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6. A NALYSE UND A USWERTUNG DER I NTERVIEWS

6.2 Statistische Auswertung: Master vs. Bachelor

Für die Beantwortung der Hypothese und Forschungsfrage wurden verschiedene statistische Analysen gemacht, deren Ergebnisse nun vorgestellt werden.

Die erste Fragestellung lautete: Unterscheiden sich grundständige Sozialarbeiter_innen von klinischen Sozialarbeiter_innen im erkenntnistheoretischen Prozess? Davon ausgehend, lässt sich die Hypothese bilden:

Wenn Sozialarbeiter_innen einen Master absolviert haben, dann werden höhere Werte bei den epistemischen Aktivitäten erreicht, als bei Bachelorabsolvent_innen.

Anhand des t-Tests bei unabhängigen Stichproben lassen sich die epistemischen Aktivitäten und die Gruppen Master ja oder nein in Beziehung setzen (siehe Tab. 2). Die Normalverteilung wurde geprüft und ist gegeben, der Levene Test hat gezeigt, dass in

42 allen Fällen die Varianzen homogen sind, alle Voraussetzungen für den t-Test waren also erfüllt.

Hier nun die Ergebnisse. Tabelle 2 und 3 zeigen die relevanten Werte der empirischen Aktivitäten bei Bachelor- und Masterabsolvent_innen, sowie das eigentliche Testergebnis, also etwaige Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen.

Tab.2 gesamte Stichprobe

Master Bachelor

Mw Sta Mw Sta

Problem Identification 2,83 1,167 3,00 0,926

Questioning 9,46 3,611 8,95 3,415

Hypothesis Generation

4,42 1,976 4,77 1,850

Evidence Generation 4,29 1,781 3,50 1,766

Evidence Evaluation 3,25 1,675 2,27 1,778

Drawing Conclusion 4,13 2,365 4,27 1,695

Communicating 2,75 1,327 2,95 1,588

Tab.3 t-Test gesamte Stichprobe

Testergebnis

Master ja/nein Identification t(44)=0,533, p=0,299, d=0,08 Questioning t(44)=-0,485, p=0,315, d=-0,07 Hypothesis generation t(44)=0,629, p=0,266, d=0,09 Evidence generation t(44)=-1,512, p= 0,069, d= 0,22 Evidence evaluation t(44)=-1,920, p= 0,031, d=0,28 Drawing conclusion t(44)=0,241, p=0,405, d=0,04 Communication t(44)=0,476, p=0,316, d=0,07

43 Bei den ersten drei Aktivitäten zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Masterabsolvent_innen und Bachelorabsolvent_innen in Bezug auf Identification, Questioning und Hypothesis Generation (siehe Tab. 3). Diese Domänen der epistemischen Aktivitäten zeigten ähnliche Ausprägungen.

Neben der Signifikanz ist die Effektstärke (Cohen´s d) ein Wert, der berücksichtigt wurde.

Sie gibt an, wie stark ein Phänomen ausgeprägt ist. Man spricht (meist) von einem kleinen Effekt bei d=0,2, von einem mittleren Effekt bei d=0,5 und d=0,8 zeigt einen großen Effekt an.

Bei der Aktivität Evidence Generation gab es eine Tendenz in Richtung Signifikanz bezüglich eines Unterschieds bei Master- und Bachelorabsolvent_innen. Das Ergebnis ist hier zwar nicht signifikant, insofern der Richtlinie p=0,05 gefolgt wird, aber es konnte eine kleine Effektstärke beobachtet werden für diesen Unterschied (d=0,22).

Masterabsolvent_innen (Mw 4,29, Sta 1,78) zeigten annähernd höhere Ausprägungen im Generieren von Evidenzen als Bachelorabsolvent_innen (Mw 3,50, Sta 1,77).

Ein signifikanter Unterschied zeigte sich bei Evidence Evaluation (p=0,031), d.h. dass diese Aktivität unter Masterabsolvent_innen häufiger beobachtet wurde. Auch zeigte sich ein Effekt kleiner Stärke (d=0,28).

Die restlichen Aktivitäten, drawing conclusion und communication verhielten sich wie die ersten drei, es zeigte sich kein Unterschied zwischen den Gruppen.

Die Aktivität, die auf interdisziplinäres Arbeiten verweist, Communicating, war bei beiden Gruppen niedrig, bei den Masterabsolvent_innen am niedrigsten.

Derselbe Test wurde nochmals ohne die Quereinsteiger_innen durchgeführt, also die Gruppen Bachelor Soziale Arbeit und Master Klinische Soziale Arbeit wurden verglichen.

Die Ergebnisse wurden noch deutlicher (siehe Tab. 4 und 5).

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Tab.4 Testergebnisse t-Test ohne Quereinsteiger_innen

Master Bachelor

Mw Sta Mw Sta

Problem Identification 2,80 1,207 3,00 0,926

Questioning 9,20 3,406 8,95 3,415

Hypothesis Generation

4,73 1,944 4,77 1,850

Evidence Generation 5,00 1,558 3,50 1,766

Evidence Evaluation 3,40 1,595 2,27 1,778

Drawing Conclusion 3,33 1,589 4,27 1,695

Communicating 2,73 1,534 2,95 1,588

Tab.5 Testergebnisse t-Test ohne Quereinsteiger_innen

Master ja/nein Identification t(44)=0,570, p=0,286, d=0,08 Questioning t(44)=-0,215, p=0,416, d=0,03 Hypothesis generation t(44)=0,062, p=0,476, d=0,01 Evidence generation t(44)=-2,657, p=0,006, d=0,39 Evidence Evaluation t(44)=-1,972, p=0,026, d=0,29 Drawing Conclusion t(44)=-1,697, p=0,046, d=0,25 Communication t(44)=0,422, p=0,338, d=0,06

Neben Evidence Generation, Evaluation zeigte sich nun auch bei Drawing Conclusions ein signifikanter Unterschied (p=0,046) und eine kleine Effektstärke. D.h. das auch das ziehen von Schlüssen bei Masterabsolvent_innen häufiger beobachtet werden konnte.

Interessant ist das in Verbindung mit den signifikanten Unterschieden bei Evidence Generation und Evaluation (Domänen der EBP). Man könnte vermuten, dass die fallbezogenen Schlussfolgerungen von Masterabsolvent_innen häufiger überprüft werden und untermauernde Evidenzen häufiger gesucht werden.

Die Ergebnisse der Studie aus Deutschland, bei der „Noviz_innen“ und „Expert_innen“

der sozialen Arbeit im Bereich Bewährungshilfe verglichen wurden, zeigten sich folgende Unterschiede: Signifikante Ergebnisse brachten die Aktivitäten Communicating,

45 Constructing Artefacts und Problem Identification. Expert_innen konnten bei den Aktivitäten Constructing Artefacts (Mw 0,63 und Mw 0,05) und Communicating (Mw 6,79 und Mw 4,43) signifikant häufiger beobachtet werden als Noviz_innen. Erstere Aktivität zeigte eine hohe Effektstärke (d=0,89), letztere eine annähernd hohe (d=0,69). Die Noviz_innen tauchten bei Problem Identification signifikant häufiger auf als Expert_innen (vgl. Ghanem et al 2018: 10).

Abgesehen von signifikanten Ergebnissen nennen sie folgende deskriptiven: Noviz_innen engagierten sich im Bereich Hypothesis Generation doppelt so häufig wie die Expert_innen (p=0,122 und mittlere Effektstärke). Die Aktivität Questioning konnte bei Expert_innen doppelt so häufig beobachtet werden als bei Noviz_innen, bei (annähernd) mittlerer Effektstärke (d=0,48). Anders verhielt es sich bei dieser Erhebung: die Erfahrung (in Praxisjahren, als Analogon zum Vergleich der Noviz_innen und Expert_innen) hatte keinen signifikanten Einfluss, wie im Folgenden gezeigt wird.

Anders als in dieser Studie, gab es bei Ghanem et al. insgesamt zwischen den

„Anfänger_innen“ und „fortgeschrittenen Sozialarbeiter_innen“ signifikante Unterschiede.

In dieser Arbeit hatte, wie sich noch zeigen wird, die Praxiserfahrung in Jahren keinen signifikanten Einfluss.

6.2.1 Einflussfaktoren

Es wurde eine Varianzanalyse (MANOVA) berechnet mit den sieben Domänen der epistemischen Aktivitäten als abhängige Variablen und mit der Ausbildung (Master vs.

Bachelor) als unabhängige Variable, sowie Berufserfahrung (facheinschlägige Praxiserfahrung in Jahren) als Kontrollvariable. D.h., man will wissen, ob die Ergebnisse durch die Berufserfahrung oder das Alter beeinflusst werden, hier also Zusammenhänge bestehen. Die Normalverteilung der abhängigen und Kontrollvariablen war gegeben. Die Homogenität der Varianzen und Kovarianzen waren laut Box-Test nicht signifikant, also homogen. Auch die Varianzen zwischen den Ausprägungen der unabhängigen Variable waren homogen (Levene Test).

Es zeigte sich kein signifikanter Einfluss der Kontrollvariable Berufserfahrung auf die Anwendung des Wissens (epistemische Aktivitäten). Wilks-Lambda = 0,816, F(7;28)=0,9, dieser Wert ist kleiner als der kritische Wert (2,36) aus der F Tabelle bei sieben Freiheitsgraden des Zählers und 28 Freiheitsgraden des Nenners des F-Tests. Das Ergebnis ist also nicht signifikant (p=0,520).

46 Es gab einen signifikanten Effekt der Ausbildung (Master vs. Bachelor) auf die epistemischen Aktivitäten, Wilks-Lambda=0,611, F(7/28)=2,574. Dieser Wert war größer als der genannte tabellierte kritische Wert und daher ist dieses Ergebnis als signifikant zu bewerten (p=0,37). Die Schlussfolgerungen des vorigen T-Tests bleiben auch bei Berücksichtigung der Praxiserfahrung bestehen.

Anhand der Effektgrößen (partielles Eta-Quadrat, kurz η²) bleiben die berichteten T Werte des zweiten T-Tests aufrecht (siehe Tab. 6): Evidence Generation, Evidence Evaluation und Drawing Conclusions zeigen wieder eine mittel bis hohe Effektstärke nach Kontrolle durch die Berufserfahrung.

Tab.6: Epistemische Aktivitäten in Hinblick auf EBP

Master ja/nein Evidence Generation F(1/34)=6,815, p=0,013, part. η² 0,167

Evidence Evaluation F(1/34)=3,663, p=0,064, part. η² 0,097

Drawing Conclusion F(1/34)=2,696, p=0,110, part. η² 0,073

Die zentralen Aussagen der vorangegangenen Analysen werden also noch deutlicher.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Absolvent_innen des Master stärkere Werte in Hinblick auf evidenzbasiertes Arbeiten zeigen im Vergleich zu Bachelorabsolvent_innen. Bei Drawing Conclusion, sowie beim Generieren von Hypothesen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, bei letzterem ist das Niveau hoch in beiden Gruppen. Die Hypothese, dass wenn ein Masterabschluss vorliegt, evidenzbasiertes Arbeiten bei den Proband_innen häufiger zu beobachten ist, kann also bestätigt werden.

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Abbildung 1: epistemische Aktivitäten in Hinblick auf EBP

Bei der Analyse ohne Quereinsteiger_innen zeigte sich in Hinblick auf die epistemischen Aktivitäten ebenfalls kein signifikanter Einfluss durch das Alter oder die einschlägige Berufserfahrung in Jahren (Alter: Wilks-Lambda 0,868 und Berufserfahrung 0,774).