, eine obligatorische Beteiligung aller GDA-Träger ist je-doch nicht vorgesehen (Kategorie II).

Die Ergebnisse und Wirksamkeit der Programme werden jeweils mittels geeigneter Indikatoren evalu-iert.

A.2.1.3 Evaluation

Das Erreichen der Ziele der GDA soll qualitätsgesi-chert und bewertet werden. Das gilt sowohl für jedes einzelne Arbeitsprogramm als auch für den Gesamt-prozess der GDA. Dabei werden die wissenschaftlich anerkannten Kriterien und Verfahren angewandt (Nützlichkeit der Evaluation, Durchführbarkeit, Fair-ness, Genauigkeit).

Die Dachevaluation bewertet den Gesamtprozess. Sie wird nach wissenschaftlichen Kriterien von einem unabhängigen, externen Institut unter Beteiligung der GDA-Träger durchgeführt. So können die Arbeits-schutzziele und Handlungsfelder der GDA unter Be-rücksichtigung der Evaluationsergebnisse fortge-schrieben werden. Dach- und Programmevaluation

werden getrennt durchgeführt, sind jedoch in allen wesentlichen inhaltlichen, formalen und zeitlichen Aspekten aufeinander abgestimmt.

A.2.1.4 Beratung und Überwachung

Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie schafft die Voraussetzungen für eine abgestimmte, arbeitsteilige Überwachungs- und Beratungstätigkeit der Unfallversicherungsträger und der staatlichen Arbeitsschutzbehörden sowie für eine gleichwertige Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften. Einheit-lichkeit und Transparenz in der Beratung und Über-wachung sowie Gemeinsamkeit im Handeln der staat-lichen Arbeitsschutzbehörden und der Unfallversiche-rungsträger sind das Ziel.

Für die Ausgestaltung des Kernelementes „Beratung und Überwachung“ sind bisher im Wesentlichen drei Instrumente geschaffen worden bzw. in Entwicklung:

– Rahmenvereinbarung zwischen Ländern und Un-fallversicherungen, die Festlegungen zur Zusam-menarbeit sowohl auf der Landesebene als auch

auf der betrieblichen Ebene enthält und so eine ar-beitsteilige und aufeinander abgestimmte Aufga-benwahrnehmung der jeweiligen Aufsichtsdienste in den Betrieben gewährleistet,

– Gemeinsame Grundsätze zur methodischen Vor-gehensweise bei Beratungs- und Überwachungstä-tigkeiten,

– erste Schritte für einen IT-gestützten Daten- und Informationsaustausch, insbesondere über Be-triebsbesichtigungen.

A.2.1.5 Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks

Ziel der Arbeitsschutzstrategie ist es, ein verständli-ches, praxisgerechtes und in sich stimmiges Vor-schriften- und Regelwerk zu entwickeln und Doppel-regelungen von staatlichem Recht und Unfallversiche-rungsrecht zu vermeiden. So werden Unfallverhü-tungsvorschriften nur erlassen, soweit dies zur Kon-kretisierung oder Ergänzung staatlicher Arbeits-schutzvorschriften unbedingt erforderlich ist. Im An-wendungsbereich von Rechtsverordnungen, in denen Tab. A 1: Arbeitsschutzziele, Handlungsfelder und Arbeitsprogramme für den Zeitraum 2008 - 2012

Verringerung der Häufigkeit und Schwere von Arbeitsschutzziele Arbeitsunfällen1

Muskel-Skelett-Belastun-gen und -ErkrankunMuskel-Skelett-Belastun-gen1

Hauterkrankungen Gemeinsame

Handlungsfelder

- Bau- und Montagearbeiten - Logistik, Transport und

Verkehr (auch innerbetrieb-lich)

- Zeitarbeit bzw. Neulinge im Betrieb

- Gesundheitsdienst - einseitig belastende und

bewegungsarme Tätigkeiten

- Arbeit mit/ im feuchten Milieu

- Umgang mit hautschädi-genden Stoffen

Arbeitsprogramme Kategorie I

- Sicherheit und Gesundheits-schutz (SuGs) bei Bau- und Montagearbeiten

- SuGs bei der Zeitarbeit - Sicher fahren und

transpor-tieren

- Sicherheit und Gesundheits-schutz bei der Pflege - Gesund und erfolgreich

arbeiten im Büro Verbindliche und

bun-desweite Umsetzung nach einheitlichen Kriterien durch alle GDA-Träger

- Gesundheitsschutz bei Feuchtarbeit und Tätigkei-ten mit hautschädigenden Stoffen

Arbeitsprogramme Kategorie II

Umsetzung nach einheitli-chen Kriterien; Beteili-gung der GDA-Träger fakultativ

SuGs bei einseitig belastenden und bewegungsarmen Tätig-keiten

- Sensibilisierung zum The-ma SuGs in Schulen

- an Produktionsarbeitsplät-zen im Bereich feinmecha-nischer Montierertätigkeiten - an

Produktionsarbeitsplät-zen in der Ernährungsin-dustrie

- in der Gastronomie und Hotellerie

- bei der Personenbeförde-rung im ÖPNV

1 unter Einbeziehung der Verringerung von psychischen Fehlbelastungen und Förderung der systematischen Wahrnehmung des Arbeitsschutzes in Unternehmen

staatliche Ausschüsse Regeln ermitteln, besteht im Allgemeinen kein Bedarf für ergänzendes oder kon-kretisierendes UV-Recht. Regeln und Informations-schriften sollen nur noch nach dem „Leitlinienpapier zur künftigen Gestaltung des Vorschriften und Re-gelwerkes im Arbeitsschutz“ vom 01.04.2003 (zurzeit in Überarbeitung) entwickelt werden. Ausdruck dieser Zielsetzung ist die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“. Das dort entwickelte Modell der Bezugnahme auf staatliches Arbeitsschutzrecht entfal-tet Pilotwirkung für die nach dem Leitlinienpapier vorzunehmende Bedarfsprüfung und macht eine wei-tere Rückführung des Unfallversicherungsrechts mög-lich. Das Grundlagenpapier „Fachkonzept und Ar-beitsschutzziele 2008 - 2012“ der GDA enthält im Bereich der Rechtsetzung den Auftrag an die GDA-Träger, das „Leitlinienpapier zur künftigen Gestaltung des Vorschriften- und Regelwerks im Arbeitsschutz“

vor dem Hintergrund der im Arbeitsschutzgesetz ge-troffenen Festlegungen fortzuschreiben und auf eine aktuelle Grundlage zu stellen. Hierzu hat im August 2008 der beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingerichtete Koordinierungskreis „Neuord-nung des Arbeitsschutzrechts“ seine Beratungen auf-genommen. Der Koordinierungskreis soll ein gemein-sames Grundverständnis über Struktur, Funktion und Zusammenspiel der verschiedenen rechtlichen und fachlichen Handlungsebenen von Vorschriften, Re-geln und Informationsschriften bewirken.