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Steuerungs- und Bewertungskonzept „Gesundheits-BSC“

3 Konzeptioneller Rahmen

3.3 Steuerungs- und Bewertungskonzept „Gesundheits-BSC“

Das im Folgenden beschriebene Konzept führt die Modelle BEM und die BSC zu ei-nem umfassenden Ansatz für das betriebliche Gesundheitsmanagement zusammen.

Die BSC wird im Kontext des betrieblichen Gesundheitsmanagements als Instrument zur unternehmensinternen Koordination verstanden. Der inhaltlichen Logik der BSC folgend, werden zur mehrdimensionalen Leistungsmessung und Steuerung der BGM-Maßnahmen vier Betrachtungsperspektiven (i. S. v. Messbereichen) identifi-ziert:

Erfolg (Perspektive 1): Welche Kosten- und Nutzenziele müssen gesetzt werden, um zu den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens beizutragen?

Gesundheit und Beschwerden (Perspektive 2): Welche strategischen Ziele sind hinsichtlich des (Gesundheits-)Verhaltens der Beschäftigten zu setzen, um positi-ve Auswirkungen in Bezug auf materielle und immaterielle Ziele zu erreichen (Gewünschte Effekte bezüglich P, S und O als Ziele)?

Prozesse des Gesundheitsbereichs (Perspektive 3): Wie müssen die Leistungen und Prozesse gestaltet werden, um eine optimale Gesundheitsförderung gewähr-leisten zu können und die Ziele in Bezug auf das Gesundheitsverhalten der Be-schäftigten sowie Kosten und Nutzen zu erreichen (Beeinflussung von P, S und O als Ziele)?

Potenziale des Gesundheitsbereichs (Perspektive 4): Wie müssen Entwicklungs- und Wandlungsfähigkeit (z. B. Aufmerksamkeit für Gesundheitsthemen) der an der Gesundheitsförderung beteiligten Akteure (z. B. Führungskräfte, Gesund-heitsexperten) verbessert werden, um die Ziele zu erreichen?

Zur Ableitung der gesundheitsbezogenen Ziele wird das PSO-Modell herangezogen.

Auf diese Weise kann die BSC mit möglichen Zielen befüllt sowie Hypothesen über

Ursache-Wirkungsbeziehungen im Sinne einer Strategy Map erstellt werden. Hierzu werden in einem top-down-Prozess auf Basis der (unternehmensspezifischen) Er-folgsziele zunächst die erfolgskritischen Geschäftsprozess-, Leistungs- und Verhal-tensbereiche identifiziert und dann die entsprechenden Ziele für die Gestaltungsfak-toren abgeleitet. Auf Basis des angestrebten Gesundheitsverhaltens können wieder-um Ziele für die Prozesse des Gesundheitsbereichs identifiziert werden. Aus den Prozesszielen lassen sich erforderliche Potenziale der am BGM beteiligten Gruppen entwickeln. Die so aus der Unternehmensstrategie gewonnenen gesundheitsbezo-genen Ziele ermöglichen eine Ausrichtung des BGM an den Bedürfnissen des Unter-nehmens. Dabei gilt es, sich an den grundlegenden Erfolgsfaktoren und ihren zugrundeliegenden Ursache-Wirkungsbeziehungen zu orientieren. Somit ist es die zentrale Herausforderung, diejenigen Faktoren zu identifizieren und zu messen, wel-che den wirtschaftliwel-chen Erfolg von BGM-Maßnahmen maßgeblich beeinflussen. Auf dieser Basis können Führungspersonen mit wenigen ausgewählten Messgrößen, die diese Faktoren messen, die Unternehmensaktivitäten steuern. Dieses Vorgehen ist in Abb. 3.7 veranschaulicht.

Wertbeitrag

(Kosten‐und Nutzen als Ziele)

Vision/

Strategie Gesundheit & Beschwerden

(Gewünschte Effekte bzgl. Person,  Situation & Organisation als Ziele)

Prozesse des  Gesundheitsbereichs

(Beeinflussung der Person, Situation 

& Organisation als Ziele)

Potenziale des Gesundheitsbereichs

(Benötigte Potenziale als Ziele)

Abb. 3.7 Grundstruktur des Steuerungs- und Bewertungskonzepts für das BGM Es ist essentiell, dass die Ziele auf den verschiedenen dargestellten Perspektiven durch das Unternehmen selbst festgelegt werden und die daraus entstehende stra-tegische Logik konsequent umgesetzt wird. Dies ist der in der Abbildung beschriebe-ne Zielfindungsprozess.

Der Aufbau und die Überprüfung von Ursache-Wirkungsmodellen zwischen den Er-folgsfaktoren stellen eine zentrale Forschungsaufgabe dar. Erst ein Verständnis der

Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen zentralen Einflussfaktoren der Wertschöp-fung ermöglicht eine erfolgreiche Steuerung der Unternehmensaktivitäten. In Abb.

3.8 sind formale Ursache-Wirkungsbeziehungen für die Evaluation und Steuerung des betrieblichen Gesundheitsmanagements dargestellt. Bei der Konzeption einer Strategy Map des BGM sind insbesondere die zentralen Wirksamkeitsparameter bei der Analyse und Auswahl der gesundheitsbezogenen Ursache-Wirkungs-zusammenhänge zu berücksichtigen. Beispielsweise sind hier die Faktoren

• Absentismus (d. h. die Abwesenheit aufgrund von Krankheit),

• Präsentismus (d. h. die Anwesenheit mit Leistungseinschränkungen aufgrund von Krankheit bzw. Beeinträchtigungen) oder

• Krankheitsverlauf (d. h. die Erholung oder Chronifizierung einer Krankheit oder Einschränkung mit langfristigen Folgen für die Arbeitsfähigkeit)

zu beachten. Ziel einer ganzheitlichen Steuerung von BGM-Maßnahmen und -Pro-grammen ist es, deren Beiträge auf die gewünschten Effekte für bestimmte Zielgrup-pen im Unternehmen hin zu überprüfen. Ebenso ist zu untersuchen, wie sich Ein-flussfaktoren, wie Krankheitstage, Leistungseinschränkungen am Arbeitsplatz, Krankheitsverläufe, Unternehmenskultur etc., auf die Leistungsfähigkeit des jeweili-gen Betriebes auswirken. Hierbei werden verschiedene Betrachtungsebenen berück-sichtigt.

Absentismus

Präsentismus

Unternehmenswert-beitrag z.B. Arbeitsschutz

z.B. Gesundheitschutz

z.B. Personal-entwicklung

Erfolgsbeitrag Gesundheit und

Beschwerden der Mitarbeiter Aktivitäten des

betrieblichen Gesundheits-managements

Krankheitsverlauf

... ...

Abb. 3.8 Grundlegende Ursache-Wirkungsbeziehungen im Bereich des BGM Diese Leistungsfähigkeit lässt sich monetär (z. B. Personalkosten, Materialkosten, erzielte Erlöse) und nicht-monetär (z. B. Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufrieden-heit, Prozessqualität) ausdrücken. Dabei kann der Nutzen auf der Prozessebene (z. B. Prozessqualität im Sinne von Förderung von Engagement und Leistung, Förde-rung von Kreativität oder OptimieFörde-rung von Prozessen) und der Organisationsebene (Unternehmenswertbeitrag, z. B. im Sinne von Innovationsfähigkeit durch Unterneh-menskultur, Mitarbeiterbindung oder Kundenorientierung) analysiert werden (PEN-NIG et al., 2006; PEN(PEN-NIG & VOGT, 2005; PEN(PEN-NIG, 2005).

Bei der Analyse der Ursache-Wirkungsbeziehungen aber auch bei der organisatori-schen Implementierung eines Bewertungs- und Steuerungsinstruments für das BGM muss berücksichtigt werden, dass eine umfassende Gesundheitsförderung, welche über die Kuration hinausgeht, von mehreren Organisationseinheiten kooperativ er-bracht wird. Um eine strategische Ausrichtung zu ermöglichen, müssen bei der Ent-wicklung eines solchen Instruments alle relevanten Akteure identifiziert und beteiligt werden.

Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Gesundheitsförderung sind unterschiedli-chen Verantwortungsbereiunterschiedli-chen (z. B. Betriebsärztlicher Dienst, Personalbereich, Ar-beitsplanung) zugeordnet. Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung und Imp-lementierung der BSC ist jedoch ein institutioneller Rahmen, der klare Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Kooperationsbeziehungen klar spezifiziert. Für eine effekti-ve und effiziente Gestaltung der betrieblichen Gesundheitsförderung wird daher vor-geschlagen, einen „virtuellen Gesundheitsbereich“ (VG) zu definieren. Der VG integ-riert als Querschnittsbereich sämtliche Akteure, Strukturen des betrieblichen Ge-sundheitsmanagements und Anspruchsgruppen (vgl. Abb. 3.9).

Externe

Abb. 3.9 Akteure und Anspruchsgruppen eines virtuellen Gesundheitsbereichs (Beispiel)

Akteure des VG können bspw. der Gesundheitsmanager, Betriebsärzte, heitskoordinatoren, Personalfachleute oder Beauftragte der betrieblichen Gesund-heitsförderung sein. Idealerweise ist die Verantwortlichkeit für den VG bei einem Ge-sundheitsmanager verankert, der sämtliche Akteure im Gesundheitsbereich koordi-niert und die Verantwortung für die Weiterentwicklung des betrieblichen Gesund-heitsmanagements und die Wirkungskontrolle übernimmt. Andere Personen und

Gruppen können die operative Maßnahmenumsetzung unterstützen. Somit umfasst der VG beispielsweise die betrieblichen Funktionen „Gesundheitsförderung“, „Perso-nal“, „Arbeitsgestaltung“ und „Arbeitsschutz“ sowie „Personal- und Organisationsent-wicklung“. Ziel ist es, die an der Wertschöpfung beteiligten betrieblichen Stakeholder

„Beschäftigte“ und „Führungskräfte“ (d. h. Meister, Management) im Sinne eines „ge-sunden Verhaltens“ zu unterstützen. Externe Akteure wie bspw. der Betriebsrat, ex-terne Gesundheitsdienstleister, Ärzte, Kliniken und Krankenkassen können ebenfalls in das betriebliche Gesundheitsmanagement eingebunden werden.