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Analyseblock 5: PSO-Hebel zur Beeinflussung der Prozessebene im Fallstudienunternehmen

6 Kritische Reflektion

6.1 Überblick über die Diskussionspunkte

6.3.3 Analyseblock 5: PSO-Hebel zur Beeinflussung der Prozessebene im Fallstudienunternehmen

Auf der Prozessebene sind die PSO-Konstrukte aufgelistet, durch deren Verände-rung ein Einfluss auf die Gesundheit und die Beschwerden der Mitarbeiter antizipiert wird (siehe Forschungsdesign). Bei der Maßnahmenplanung innerhalb der Prozess-perspektive müssen diese Konstrukte (Führungsverhalten, Coping, Handlungsspiel-raum etc.) explizit berücksichtigt werden. Nach der Logik des Bezugsrahmens der Gesundheits-BSC stehen Verhaltens- und Prozessvariablen nach dem PSO-Modell in Interaktionen, die sich somit auch untereinander beeinflussen können. Dies bedeu-tet, dass auf der Prozessperspektive implizite Abhängigkeiten durch das PSO-Modell postuliert werden, die es quantitativ zu überprüfen gilt. Einzelne Konstrukte der Pro-zessperspektive sind somit abhängige Variablen, die durch unabhängige Variablen derselben Perspektive erklärt werden. Tab. 6.3 zeigt die relevanten Zusammenhänge gemäß ihrer Bedeutung für die Perspektive 3.

Tab. 6.3 Wichtigste Ergebnisse der Prozessperspektive (3)

Effekt

Regressions-koeffizient Je stärker ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungsver-halten“, desto größer „Handlungsspielraum bei der Arbeit“ 0,49 Je stärker ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungs-verhalten“, desto größer „Anerkennung von Unternehmens-aktivitäten“

0,45 Je stärker ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungsver-halten“, desto größer „Identifikation mit dem Unternehmen“ 0,34 Je effizienter die Coping-Strategie, desto größer

„Identifikation mit dem Unternehmen“ 0,20

Abb. 6.6 fasst die Ergebnisse aus Kapitel 5 im Sinne der BSC-Logik schematisch zusammen. Die einzelnen Zusammenhänge werden im Folgenden diskutiert.

ErfolgGesundheit & BeschwerdenProzesse

Coping Mitarbeiterbezogenes

Führungsverhalten Handlungsspielraum

am Arbeitsplatz Identifikation mit

Unternehmen

Anerkennung von U-Aktivitäten durch

Mitarbeiter

Positiver Zusammenhang Legende

Negativer Zusammenhang Positiver Zusammenhang Negativer Zusammenhang Legende

Abb. 6.6 Zusammenfassung der Ergebnisse auf der Prozessperspektive

Je besser das „Mitarbeiterorientierte Führungsverhalten“, umso größer der wahrge-nommene „Handlungsspielraum bei der Arbeit“

Der „Handlungsspielraum“ wird durch einen mitarbeiterbezogenen Führungsstil so-wie die Identifikation mit dem Unternehmen positiv beeinflusst. Das Konstrukt be-schreibt freies Arbeiten ohne äußere Störeinflüsse, die Möglichkeit für den Werker, seine Fähigkeiten erfolgreich einzusetzen sowie die subjektiv wahrgenommen Frei-heiten für Eigeninitiative. Hohe Anforderungen an eigenständiges Denken, Planen und Entscheiden, verbunden mit Möglichkeiten der Kommunikation und Kooperation, großen Tätigkeitsspielräumen und vollständigen Aufgaben werden als wesentliche Merkmale gesundheitsgerechter Arbeitsgestaltung angesehen (BAMBERG & METZ, 1998; BÜSSING, 1999; DUCKI, 2000; LEITNER, 1999; LÜDERS & PLEISS, 1999;

ÖSTERREICH, 1999). So konnte HACKER (1986) direkte positive Zusammenhänge zwischen Freiheitsgraden bei der Arbeit und psychischem Befinden nachweisen.

WALL und CLEGG (1981) sowie WALL et al. (1986) berichten über positive Lang-zeiteffekte von Arbeitsgestaltungsmaßnahmen, bei denen der Handlungsspielraum der Beteiligten erweitert wurde. Die Längsschnittstudien von KARASEK (1979) sowie KARASEK und THEORELL (1990) belegen, dass bei vorhandenen Freiheitsgraden und Tätigkeitsspielräumen auch hohe Belastungen ohne nachteilige Folgen ertragen werden können. Die Untersuchungen von RAU (2001) konnten darüber hinaus zgen, dass Beschäftigte mit erweiterten Tätigkeitsspielräumen während der Nacht ei-ne signifikant stärkere Rückstellung der Herzfrequenz (geringere Belastung) aufwie-sen, als Beschäftigte mit wenig Tätigkeitsspielräumen. Insbesondere die Kombinati-on vKombinati-on chrKombinati-onischer Überforderung und geringen Handlungsspielräumen hat sich als abträglich für das psychische und physische Befinden der Beschäftigten erwiesen (KARASEK & THEORELL, 1990; SIEGRIST, 1996; MARMOT, 2004).

Das vorliegende Modell bestätigt, dass eine Mitarbeiterorientierung des Vorgesetzten einhergeht mit mehr Eigeninitiative und höherer Zufriedenheit des Mitarbeiters be-züglich seiner eigenen Tätigkeit. So wurde bereits beim partizipativen Führungsstil und seinen Auswirkungen (siehe z. B. NEUBERGER, 2001) argumentiert. Ein Mitar-beiter mit hohem Commitment wird zunehmend stärker versuchen, sich in das Un-ternehmen einzubringen. Ziel ist die Erhöhung bzw. der Erhalt der Anstrengungsbe-reitschaft ohne pathogene Auswirkungen.

Je besser das „Mitarbeiterorientierte Führungsverhalten“, umso größer die wahrge-nommene „Anerkennung von Unternehmensaktivitäten“.

Die subjektiv wahrgenommene „Anerkennung der Unternehmensaktivitäten“ wird ausschließlich durch das Führungsverhalten beschrieben. Der Faktor erfasst im We-sentlichen, wie die Mitarbeiter die Unternehmenskultur bezüglich Fürsorge, Wert-schätzung und Transparenz wahrnehmen. Sowohl das organisationale wie auch das direkte Führungsverhalten prägen maßgeblich die Unternehmenskultur (WALTER &

KANNING, 2003 in LASSHOFER, 2006, KASTNER, 2007). Somit ist der Faktor hier zu Recht von zentraler Bedeutung.

Je besser das „Mitarbeiterorientierte Führungsverhalten“, umso größer die „Identifika-tion mit dem Unternehmen“.

Dieser Befund ist sachlogisch in obige Ergebnisse einzureihen. Die Identifikation ist selbst in diesem Zusammenhang auf zwei wesentliche Ebenen ausgerichtet: die

Af-fektive und die Normative (ALLEN & MEYER, 1990). Erstere beschreibt die emotio-nale Bindung des Werkers an die Organisation, die zweite die Akzeptanz der Werte der Organisation. Ein gutes mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten bedient beide Faktoren zum einen durch ein positives Arbeitsumfeld und zum anderen durch Ver-mittlung der relevanten Organisationswerte (V. ROSENSTIEL, 2003).

Je effizienter die Coping-Strategien, umso größer die „Identifikation mit dem Unter-nehmen“.

Der Einfluss der Skala Coping auf den Faktor kann durch die Passung zwischen Fä-higkeiten und Arbeitsplatz (siehe Items der Skala Coping) erklärt werden. Auch das Wissen um die an den Werker gestellten Anforderungen sowie dessen persönliche Zielerreichungsstrategien sind für die Identifikation mit dem Unternehmen von Be-deutung. Wird diese positiv erlebt, verstärkt sich naturgemäß das Zugehörigkeitsge-fühl des Mitarbeiters für das Unternehmen. Nach dem transaktionalen Stressmodell von LAZARUS & FOLKMAN (1984) ist deshalb die Passung von Situationserforder-nissen und Fähigkeiten ein zentraler Faktor.

Zusammenfassung

Ein bedeutendes Ergebnis auf der Prozessperspektive ist der Einfluss des mitarbei-terbezogenen Führungsverhaltens auf die untersuchten Konstrukte. Dies geht einher mit den wissenschaftlichen Ergebnissen zu psychischen und physischen Einflussfak-toren auf die Gesundheit (PRZYGODDA & ARENTZ, 1994, LOBBAN et al., 1998, beide zitiert in FRITZ, 2006; WALTER & KANNING, 2003, zitiert in LASSHOFER, 2006). In Bezug auf die Auswirkung eines transformalen Führungsverhaltens auf die Person zeigen sich auf der Prozessperspektive die positiven Auswirkungen des Kon-struktes (NEUBERGER, 2002), die im Fallstudienunternehmen quantitativ gezeigt werden konnten.

6.3.4 Analyseblock 6: Handlungsfelder im Fallstudienunternehmen und