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Datenerhebung 2 - Validierung des Kurzfragebogens

Gesundheit & Beschwerden

Perspektive 3 „Prozesse“ Perspektive 4 „Potentiale“

5.3 Empirische Analyse

5.3.4 Datenerhebung 2 - Validierung des Kurzfragebogens

Im Rahmen der Untersuchung sollte der umfangreiche Fragebogen der ersten Da-tenerhebung auf eine praktikable Größe reduziert werden, um ein kurzes und hand-habbares Instrument zur inhaltlichen Befüllung einer Gesundheits-BSC verfügbar zu machen.

Die anschließenden Ausführungen beziehen sich dabei auf folgende konkrete Detail-fragen:

1. Bildeten die in der Faktorenanalyse ermittelten Faktoren diese auch bei reduzier-ter Itemzahl noch hinreichend gut ab?

2. Konnten die gesundheitsrelevanten Aspekte im Fallstudienunternehmen in der zweiten Datenerhebung (gegenüber der ersten) repliziert werden?

3. Waren die Faktoren auch bei reduzierter Itemzahl noch in der Lage, Korrelationen zwischen den Faktoren auf den verschiedenen BSC-Perspektiven aufzuzeigen?

Diese Detailfragen bilden in den folgenden Absätzen die Struktur der Ergebnisbe-schreibung der zweiten Datenanalyse ab.

Detailfrage 1: Bildeten die in der Faktorenanalyse ermittelten Faktoren diese auch bei reduzierter Itemzahl noch hinreichend gut ab?

Im reduzierten Fragebogen (50 Items) wurden aus der Langversion nur solche Items übernommen, die im Zuge der ersten Datenerhebung eine hohe Faktorladung auf-zeigten und damit angenommener Maßen die Faktoren konsistent abbildeten. Analog zur Auswertung der „Langversion“ wurde dann erneut für den „Kurzfragebogen“ die interne Konsistenz (Cronbach`s Alpha) der durch die Faktoranalyse ermittelten Fak-toren berechnet (Tab. 5.17 und Tab. 5.18). Wie bereits beschrieben gilt als Norm-Gütemaß standardisierter Testverfahren dabei ein Alpha-Wert von über 0.70, als un-tere Akzeptanzgröße werden Alpha-Werte von 0.50 angesehen. Darunter ist nicht davon auszugehen, dass der Faktor eine Itemgruppe angemessen abbildet (vgl. Kap.

5.3.2 zum Vorgehen bei der ersten Datenerhebung).

Tab. 5.17 Faktoren, Items und interne Konsistenz des Fragebogen 2 (Teil 1) 4. … die Verlässlichkeit Ihres Vorgesetzten?

5. … das Verständnis Ihres Vorgesetzten für Ihre Sorgen und Beschwerden?

6. … den Einsatz Ihres Vorgesetzten für Ihre Gesundheit?

10. … die Fürsorge des Unternehmens für die Mitarbeiter?

11. … die Transparenz der Unternehmenspolitik?

Anerkennung

12. … die Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen im Unternehmen?

1. … Ihre Möglichkeiten, bei der Arbeit Neues zu erlernen?

2. … Ihre Möglichkeiten, das zu tun, was Sie am besten können?

Handlungs-spielraum bei der Arbeit

.76

3. … die Freiräume für Eigeninitiative?

7. … die Unterstützung bei der Arbeit durch die Kollegen?

8. … das Verständnis für persönliche Schwierigkeiten durch die Kollegen?

Soziale

Unterstützung .80

9. … die Offenheit und Ehrlichkeit im Team?

17. … sind Sie bereit, unternehmensspezifische Produkte Freunden/

Familie/Angehörig. zu empfehlen Identifikation

mit dem Unternehmen

.70

19. … sind Sie stolz, anderen erzählen zu können, dass Sie bei [Unternehmen] arbeiten?

15. … können Sie mit Konflikten am Arbeitsplatz umgehen?

Coping .65

16. … können Sie mit Stress umgehen?

13. … sind Sie bereit, den Tätigkeitsbereich innerhalb des Unternehmens zu wechseln?

Verände- rungsbereit-schaft

.80

14. ... können Sie sich vorstellen, zukünftig auch eine ganz andere Tätigkeit auszuüben?

18. … belastet Sie die Vorstellung, Ihre Arbeitsstelle zu verlieren?

Angst um

Arbeitsplatz .29

20. … bedeutet Ihnen ihre Arbeit bei [Unternehmen] etwas?

22. …gefährliche Stoffe?

23. …Wechsel zwischen Wärme und Kälte?

Situative

Belastung .65

24. …Vibrationen/Erschütterungen?

25. …Heben und Tragen von schweren Lasten?

Tätigkeitsbe-zogene Belastung

.62

26. …häufiges Wiederholen einzelner Bewegungen?

27. ... Wie oft haben Sie Kopfschmerzen?

28. ... Wie oft reagiert Ihr Magen empfindlich?

29. ... Wie oft haben Sie Rückenschmerzen?

Gesund-heitliche Beschwerden

.68

30. ... Wie oft haben Sie Konzentrationsstörungen?

38. ... Leistungsfähigkeit eingeschränkt durch private Probleme

39. ... Einschränkungen hatten Auswirkungen auf Arbeitsgeschwindigkeit Persönliche

Leistungsein-schränkung

.68

40. ...Einschränkungen hatten Auswirkungen auf die Sorgfalt meiner Arbeit

Tab. 5.18 Faktoren, Items und interne Konsistenz des Fragebogen 2 (Teil 1)

Konstrukte Cron-bach’s

Alpha

Items

32. ... Wie oft waren Sie im letzten ½ Jahr in ärztlicher Behandlung?

Inanspruch-nahme ärztlicher Leistungen

.80

33. ... Wie oft im letzten ½ Jahr verordnete Medikamente eingenommen?

36. … durch Frust, Verunsicherung, bezogen auf Arbeit und Arbeitsumfeld 37. … Ärger über Verhalten anderer bei der Arbeit

Leistungsein-schränkende Faktoren

.62

98. …Einschränkungen: Auswirkung auf die Zusammenarbeit im Team 46. …die fachliche Kompetenz des BD-Personals?

47. …die Beratung bei arbeitsplatzbezogenen Problemen?

Zufriedenheit mit BD (fachlich)

.87

48. …die medizinische Information und Beratung des BD?

42. …Mein Vorgesetzter führt Gespräche mit mir, die über den Arbeitsalltag hinausgehen.

43. …Falls Sie in den letzten Jahren krank waren: Mein Vorgesetzter führt Gespräche mit mir, wenn ich nach krankheitsbedingter Abwesenheit an die Arbeitsstelle zurückkomme.

Interesse an der Person

.48

44. …Wie oft ist Ihr Vorgesetzter vor Ort an Ihrem Arbeitsplatz?

Rückkehr-gespräche 41. …Wenn jemand krank ist, wird er bei uns angehalten, zu arbeiten.

Die Faktoren „Mitarbeiterbezogenes Führungsverhalten“, „Anerkennung von Unter-nehmensaktivitäten“, „Soziale Unterstützung“, „Veränderungsbereitschaft“, „Inan-spruchnahme ärztlicher Leistung“ sowie die „Zufriedenheit mit dem Betriebsärztlichen Dienst“ waren auch bei reduzierter Itemzahl gut verwendbar (Alpha > 0,80). Gleiches ergab sich für die Faktoren „Handlungsspielraum bei der Arbeit“ sowie „Identifikation mit dem Unternehmen“ (Alpha-Werten >0,70). Letztere könnten allerdings durch hin-zunehmen eines Items aus dem ersten Fragebogen noch verbessert werden. Akzep-tabel (mit Alpha > 0.50) dagegen waren die Skalen „Coping“, „Situative Belastung“,

„Tätigkeitsbezogene Belastung“, „Gesundheitliche Beschwerden“ und „Persönliche Leistungseinschränkung.“ Diese Faktoren bewegten sich am unteren Rand des Normkriteriums. Sie waren somit verwendbar und könnten ebenfalls durch Hinzu-nehmen eines weiteren Items noch verbessert werden. Die Faktoren „Angst um Ar-beitsplatz“ und „Interesse an der Person“ erfüllten die oben beschriebenen Akzep-tanzgrenzen für die interne Konsistenz von Faktoren hingegen nicht und müssen für einen zukünftigen Einsatz überarbeitet werden.

Insgesamt war der zweite Fragebogen unter Gesichtspunkten der Testkonstruktion gut anwendbar. Die Gesamtzahl der Items könnte jedoch auf 60-70 erhöht werden, um einige der oben beschriebenen Faktoren noch zu verbessern.

Detailfrage 2: Konnten die gesundheitsrelevanten Aspekte im Fallunternehmen in der zweiten Datenerhebung (gegenüber der ersten) repliziert werden?

Die Ergebnisse der ersten Datenerhebung konnten mittels des Kurzfragebogens weitgehend repliziert werden, sodass – als Ergebnis der zweiten Datenerhebung – das verkürzte Erhebungsinstrument für die Stichprobe als praktikabel anzusehen ist.

Insbesondere für die Analyse der „Gesundheitssituation“ im Fallstudienunternehmen zeigte sich der Kurzfragebogen als geeignetes Instrument.

Zwischen der ersten und zweiten Datenerhebung lag allerdings ein Zeitraum von 12 Monaten. Während dieser Zeit fanden in den untersuchten Organisationseinheiten zwar keine gravierenden Änderungen (z. B. Entlassungen in größerem Umfang, Re-organisationsmaßnahmen) statt, die laufenden gesundheitsrelevanten Angebote der BGF waren für die Befragten jedoch zugänglich. Für die Entwicklung eines validen und reliablen Kurzfragebogens wäre es wichtig gewesen, Einflussgrößen auf die Ein-schätzung der Antwortskalen durch die Befragten (neuen Gesundheitsinterventionen, Führungskräftewechsel etc.) möglichst auszuschließen oder doch zumindest zu kon-trollieren. Solche Idealbedingungen lassen sich aber in der Feldforschung häufig nicht herstellen. Auch im Fallstudienunternehmen fanden während den beiden Da-tenerhebungen Veränderungen statt, die im Sinne von Störvariablen Auswirkungen auf die Beantwortung der Items des Kurzfragebogens gehabt haben können. Syste-matische Informationen über solche Veränderungen waren dem Projektteam jedoch nicht zugänglich.

Der Einfluss der oben genannten Störgrößen, die Datenqualität (vgl. Kap. 5.1) und die Tatsache, dass sowohl der Lang- als auch der Kurzfragebogen nur in einigen Organisationseinheiten eines Unternehmens getestet wurden, schränken aus statis-tischen Gründen die vollständige Übertragbarkeit auf bzw. die Nutzungsmöglichkeit in anderen Unternehmen ein. Durch die Anwendung des Projektdesigns in einem anderen Unternehmen der gleichen Branche könnten jedoch für die Branche produ-zierender Unternehmen weiterreichende methodische Empfehlungen für praktikable BSC-„Befüllungsinstrumente“ gegeben werden (vgl. Kap. 8).

Detailfrage 3: Waren die Faktoren auch bei reduzierter Itemzahl noch in der Lage, Korrelationen zwischen den Faktoren auf den verschiedenen BSC-Perspektiven auf-zuzeigen?

Der reduzierte Fragebogen war zur Prüfung korrelativer Beziehungen von Faktoren innerhalb und zwischen den einzelnen Perspektiven der Gesundheits-BSC teilweise geeignet.

Auf der Prozessperspektive der Gesundheits-BSC (Perspektive 3, vgl. Abb. 3.11) wurden im Regressionsmodell mit der abhängigen Variable „Handlungsspielraum am Arbeitsplatz“ verwertbare lineare Zusammenhänge gefunden. Bei geringeren Modell-güten zeigten sich weitere Einflussfaktoren (siehe Tabelle 5.19), diese haben aber nur eine geringere Bedeutung für das jeweilige Regressionsmodell, da die Varianz-aufklärung zu gering ist und externe Faktoren offensichtlich die abhängigen Variab-len stärker beeinflussen. Natürlich muss auch immer die subjektive Sicht der Werker mitberücksichtigt werden, die hier in den gewählten Prädiktoren nicht die entschei-denden Einflussfaktoren sehen.

Es bestätigte sich auch in der zweiten Datenerhebung die Tendenz der ersten Befra-gung, dass „Mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten“ auch in dieser Befragung die zentrale Stellgröße war (siehe Tab. 5.19).

Tab. 5.19 Wichtigste lineare Zusammenhänge der zweiten Datenbefragung auf Prozessperspektive

Modell-güte Logischer Zusammenhang

Beta-gewicht Je stärker ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungsverhal-ten“, desto größer der „Handlungsspielraum bei der Arbeit“

0,32 23 %

Je höher die „Anerkennung von Unternehmens-Aktivitäten durch MA“, desto größer „Handlungsspielraum bei der Arbeit“

0,20 13 % Je größer die „Identifikation mit dem Unternehmen“, desto

größer die „Angst um Arbeitsplatz“

0,36 11 % Je größer „Mitarbeiterbezogenes Führungsverhalten“, desto

größer „Anerkennung der Unternehmensaktivitäten durch MA“

0,33 Je effizienter das „Coping“, desto höher die

„Veränderungs-bereitschaft“ 0,29

10 %

Je weniger ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungs-verhalten“, desto größer „Veränderungsbereitschaft“ -0,18 9 % Je stärker ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungs-verhalten“, desto größer „Soziale Unterstützung“

0,20 8 % Je stärker ausgeprägt „Mitarbeiterbezogenes

Führungs-verhalten“, desto höher „Identifikation mit dem Unternehmen“

0,26

Im Gegensatz zur Prozessperspektive zeigte sich auf der Ebene „Gesundheit und Beschwerden“ (Perspektive 2, vgl. Abb. 3.11) ein anderes Bild. Hier wurden auf Grundlage des verkürzten Fragebogens Regressionen zwischen allen abhängigen Variablen und einzelnen Prädiktoren festgestellt. Offensichtlich lassen sich die Ge-sundheitsindikatoren „Gesundheitliche Beschwerden“, „Persönliche Leistungsein-schränkung“ und „Leistungseinschränkende Faktoren“ gut durch den reduzierten Fragebogen abbilden. Die Modelle sind statistisch bestätigt (siehe Tab. 5.20).

Tab. 5.20 Wichtigste Aussagen der zweiten Datenerhebung auf der Gesundheits- und Beschwerdeperspektive

Modell-güte Logischer Zusammenhang

Beta-gewicht Je größer die „Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen“, desto

mehr „Gesundheitliche Beschwerden“

0,27 33 %

Je ineffizienter „Coping“, desto mehr „Gesundheitliche Beschwerden“

- 0,19 Je mehr „Gesundheitliche Beschwerden“, desto mehr die

„Persönliche Leistungseinschränkung“

0,39 28 %

Je mehr „Rückkehrergespräche“, desto mehr „Persönliche Leistungseinschränkung“

0,23 Je mehr „Rückkehrergespräche“, desto mehr „Persönliche

Leistungseinschränkung“ 0,25

20 %

Je ineffizienter „Coping“, desto mehr „Persönliche

Leistungsein-schränkung“ -0,17

Bezüglich der Erfolgsperspektive ist der zweite Fragebogen schwieriger zu interpre-tieren (siehe Anh. 5, Tab. 4 bis Tab. 7). Lineare Zusammenhänge zwischen PSO-Faktoren und den Erfolgskennzahlen existieren, aber die Güte fällt merklich geringer aus. Es gibt nur vereinzelt signifikante ß-Gewichte. Die Qualität der Datenerhebung 1 kann nicht annähernd erreicht werden. Methodisch ist dies durch die oben beschrie-bene Reduktion der Items innerhalb der Faktoren zu erklären.

Tab. 5.21 Wichtigste Zusammenhänge der Erfolgsperspektive in DE 2

Model-güte

Logischer Zusammenhang

Beta-gewicht 5 % Je mehr „Persönliche Leistungseinschränkung“, desto größer

„GAE“

0,19

5 % Je höher „Tätigkeitsbezogene Belastung“, desto größer „krank (absolut/Köpfe)“

0,21

Tab. 5.21 zeigt die gefundenen Zusammenhänge der Erfolgsperspektive in Datener-hebung 2. Aus den Betagewichten kann hier jedoch zumindest als Trend abgeleitet werden, dass die „Tätigkeitsbezogene Belastung“ zur mehr Fehltagen und die „Per-sönlichen Leistungseinschränkungen“ zu einer schlechteren Maschinenauslastung („GAE“; siehe Kapitel 4) führen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass auf der Erfolgs-perspektive durch den Fragebogen 2 nur wenige und zudem unsichere Ursache-Wirkungsbeziehungen zu identifizieren sind.

In Bezug auf die empirische Erhebung und die Praktikabilität des Tools lässt sich damit festhalten, dass der Fragebogen 2 zur Aufdeckung von Gesundheits- und Leis-tungsproblemen im Unternehmen geeignet ist. Besonders die Gesundheitsindikato-ren der Gesundheits- und Beschwerdeperspektive lassen sich gut durch den verkürz-ten Fragebogen erklären. Das BGM des Fallstudienunternehmens kann so spezifi-sche gesundheitsfördernde Maßnahmen für die Mitarbeiter ableiten bzw. Problemfel-der identifizieren. Somit kann das Tool erfolgreich als praktikabler Ansatz zur Steu-erung von BGF-Maßnahmen eingesetzt werden. Problematisch erwies sich jedoch die Abbildung der linearen Beziehungen auf der Erfolgsperspektive.

5.4 Ableitung und Implementierung der Gesundheitsstrategie und