• Keine Ergebnisse gefunden

2.2.3 „First uterine pass effect“

8 Glandula bulbourethralis 9 Bulbus penis

2.4 Seminalplasmaeffekte auf das weibliche Genitale und die Fruchtbarkeit

2.4.1 Überblick über die Funktionen im weiblichen Genitale

Speziesübergreifend gehören zu den wesentlichen Funktionen des Seminalplasmas im weiblichen Genitale laut eines Übersichtsartikels von ROBERTSON (2005):

• Die Förderung der Überlebensfähigkeit der Spermien,

• die Induktion einer Immunantwort zur Ausbildung der Konzeptustoleranz und

• das Organisieren der Endometriumsveränderungen zur Unterstützung der embryonalen Entwicklung und Implantation.

Das Vorhandensein von Seminalplasma im weiblichen Genitale bei der Paarung scheint nach heutiger Sicht unmittelbar verknüpft mit dem Zustandekommen einer Trächtigkeit bei diversen Spezies. Seminalplasma ist nicht nur Transportmedium für Spermien, sondern wird als Kommunikationsmittel zwischen männlichem und weiblichem Reproduktionsgewebe gesehen. Es beeinflusst den weiblichen Genitaltrakt auf vielfältige Weise zur Bereitstellung eines optimalen Milieus für die nachfolgende Trächtigkeit (ROBERTSON 2005). Auf die Funktionen des Seminalplasmas wird in den folgenden Kapiteln im Detail eingegangen.

Eingangs erfolgt eine Erörterung aus evolutionärer Sicht. Anschließend sind die Auswirkungen folgendermaßen gegliedert: immunmodulatorische, psychobiologische, systemische Effekte, Effekte auf Uterusmotilität und Samenretention, auf das Ovar, auf die Trächtigkeit und beobachtete Auswirkungen nach Entfernung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen.

2.4.2 Evolutionäre Aspekte

Seminalplasma-Effekte auf das weibliche Tier können nicht nur bei Säugetieren, sondern auch bei Insekten beobachtet werden (GILLOTT 2003). Die bei vielen Spezies belegten Auswirkungen des Seminalplasmas sprechen dafür, dass dieses ein wichtiges Hilfsmittel bei der Interaktion zwischen männlichem und weiblichem Individuum darstellt (ROLDAN et al. 1992; ROBERTSON 2005).

Das männliche Tier soll über die Applikation der Sekrete seiner akzessorischen Geschlechtsdrüsen im weiblichen Genitale weitreichende Effekte bei der Paarungspartnerin bewirken und so die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens einer Trächtigkeit nach

erfolgter Paarung erhöhen (ROBERTSON 2005). Da unter den Säugetieren bei über 90 % der Spezies pro Männchen Paarungen mit mehreren Weibchen erfolgen, ist der Selektionsdruck hoch, jede Paarung mit größtmöglichem Erfolg zu versehen (ROLDAN et al. 1992). Eine Varianz seitens des männlichen Individuums in der Reaktionsauslösung im weiblichen Genital ist die Voraussetzung für postkopulatorische Fortpflanzungsstrategien (ZEH u.

ZEH 2001).

Das Sekret der akzessorischen Geschlechtsdrüsen kann vor diesem Hintergrund als äußerst erfolgreiche männliche postkopulatorische Reproduktionsstrategie gesehen werden (ROLDAN et al. 1992), da dieses durch Interaktion mit dem weiblichen Genitaltrakt die Trächtigkeit über den Zeitpunkt der Paarung hinaus beeinflussen kann. Gleichzeitig soll die Seminalplasmaapplikation dem weiblichen Organismus eine Abschätzung der Fitness und der Kompatibilität des Männchens mit den Entscheidungsmöglichkeiten Toleranz oder Abstoßung erlauben, bevor eigene Ressourcen eingesetzt werden (ZEH u. ZEH 2001).

2.4.3 Immunmodulatorische Effekte

Die immunmodulatorischen Effekte des Seminalplasmas lassen sich in stimulierende und supprimierende Effekte einteilen. Sie beruhen zum einen auf Mediatorsubstanzen, die im Seminalplasma enthalten sind und direkt und eigenständig immunmodulatorisch wirken sollen. Zum anderen induziert Seminalplasma lokal im weiblichen Genitale die Exprimierung immunmodulatorischer Mediatoren und beeinflusst so indirekt das weibliche Immunsystem.

Immunmodulatorische Mediatorsubstanzen des Seminalplasmas, wie TGF-ß, Zytokine und Prostaglandine, interagieren mit Epithelzellen von Zervix und Uterus zur Induktion von zellulären und molekularen Veränderungen, die der klassischen Entzündungskaskade ähneln und benannt werden als „post-inseminationem inflammatory response“ (TROEDSSON et al. 2000; TÖPFER-PETERSEN 2007). Bei dieser immunologischen Signalkaskade handelt es sich um inflammatorische, nichtadaptive Reaktionen. Die Aktivierung der angeborenen Immunität führt bei Stuten, Sauen und Mäuseweibchen innerhalb von wenigen Stunden zu lokalem Leukozyteneinstrom, Ödematisierung und Hyperämie (TUNON et al. 2000;

JOHANSSON et al. 2004; O´LEARY et al. 2004, 2006). So stimuliert seminaler TGFß1 die GM-CSF-Produktion des Mäuseuterus und die Infiltration mit inflammatorischen Zellen (TREMELLEN et al. 1998). Die postinseminatorische Entzündungsreaktion führt in der Regel

nicht zur Embryoabstoßung, sondern scheint den Uterus sogar auf die Implantation des Embryos vorzubereiten und Voraussetzung für eine erfolgreiche Implantation zu sein (JOHANSSON et al. 2004; O´LEARY et al. 2004, 2006; TÖPFER-PETERSEN 2007).

Seminalplasma hat neben den immunstimulierenden auch immunsuppressive Wirkungen, indem es die Funktionsfähigkeit einzelner Komponenten des Immunsystems hemmt.

Supprimiert werden in ihrer Funktion T-Zellen, B-Zellen, NK-Zellen, Makrophagen und das Komplementsystem (LORD et al. 1977; JAMES u. HARGREAVE 1984; QUAYLE et al. 1987). So wurde beispielsweise von QUAYLE et al. (1987) an humanen T-Lymphozyten eine reduzierte Expression des IL-2R, welcher an der Aktivierung der ruhenden T-Zellen beteiligt ist, beobachtet. TROEDSSON et al. (2000) und ROZEBOOM et al. (2001) benennen und zeigten anhand von in vitro Experimenten eine durch Seminalplasma ausgelöste Suppression von Komplement-Aktivierung, PMN-Chemotaxis und Phagozytose für die Spezies Pferd und Schwein. Außerdem wurde ein durch Seminalplasma verkürzter, nicht jedoch reduzierter Leukozyteneinstrom in den Uterus registriert (TROEDSSON et al. 2001).

ROBERTSON et al. (1997) beobachteten nach Seminalplasmaapplikation bei weiblichen Mäusen eine herabgesetzte Empfindlichkeit der Typ-1 Immunität gegenüber männlichem MHC-Antigen und sehen darin die Induktion einer Immuntoleranz gegenüber spezifischen männlichen Antigenen durch Seminalplasma.

Die immunregulatorischen Wirkungen des Seminalplasmas gehen über eine direkte Stimulierung bzw. Supprimierung durch eigene Inhaltsstoffe hinaus. Aufgrund einer Seminalplasmaexposition werden auch die uterinen Epithelzellen selbst zur Expression von proinflammatorischen Zytokinen und Chemokinen wie IL-1, IL-2, IL-4, IL-6, Interferon-γ, CXCL-8, LIF und GM-CSF anregt (Mensch: GUTSCHE et al. 2003; ROBERTSON et al.

2003; Maus: JOHANSSON et al. 2004; Schwein: O´LEARY et al. 2004).ROBERTSON (2005) zeigt hierzu eine Übersicht der Signalwege (Abb. 6) und nennt neben der Immunregulierung auch die Modellierung des Endometriumgewebes als eine Auswirkung der Seminalplasmaexposition.

Das Zytokin GM-CSF beispielsweise zählt zu den embryotropen Zytokinen und wirkt durch Inhibition der Apoptose sowie eine erleichterte Glukoseaufnahme der Blastomeren auf die Blastozystenformation des präimplantierten Mäuseembryos (ROBERTSON u. SHARKEY

2001). Auch SJÖBLOM et al. (1999) berichten über positive Auswirkungen von GM-CSF auf die Entwicklung humaner Blastozysten in vitro. CLARKE (1984) nennt sogar immunmodulatorische Auswirkungen der Samenexposition auch außerhalb des Reproduktionstraktes am weiblichen Tier und stellt fest, dass diese von zentraler Bedeutung für den Ablauf der Thymusveränderungen ist, die mit einer Trächtigkeit einhergehen.

Abb. 6: Signalwege im weiblichen Genital nach Seminalplasmaexposition (GM-CSF = Granulocyte- macrophage colony-stimulating factor; IL-6 = Interleukin 6; LIF = Leukemia inhibitory factor;

aus: ROBERTSON 2005)

2.4.4 Systemische Effekte

Der Übergang von vaginal applizierten Substanzen bzw. Bestandteilen des Seminalplasmas in den peripheren Blutkreislauf ist bekannt (KELLER et al. 1981; BENZINGER u. EDELSON 1983; JACOBSEN et al. 1984; NEY 1986; CLAUS 1990). Eine förderliche Rolle bei der Absorption von vaginal applizierten Substanzen spielen möglicherweise sogenannte Permeabilitätsenhancer, Substanzen zur Beeinflussung der Gewebedurchlässigkeit.

Beispielsweise ist das im Seminalplasma enthaltene Citrat ein Permeabilitätsenhancer, der geeignet ist die Barriereeigenschaften von Zell-Zell-Verbindungen der Vaginalschleimhaut zu beeinflussen und parazelluläre Diffusion zu zulassen. (MANN u. LUTWAK-MANN 1981;

OKADA et al. 1982, 1983;CHO et al. 1989). Die Voraussetzungen für systemische Effekte

des Seminalplasmas sind gegeben und insbesondere sind die Auswirkungen auf die Hormonsekretion der Hypophyse untersucht.

In einem Bioassay aus Hypophysenzellen der Ratte konnten PAOLICCHI et al. (1999) durch Zugabe von Seminalplasma des Alpakas eine signifikant gesteigerte LH-Sezernierung erzielen, was die Autoren als Hinweis sehen, dass Seminalplasmafaktoren an der LH-Sekretion und damit an der induzierten Ovulation des Alpaka beteiligt sind.LI et al. (2002) maßen die Konzentrationen von LH, FSH, Oestradiol-17ß und Progesteron im Blutplasma von Trampeltieren (Camelus bactrianus, induzierter Ovulator) vor und nach intramuskulärer Seminalplasmaapplikation. Fünf Stunden nach intramuskulärer Applikation waren die LH-Konzentrationen in der Seminalplasmagruppe signifikant erhöht, auf die anderen Hormonkonzentrationen zeigte sich kein Effekt.

ADAMS et al. (2005) identifizierten einen ovulationsauslösenden Faktor (OIF) im Seminalplasma von Lama und Alpaka, welchen RATTO et al. (2006) auch für das Seminalplasma des Bullen belegten. Im Ejakulat des Lamas (Lama glama) sind circa 3 mg enthalten (TANCO 2008). Der OIF wirkt speziesübergreifend und ist sowohl bei Reflex- als auch Spontanovulatoren konserviert, wie RATTO et al. (2006) anhand der ovulationsauslösenden Wirkung einer intramuskulären Applikation von Bullen-Seminalplasma bei weiblichen Lamas beweisen konnten.

2.4.5 Effekte auf die Uterusmotilität und Samenretention

Aus Untersuchungen zur Uterusmotilität ist bekannt, dass diese nicht nur durch den Akt der Bedeckung sondern auch durch die Deponierung des Samens beeinflusst wird. Verschiedenen Bestandteilen des Seminalplasmas wird eine motilitätsstimulierende Wirkung zugeschrieben und die zyklusabhängige Richtung der Kontraktionswellen bestimmt Verweildauer und -ort des Ejakulates.

Die Uterusmotilität des Rindes unterliegt, in Abhängigkeit vom Sexualzyklus, Schwankungen, deren Kontraktionskurven insbesondere für den Östrus weitestgehend typisch sind. Im Östrus und frühen Postöstrus verlaufen die Kontraktionswellen von der Zervix zu den Tuben (DÖCKE 1962). Neben kurzzeitigen Motilitätspeaks bereits bei Sichtkontakt mit dem Bullen sowie beim Beriechen der Vulva, beim Aufsprung und bei der Kopulation,

konnten VAN DEMARK u. HAYS (1952) deutlich verstärkte Uteruskontraktionen bei der Ejakulation feststellen. Die Aktivierung der Uterusmotilität, mittels Ballonkymograph gemessen, war im Östrus stärker ausgeprägt als im Postöstrus. Der Deckakt bewirkt laut DÖCKE (1962) in allen Zyklusphasen beim weiblichen Rind eine wesentlich stärkere Uteruskontraktion als die Künstliche Besamung.

In seinen Versuchen zur Reaktion des porcinen Uterus auf Infusion mit eberspermaähnlichen Östrogenmengen wies CLAUS (1990) eine erhöhte Myometriumsaktivität nach. Das im Seminalplasma enthaltene Prostaglandin hat einen stimulatorischen Effekt auf die uterinen glatten Muskelzellen bei Mensch und Schaf (EULER 1936, BYGDEMAN u.

ELIASSON 1963). VENTURA (1969) wies eine Aktivierung der Uterusmuskulatur durch Samen bzw. Sekrete der seitlichen und hinteren Anteile der Prostata der Ratte in vitro nach. In einer weiteren Untersuchung des Autors am isolierten Rattenuterus zeigte sich 1 mL Rattenejakulat hinsichtlich der spasmogenen Eigenschaften äquivalent zu 200 ng PGE1

(VENTURA u. FREUND 1973). Allerdings sehen VENTURA u. FREUND (1973) nicht allein die Prostaglandine als Urheber der Uterusaktivierung, sondern vielmehr spasmogene Substanzen, die chemisch und physikalisch den Gangliosiden ähneln.

Die intrakorporale und endoskopisch intrauterine Besamung auf die Papille löst, im Vergleich zur unbesamten Kontrollgruppe, eine signifikant stärkere mittlere Kontraktionsaktivität der Gebärmutter aus, stellte KÖLLMANN (2004) in ihren ultrasonographischen Untersuchungen an Stuten fest. Ein Zusatz von 4 mL Verdünnermedium führte nicht zu einer, der Spermadosis vergleichbaren, Kontraktionsaktivität. Der Zusatz von 3,5 mL Seminalplasma zur Inseminationsdosis dagegen verursachte bei Stuten eine signifikant höhere Kontraktionsfrequenz, wie PORTUS et al. (2005) ebenfalls per Ultrasonographie 10 min und 6 h post inseminationem ermittelten.

2.4.6 Effekte auf das Ovar und den Gelbkörper

Die beschriebenen Seminalplasmaeffekte am Ovar reichen von der Vorverlegung bzw.

Auslösung der Ovulation über die Atresie des dominanten Follikels bzw. größeren präovulatorischen Follikeln bis hin zu erhöhter Progesteronproduktion und vergrößerter Makrophagenpopulation in den Corpora lutea.

Vorangestellt einige Erkenntnisse bei Insekten: Bei Melanoplus sanguinipes (Grashüpferart) üben Komponenten der akzessorischen Geschlechtsdrüsen eine Triggerfunktion für die Oviposition aus. Dadurch sind die Weibchen der Spezies in der Lage, ovulierte Eier in den lateralen Eileitern für kurze Zeit aufzubewahren, bis die Umstände zur Eiablage günstig sind (YI u. GILLOTT 2000). Sogenannte „fecundity-enhancing substances“ (FES) der männlichen akzessorischen Geschlechtsdrüsen der Fruchtfliegen (Drosophila) stimulieren die Ovulation und/oder die Oviposition (Eileiterperistaltik zum Eitransport) und bewirken so eine Erhöhung der Fruchtbarkeit. Auch gibt es Hinweise zur beschleunigten Eientwicklung bei Anwesenheit der Drüsensekrete (GILLOTT u. FRIEDEL 1977, GILLOTT 2003).

Bei Sauen fanden WABERSKI et al. (1997) ebenfalls eine Vorverlegung der Ovulation nachdem eine Seminalplasmainfusion in den Uterus (Modell Mariensee) durchgeführt wurde.

Hier betrug die Vorverlegung durchschnittlich 10,7 (8 - 14) h. Außerdem konnte bei den östrischen Sauen dieser Studie ein verkürztes Intervall zwischen LH-Anstieg und Ovulation nach der Seminalplasmaapplikation festgestellt werden.

In einer Studie beim Trampeltier (Camelus bactrianus) induzierte durch Zentrifugation gewonnenes, vaginal appliziertes Seminalplasma die Ovulation bei 75 % der Kamelstuten.

Das Sekret vasektomierter Kamelhengste, teils mittels künstlicher Vagina gewonnen und teils durch natürliche Bedeckung appliziert, führte bei 100 % der Stuten zur Ovulation. Dagegen hatte die vaginale Applikation einer konzentrierten Spermiendosis keinen ovulationsinduzierenden Effekt (CHEN et al. 1985). Nach intramuskulärer Applikation von Seminalplasma, ebenfalls an Trampeltieren durchgeführt, erfolgt die Ovulation 30 - 40 h später, was demselben Zeitraum wie nach Koitus oder artifizieller Insemination entspricht (LI et al. 2002).

Bei Koalas (Phascolarctos cinereus) wurde ein signifikanter Effekt der Samenexposition des weiblichen Genitals auf die Induktion der Lutealphase festgestellt (JOHNSTON et al. 2004).

Die genitale Stimulation ohne Anwesenheit von Samen reichte nicht aus.

Für das Rind beschrieb MARION (1950) eine signifikante Vorverlegung des Ovulationszeitpunktes um 2,2 h, wenn die Färsen innerhalb der ersten 6 - 8 h der klinischen Brunst durch einen vasektomierten Bullen gedeckt wurden. TANCO (2008) führte Studien zu

Auswirkungen des ovulationsauslösenden Faktors (OIF) beim Rind sowie zur Beeinflussung der OIF-Dosis beim Lama durch. Die intramuskuläre Applikation von aufgereinigtem Ovulationsauslösenden Faktor aus dem Ejakulat von Lamas (Lama glama) induzierte beim Rind die Atresie des dominanten Follikels und eine Vorverlegung der nächsten Follikelwelle, jedoch keine Ovulation. Weiterhin stellte die Autorin eine dosisabhängige Beeinflussung der Ovulation durch den OIF bei Lamas fest: Je höher die OIF-Dosis (60 - 500 µg), desto höher Ovulationsinzidenz, desto größer der maximale Corpus luteum Durchmesser und desto höher die Progesteron- und LH-Konzentrationen im Plasma.

Bei Sauen wurden die Auswirkungen einer transzervikalen, intrauterinen Seminalplasmaexposition auf die Ovarien anhand von Ovulationsrate, Anzahl und Größe der Corpora lutea, ovarieller Leukozytenpopulation und Progesteronproduktion untersucht. Hier fanden sich eine verstärkte Rekrutierung von Leukozyten (vornehmlich Makrophagen) im Eierstocksgewebe, Zunahmen der Gelbkörpergröße und erhöhte Progesteronkonzentrationen im Plasma, wohingegen die Anzahl der Ovulationen nicht beeinflusst war (O´LEARY et al. 2006). GANGNUSS et al. (2004) untersuchten den Makrophagenanteil in den Gelbkörpern von Mäusen nach Paarung der Weibchen mit vasektomierten Männchen. Die Autoren stellten bei Abwesenheit von Seminalplasma in den ersten vier Tagen nach der Paarung eine reduzierte Rekrutierung der Makrophagenpopulation fest, die nicht von Auswirkungen auf die Progesteronkonzentration im Serum der Weibchen begleitet wurde.

2.4.7 Effekte auf Implantation, embryonale Mortalität und Trächtigkeit

Untersuchungen an Schweinen zeigen, dass eine Seminalplasmaapplikation zu erhöhten Embryonenzahlen sowie verbesserten Konzeptions- und Abferkelraten führt. An Mäusen wurden nach Paarung mit Männchen ohne Seminalvesikel verminderte Implantationsraten festgestellt. In der Humanmedizin steht vor allem die Seminalplasmaapplikation zur Verbesserung der assistierten Reproduktion im Fokus der Untersuchungen. An Rindern wurde eine Studie durchgeführt, die eine geringe Menge von 0,5 mL Seminalplasma der Inseminationsdosis hinzufügte (ODHIAMBO et al. 2009).

ROZEBOOM et al. (2000) erzielten bei Sauen nach vorangegangenem inflammatorischem Stimulus (tote Spermatozoen oder LPS, intrauterin) durch Zugabe von 100 mL Seminalplasma zur Inseminationsdosis signifikant höhere Konzeptions- und Abferkelraten im

Vergleich zur Insemination mit Verdünnermedium. O´LEARY et al. (2004) beobachteten nach intrauteriner Infusion von 100 mL Seminalplasma bei Sauen signifikant erhöhte Embryonenzahlen und eine verbesserte Embryoentwicklung, gemessen anhand der mittleren Anzahl der Blastomeren bzw. des Embryonendurchmessers an den Tagen 5 bzw. 9 d p.i. im Vergleich zur Kontrollgruppe (Infusion mit PBS). Außerdem waren die 34 h post inseminationem isolierten Genitaltrakte nach Seminalplasmaexposition im Durchschnitt 68 % schwerer und die Autoren beurteilten die Organe subjektiv als stärker vaskularisiert (O´LEARY et al.2004).

BROMFIELD (2006) führte Studien zur physiologischen Bedeutung der uterinen Seminalplasmaexposition mit männlichen Mäusen, deren Seminalvesikel entfernt worden waren, durch. Der Autor beschreibt eine reduzierte Implantation sowie Nachwuchs, der vermehrt übermäßiges Wachstum nach der Geburt bzw. Adipositas im ausgewachsenen Zustand zeigt, wenn keine Seminalplasmaexposition stattgefunden hat.

Die Förderung der Implantation des Embryos erfolgt über Mediatoren, die im Rahmen der durch Seminalplasma ausgelösten, inflammatorischen Signalkaskade freigesetzt werden.

Diese Mediatoren beeinflussen die Zelladhäsion der murinen uterinen Epithelzellen, welche zum Zeitpunkt der Implantation von entscheidender Bedeutung für die Verbindung von Blastozyste und Uterusepithel ist, hält ROBERTSON (2005) in ihrem Übersichtsartikel fest.

Außerdem nennt die Autorinden Einfluss der Zytokine auf die Entwicklung des Embryos, nachdem Seminalplasma deren Abgabe aus dem Endometriumsepithel induziert hat (Abb. 6;

ohne Speziesangabe; ROBERTSON 2007).

Durch zusätzliche Deponierung von Sperma im kranialen Abschnitt der Vagina konnten BELLINGE et al. (1986) eine mehr als verdoppelte Implantationsrate, gemessen am Anstieg des humanen Gonadotropin (hCG), bei Frauen eines in vitro-Fertilisationsprogrammes erzielen. COULAM u. STERN (1995) setzten Seminalplasma in Form von Vaginalkapseln bei Frauen ein, die aus unbekannter Ursache infertil waren und/oder spontane Aborte erlitten hatten. Gesteigerte Implantationsraten von 80 % verglichen mit 67 % in der Placebogruppe wurden mittels Ultraschalluntersuchung in der sechsten Woche p.i. festgestellt. Ebenfalls am Menschen untersuchten TREMELLEN et al. (2000) die Auswirkungen von Geschlechtsverkehr auf die Schwangerschaftsrate nach assistierter Reproduktion (IVF, ET).

Im Vergleich zur enthaltsamen Gruppe zeigte sich 6 - 8 Wochen nach dem Embryotransfer eine signifikant höhere Anzahl an lebensfähigen Embryonen bei den Frauen mit Ejakulatexposition. Die Schwangerschaftsraten unterschieden sich mit 23,6 und 21,2 % nicht signifikant. Die intravaginale und intrazervikale Seminalplasmaapplikation begleitend zu IVF und ICSI war Gegenstand einer Pilotstudie von WOLFF et al. (2009). Die Autoren nehmen die nicht signifikanten, verbesserten Schwangerschaftsraten durch Seminalplasma als Grundlage zur Kalkulation der Patientenzahlen einer weiteren Studie.

ODHIAMBO et al. (2009) untersuchten die Konzeptionsraten von synchronisierten Fleisch- und Milchrindern nach einem Zusatz von 0,5 mL Seminalplasma, rekombinantem humanem transforming growth factor (40 ng rhTGF-ß1 in BSA) oder 0,5 mL bovinem Serumalbumin (BSA) zur Besamungsdosis. Die Applikation des Zusatzes erfolgte intrauterin 12 h vor der Insemination (bei den Tieren der Versuchsreihen in den Jahren 2003 und 2004, Fleischrinder) und unmittelbar vor der Insemination (bei den Tieren der Versuchsreihen in den Jahren 2005 und 2006, Fleisch- und Milchrinder). Die Kontrollgruppe bestand teilweise aus BSA-behandelten Tieren (2003-2005, Fleischrinder) und teilweise aus unBSA-behandelten Tieren (2005:

Fleischrinder, 2005-2006: Milchrinder).Die Autoren bemerkten große Unterschieden innerhalb der Versuchsgruppen zwischen den Versuchsjahren, so variierten beispielsweise die Trächtigkeitsraten in der SP-Gruppe zwischen 37,8 % und 67 % (2003-2006, Fleisch- und Milchrinder). In den Versuchsjahren mit SP-Applikation unmittelbar vor der Insemination und unbehandelter Kontrollgruppe zeigte die Seminalplasmagruppe verbesserte Trächtigkeitsraten von 37,8 % (Milchrinder) bzw. 61,4 % (Fleischrinder) gegenüber 33,2 % bzw. 52,4 % in den Kontrollgruppen (2005-2006, nicht signifikant).

2.4.8 Psychobiologische Effekte

Unter psychobiologischen Seminalplasmaeffekten sind diejenigen aufgeführt, die Auswirkungen auf das Verhalten bzw. die Stimmung des weiblichen Individuums beschreiben. Hierzu gibt es in der Literatur vor allem Hinweise bei Insekten, aber auch aus dem Bereich der Humanmedizin.

Das Sekret der männlichen akzessorischen Drüsen beeinflusst das Reproduktionsverhalten der weiblichen Fruchtfliegen (Drosophila). So schließt sich nach der Paarung bei einigen Drosophila-Arten für die Weibchen eine Phase ohne Paarungsbereitschaft an. Ob es sich um

aktive Ablehnung oder um Abnahme der Attraktivität weiterer Paarungspartner handelt, ist ungeklärt (GILLOTT 2003). Neben einem Effekt auf die Paarungsbereitschaft der Weibchen berichtet WOLFNER (2007) bei Drosophila melanogaster über eine Beeinflussung des Fressverhaltens und der Lebensdauer durch Proteine der akzessorischen Geschlechtsdrüsen (Acp´s).

Für den Menschen stellt NEY (1986) in seinem Übersichtsartikel zur vaginalen Absorption von Ejakulatsbestandteilen eine Hypothese zu neurologischen Auswirkungen der Samenexposition bei der Frau auf. Möglicherweise beeinflussen absorbierte Substanzen, insbesondere die Prostaglandine, die Stimmung der Frau. In einer Studie von GALLUP et al. (2002), die den Gebrauch von Kondomen als indirekten Indikator für eine Samenexposition im weiblichen Genitale der Frau nutzten, wurde der Zusammenhang zwischen Samenexposition, sexueller Aktivität und Depressionssymptomen untersucht.

Frauen, deren Partner keine Kondome verwendeten, waren nach dem psychologischen Testverfahren nach Beck (BDI) seltener depressiv.

2.4.9 Effekte nach Entfernung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen

Untersuchungen an männlichen Tieren nach Entfernung ihrer akzessorischen Geschlechtsdrüsen widmen sich vor allem der Analyse des Ejakulates bzw. den Auswirkungen auf die Spermien. Es sind jedoch auch Untersuchungen zu den Auswirkungen einer Paarung mit Männchen, deren Geschlechtsdrüsen entfernt worden waren, auf das Weibchen bzw. auf die nachfolgende Trächtigkeit gemacht worden.

CHEN et al. (2002) testeten in einer Studie, ob die Sekrete der akzessorischen Geschlechtsdrüsen die DNA der Spermien gegen oxidativen Stress schützen. Hierzu entfernten sie die Geschlechtsdrüsen beim Goldhamster ganz oder teilweise. Anhand zweier Testverfahren stellten sie bei denjenigen Spermien, die keinem Sekret ausgesetzt gewesen waren, vermehrte DNA-Schädigung fest.

Die Paarung weiblicher Mäuse mit Männchen, deren Seminalvesikel chirurgisch entfernt waren, führte zu einer halbierten Makrophagenpopulation in den Corpora lutea am Tag nach der Paarung, verglichen mit Tieren, die mit intakten oder vasektomierten Tieren angepaart waren (GANGNUSS et al. 2004). PEITZ u. OLDS-CLARKE (1986) untersuchten die

Fruchtbarkeit nach Paarung mit Seminalvesikel-defizienten Mäusemännchen. Sie vermerkten eine reduzierte Trächtigkeitsrate und eine Verlängerung der Tragezeit, die durchschnittliche Wurfgröße blieb dabei unverändert. BROMFIELD (2006) beobachtete reduzierte Implantationsraten bei weiblichen Mäusen nach Paarung mit Männchen, deren Seminalvesikel entfernt worden waren. Die Fertilität von Ratten, deren akzessorische Geschlechtsdrüsen entfernt worden waren untersuchten QUEEN et al. (1981). Nach Entnahme der dorsolateralen Anteile der Prostata bzw. der Seminalvesikel zeigte sich Infertilität. Die Entnahme von ventralen Anteilen der Prostata blieb ohne Auswirkungen auf die Fertilität. Die Veränderungen von Eberejakulaten nach Entfernung der Samenblasendrüse untersuchten DAVIES et al. (1975). Die Autoren bemerkten eine deutliche Konsistenzänderung der Ejakulate, eine reduzierte Spermienkonzentration, jedoch gleichzeitig ein unverändertes Verhältnis der lebenden/toten Spermatozoen. Neben weiteren

Fruchtbarkeit nach Paarung mit Seminalvesikel-defizienten Mäusemännchen. Sie vermerkten eine reduzierte Trächtigkeitsrate und eine Verlängerung der Tragezeit, die durchschnittliche Wurfgröße blieb dabei unverändert. BROMFIELD (2006) beobachtete reduzierte Implantationsraten bei weiblichen Mäusen nach Paarung mit Männchen, deren Seminalvesikel entfernt worden waren. Die Fertilität von Ratten, deren akzessorische Geschlechtsdrüsen entfernt worden waren untersuchten QUEEN et al. (1981). Nach Entnahme der dorsolateralen Anteile der Prostata bzw. der Seminalvesikel zeigte sich Infertilität. Die Entnahme von ventralen Anteilen der Prostata blieb ohne Auswirkungen auf die Fertilität. Die Veränderungen von Eberejakulaten nach Entfernung der Samenblasendrüse untersuchten DAVIES et al. (1975). Die Autoren bemerkten eine deutliche Konsistenzänderung der Ejakulate, eine reduzierte Spermienkonzentration, jedoch gleichzeitig ein unverändertes Verhältnis der lebenden/toten Spermatozoen. Neben weiteren