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II. Abbildungsverzeichnis

4.6 Schlussfolgerung

Bereits präoperativ sahen wir, dass für die extrem adipösen Patientinnen mit zum Teil multimorbiden Begleiterkrankungen eine ungünstige Situation gegeben ist (74% vs. 19%

Vorerkrankungen). Somit waren peri- und postoperative Schwierigkeiten und Komplikationen sowie ein schlechteres Outcome absehbar. Die extrem übergewichtigen Patientinnen bildeten im Rahmen einer gynäkologischen Krebserkrankung ein Hoch-Risiko-Klientel.

Zusammenfassend lässt sich durch die vorliegenden Ergebnisse unserer Studie klar erkennen, dass eine Assoziation zwischen stark erhöhtem BMI und peri- und postoperativer Morbidität besteht. Sowohl die intra- als auch die postoperativen Komplikationen bei morbider Adipositas mit einem BMI > 40 kg/m² sind um ein Vielfaches erhöht und weisen eine statistische Signifikanz auf (jeweils p=0,0001). Wir ermittelten intraoperative Schwierigkeiten und Komplikationen bei 55 Patientinnen (55,6%) und postoperative Folgen und Komplikationen bei 41 Patientinnen (41,4%) in der morbid adipösen BMI-Gruppe. In der normgewichtigen Kontrollgruppe betrugen die Schwierigkeiten und Komplikationen hingegen lediglich intraoperativ 11% (11 Patientinnen) und postoperativ 3% (3 Patientinnen). Ein ähnliches Ergebnis erzielte gleichermaßen die Studie von Shen et al. Hier wurde eine intra- und postoperative Komplikationsrate bei einem BMI von über 25 kg/m² von 11,1% ermittelt im Gegensatz zu Patientinnen mit einem BMI zwischen 18 und 25 kg/m², deren intra- und postoperative Komplikationsrate bei 8,6% lag (6, 18). Somit ist Adipositas ein hoher

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Risikofaktor für intra- und postoperative Komplikationen und daraus resultierend für eine erhöhte Morbidität und Mortalität (54). Der postoperative Verlauf war durch die Komplikationen und Begleiterkrankungen erheblich verschlechtert. Reoperationsraten und Krankenhausliegedauer waren erhöht.

Eine Prognoseverschlechterung bei adipösen Krebspatientinnen zeigte sich sowohl durch das erhöhte Rezidivrisiko als auch durch vermehrte Todesfälle.

Da die verschiedenartigen Komplikationen insbesondere mit der Laparotomie verbunden waren, scheint aufgrund unserer Auswertung und der bereits vorhandenen Studienergebnisse das laparoskopische Operationsverfahren bei morbider Adipositas dem offen abdominalen Vorgehen überlegen zu sein, auch wenn die Laparoskopie mit hohen technischen Herausforderungen verbunden ist und eine gute chirurgische Erfahrung sowie eine Spezialisierung der Klinik voraussetzt. Wir konnten zeigen, dass die peri- und postoperative Morbidität durch die Laparoskopie reduziert werden kann, indem es zu einer geringeren Rate an Wundheilungsstörungen, Infektionen, Hämatombildung und Nachblutungen bei adipösen Patientinnen durch dieses Operationsverfahren kommt. Zudem sinken die Thromboembolierate sowie die Krankenhausaufenthaltsdauer. Überdies lag die Reoperationsrate nach Laparotomien bei 23,1% im Gegensatz zu keinem Fall in der Laparoskopiegruppe. Somit stellt sich klar die Empfehlung für eine Laparoskopie als Operationsverfahren der Wahl für extrem adipöse Patientinnen heraus. Insbesondere in Hinblick auf maligne gynäkologische Erkrankungen in Kombination mit extremer Adipositas stellt sie gegenüber dem offen chirurgischen Vorgehen ein gleichwertiges Verfahren dar, vorausgesetzt es ist genügend chirurgische Expertise vorhanden. Die Empfehlung zum laparoskopischen Verfahren bei extremer Adipositas wird in vielen Quellen ebenfalls befürwortet (2, 6, 28, 29, 31, 33).

Dank neuster minimal-invasiver Methoden der Roboterchirurgie ist nach neuesten Studienergebnissen sogar ein noch besserer Outcome bezüglich postoperativer Komplikationen zu erwarten (58). Die Roboterchirurgie ist eine erweiterte computergestützte Variante der Laparoskopie, wobei Operationen per Assistenz eines Roboters technisch präziser durchgeführt werden können, da sowohl die Visualisierung als auch Bewegung der Instrumente besser möglich sind (59). In der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Medizinischen Hochschule Hannover gibt es aktuell das DaVinci®-System. Der Operateur sitzt dabei hinter einer Konsole und steuert von „außen“ die Operationsschritte ohne Verwacklungen; selbst schwer zugängliche Bereiche können dabei gut erfasst werden (59). Gehring et al. verglichen 49 adipöse Endometriumkarzinompatientinnen (davon 13 mit morbider Adipositas), die mit dem DaVinci®-System operiert wurden mit 32 adipösen Endometriumkarzinompatientinnen

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(davon 7 mit morbider Adipositas), die konventionell laparoskopiert wurden. Es ließen sich signifikant kürzere Operationszeiten, signifikant weniger Blutverluste und signifikant weniger Krankenhausaufenthalte beim roboterchirurgischen Verfahren ermitteln (58). Allerdings fiel das Staging bzw. Lymphadenektomie bei Adipositas ähnlich limitiert aus, sodass gesagt werden kann, dass durch das operative Verfahren die Einschränkungen der Radikalität nicht beeinflusst werden (58). Obwohl sich die verschiedenen Studien klar für eine minimal invasive Methode bei adipösen Patientinnen aussprechen, sieht der klinische Alltag oft anders aus. Aufgrund des Fehlens von erfahrenen Operateuren und technischer Ausstattung oder dem „Festhalten an klassischen Operationsmethoden“ wird oft auf die offene Variante zurückgegriffen, sodass der Einsatz von Laparatomien bei adipösen Frauen durchaus weit verbreitet ist (59). Eine Überweisung in eine Klink mit entsprechender Expertise wäre hier zu diskutieren.

Für dieses Hochrisiko-Patientenkollektiv ist es unabdingbar, sich bereits präoperativ einen guten Überblick über die Gesamtsituation der Patientin durch Anamnese, körperliche Untersuchung und vorhandene ärztliche Befundberichte zu verschaffen, um ein gutes Betreuungs- und Komplikationsmanagement insbesondere für die intra- und postoperative Phase zu erstellen.

Für die Praxis außerhalb des Krankenhauses sollten weitere Empfehlungen für die ambulante Betreuung extrem adipöser Patientinnen ausgesprochen werden. Ein regelmäßiges Screening auf Ko- und Folgeerkrankungen sollte zur Prävention im Vordergrund stehen (3). Darüber hinaus sollte eine umfassende Beratung und Behandlung zur Änderung des Lebensstils (Ernährungsumstellung, körperliches Ausdauertraining) insbesondere für die Krebsprävention erfolgen (7, 43).

Die Veränderung des Lifestyles wirkt ebenso günstig auf das metabolische Syndrom (19).

Adipositas ist zudem einer der wenigen modifizierbaren Risikofaktoren für maligne Erkrankungen (54). Eine Gewichtsreduktion mindert nicht nur das Risiko für die Entstehung von Karzinomen, insbesondere dem Endometriumkarzinom und dem Mammakarzinom, sondern hat den Nachweis erbracht, Begleiterkrankungen und Komplikationen der Adipositas zu bessern, selbst wenn nicht alle Folgen der Adipositas reversibel sind (3, 54, 81). Die Gewichtsreduktion hat einen positiven Einfluss vor allem auf kardiovaskuläre und metabolische Veränderungen. Insbesondere kann die Entwicklung eines manifesten Diabetes Mellitus Typ II gesenkt sowie eine Besserung bei arterieller Hypertonie und Hyperlipidämie

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erreicht werden (82, 83). Außerdem wurde bei Patientinnen mit der Diagnose Brustkrebs nachgewiesen, dass die Durchführung von moderater Fitness das Rezidivrisiko vermindert (7, 91).

Optimal wäre bereits eine präoperative Lifestyleänderung, um Komplikationen durch ein geringeres Risikoprofil vorzubeugen. Gleichermaßen wirkt sich eine postoperative Besserung des Lebensstils durch Sport und Ernährung günstig auf die Langzeitprognose aus. Eine Gewichtsreduktion durch bariatrische Chirurgie wäre ebenfalls eine mögliche Präventionsmaßnahme (54).

Da die Insulinresistenz und Hyperinsulinämie eine Rolle bei der Entstehung von malignen gynäkologischen Erkrankungen spielen, wird in verschiedenen Studien der Einsatz von Metformin (Biguanid) mit dem Ziel eines inhibierenden Effektes auf die Zellprolieferation des Endometriums sowie die Aromataseexpression bei adipösen Patientinnen als Vorbeugemaßnahme empfohlen (43, 51, 52, 53).