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5 Diskussion

5.2 Die Methode der in situ-Hybridisierung

Mit der ISH sollten genomische Sequenzen von M. bovis nachgewiesen werden. Für den Nachweis von RNA ist entweder Gefriermaterial oder nach bestimmten Protokollen für nur einen kurzen Zeitraum von max. 3 Stunden in Formalin-fixiertes und Paraffin-eingebettetes Material notwendig (LEITCH et al. 1994). Ansonsten kommt es schnell zu einem Abbau der RNA durch ubiquitäre RNAsen. DNA ist im Gegensatz dazu weniger anfällig und wird zu einem geringeren Prozentsatz enzymatisch abgebaut (LEITCH et al. 1994). Für die hier durchgeführten Untersuchungen stand für nur 24 bzw. 72 Stunden in Formalin-fixiertes und Paraffin-eingebettetes Material aus dem Archiv zu Verfügung. Damit war die Wahrscheinlichkeit, in dem Probenmaterial DNA zu detektieren deutlich größer als für einen RNA-Nachweis. DNA hybridisiert allerdings nur mit einer DNA-Sonde stabil.

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Die optimale Länge einer Sonde beträgt 100 bis 300 Basenpaare (bp). Kürzere Sonden bilden nicht so stabile Nukleinsäurepaare, längere Sonden (insbesondere solche, die länger als 1 kbp sind) dringen dagegen unter Umständen nur schlecht in das Gewebe ein (LEITCH et al. 1994). So wurde im Rahmen dieser Untersuchung zunächst eine Sonde mit einer Länge von ca. 1 kbp aus dem Genombereich des vspA-Gens verwendet. Mit dieser Sonde war es trotz Variation der meisten Parameter des ISH-Protokolls nicht möglich, ein positives Signal zu erhalten.

MC CULLY und BROCK (1992) synthetisierten eine Sonde mit 1150 bp, mit der sie M. bovis in einem Southern Blot nachwiesen. Diese Sonde fand jedoch trotz Ankündigung in der Veröffentlichung keine weitere Benutzung in einer ISH, was an der Länge gelegen haben könnte. Von der Verwendung einer Oligonukleotidsonde wurde in der vorliegenden Arbeit abgesehen, da diese den Nachteil haben, dass nur eine begrenzte Anzahl an Markermolekülen eingebaut wird. Somit können zum einen bei geringer Anzahl an Zielsequenzen unter Umständen nur wenige Signale detektiert werden, was eine geringere Sensitivität der Methode zur Folge hat. Zum anderen können bereits wenige fehlgepaarte Nukleotide die Stabilität der entstehenden Doppelhelix erheblich beinträchtigen (LEITCH et al. 1994). Somit wurden für die hier vorgelegte Untersuchung zwei Sonden synthetisiert, die mit 171 bzw. 217 bp im optimalen Längenbereich liegen. In der Literatur wurde bis jetzt keine ISH für M. bovis beschrieben, somit handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um die Erstbeschreibung dieser Methode für den Nachweis von M. bovis-DNA.

Es wurde mit Digoxigenin eine nicht radioaktive, indirekte Markierung der Sonde gewählt. Der Vorteil nichtradioaktiv markierter Sonden ist die längere Haltbarkeit.

Radioaktive Elemente, die in die genomische Sequenz eingebaut werden, haben Halbwertzeiten von einigen Wochen. Zum anderen ist die Expositionszeit auf Grund ihrer schwachen Strahlung mehrere Tage bis zu Wochen lang, weshalb sie ebenfalls wenig praktikabel ist. Zusätzlich besteht auf Grund der Emission radioaktiver Strahlung ein erhöhter räumlicher und sicherheitstechnischer Aufwand (LEITCH et al.

1994). Im Gegensatz zu anderen Markermolekülen wie beispielsweise Biotin kommt Digoxigenin als antigene Struktur nicht natürlich im tierischen Gewebe vor, so dass falsch positive Ergebnisse durch Bindung des mit alkalischer Phosphatase

gekoppelten Antikörpers gegen Digoxigenin an wirtseigenes Gewebe vermieden werden können (HERRINGTON et al. 1989).

Die Methode der ISH für M. bovis-DNA wurde mittels einer DIG-markierter DNA-Sonde etabliert. Um während der Etablierung sicher zu stellen, dass die einzelnen Arbeitsschritte korrekt getätigt wurden, wurde zu Beginn eine ISH für porzines Circovirus Typ 2 (PCV-2) mit positiver und negativer Kontrolle parallel durchgeführt.

Diese wurde im Institut für Pathologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover entwickelt (KRÜGER 2005). Die Sonden VspAI und VspAII wurden zunächst an unverändertem Lungengewebe getestet, welches mit einer konzentrierten M. bovis-Suspension injiziert worden war. Als negative Kontrolle dienten zum einen gleich behandelte, allerdings nicht mit Sonde inkubierte Schnitte (nicht mit Sonde versetzter Hybridisierungspuffer), sowie Lungengewebe, welches nur mit dem Suspensionsmedium (ohne M. bovis) injiziert wurde. Nach Optimierung der einzelnen Arbeitsschritte und Prozeduren erfolgte die Untersuchung der 35 Kälber mit dem in Kapitel 3.5.8 aufgeführten Protokoll. Eine Entstehung des durch alkalische Phosphatase katalysierten farbigen Niederschlags durch endogene Peroxidasen wurde mittels Hemmung derselbigen durch Wasserstoffperoxid getestet. Zudem wiesen die ohne Sonde inkubierten Schnitte keine Signale auf, so dass in diesen Kontrollen die inaktive endogene Peroxidase regelmäßig mitgetestet wurde.

5.3 Ergebnisse der in situ-Hybridisierung

Bei den untersuchten Kälbern konnte mittels der ISH mit den Sonden VspAI und VspAII M. bovis-DNA in den Nekrosen und im Exsudat bei katarrhalisch-eitrigen Bronchopneumonien nachgewiesen werden. Es konnten hinsichtlich Lokalisation und Verbreitung von M. bovis-DNA keine Unterschiede zwischen den beiden Sonden festgestellt werden. Mit dem hier vorgelegten Protokoll sind somit beide Sonden in der Lage, in das Zielgewebe einzudringen und mit M. bovis-DNA zu hybridisieren.

Demzufolge besitzen der M. bovis-Stamm 1067 und der französische Feldstamm, die zur Infektion der Kälber aus Gruppe 3 und 4 verwendet wurden, ein vspA-Gen (detektierbar mit der Sonde VspAI) sowie auch die vorgeschaltete Sequenz, die zum Anschalten und damit zur Expression des VspA-Proteins notwendig ist (detektierbar mit der Sonde VspAII). Die Sonden wurden anhand der Sequenz des M.

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Stammes PG45 nach den von LYSNYANSKY et al. (1996, 2001a) veröffentlichten Sequenzen synthetisiert. Von den zur Untersuchung vorliegenden Lungengewebeproben der Kälber waren die Tiere der Gruppe 2 mit einer klonalen Variante des M. bovis-Stammes PG45 infiziert worden. Bei keinem dieser Tiere konnte ein Hybridisierungssignal detektiert werden. Möglicherweise war die Methode der ISH in diesem Fall nicht sensitiv genug, wobei die Sensitivität der Sonden an infiziertem Gewebe nicht ermittelt wurde. Die Probengewinnung innerhalb von maximal 10 Tagen p. i. hatte wahrscheinlich noch nicht dazu geführt, dass M. bovis sich stärker vermehrt und in bestimmten Arealen der Lunge im Zusammenhang mit hochgradigen Gewebealterationen persistiert. Im Gegensatz dazu konnten bei den Kälbern der Gruppen 3 und 4 zum Teil hochgradige Hybridisierungssignale nachgewiesen werden. Diese Kälber waren mit dem Stamm M. bovis 1067 bzw.

einem nicht genauer bezeichneten französischen Feldstamm infiziert worden. Diese Stämme besitzen somit auf Grund der hier vorliegenden Hybridisierungsergebnisse das vspA-Gen. BUCHENAU (2003) konnte in ihrer Untersuchung an einem Teil der Kälber der Gruppe 3 und 4 mittels Antikörpern, die speziell gegen die variablen Oberflächenproteine VspA, VspB und VspC gerichtet sind, diese Antigene im infizierten Lungengewebe nachweisen. Somit exprimieren ein Teil der hier untersuchten Kälber VspA in vivo, wie es BUCHENAU (2003) mit spezifischen Antikörpern nachgewiesen hatte, und auch die dazugehörige Gensequenz von vspA konnte mittels der ISH detektiert werden.

BUCHENAU (2003) fand in ihrer immunhistochemischen Untersuchung mit spezifischen Antikörpern gegen variable Oberflächenproteine zudem Reaktionsprodukte, welche ein lineares Ablagerungsmuster an der Oberfläche der Alveolen zeigten. Es wurde hier diskutiert, dass es sich in diesem Fall möglicherweise um Kreuzreaktionen der Antikörper mit Surfaktant handeln könnte.

Es konnte in der hier vorliegenden Untersuchung mit der ISH keine M. bovis-DNA in diesen Bereichen detektiert werden. Somit liegt nahe, dass es sich um Surfaktant handelt, auch wenn dieses nicht bewiesen wurde. Eine andere Möglichkeit, dass keine Hybridisierungssignale nachgewiesen wurden, könnte auch eine zu geringe

Sensitivität der Sonden sein, welche allerdings nicht an infiziertem Gewebe getestet wurde.

Mittels der ISH konnten in der Gruppe 3 und 4 in nahezu allen vorhandenen Nekrosearealen Hybridisierungssignale detektiert werden (91,8% bzw. 100%). Diese fanden sich hauptsächlich randständig, wobei allerdings zentrale und diffuse Verteilungen, meist in Mischformen, auftraten. Somit entspricht das Verteilungsmuster für M. bovis-DNA dem, wie es auch KHODAKARAM-TAFTI und LÓPEZ (2004) mittels Immunhistochemie für M. bovis-Antigen beschrieben haben.

Auch RODRÍGUEZ et al. (1996a) konnten mittels Immunhistochemie M. bovis-Antigen verstärkt in den Randzonen und auch im Zentrum der Nekrosen nachweisen.

Die von RODRÍGUEZ et al. (1996a) und BUCHENAU (2003) nachgewiesenen Antigene von M. bovis im Bereich der Oberflächen von Bronchiolen und Bronchioli konnten mittels der ISH nicht nachvollzogen werden. Entweder waren in diesen Bereichen zu wenige Mykoplasmen vorhanden, so dass die Sonde nur einzelne Möglichkeiten hatte, mit M. bovis-DNA zu hybridisieren. Andererseits könnte es sich bei den von RODRÍGUEZ et al. (1996a) und BUCHENAU (2003) gefundenen Ergebnissen um Kreuzreaktionen der jeweiligen Antikörper mit Surfaktant oder Wirtsgewebe handeln.

KWON und CHAE (1999) sowie KWON et al. (2002) untersuchten natürlich und experimentell mit M. hyopneumoniae infizierte Schweinelungen mit der ISH. Sie konnten M. hyopneumoniae-DNA massenhaft am Epithel der Bronchien und Bronchioli nachweisen, aber nie im Epithel. Des Weiteren fanden sie Signale in Alveolar- und interstitiellen Makrophagen sowie Pneumozyten Typ I. In der vorliegenden Untersuchung konnte keine M. bovis-DNA in Assoziation zum Epithel nachgewiesen werden. Zu gleichen Ergebnissen kamen THOMAS et al. (1987), die mit M. bovis infizierte, bovine Trachealkulturen mit Immunperoxidasefärbung und Elektronenmikroskopie untersuchten. Sie konnten bei dieser Untersuchung zudem keine Schädigung des Epithels feststellen, allerdings war das darunter liegende Gewebe zum Teil nekrotisch. GEARY et al. (1981) beschrieben ein von M. bovis produziertes Toxin, welches möglicherweise für die Veränderungen in der Lunge verantwortlich war (HOWARD et al. 1987b). Allerdings wurde bis jetzt bei keinem M.

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bovis-Stamm die genetische Ausstattung für die Produktion eines Toxins gefunden (ROSENGARTEN, persönliche Mitteilung).

Bei Schweinen kommt es ähnlich der M. bovis-Infektion beim Rind zu einer Hyperplasie des BALT (MAES et al. 1996). Innerhalb des hyperplastischen peribronchiolären lymphatischen Gewebe konnten KWON und CHAE (1999) sowie KWON et al. (2002) keine Hybridisierungssignale nachweisen. Dadurch ergibt sich, dass die BALT-Hyperplasie nicht direkt durch den Erreger verursacht wird, sondern durch mitogene Effekte, wie sie MESSIER und ROSS (1991) mit M. hyopneumoniae Membranen nachweisen konnten. Auch in der vorliegenden Untersuchung konnte innerhalb des hyperplastischen peribronchiolären lymphatischen Gewebes keine M.

bovis-DNA nachgewiesen werden. Analog zu M. hyopneumoniae konnten VANDEN BUSH und ROSENBUSCH (2003) für M. bovis zeigen, dass abgetötete Erreger die Aktivierung von CD4+ und CD8+ Zellen stimulieren. Möglicherweise kam es auch in den vorliegenden Fällen durch eine ständige Prozessierung von M. bovis-Antigen durch Makrophagen und deren Präsentation im lymphatischen Gewebe zu dessen Hyperplasie und „Cuff“-Bildung.

HOWARD et al. (1976) und THOMAS et al. (1991) beschrieben, dass es in vitro zur Adhärenz von M. bovis an die Oberfläche boviner neutrophiler Granulozyten kommt.

In vorliegender Untersuchung konnte in der Randzone der Nekrosen, die überwiegend von neutrophilen Granulozyten gebildet wird, und im Exsudat katarrhalisch-eitriger Bronchopneumonien M. bovis-DNA mit der ISH nachgewiesen werden. Dieses lässt vermuten, dass auch in vivo eine Adhärenz von M. bovis an neutrophile Granulozyten auftritt.