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3 MATERIAL UND METHODEN

3.1 Feldstudien zur Seminalplasmaapplikation .1 Studientiere

In die Durchführung zweier Feldstudien wurden 514 (KB-Studie) und 68 (ET-Studie) Rinder der Rassen Deutsche Holstein Schwarzbunt (SB; n = 403), Deutsche Holstein Rotbunt (RB;

n = 93) und Deutsches Fleckvieh (FV; n = 74) einbezogen. Elf Tiere fielen unter „sonstige Rassen“ bzw. es lag keine Angabe der Rasse vor. Sämtliche Studientiere standen in Deutschland im Betreuungsgebiet von vier Besamungsstationen für Rinder2. Sowohl die KB- als auch die ET-Studientiere verteilten sich zu jeweils ungefähr einem Drittel auf die drei Versuchsgruppen „Seminalplasma“ (SP; n = 197), „Placebo“ (P; n = 194) und „Kontrolle“ (K;

n = 191). Ein großer Anteil an ET-Tieren (n = 53) konnte nicht ausgewertet werden, da sich diese Tiere in der Brunst als geeignete Rezipienten, zum Transferzeitpunkt jedoch als untauglich herausstellten. n die Studien einbezogen wurden nur besamungs- bzw.

transfertaugliche Tiere, die sich dem Besamungsbeauftragten klinisch unauffällig präsentierten. Es handelte sich ausschließlich um Erstbesamungen mit Sperma geprüft fertiler Bullen (n = 168), welches von den beteiligten Stationen routinemäßig (Kryosperma in feinen Pailletten, intrauterine Insemination) eingesetzt wurde. Die KB-Tiere befanden sich zwischen der 0. und 11. Laktation, die ET-Tiere waren bis auf drei Tiere primipar. Die weitergehende Charakterisierung der Studientiere ist dem Ergebnisteil der Arbeit zu entnehmen.

3.1.2 Lösungsgewinnung und -herstellung

Der Begriff „Lösung“ steht nachfolgend in den beiden Feldstudien zusammenfassend für Seminalplasma und Placebo.

Das Seminalplasma wurde an vier Besamungsstationen für Rinder durch Ejakulat-Zentrifugation (1000 - 1500 g, 20 min, Raumtemperatur) gewonnen, mikroskopisch (200-fache Vergrößerung) auf Spermienfreiheit untersucht, gepoolt und in Kryoröhrchen3 je 4 ml bis zur Applikation tiefgefroren bei -196 °C. Als Ausgangsmaterial dienten an den

2 RUW: Rinder-Union West eG, Besamungsstation, Hamerter Berg, 54636 Fließem; WEU: Weser-Ems-Union eG, Besamungsstation Haselünne-Eltern, Feldstraße 22, 49740 Haselünne; VOST: Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter, Besamungs- und ET-Station, Am Bahndamm 4, 26624 Südbrookmerland; NBG:

Niederbayerische Besamungsgenossenschaft Landshut-Pocking eG, Gut Altenbach, 84036 Landshut

3 Kryoröhrchen, steril, 5 mL, Brand GmbH + Co KG, Otto-Schott Str. 25, 97877 Wertheim, Deutschland

einzelnen Stationen mittels künstlicher Vagina im Zeitraum Januar - Juni 2009d 0 gewonnene Ejakulate. Ein Seminalplasmapool umfasste 200 - 400 mL und enthielt jeweils Seminalplasma 20 - 40 geprüft fertiler Bullen.

Die Placebo-Lösung wurde stationsübergreifend im Institut für Reproduktionsbiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover hergestellt. Es handelt sich um steril-filtrierte4phosphatgepufferte Salzlösung (Dulbecco´s PBS5) mit 0,01 % Gelatine6. Auch die PlaceboLösung wurde in Kryoröhrchen je 4 ml portioniert und bis zur Applikation bei -196 °C gelagert.

3.1.3 Durchführung der Lösungsapplikation

Die Durchführung der Dreifachblindstudie erfolgte parallel im Einzugsgebiet der vier Besamungsstationen in Deutschland im Zeitraum Mai bis September 2009 (KB) bzw. Mai 2009 bis März 2011 (ET). Neun Besamungsbeauftragte sowie 5 Beauftragte und ET-Tierärzte mit langjähriger Erfahrung wurden theoretisch und praktisch mit der Durchführung der Lösungsapplikation und Zytologieentnahme vertraut gemacht und erhielten eine Ausrüstung wie folgt: Protokollmappen, Kryoröhrchen mit je 4 ml Lösung (codiert), Einmal-Spekula7 und aufsetzbare Lichtquelle8, Bürstchen zur Zytologieentnahme9, Einmal-Uteruskatheter10, Übersichten zu Durchführung und Scores (Body Condition Score11, Lahmheitsscore12, Hygienescore13), Objektträger14 und Fixierspray15 sowie Präparatekästen.

Die Zuordnung zur jeweiligen Versuchsgruppe erfolgte randomisiert, indem eine vorgegebene Übersichtsliste der Versuchsgruppen (SP, P, K, SP, P, K, etc.) der Reihe nach bearbeitet wurde. Die Lösungen waren, je Station unterschiedlich, verblindet durch Zahlencodes. Die

4 Millex™ GP Filter Unit, Millipore Express®PES Membrane, 0,22µm, Millipore S.A., 67120 Molsheim, France

5 Dulbecco´s Phosphate Buffered Saline, Sigma-Aldrich Chemie GmbH, P.O. 1120, 89552 Steinheim, Deutschl.

6 Gelatine, from porcine skin, ~300 g Bloom, cell culture tested, Sigma-Aldrich Chemie GmbH, P.O. 1120, 89552 Steinheim, Deutschland

7 Stutengynäkologie, Ø 3,1 cm, ca. 43 cm lang, Minitüb GmbH, Hauptstraße 41, 84184 Tiefenbach, Deutschland

8 Minitüb GmbH, Hauptstraße 41, 84184 Tiefenbach, Deutschland

9 Gynobrush®: nicht steril, zur Entnahme endozervikaler Proben; Heinz Herenz Medizinalbedarf GmbH, Rudorffweg 10, 21031 Hamburg, Deutschland

10 Bovivet Uterine Catheter, non-sterile, Kruuse, Havretoften 4, DK-5550 Langeskov, Dänemark

11 Body Condition Score, BCS 1 - 5: nach WILDMAN et al. 1982

12Lahmheits-Score, LS 1 - 5: nach SPRECHER et al. 1997

13Hygiene-Score, HYG 1 - 4: nach RENEAU et al. 2005

14 Carl Roth GmbH+Co.KG, Schoemperlenstr. 3-5, 76185 Karlsruhe, Deutschland

15 Merckofix®: Fixationsspray für die Zytodiagnostik; Merck KGaA, 64271 Darmstadt, Deutschland

Besamungsbeauftragten agierten somit während der gesamten Durchführung geblindet.

Ebenso die Doktorandin (MS), welche erst nach der endgültigen statistischen Analyse die Aufschlüsselung erfuhr.

Lösungsapplikation begleitend zur artifiziellen Insemination

Die intrauterine Besamung der Studientiere führten erfahrene Besamungsbeauftragte nach gängiger Regel (Insemination 12 h nach Beobachtung erster klinischer Brunstsymptomatik durch den Tierbesitzer) durch. Direkt im Anschluss an die ausgeführte Besamung, deren Zeitpunkt im Folgenden als Tag 0 (d 0) definiert wird, erfolgte die standardisierte Entnahme (vorsichtige ¾-Drehung der Zytobrush) einer exfoliativen Zervixzytologieprobe aus dem kaudalen Drittel der Zervix unter Zuhilfenahme des Spekulums. Das genutzte Bürstchen wurde mit gleichmäßigem Druck auf einem Objektträger ausgerollt, das Zellmaterial mit Fixierspray fixiert und bis zur Färbung und Analyse in einem Präparatekasten aufbewahrt.

Anschließend erfolgte die Lösungsapplikation (Abb. 7, Abb. 8). Die Lösung (SP oder P, je 4 mL, 38°C) wurde mit Hilfe des Uteruskatheters zu einem Drittel in die kaudale Zervix unmittelbar kranial des äußeren Muttermundes und zu zwei Dritteln um den äußeren Muttermund appliziert. Bei den Kontrolltieren entfiel die Lösungsapplikation.

Lösungsapplikation begleitend zum Embryotransfer

Den Embryonenempfängertieren wurde in der Brunst, zum Zeitpunkt an dem üblicherweise die Besamung erfolgen würde (d0), eine erste Zervixzytologieprobe in bereits beschriebener Weise entnommen. Anschließend erfolgte die Lösungsapplikation (Abb. 7, Abb. 8). Die Lösung (SP oder P, je 4 mL, 38°C) wurde mit Hilfe des Einmal-Uteruskatheters zu einem Drittel in die kaudale Zervix unmittelbar kranial des äußeren Muttermundes und zu zwei Dritteln um den äußeren Muttermund appliziert. Bei den Kontrolltieren entfiel die Lösungsapplikation.

Abb. 7: Zeitpunkte der Behandlungen und Datenerhebungen (Feldstudien)

Zum Zeitpunkt des Embryotransfers (d 7) wurde unmittelbar dem Rezipienten im Anschluss an den Transfer (frische oder tiefgefrorene Embryonen der IETS-Klassen 1 oder 2) eine zweite Zervixzytologieprobe entnommen (Abb. 8). Auch hier unterlagen die Kontrolltiere abgesehen von der Lösungsapplikation demselben Prozedere.

Abb. 8: Lösungsapplikation Feldstudien

3.1.4 Erfasste Parameter je Studientier (Feldstudien I + II)

Um die Tiere möglichst umfangreich zu charakterisieren wurde ein Fragebogen entwickelt, der an d 0 (KB- und ET-Tiere), d 7 (ET-Tiere) und zum Zeitpunkt der Trächtigkeitsuntersuchung (KB- und ET-Tiere) für jedes Studientier wichtige Parameter erhob (Abb. 7):

Lösungsapplikation

Die applizierte Lösung, je nach Station unterschiedlich codiert, wurde von den Besamungsbeauftragten festgehalten als Lösung 1 bzw. 2 bzw. keine Lösung (Kontrollgruppe).

Betriebliche Daten

Folgende Daten wurden nach Angaben der Betriebsleiter erfasst: Betriebsidentifikation, Haltungssystem (Laufstall, Anbindehaltung, Weidehaltung), Anzahl der Rinder im Betrieb, Gruppengröße, in der das Studientier steht und die Anzahl der Liegeplätze, die dieser Tiergruppe zur Verfügung stehen.

Tierdaten

Im Fragebogen festgehalten wurden nach Betriebsleiterangaben die Parameter:

Identifikationsnummer, Rasse, Alter, Laktationszahl, Datum der letzten beobachteten Brunst, Datum der letzten Abkalbung, Störungen nach der Geburt (unterschieden nach Endometritis, Mastitis und Nachgeburtsverhaltung), Zellzahl (in Tausend) und Milchleistung (in kg) der letzten Milchkontrolle. Der Besamungsbeauftragte hielt des Weiteren eine Einschätzung der Studientiere hinsichtlich Körperkondition (BCS 1 - 5: nach WILDMAN et al. 1982; bzw.

Fleckvieh-Score: BCS 2,5 - 4,5 mit Zwischenstufen), Lahmheits-Score (LS 1 - 5: nach SPRECHER et al. 1997) und Hygiene-Score (HYG 1 - 4: nach RENEAU et al. 2005) fest.

Brunstparameter und Besamung

Festgehalten wurde nach Betriebsleiterangaben: Die beobachtete Dauer der Brunst bis zum Besamungszeitpunkt, die Intensität der Brunstsymptome (BS 1 - 5: keine, gering, mittel, stark, sehr stark) und die Art der Brunstfeststellung (visuell, Pedometer, sonstige Verfahren).

Der Besamungsbeauftragte dokumentierte die Identifikation des Spermadonors und beurteilte des Weiteren subjektiv: die Kontraktion des Uterus (K 1 - 3: schlecht kontrahiert, kontrahiert, stark kontrahiert), die Brunstschleimmenge (wenig, viel) und Beschaffenheit (klar, trüb-zäh) und Schleimbeimengungen (blutig, eitrig). Der Zervixzytologiestatus zum Zeitpunkt der Besamung wurde anhand der vom Besamungsbeauftragten gewonnenen Probe nachträglich im Labor des Instituts für Reproduktionsbiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover von der Doktorandin beurteilt.

Trächtigkeit

Erhoben wurden bei Durchführung der Trächtigkeitsuntersuchung vom Besamungsbeauftragten folgende Parameter: Datum der Trächtigkeitsuntersuchung, Ergebnis der Trächtigkeitsuntersuchung (tragend, nicht-tragend), Methode der Trächtigkeitsuntersuchung (transrektale Palpation, sonographische Untersuchung) und Datum der Wiederkehr in den Zyklus (Umrindern).

3.1.5 Zusätzliche Datenerfassung bei Embryonenempfängertieren

Empfängertier

Im Fragebogen wurde vom ET-Beauftragten festgehalten: Abbluten (ja, nein), Synchronisation (ja, nein; Präparat), Datum des ET, subjektive Einschätzung der ET-Durchführung (leicht, mittel, schwer durchführbar), Vorhandensein von Blut bei der Durchführung (ohne, wenig, viel), festgestellte Gelbkörper und Uterusgröße (eher klein, normal, eher groß).

Spendertiere

Bezüglich der Spendertiere wurde vermerkt: Identifikationsnummer, Geburtsjahr, letzte Abkalbung des Spenders und Identifikation des Bullen.

Embryo

Hinsichtlich des Embryos wurde dokumentiert: Embryonummer, Entwicklungsstadium, Embryoqualität (IETS; Klasse 1, Klasse 2) und Art der Embryonenlagerung (frisch, tiefgefroren).

3.1.6 Zervixzytologien

Die fixierten Zytologieproben wurden im Labor des Instituts für Reproduktionsbiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover nach PAPANICOLAOU16 gefärbt, eingedeckt, analysiert und archiviert17. Die Untersuchung der Zytologien erfolgte lichtmikroskopisch18, zunächst bei 100-facher Vergrößerung und anschließend bei 200 - 400-facher Vergrößerung.

Diese Vorgehensweise, zunächst einen Überblick über das Präparat vorzunehmen und

16 Papanicolaou-Färbelösungen: Hämatoxylinlösung nach Harris, Papanicolaou-Orangelösung 2a,

Papanicoulaou-Polychromlösung 3b, Carl Roth GmbH+Co.KG, Schoemperlenstr. 3-5, 76185 Karlsruhe, Deutschland

17 Eukitt®: O. Kindler GmbHu.Co, Ziegelhofstr. 214, 79110 Freiburg, Deutschland

18 Olympus BX60 Modell U-ULH Nr. 5A02802, Olympus Optical CO., LTD, Japan

anschließend die Zelldifferenzierung in höherer Vergrößerung durchzuführen, entspricht dem üblichen Untersuchungsgang von Zytologien und wird von DASCANIO et al. (1997) in ihren Richtlinien zur Durchführung und Auswertung uteriner Zytologien hervorgehoben. Die angefertigten Zytologien wurden differenziert nach Zervixepithelzellen und polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN). Anhand von mindestens 200 Zellen je Ausstrich wurde der Anteil der PMN an den Gesamtzellen ausgewertet. Der Auswertungsschlüssel orientierte sich an bereits veröffentlichten Grenzwerten für die Spezies Rind (siehe Tab. 3). Da die genannten Autoren größtenteils zeitnah post partum und häufig uterine Zytologien untersuchten, wurden zur Auswertung der vorliegenden Studies im Verhältnis zu den Angaben in der Literatur eher niedrige Grenzwerte angesetzt:

• ≤ 10 % PMN: zytologisch unauffällig

• > 10 % PMN: zytologisch auffällig

3.1.7 Statistische Analyse

Zur Datenerfassung und Berechnung von Anteilen, Mittelwerten und Standardabweichungen wurde Excel19 genutzt. Die statistische Auswertung der geblindeten Daten erfolgte mit dem Programm SAS20. Angewendet wurde nach statistischer Beratung21der Chi-Quadrat-Test zur Überprüfung der Homogenität der Versuchsgruppen bezogen auf die erfassten Parameter. Des Weiteren wurde sowohl der Chi-Quadrat-Test als auch der Fisher´s Exact Test genutzt, um unter den dokumentierten Parametern signifikant beeinflussende Faktoren zu erkennen. Als Signifikanzniveau wurde P ≤ 0,05 festgelegt.

3.2 Experimentelle Studie: Vaginohysteroszintigraphien