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Nanomaterialien – Auswirkungen einer neuen Technologie auf Sicherheit und Gesundheit

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

B.7 Gefahrstoffe

B.7.4 Nanomaterialien – Auswirkungen einer neuen Technologie auf Sicherheit und Gesundheit

neuen Technologie auf Sicherheit u Gesundheit bei der Arbeit

Innovationsförderung braucht Sicherheitsfor-schung

Die Hightech-Strategie für Deutschland skizziert die Chancen neuer Technologien für das 21. Jahrhundert und beschreibt Aktionsfelder einer gezielten Innovati-onspolitik der Bundesregierung (www.hightech-strategie.de/). Hierzu gehört die Nanotechnologie, der im nano.de-Report der Bundesregierung ein Welt-marktvolumen von bis zu 3 Billionen Dollar bis zum Jahr 2015 vorhergesagt wird (www.bmbf.de/pub/

nanode_report_2009.pdf). Die Historie der Nanotechno-logie begann 1959 mit einer Vision des Physikers Richard Feynmann. Wegweisend war 1985 die Entde-ckung des Fullerens – ein Fußball aus Kohlenstoffato-men – als Ausgangspunkt für die Entwicklung ver-schiedener Formen von Kohlenstoffnanoröhrchen (Carbon Nano Tubes – CNT) in den neunziger Jahren.

Heute sind CNT wegen ihrer faszinierenden

Material-spektivisch zu einem

verbesser-erstäuben ein

richtung-unerlässlich, um im politischen Raum gemeinsam mit eigenschaften einer der großen Hoffnungsträger unter

den Nanomaterialien (Brand et al., 2009).

Wenn die Oberfläche eines Werkstoffes vergrößert wird, nimmt der Einfluss der Oberflächenatome auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften zu.

Nanomaterialien weisen daher häufig andere Materi-aleigenschaften auf als die entsprechenden Basisstof-fe. Die Welt der Nanomaterialien ist komplex, denn es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten im Rahmen von Herstellungsprozessen eine Oberflächenvergrößerung zu erreichen. Obwohl dieses in einigen Fällen, z. B.

bei der Herstellung von Katalysatoren, schon seit Jahrzehnten genutzt wird, bietet die Nanotechnologie

eine Vielzahl neuer Techniken zum gezielten Aufbau von Werkstoffen mit spezifischen Eigenschaften. Die gezielte Herstellung voneinander isolierter Nanoparti-kel mit Durchmessern unter 100 Nanometern (0.0001 mm) sind in erster Linie oberflächenbehandelte (ge-coatete) Nanomaterialien. Die hochtonnagigen kom-merziellen Nanomaterialien sind zumeist ungecoatet und bestehen hauptsächlich aus Agglomeraten oder Aggregaten mit Durchmessern im Mikrometerbereich.

Die Nanotechnologie birgt daher auch vielfältige Chancen für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne des Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutzes.

Hierzu zählen die Einsparung von Rohstoffen und Energie durch Miniaturisierung, Gewichtsreduktion und Funktionsoptimierung, die Verbesserung der Rei-nigungsleistung von Filtersystemen für Abluft und Abwasser und die Substitution von Krebs erzeugen-den Gefahrstoffen, z. B. von Chromaten zum Korrosi-onsschutz. Hinzu kommen Anwendungen in der Me-dizin, der Schutz vor UV-Strahlung und Biozid-Anwendungen, die per

ten Schutz von Umwelt und Gesundheit beitragen (Becker et al., 2010).

Diesen weit reichenden Chancen stehen große Wis-sensdefizite zu den Risiken für Mensch und Umwelt gegenüber. Der Zukunftsreport „Arbeiten in der Zu-kunft – Strukturen und Trends der Industriearbeit“ des Büros für Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag identifiziert das Innovationsfeld „Nano-technologie“ als zukünftige Schlüsseltechnologie und skizziert Fragestellungen für die notwendige Sicher-heitsforschung (Büro für Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag, 2007). Diese soll die Be-schreibung und Bewertung von bislang noch unzurei-chend bekannten Gesundheitsrisiken zum Ziel haben, um vorausschauend für einen absehbaren Beratungs-bedarf der Bundesregierung zu agieren und Unsicher-heiten in der Bevölkerung frühzeitig abzubauen. Eine gezielte Erforschung der Risiken neuer Werkstoffe für Umwelt und Gesundheit eröffnet darüber hinaus Chancen für eine risikoarme Gestaltung neuer Tech-nologien. Hier bietet die Entwicklung biolöslicher Mineralwolle-Dämmstoffe auf der Basis von For-schungsergebnissen zur Krebs erzeugenden Wirkung von Asbest und anderen Fas

weisendes Beispiel aus der jüngeren Arbeitsschutz-Geschichte (Packroff, 2003).

Sicherheitsforschung erfordert zunächst eine interdis-ziplinäre Zusammenarbeit der für eine Risikobe-schreibung notwendigen wissenschaftlichen Fachrich-tungen: Toxikologie, Arbeitsmedizin und Expositi-onsermittlung sind hier gleichermaßen gefordert. Dar-über hinaus ist aber eine transdisziplinäre Vernetzung

Sozialpartnern und Stakeholdern über Fragen der Risikobewertung und des Risikomanagements zu ent-scheiden.

Die für den Schutz des Menschen und der Umwelt zuständigen Ressortforschungseinrichtungen des Bundes – Umweltbundesamt (UBA), Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Bundesanstalt für Ar-beitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) – haben 2007 eine gemeinsame Forschungsstrategie aufgestellt, die den Bedarf an Sicherheitsforschung aus Sicht des Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutzes be-schreibt (www.baua.de/nn_47716/de/Themen-von-A-Z/Ge fahrstoffe/Nanotechnologie/pdf/Forschungsstrategie.pdf). In-zwischen haben sich auch die Bundesanstalt für Mate-rialforschung und -prüfung (BAM) und die Physika-lisch-Technische Bundesanstalt (PTB) der Initiative angeschlossen, die 2011 eine erste Auswertu

teria

ng der

ien an

aktuel-rtung von Nanoma-lien am Arbeitsplatz leisten.

belastungen bei Tätigkeiten mit

Nano- gsverhal-inzwischen erzielten Ergebnisse vorlegen will.

Der Arbeitsschutz hat im Rahmen der Forschungsstra-tegie eine besondere Bedeutung, da die in der Ent-wicklung und Produktion von Nanomaterialien be-schäftigten Personen zuerst mit den Auswirkungen der neuen Technologie konfrontiert sind. Die BAuA verfolgt das Thema „Nanomaterialien am Arbeits-platz“ seit 2005 als programmatischen Schwerpunkt.

Die Aktivitäten profitieren in erheblichem Maße von früheren Projekten, die die Kanzerogenität von Fasern und granulären Stäuben, die Übertragbarkeit tierexpe-rimenteller Ergebnisse auf den Menschen und chroni-sche Erkrankungen der Atemwege durch Stäube am Arbeitsplatz zum Gegenstand hatten. Im Rahmen der Forschung will die BAuA mit neuen Erkenntnissen zur Exposition von Beschäftigen bei Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz und Beiträgen zur Toxikologie von Ultrafeinstäuben wissenschaftliche Bausteine zu einer differenzierten Risikobewertung von Nanomaterialien leisten. Darüber hinaus gilt es – als zentrale Aufgabe einer Ressortforschungseinrich-tung an den Schnittstellen von Wissenschaft, Politik und Praxis – das Vorsorgeprinzip der Europäischen Union für Tätigkeiten mit Nanomaterial

len Arbeitsplätzen mit Leben zu füllen.

Wichtig für einen angemessenen Arbeitsschutz ist aber auch, dass die möglichen Wirkungen eines Stof-fes auf die Gesundheit nur eine Säule der Risikobe-schreibung und -bewertung bilden. Die Frage der Stoffbelastung am Arbeitsplatz, d. h. der Exposition, hat eine vergleichbare Bedeutung und bietet eine wei-tere Stellschraube für die Risikominderung, wenn die toxischen Eigenschaften noch nicht ausreichend er-forscht sind. Diese Möglichkeit nutzt auch die Euro-päische Chemikalienverordnung REACH (s. a. Ab-schnitt B.7.2), wenn sie ohne einen Nachweis schädli-cher Wirkungen sehr weitgehende Anforderungen an

die Sicherheit langlebiger, bioakkumulierbarer Stoffe in der Umwelt stellt. Die Forschung der BAuA will zu beiden Säulen „Exposition“ und „Wirkung“ Beiträge für eine differenzierte Risikobewe

Arbeitsplatz materialien

Die verlässliche Ermittlung der Exposition von Be-schäftigten gegenüber Nanomaterialien setzt geeigne-te Messverfahren und -strageeigne-tegien voraus. Die BAuA betreibt seit 2005 ein Nanolabor zur Ermittlung von Arbeitsplatzbelastungen bei Tätigkeiten mit Nanoma-terialien. Der in eigener Forschungsleistung entwi-ckelte Thermalpräzipitator basiert auf einem physika-lischen Prinzip, das die temperaturabhängige Bewe-gung von Partikeln in einem Temperaturgefälle nutzt, um diese auf einer polierten Siliziumscheibe abzu-scheiden. Sie kann dann unter einem Rasterelektro-nenmikroskop bei etwa 10.000facher Vergrößerung auswertet werden. Dieses ermöglicht neben Aussagen zu Anzahl und Größenverteilung der Partikel auch eine chemische Charakterisierung. Von zentraler Be-deutung ist aber auch, dass das bildgebende Verfahren die am Arbeitsplatz erfassten Nanomaterialien unmit-telbar sichtbar macht, was aufgrund der Tendenzen zur Agglomerisation auch für die toxikologische Be-wertung einen entscheidenden Vorteil bietet. Derzeit wird der tragbare Thermalpräzipitator als Bestandteil eines Mess- und Analysesystems weiterentwickelt, um eine personenbezogene Ermittlung von Expositio-nen bei Tätigkeiten mit Nanomaterialien zu ermögli-chen. In Verbindung mit einem Schwingbettaerosol-generator („Shaker“) kann der Thermalpräzipitator auch zur Charakterisierung des Verstaubun

tens von Nanomaterialien genutzt werden.

Trotz deutlicher Fortschritte bei der Weiterentwick-lung der Messtechnik für Nanomaterialien sind diese noch weit von einer Routineanwendung an Arbeits-plätzen entfernt, was aber eine wichtige Rahmenbe-dingung für die Überwachung von staatlichen Ar-beitsplatzgrenzwerten wäre. In europäischen und nati-onalen Verbundprojekten (NanoDevice, CarboSafe, NanoGEM) wird ein Vergleich der Ergebnisse des Thermalpräzipitators mit anderen Messverfahren vor-genommen. Darüber hinaus wird in diesen Projekten, wie auch in eigenen Felduntersuchungen der BAuA, die Messstrategie für Nanomaterialien weiterentwi-ckelt und verbessert. Im Unterschied zu vielen ande-ren Stoffen am Arbeitsplatz haben Hintergrundbelas-tungen bei der Interpretation der Messergebnisse von Nanomaterialien eine erhebliche Bedeutung. Neben Ultrafeinstäuben aus der Umwelt (Autoverkehr, in-dustrielle Prozesse) sind auch Emissionen im

Arbeits-bereich zu berücksichtigen, die nicht im Zusammen-hang mit der zu beurteilenden Tätigkeit stehen, z. B.

Ultrafeinpartikel und -nebel aus Dieselmotoren, Brennöfen, Elektromotoren und Trennschleifprozes-sen. In den Feldstudien konnte z. Z. bei sachgerechter Arbeit mit Nanopartikeln (z. B. im geschlossenen System oder Laborabzug) bislang noch keine signifi-kante Erhöhung der Partikelanzahlkonzentration nach-gewiesen werden. Filter- und Liegestaubproben zei-gen aber, dass nanostrukturierte Materialien in Form von Agglomeraten oder Aggregaten an Arbeitsplätzen freigesetzt werden können. Bei Reinigungs- und War-tungsarbeiten und vergleichbaren Eingriffen in den Normalbetrieb (z. B. Probenahmen aus dem geschlos-senen System) ist eine erhöhte Partikelfreisetzung möglich. Prinzipiell können diese Aussagen noch nicht verallgemeinert werden; weitere Feldmessungen sind notwendig, da die Staubungsneigung und damit eine mögliche Exposition von der Art des jeweiligen Nanomaterials (u. a. der Oberflächeneigenschaften)

nach Produkt um Größenordnungen (Plitzko, 2010).

n:

gen

s den Nanomateri-abhängig ist.

Für die Sicherheit der Nanotechnologie ist – unabhän-gig von den Fortschritten in der toxikologischen Be-wertung – die emissionsarme Gestaltung von Nano-materialien und -produkten ein Schlüssel zu geringen Risiken für Mensch und Umwelt. Die Einführung staubgeminderter Formen von Textilfarbstoffen hat in der Vergangenheit zu einer deutlichen Reduzierung von Gesundheitsgefahren an Arbeitsplätzen beigetra-gen. Daher steht auch bei den Nanomaterialien die Charakterisierung und Klassifizierung des Verstau-bungsverhaltens mit dem „Shaker-Verfahren“ im Mittelpunkt der aktuellen Forschungsbemühungen der BAuA. Dieses hat gegenüber anderen Methoden den Vorteil, dass hiermit die Emissionen bei typischen Tätigkeiten am Arbeitsplatz, z. B. bei Umfüllprozes-sen, gut simuliert werden können. Darüber hinaus machen die Ergebnisse von Messungen an verschiedenen Arten von Kohlenstoffnanoröhrchen und -fasern die große Vielfalt deutlich, die bereits in dieser Untergruppe von Nanomaterialien bei einer Risiko-bewertung zu berücksichtigen ist. Die rasterelektro-nenmikroskopischen Bilder zeigen neben eher rigiden Faseragglomeraten, die an Asbest erinnern, bei ande-ren Produkten knäuelartige, weiche „Faserbällchen“;

isolierte einzelne Fasern wurden ebenfalls beobachtet.

Auch die im Shaker-Verfahren gemessenen Anzahl-konzentrationen unterscheiden sich je

Toxikologische Risikocharakterisierung

Derzeit liegen, wie für die meisten anderen chemi-schen Stoffe auch, nur begrenzte wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Wirkungen von Nanomaterialien

auf die menschliche Gesundheit vor. Aufgrund der als Folge der Risikodiskussion angestrengten weltweiten toxikologischen Forschung muss sich die Wissen-schaftsgemeinde aber inzwischen fast täglich mit neuen Ergebnissen auseinandersetzen. Diese lassen sich im Bereich der für den Arbeitsplatz wichtigen Inhalationstoxikologie fast ausnahmslos in drei „klas-sische Linien“ der Chemikalienbewertung einordne Feinstaub, Faserstaub, Chemikalientoxizität.

Die Problematik von Feinstäuben am Arbeitsplatz, die bis in die Lungenbläschen vordringen können und dort aufgrund ihrer Biobeständigkeit zu Entzündungs-reaktionen und chronischen Atemwegserkrankungen (darunter zum Teil auch Krebs) führen können, ist lange bekannt. Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass diese Wirkungen auch bei der gesundheitli-chen Bewertung von Nanomaterialien im Vorder-grund stehen. Bei der Bewertung von Faserstäuben, die ihren Ausgangspunkt beim Asbest hatte – dem bislang größten Gefahrstoffproblem –, sind die Wirk-prinzipien bekannt und können auf bestimmte faserige Nanomaterialien übertragen werden. Und erneut zeichnet sich – wie bei den Faserstäuben aus Dämm-stoffen – ein hoher Differenzierungsgrad in der toxi-kologischen Risikocharakterisierung verschiedener faseriger Nanomaterialien ab, der es nicht erlaubt, die Frage der Chemikaliensicherheit für alle faseri Nanomaterialien gleich zu beantworten.

Die dritte Linie der Bewertung bezieht sich auf die bekannten toxischen Wirkungen der chemischen Stof-fe selbst, aus denen die Nanomaterialien bestehen. So ist z. B. davon auszugehen, dass die Toxizität von in Nanomaterialien enthaltenen Schwermetallen – unter der Voraussetzung, dass sie sich au

alien lösen – zum Tragen kommt.

Im Vordergrund der von der BAuA an externe Auf-tragnehmer vergebenen toxikologischen Untersuchun-gen steht nicht die Untersuchung einzelner Nanomate-rialien, sondern eine systematische Suche nach Wirk-prinzipien und Zusammenhängen. Es soll z. B. geklärt werden, ob Nanomaterialien, die sich in der Luft zu größeren Verbünden zusammenschließen (Aggregate und Agglomerate), im biologischen Umfeld der Lunge wieder in ihre „Primärpartikel“ zerfallen und dann leichter in andere Bereiche des Körpers gelangen können. In Tierexperimenten wurde nach Inhalation von Fein- und Ultrafeinstäuben wie Ruß und Titandi-oxid eine Lungenkrebs erzeugende Wirkung beobach-tet. Der Entstehungsmechanismus der Tumore ist noch nicht abschließend geklärt. In einem geeigneten tierexperimentellen Testsystem ist geprüft worden, ob Partikeln im Atemtrakt eine gentoxische Wirkung zuzuordnen ist. An einem exemplarischen Typ von Nanopartikeln soll an verschiedenen Modifikationen

tierexperimentell untersucht werden, wie unterschied-liche Oberflächeneigenschaften von Nanopartikeln deren toxikologisches Wirkungsprofil beeinflussen.

Die Aktivitäten sind getragen von den Erfolgen der Fasertoxikologie, die das wissenschaftliche Funda-ment für ein gezieltes Design der heute verwendeten neuen Generation von biolöslichen Mineralwolle-Dämmstoffen gelegt hat. Die Entwicklung tierver-suchsfreier In-vitro-Methoden zur Ermittlung der Gesundheitsgefahren von Nanopartikeln und Fein-stäuben hat aus Gründen des Tierschutzes, der Kosten und der Dauer eine hohe Bedeutung. Die BAuA ent-wickelt ein In-vitro-Expositionssystem, welches die Konditionen in der Lunge simuliert, so könnten In-vitro-Studien repräsentativer werden. Im Rahmen einer Literaturstudie wird die Eignung von In-vitro-Methoden zur Ermittlung qualitativer und quantitati-ver Aussagen zur chronischen Toxizität und Karzino-genität mit statistischen Methoden überprüft.

estrategie für

Nanomateria-ichen

Gesund-Gesundheitsschäden und lassen daher kaum Rück-Beiträge zur Vorsorg

lien am Arbeitsplatz

Die Bewertung der Gesundheitsrisiken durch Nano-materialien am Arbeitsplatz wird – wie bei vielen anderen chemischen Stoffen – auch in den nächsten Dekaden durch erhebliche wissenschaftliche Erkennt-nisdefizite geprägt sein. Eine konsequente Anwen-dung des Vorsorgeprinzips ist erforderlich, um die innovativen Stärken der Nanotechnologie nicht zu gefährden. Dies gilt insbesondere für Produktlinien, die im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Ent-wicklung für Mensch und Umwelt stehen. Das Vor-sorgeprinzip der Europäischen Union aus dem Jahr 2000 sieht zum Schutz der Gesundheit von Beschäf-tigten zunächst strenge Arbeitsschutzmaßnahmen vor, die dann mit zunehmenden wissenschaftlichen Er-kenntnissen schrittweise an die tatsächl

heitsrisiken angepasst werden können.

Für alle Tätigkeiten mit chemischen Stoffen oder Gemischen am Arbeitsplatz gelten in Deutschland grundsätzliche Mindeststandards des Arbeitsschutzes, die – unabhängig von einer Einstufung als gefährlich – immer anzuwenden sind. Diese Maßnahmen der

„Schutzstufe 1“ sollen der Tatsache Rechnung tragen, dass jede chemische Belastung die Gesundheit ge-fährden kann, wenn sie entsprechend hoch ist. Neben Sauberkeit am Arbeitsplatz und einer guten Hygiene gehören die Vermeidung von hohen Staub- und Che-mikalienbelastungen durch gute Lüftung und organi-satorische Maßnahmen zu den absoluten Notwendig-keiten. Hohe Staubbelastungen am Arbeitsplatz, wie sie auch aus der Produktion von Nanomaterialien in einigen Ländern berichtet wurden, führen immer zu

schlüsse auf eine spezifische Problematik bei den Nanomaterialien zu.

Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 400

„Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahr-stoffen“ (1/2008, s. a. S. 42f) konkretisiert die Vorga-ben des EU-Vorsorgeprinzips. Neue Stoffe, die in wissenschaftlichen Laboratorien oder für die produkt- und verfahrensorientierte Forschung und Entwicklung verwendet werden, müssen bei der Gefährdungsbeur-teilung wie giftige Gefahrstoffe behandelt werden, wenn keine Erkenntnisse zu ihren gefährlichen Eigen-schaften vorliegen. Auf dieser Grundlage empfiehlt der gemeinsam von der BAuA und dem Verband der Chemischen Industrie e. V. (VCI) herausgegebene Leitfaden (www.baua.de/cae/servlet/contentblob/675748/

publicationFile/49880/Leitfaden-Nanomaterialien.pdf) für Tä-tigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz die Prüfung von Substitutionsmöglichkeiten, z. B. die Bindung von staubförmigen Nanomaterialien in flüs-sigen oder festen Medien sowie das Verwenden von Dispersionen, Pasten oder Compounds anstatt pulver-förmiger Stoffe. Ansonsten müssen die Arbeiten in geschlossenen Apparaturen durchgeführt werden, wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich zu-mutbar ist.

Im Rahmen ihrer Entwicklungsaktivitäten zur Chemi-kaliensicherheit unterstützt die BAuA mit Gutachten, Memoranden, Werkzeugen und Handlungshilfen das regulatorische Handeln auf gesetzlicher und unterge-setzlicher Ebene sowie die Selbstverantwortung von Unternehmen im Bereich der Nanotechnologie auf Grundlage des Vorsorgeprinzips. Hierbei stehen der-zeit die Fragen nach möglichen Arbeitsplatzgrenzwer-ten für Nanomaterialien und der Charakterisierung nanoskaliger Eigenschaften von chemischen Stoffen unter REACH im Mittelpunkt. Für Arbeitsplatz-grenzwerte kann die BAuA wissenschaftliche Beiträ-ge zur toxikologischen Ableitung und zu den notwen-digen Messverfahren am Arbeitsplatz leisten. Die Frage der Sicherheitsmaßstäbe ist hingegen eine ge-sellschaftspolitische, die im Dialog mit den Sozial-partnern im Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) zu entscheiden ist. Hier bietet z. B. das Ampelmodel des AGS (www.baua.de/cln_137/de/Themen-von-A-Z/Gefahr stoffe/TRGS/Bekanntmachung-910.html) eine Grundlage zur Risikobewertung granulärer, biobeständiger Fein- und Ultrafeinstäube. Die Frage der rechtlichen Hand-habung von Nanomaterialien im Rahmen der Chemi-kalienverordnung REACH muss hingegen auf europä-ischer Ebene entschieden werden, hier leistet die BAuA in Zusammenarbeit mit der BAM entsprechen-de Vorarbeiten.

Ein gutes Regierungshandeln muss aber auch die Auswirkungen regulatorischer Aktivitäten im Blick

haben. Bereits 2006 führte die BAuA in Kooperation mit dem VCI eine erste Firmenbefragung zum Ar-beitsschutz bei der Herstellung von Nanomaterialien durch (www.baua.de/cln_137/de/Themen-von-A-Z/Gefahr stoffe/Nanotechnologie/Firmenbefragung.html). Eine zweite Befragung wird unter Beteiligung des Bundesverban-des der Deutschen Industrie e. V. (BDI) und Bundesverban-des Bun-desministeriums für Bildung und Forschung auf den gesamten Lebenszyklus von Nanomaterialien erwei-tert.

Eine Herausforderung für die Risikokommunika-tion

Mit Hilfe der Nanotechnologie werden Werkstoffe durch Oberflächenvergrößerung in ihren physikali-schen und chemiphysikali-schen Eigenschaften modifiziert. Da sich hieraus auch neue Wirkungen für Mensch und Umwelt ergeben können, muss hierbei dem Arbeits-schutz eine erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet wer-den. Dies gilt aber auch für alle neu entwickelten Werkstoffe und Chemikalien, deren Risiken noch nicht ausreichend erforscht werden konnten.

Die größten Herausforderungen bei der Risikokom-munikation zu Nanomaterialien für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind daher,

– wie bei anderen Chemikalien die Notwendigkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen bei unzureichend bekannten Risiken für Mensch und Umwelt auf Grundlage des Vorsorgeprinzips zu vermitteln, – eine differenzierte Behandlung einzelner

Nanoma-terialien bei der Gefährdungsbeurteilung zu errei-chen – in Abhängigkeit von bereits vorliegenden Erkenntnissen zu Exposition und Wirkung,

– zu verdeutlichen, dass nach den bisher vorliegen-den Erkenntnissen die zur Minimierung von Fein-staubbelastungen angewendeten Arbeitsschutz-maßnahmen auch bei den bekannten Nanomateria-lien hinreichend wirksam sind,

– zu erreichen, dass bei der Entwicklung neuer Na-nomaterialien die Aufklärung möglicher Risiken für Mensch und Umwelt im einen möglichst frü-hen Stadium erfolgt, um spätere Sicherheitsmängel bei Produkten und Verfahren zu vermeiden und – mit Blick auf die Chancen der Nanotechnologie

für eine nachhaltige Entwicklung durch Aufmerk-samkeit und angemessenen Arbeitsschutz die Ba-lance zwischen dem Ignorieren und Überbewerten möglicher Gefährdungen zu halten.

Quellen

L. Brand, M. Gierlings, A. Hoffknecht, V. Wagner, A. Zweck: Kohlen-stoff-Nanoröhrchen - Technologieanalyse, VDI Technologiezentrum Düsseldorf, Zukünftige Technologien Nr. 79, 2009

H. Becker, W. Dubbert, K. Schwirn, D. Völker, Nanotechnik für Mensch und Umwelt - Chancen fördern und Risiken mindern, Um-weltbundesamt, Dessau, 2010

Büro für Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag (TAB):

Arbeiten in der Zukunft – Strukturen und Trends der Industriearbeit – Innovationsfelder und offene Fragen der Risikoforschung, 2007 R. Packroff: Biolösliche künstliche Mineralfasern - Win-win-Strategie von Gesetzgebung und Produktinnovation für eine neue Qualität der Arbeit in Klein- und Mittelunternehmen, VDI-Berichte 1776: Umgang mit Fasermaterialien, S. 13 - 22, 2003

S. Plitzko, E. Gierke, N. Dziurowitz, D. Broßell, Erzeugung von CNT/CNF-Stäuben mit einem Schwingbett-Aerosolgenerator und Charakterisierung der Fasermorphologie mithilfe eines Thermalpräzipi-tators als Sammelsystem, Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft, 70, 31 -

S. Plitzko, E. Gierke, N. Dziurowitz, D. Broßell, Erzeugung von CNT/CNF-Stäuben mit einem Schwingbett-Aerosolgenerator und Charakterisierung der Fasermorphologie mithilfe eines Thermalpräzipi-tators als Sammelsystem, Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft, 70, 31 -