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2 Literaturübersicht

2.2 Mykoplasmosen des Rindes

2.2.3 Sonstige Infektionen mit Mykoplasmen beim Rind

Neben M. bovis werden auch M. dispar und M. bovirhinis aus den Lungen gesunder und erkrankter Rinder isoliert. Hierbei sind allerdings die beobachteten Veränderungen weniger stark ausgeprägt als bei Infektionen mit M. bovis (DUNGWORTH 1993). Da M. bovirhinis bei bis zu 40% gesunder Kälber

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beispielsweise in Norddeutschland aus dem Nasenraum isoliert werden konnte, handelt es sich hierbei möglicherweise um eine apathogene Mykoplasmenart (KIRCHHOFF u. BINDER 1986). Zusätzlich konnten experimentell Pneumonien mit M. bovigenitalium verursacht werden; diese Spezies wird allerdings selten aus pneumonischem Lungengewebe isoliert (DUNGWORTH 1993).

Mastitiden können durch eine Vielzahl von Mykoplasmen beim Rind verursacht werden. Zu der ersten mit einer Entzündung des Euters in Zusammenhang gebrachten Art gehört M. bovigenitalium (STUART et al. 1963), wobei der Erreger auch zu Entzündungen im Genitaltrakt führen kann (KIRCHHOFF 1982). Ebenfalls zu den Erregern von Mastitiden werden M. canadense, M. alkalescens, M. arginini, M. dispar und M. californicum genannt (GONZALES u. WILSON 2003). Letztere Art wird auch im Zusammenhang mit Arthritiden beschrieben (HEWICKER-TRAUTWEIN et al. 2002). Da M. californicum auch Pneumonien verursachen kann, hat diese Art neben M. bovis eine große Bedeutung bei dem so genannten „Pneumonie-Arthritis-Syndrom“ der Kälber (SPERGSER et al. 2001; HEWICKER-TRAUTWEIN et al.

2002).

Bei der Infektiösen Bovinen Keratokonjunktivitis (IBK) wird M. bovoculi eine ätiologische Rolle zugesprochen, möglicherweise als Wegbereiter für eine Infektion mit Moraxella bovis (ERNØ u. PERREAU 1985).

2.3 Mycoplasma bovis 2.3.1 Verbreitung

M. bovis ist neben dem Erreger der Lungenseuche M. mycoides subsp. mycoides SC die für das Rind pathogenste Mykoplasmenart. M. bovis gilt als streng wirtsspezifisch, wobei allerdings neben dem Rind natürliche Infektionen bei Schafen beschrieben sind (PFÜTZNER u. SACHSE 1996). Experimentell können zudem Ziegen mit M. bovis infiziert werden (RODRÍGUEZ et al. 2000). Nach der Erstisolierung aus einem Mastitisfall 1961 (HALE et al. 1962) folgte ein Nachweis des Erregers, mutmaßlich verstärkt durch internationale Tiertransporte in vielen Staaten unter anderem auch in Deutschland im Jahr 1975 (WEHNERT et al. 1977). In einzelnen Regionen findet sich eine sehr unterschiedliche Prävalenz (NICOLET

1994), wobei zu berücksichtigen ist, dass M. bovis nicht bei allen Untersuchungen routinemäßig erfasst wird. Gerade bei den Lungenveränderungen treten sekundär Keime wie Mannheimia haemolytica, Pasteurella multocida und Histophilus somni (ehemals Haemophilus somnus, ANGEN et al. 2003) auf, die eine Infektion mit M.

bovis in den Hintergrund drängen (NICHOLAS u. AYLING 2003). Neuere Untersuchungen in verschiedenen Ländern Europas zeigen, dass eine zunehmende M. bovis-Prävalenz zu verzeichnen ist. So konnten KUSILUKA et al. (2000) in Dänemark einen Anstieg der M. bovis-Prävalenz innerhalb von fünf Jahren von 2%

auf 24% feststellen. In Irland und Nordirland, die bis Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts als M. bovis frei galten (REILLY et al. 1993), konnten bei 18%

bzw. 15% der pneumonischen Kälberlungen M. bovis isoliert werden (BRICE et al.

2000; BYRNE et al. 2001). Untersuchungen von VOGEL et al. (2001) ergaben sogar eine M. bovis-Prävalenz von 69% in pneumonisch veränderten Lungen von Kälbern in der Schweiz. LE GRAND et al. (2001) konnten zeigen, dass in Frankreich 2% bis 13% der Tiere serologisch positiv für M. bovis waren. In Australien wiesen sogar 60%

der Tiere Antikörper gegen M. bovis auf (GHADERSOHI et al. 2005). Auf Grund jüngster Untersuchungen in den Niederlanden ist zu vermuten, dass 25% bis 30%

der Pneumonien beim Kalb primär durch M. bovis verursacht werden und dass daraus ein wirtschaftlicher Schaden von 45 bis 55 Euro pro Kalb in einem Milchviehbetrieb und sogar bis zu 117,50 Euro pro Kalb in einem Mastbetrieb entstehen (GEVAERT 2006). REEVE-JOHNSON (1999) schätzt den jährlichen Schaden durch M. bovis bedingte Pneumonien und damit einhergehende Verluste auf bis zu 576 Millionen Euro für den europäischen Raum. Epidemiologischen Untersuchungen zu Folge war der wesentliche Risikofaktor für eine Einschleppung von M. bovis in Milchviehbestände der Zukauf von Kälbern wie auch von Milchkühen (BURNENS et al. 1999). Trotz einer wachsenden Bedeutung wäre eine Eradikation möglich, solange wenige Tiere positiv sind, womit allerdings eine ständige serologische Kontrolle unabdingbar wäre (TER LAAK et al. 1992).

2.3.2 Erkrankung des Respirationstraktes

Die in der Lunge von Kälbern nach spontaner oder experimenteller Infektion mit M.

bovis beschriebenen Läsionen variieren zwischen interstitiellen pneumonischen

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Veränderungen, katarrhalisch-eitrigen Bronchopneumonien unterschiedlichen Ausmaßes bis hin zu schwerwiegenden Pneumonien, bei denen multiple Nekroseherde und obliterierende Bronchiolitiden im Lungenparenchym auftreten (THOMAS et al. 1975; GOURLAY et al. 1989; ADEGBOYE et al. 1995a;

RODRÍGUEZ et al. 1996a; HEWICKER-TRAUTWEIN et al. 2002; BUCHENAU 2003).

Bei M. bovis handelt es sich um einen Keim, der Infektionen mit anderen bakteriellen wie viralen Erregern durch eine Beeinträchtigung der Abwehrlage des Wirtes begünstigt (POUMARAT et al. 2001). BUCHVAROVA und VESSILINOVA (1989) zeigten durch Untersuchungen von Lungen an Pneumonie verendeter Kälber, dass ein Drittel eine alleinige Infektion mit M. bovis aufwies, während die verbliebenen zwei Drittel eine Kombination von M. bovis mit Pasteurella multocida und/oder Histophilus somni zeigten.

2.3.2.1 Spontaninfektionen

Kälber unterschiedlichen Alters sind empfänglich für eine respiratorische M. bovis-Infektion. Meist tritt diese in den betroffenen Betrieben enzootisch auf, wobei häufig zeitnah ein Auftreten von Mykoplasmenmastitiden bei Kühen zu beobachten ist (BOCKLISCH et al. 1983). Nach einer primär respiratorischen Infektion kann eine hämatogene Ausbreitung stattfinden (BOCKLISCH et al. 1983). Meist kommt es zwischen der ersten und dritten Lebenswoche zu den ersten Anzeichen einer respiratorischen Erkrankung in Form von Dyspnoe, Husten und Nasenausfluss.

Begleitend tritt häufig Fieber bis 41°C, Inappetenz und allgemeine Schwäche auf.

Das zeitnahe Auftreten von Gelenksentzündungen wurde von ROMVÁRY et al.

(1979) als „Pneumonie-Arthritis-Syndrom“ bezeichnet. Vereinzelt kommt es zu Todesfällen, in der Regel allerdings zu einer verminderten Gewichtszunahme (STIPKOVITS et al. 2000b). Die pathologisch-anatomischen Veränderungen variieren zwischen geringgradigen lobulär begrenzten katarrhalisch-eitrigen Bronchopneumonien in den Spitzenlappen, vorwiegend bei alleiniger Isolierung von M. bovis, bis hin zu schweren fibrinös-nekrotisierenden Pleuropneumonien, die große Teile der Lunge bis hin zu den kranioventralen Anteilen der Zwerchfellslappen betreffen (BOCKLISCH et al. 1983; STIPKOVITS et al. 2000b). Die interlobulären

Septen sind verdickt und weisen ein fibrinreiches Ödem auf, und aus den Bronchien ist ein muköses bis eitriges Exsudat abpressbar (STIPKOVITS et al. 2000b).

Schwere Infektionen sind meist Folge einer Mischinfektion mit beispielsweise Pasteurellen (BOCKLISCH et al. 1983). Bei der histologischen Untersuchung des Lungengewebes zeigt sich das Bild einer exsudativen Bronchopneumonie mit z. T.

zerfallenden neutrophilen Granulozyten, mononukleären Entzündungszellen und fibrinreicher Ödemflüssigkeit in Alveolen und Bronchioli. Durch Zellinfiltrate und Ödeme sind auch die alveolären Septen erweitert und verdickt (THOMAS et al. 1975;

GOURLAY et al. 1989; RODRÍGUEZ et al. 1996a; STIPKOVITS et al. 2000b).

Verschiedene Autoren beschrieben eine nekrotisierende Bronchiolitis sowie fokale Koagulationsnekrosen mit amorphem eosinophilen Material im Zentrum, umgeben von einem schmalen Saum pyknotischer Zellkerne (meist von neutrophilen Granulozyten) und einer breiten Schicht aus überwiegend mononukleären Entzündungszellen (GOURLAY et al. 1989; ADEGBOYE et al. 1995a; RODRÍGUEZ et al. 1996a). KHODAKARAM-TAFTI und LÓPEZ (2004) beschrieben zwei unterschiedliche Formen von Nekrosen, die sie bei Kälbern mit natürlicher Infektion fanden. Zum einen fand sich eine Koagulationsnekrose mit noch erkennbaren alveolären Strukturen mit Massen von neutrophilen Granulozyten und Fibrin. Zum anderen war eine verkäsende Form der Nekrose ohne erkennbare Lungenstruktur mit umgebendem Granulationsgewebe nachweisbar, wobei beide Nekroseformen zeitgleich in der Lunge eines Tieres vorkamen.

2.3.2.2 Experimentelle Infektionen

Durch die endobronchiale bzw. intratracheale Infektion drei bis sieben Wochen alter gnotobiotischer Kälber mit einem bei einem Ausbruch respiratorischer Erkrankungen in England isolierten Stamm bewiesen GOURLAY et al. (1976) die Pathogenität von M. bovis im Lungengewebe. Seitdem wurde eine Vielzahl von Infektionsversuchen durchgeführt, welche die Pathogenität und deren Mechanismen von M. bovis erhellen sollten. Hierbei gab es zum einen Arbeitsgruppen, die Versuche an gnotobiotisch gehaltenen Kälbern durchführten (THOMAS et al. 1986; HOWARD et al. 1987a). Andere Gruppen griffen auf konventionell gehaltene Kälber zurück (MARTIN et al. 1983; PFÜTZNER et al. 1983; BRYS et al. 1989; STIPKOVITS et al.

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2000a). Für die Versuche wurden jeweils aus natürlichen Infektionen stammende Feldisolate verwendet. Diese wurden entweder intratracheal, endobronchial, intranasal oder mittels eines Sprays im Abstand von 10 cm vor der Nase appliziert.

Die Tötung der Tiere erfolgte nach 10 bis 14 Tagen bzw. 21 Tagen nach der Infektion. Trotz des unterschiedlichen Versuchsaufbaus wurden ähnliche Ergebnisse erlangt. Wenige der Kälber zeigten klinische Symptome. Diese waren vorübergehende Pyrexie, Tachypnoe, Husten, Apathie und Lahmheit (GOURLAY et al. 1976; RODRÍGUEZ et al. 1996a). Meist blieben seröser, zum Teil auch mukopurolenter (BRYS et al. 1989) Nasenausfluss oder vorübergehendes Fieber das einzige Symptom (PFÜTZNER et al. 1983; RODRÍGUEZ et al. 1996a). Lediglich in den von STIPKOVITS et al. (2000a) durchgeführten Versuchen kam es zu einzelnen Todesfällen, die auf eine Sekundärinfektion mit Pasteurella multocida und damit einhergehender verstärkter Entzündungsreaktion zurückzuführen waren. Die anschließende Sektion der Tiere ergab auch bei klinisch gesunden Tieren eine Verfestigung des Lungenparenchyms, die bis zu 25% des Gewebes ausmachte.

Diese fand sich in der Regel in den Spitzen- und Mittellappen sowie im Lobus accessorius und wies nur bei stark veränderten Lungen eine Ausbreitung in die kranioventralen Bereiche der Hauptlappen auf (MARTIN et al. 1983). Histologisch zeigten Kälber mit geringen makroskopischen Veränderungen ein überwiegend aus neutrophilen Granulozyten zusammengesetztes entzündliches Exsudat in den Lumina von Bronchiolen. Um die Bronchien akzentuiert fand sich eine interstitielle Pneumonie sowie eine Proliferation der Lymphfollikel des BALT (MARTIN et al.

1983). Mit Zunahme der Entzündungsprozesse bei Tieren mit makroskopischen Veränderungen zeigten sich katarrhalische bis katarrhalisch-eitrige Bronchopneumonien, die durch Einbeziehung von Nachbarläppchen konfluierend auftraten. Bei den Tieren mit den ausgeprägtesten Lungenveränderungen wurden lobuläre eitrige Bronchopneumonien mit Tendenz zur Einschmelzung, fibrinöse Exsudationen und Abszessbildung gefunden (MARTIN et al. 1983). Meist wurden in diesen Fällen außer M. bovis noch weitere Bakterien wie Mannheimia haemolytica aus den veränderten Arealen isoliert. Auch HOWARD et al. (1987a) und STIPKOVITS et al. (2000a) konnten bei den experimentell infizierten Kälbern

Koagulationsnekrosen unterschiedlicher Ausprägung nachweisen. Die zentralen Nekrosen wurden von einem schmalen Saum untergehender Zellen sowie einer sich daran anschließenden breite Schicht aus mononukleären Entzündungszellen umgeben. Gleichartige Nekrosen wurden auch von THOMAS et al. (1986) beschrieben, wobei hier in größeren Nekrosearealen Überreste von Alveolen und kleinen Bronchioli gefunden wurden, die als „ghost lung structures“ bezeichnet wurden. Eine Proliferation des peribronchiolären lymphatischen Gewebes wurde von allen Autoren in unterschiedlicher Ausprägung beschrieben. Diese führt zum Teil zu einer vollständig die Bronchien umgebenden Lymphozytenscheide, welche auch als

„cuff“-Bildung bezeichnet wird (BRYS et al. 1989). STIPKOVITS et al. (2000a) stellten zudem mikroskopisch Zilienverluste und degenerative Veränderungen zilientragender Zellen des Epithels der mit M. bovis infizierten Kälber fest.

2.3.2.3 Immunhistologische Befunde

In mehreren Untersuchungen wurde mittels immunhistochemischer Methoden M.

bovis-Antigen mit polyklonalen und monoklonalen Antikörpern nachgewiesen (THOMAS et al. 1986; HOWARD et al. 1987a; GOURLAY et al. 1989; ADEGBOYE et al. 1995a; RODRÍGUEZ et al. 1996a; LINKNER et al. 2000; BUCHENAU 2003;

KHODAKARAM-TAFTI u. LÓPEZ 2004). Gerade im Randbereich nekrotischer Veränderungen wurde mittels Immunperoxidase-Technik mit gegen M. bovis gerichtetem Kaninchenserum als primärer Antikörper Antigen nachgewiesen. Dieses lag in Assoziation zu den untergehenden Zellen oder extrazellulär (THOMAS et al.

1986; HOWARD et al. 1987a; GOURLAY et al. 1989; RODRÍGUEZ et al. 1996a). Die Darstellung von M. bovis-Antigen in der Umgebung von Nekrosearealen gelingt RODRÍGUEZ et al. (1996a, b) zudem mit einem monoklonalen Antikörper der Bezeichnung 5A10 sowie ADEGBOYE et al. (1995a) mit einem Antikörperpool aus drei monoklonalen Antikörpern aus Mäuseaszitesflüssigkeit (Bezeichnung der Klone:

MYB57, MYB87, MYB163), die mit dem M. bovis-Stamm M23 erzeugt wurden. Auch im Zentrum von Nekrosen konnten RODRÍGUEZ et al. (1996a) und HOWARD et al.

(1987a) M. bovis-Antigen darstellen. In den beiden Nekroseformen, die von KHODAKARAM-TAFTI und LÓPEZ (2004) beschrieben wurden, fanden sich in allen Bereichen der Nekrosen M. bovis-Antigen, wobei in der Koagulationsnekrose eine

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deutliche Akzentuierung im Randbereich vorhanden war. Im Bereich der Luftwege konnte M. bovis-Antigen im Exsudat im Bronchiallumen nachgewiesen werden (THOMAS et al. 1986; HOWARD et al. 1987a; GOURLAY et al. 1989; RODRÍGUEZ et al. 1996a). Aber auch Antigen in Form granulärer Strukturen in Bronchial- und Bronchiolarepithelzellen fanden ADEGBOYE et al. (1995a, b) mit einem monoklonalen Antikörperpool gegen M. bovis, GOURLAY et al. (1989) mit Kaninchenantiserum und RODRÍGUEZ et al. (1996a) mit einem monoklonalen Antikörper (Klon 5A10). RODRÍGUEZ et al. (1996a) konnten zudem bei experimentell infizierten Kälbern an der Oberfläche von Epithelzellen kleinerer Bronchien und Bronchiolen Antigen nachweisen. LINKNER et al. (2000) sowie BUCHENAU (2003) fanden in ihren Untersuchungen ähnliche Verteilungen von Antigen. Zusätzlich konnte hier M. bovis-Antigen im Bereich der Alveolarwände mittels monoklonaler Antikörper (1E5, 1A1, 4D7) nachgewiesen werden.

2.3.3 Weitere Erkrankungen durch Mycoplasma bovis

Durch eine hämatogene Streuung treten bei Kälbern im Gefolge von Pneumonien häufig Polyarthritiden auf, die durch schwerwiegende Nekrosen des Gelenkkapselgewebes mit zum Teil destruierenden Knorpel- und Knochenveränderungen gekennzeichnet sind (ROMVÁRY et al. 1979; CORBOZ et al. 1980; HEWICKER-TRAUTWEIN et al. 2003). Diesem Krankheitsbild wurde der Begriff „Pneumonie-Arthritis-Syndrom“ gegeben (ROMVÁRY et al. 1979). Die Veränderungen von meist fibrinopurulentem Charakter können sich auch auf die die Gelenke umgebenden Strukturen ausweiten und somit beispielsweise zu Tendovaginitiden führen (ADEGBOYE et al. 1996). GAGEA et al. (2006) diagnostizierten in einer Studie an natürlich mit M. bovis infizierten Kälbern bei 46%

der Tiere mit pneumonischen Lungen zusätzlich eine Arthritis. Einige Autoren beschreiben bei Kälbern mit entzündlichen Lungenveränderungen mit Nachweis von M. bovis eitrige Otitiden, aus denen ebenfalls M. bovis isoliert werden konnte (WALZ et al. 1997; MAEDA et al. 2003). STIPKOVITS et al. (1993) und AYLING et al. (2005) beschreiben den Nachweis von M. bovis aus entzündlich verändertem Gehirn bei Kälbern, und KINDE et al. (1993) wiesen M. bovis aus Dekubitalabszessen bei

Kälbern nach. Eine Keratokonjunktivitis kann ebenfalls Folge einer Infektion mit M.

bovis sein (KIRBY u. NICHOLAS 1996).

Bei Kühen kommt es durch eine aufsteigende Infektion durch den Zitzenkanal zu der enzootischen Mastitis, wobei subklinische Infektionen mit der Tendenz zur Persistenz relativ häufig auftreten (GONZALEZ u. WILSON 2003). Diese sind epidemiologisch ein kritischer Faktor, zumal durch den Melkvorgang als auch über mit kontaminierter Milch verschmutzte Liegeflächen ein Infektionsrisiko für die restlichen Tiere der Herde gegeben ist (PFÜTZNER u. SACHSE 1996). Die Mykoplasmenmastitis, die zu jedem Zeitpunkt der Laktation, allerdings gehäuft zum Zeitpunkt des Abkalbens auftreten kann, beginnt meist akut (PFÜTZNER u. SACHSE 1996). Die verhärteten und vergrößerten Viertel sind nicht schmerzempfindlich, und der Milchcharakter ist stark verändert. Die Milchleistung nimmt stark ab, wobei es auch zum völligen Sistieren der Milchproduktion kommen kann (PFÜTZNER 1990). Durch die Ausscheidung von M. bovis über die Milch ist auch eine mögliche Infektionsquelle für Kälber bei der Aufnahme der Kolostralmilch bzw. bei der Aufzucht mit Vollmilch gegeben. GHADERSOHI et al. (1999) untersuchten die Prävalenz von M. bovis in Milchviehbeständen in Australien. Bei 77% der Kühe mit hoher Zellzahl konnte M.

bovis nachgewiesen werden. Ob durch eine hämatogene Streuung von einer Mastitis eine Besiedelung des Genitaltraktes möglich ist, oder ob es sich hierbei um aszendierende Infektionen handelt, ist unklar (PFÜTZNER u. SACHSE 1996).

Infektionen des Genitaltraktes führen zu Endometritis und Salpingitis (HARTMANN et al. 1964; KIRCHHOFF 1982). Eine Infektion des Uterus kann zudem zu einer verschlechterten Fertilisation (EAGLESOME u. GARCIA 1990) und verlängerten Rast- und Zwischenkalbezeit führen (UHAA et al. 1990a, b). Ebenfalls beschrieben sind Spätaborte mit Nachweis von M. bovis (BOCKLISCH et al. 1986) sowie die Geburt lebensschwacher Kälber und Nachgeburtsverhaltung (GRUNERT et al.

1992). GRUNERT et al. (1992) beschrieben auch das Auftreten von Arthritiden, Tendovaginitiden, Gliedmaßenverkrümmung und Pneumonie bei in utero infizierten Kälbern. Bei Bullen führt eine aufsteigende Infektion im Genitaltrakt zu einer seminalen Vesikulitis, Epididymitis, Periorchitis und Ampullitis (KIRCHHOFF 1982).

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Über das kontaminierte Sperma ergibt sich eine mögliche Route für die Einschleppung des Erregers in einen Bestand.

2.3.4 Immunantwort

Mehrere Untersuchungen zeigen, dass der Wirtsorganismus nach einer Infektion mit M. bovis mit einer humoralen Immunantwort, das heißt mit der Bildung von Immunglobulinen reagiert. Diese sind in der Tracheobronchialflüssigkeit und im Zytoplasma von Immunzellen nachweisbar, die im Lungengewebe akkumulieren (HOWARD et al. 1986, 1987a). Des Weiteren kommt es im Lungengewebe zu einer Proliferation des peribronchialen und –bronchiolären lymphatischen Gewebes (so genanntes bronchus-associated lymphoid tissue, BALT) (GOURLAY et al. 1976;

MARTIN et al. 1983; RODRÍGUEZ et al. 1996a; HEWICKER-TRAUTWEIN et al.

2002; BUCHENAU 2003). Trotz dieser sich bei infizierten Tieren entwickelnden Immunantwort ist der Erreger bzw. das Erregerantigen noch mehrere Wochen nach der Infektion in den Lungen der Tiere nachweisbar. Bislang ist der Mechanismus, der es M. bovis ermöglicht, im Respirationstrakt des Wirtes zu persistieren, unklar. Es wird jedoch angenommen, dass eine in der Lunge des Wirtes erfolgende Antigenvariation des Erregers an der Persistenz beteiligt bzw. für die fehlende Elimination desselben mitverantwortlich ist (NICHOLAS u. AYLING 2003;

ROSENGARTEN et al. 2000). Zudem gibt es Untersuchungen von beispielsweise M. dispar, die zeigen, dass Kapselbestandteile einen inhibitorischen Effekt auf bovine Alveolarmakrophagen haben und somit für die Ausbreitung während der Infektion von Bedeutung sind (ALMEIDA et al. 1992). VANDEN BUSH u. ROSENBUSCH (2004) konnten ein die Lymphozyten hemmendes Peptid nachweisen, welches von M. bovis synthetisiert wird.

2.3.5 Antigen- und Phasenvariation

Bei dem auch als „Phasenvariation“ oder „Switching“ bezeichneten Phänomen der Antigenvariation kommt es durch spontanes An- und Abschalten der Synthese von Membranproteinen zur ständigen Änderung der antigenen und strukturellen Eigenschaften der Membranoberfläche des Erregers. Die variablen Oberflächenproteinantigene von M. bovis, bei denen es sich um Lipoproteine handelt, werden als „variable surface proteins“ (Vsps) bezeichnet (BEHRENS et al.

1994). Bislang kennt man die Nukleotidsequenzen von 13 verschiedenen Genen, die jeweils ein Vsp exprimieren (LYSNYANSKY et al. 2001b). Darüber hinaus besitzt M. bovis ein weiteres, nicht mit den Vsps verwandtes Oberflächenprotein, welches die Bezeichnung pMB67 trägt (BEHRENS et al. 1996). Untersuchungen an natürlich und experimentell mit M. bovis infizierten Kälbern zeigen, dass drei Mitglieder der Vsp-Familie, nämlich VspA, VspB und VspC, stark immunogen sind und die humorale Immunantwort stimulieren, wobei Antikörper produziert werden, die spezifisch mit den Vsps von M. bovis reagieren (BRANK et al. 1999). Die bislang zur Antigenvariation von M. bovis existierenden Erkenntnisse sprechen dafür, dass die Vsps nicht nur beim Vorgang der Adhärenz an Wirtszellen beteiligt sind, sondern dass es dem Erreger aufgrund des Phänomens der Antigenvariation gelingt, sich trotz der Immunantwort des Wirtes der Elimination aus dem Respirationstrakt zu entziehen (SACHSE et al. 1996, 2000; LYSNYANSKY et al. 2001b).

Die zur Antigenvariation von M. bovis bislang vorliegenden Erkenntnisse beruhen im Wesentlichen auf Untersuchungen an kultivierten Mikroorganismen, d. h. auf in vitro durchgeführten Experimenten. Immunhistochemische Untersuchungsergebnisse sprechen jedoch dafür, dass es auch in vivo, also im Wirtsgewebe, zur Expression variabler Oberflächenproteinantigene von M. bovis kommt. In diesen immunhistochemischen Untersuchungen konnten in Paraffin- bzw. Gefrierschnitten aus Lungen experimentell infizierter Kälber Vsp-Antigene und pMB67-Antigen von M.

bovis mit verschiedenen monoklonalen Antikörpern (Klone 1E5, 1A1, 4D7, I2) nachgewiesen werden (LINKNER et al. 2000; BUCHENAU 2003). Die verwendeten monoklonalen Antikörper besitzen Spezifitäten für VspA, B und C (Klone 1E5 und 4D7), für VspA, C und andere, noch nicht definierte Vsps (Klon 1A1) oder für pMB67 (Klon I2) (ROSENGARTEN et al. 1994; LE GRAND et al. 1996; BEIER et al. 1998).

So wurde in Lungengewebe experimentell infizierter Kälber mit den genannten monoklonalen Antikörpern eine immunhistochemische Reaktivität für Vsp-Antigene an der Bronchialepitheloberfläche, im Bronchialexsudat, auf der Alveolaroberfläche, in interalveolären Septen, im Randbereich von Nekrosen und im Zytoplasma von Makrophagen und neutrophilen Granulozyten festgestellt (LINKNER et al. 2000;

BUCHENAU 2003). Des Weiteren wurde in diesen Untersuchungen ein

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Reaktionsprodukt auch im Zytoplasma von Bronchialepithelzellen, an der Basalmembran des Bronchialepithels und im Bereich des proliferierten peribronchiolären Gewebes gefunden.

2.3.6 Immunprophylaxe

Zur Zeit ist keine kommerzielle Vakzine gegen M. bovis verfügbar, die einen vollständigen Schutz vor einer Infektion geben würde. Bei den im Schrifttum beschriebenen Vakzinationsversuchen, in denen mit Formaldehyd oder Saponin inaktivierte M. bovis-Stämme eingesetzt wurden, war zwar eine deutliche Reduktion des Ausmaßes der Lungenveränderungen und der Todesfälle zu verzeichnen, ein vollständiger Infektionsschutz wurde jedoch nicht erzielt (HOWARD et al. 1987a;

BRYSON et al. 1999; NICHOLAS et al. 2002).

2.3.7 Therapie

Die Behandlung mit M. bovis infizierter Kälber ist in der Regel erfolglos, da bei vielen europäischen Stämmen eine zunehmende Resistenz gegenüber Antibiotika festgestellt wurde (AYLING et al. 2000). Die antibiotische Therapie hat allerdings ihre Berechtigung zur Eindämmung sekundärer Infektionen. Fluoroquinolone wie beispielsweise das Danofloxacin und Tylosin zeigten sich 1993 in vitro noch gegen M. bovis antimikrobiell wirksam (COOPER et al. 1993), wobei sich gegen Tylosin mittlerweile Resistenzen ausgebildet haben, welche auch für Oxytetracyclin und Tetracykline auftreten (THOMAS et al. 2003). Gentamycin, Lincomycin und Spectinomycin haben sich als wenig effektiv bei der Behandlung bzw. Vorbeuge von M. bovis bedingter Erkrankungen erwiesen (THOMAS et al. 2003; VISSER et al.

1999). Somit zeigt zur Zeit nur Danofloxacin einen befriedigenden Therapieansatz zur Bekämpfung von M. bovis. Vorbeugende Maßnahmen bei M. bovis-Infektionen umfassen allgemeine Beachtung technischer, hygienischer und anderer

1999). Somit zeigt zur Zeit nur Danofloxacin einen befriedigenden Therapieansatz zur Bekämpfung von M. bovis. Vorbeugende Maßnahmen bei M. bovis-Infektionen umfassen allgemeine Beachtung technischer, hygienischer und anderer