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II. Abbildungsverzeichnis

4.3 Perioperative Schwierigkeiten und Komplikationen

Bei Patientinnen mit Adipositas ist die chirurgische Therapie komplikationsreicher und technisch schwieriger umzusetzen als bei Patientinnen mit Normalgewicht (1, 4, 6, 7, 43).

Grund sind vor allem die Komorbiditäten und extremen Fettmassen, die das Operationsverfahren durch verminderte Übersicht und eingeschränkte Zugangsmöglichkeiten beeinträchtigen (44). Bei adipösen Patientinnen mit metabolischem Syndrom (vor allem diejenigen mit Diabetes mellitus und Hypertonus), die allgemeinchirurgische, gefäßchirurgische oder orthopädische Operationen durchlaufen müssen, lässt sich im Vergleich zu Normgewichtigen eine erhöhte perioperative Morbidität und Mortalität nachweisen (1, 2, 4, 6, 7, 12, 28). In unserer Studie konnte dies ebenfalls belegt werden: Bei 58,6% (58 Patientinnen) der extrem adipösen Patientinnen ließen sich während der Operation sowohl chirurgische als auch anästhesiologische Schwierigkeiten und Komplikationen feststellen; wir ermittelten 134

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Komplikationen bei 58 Patientinnen, d.h. jede 2. Patientin mit extremer Adipositas war betroffen, und zudem traten intraoperative Problematiken bei der Hälfte der Betroffenen mehrfach auf. Die normgewichtige Gruppe mit einem BMI von 18-25 kg/m² hingegen wies dabei in lediglich 11% der Fälle intraoperative Schwierigkeiten auf. Der Unterschied beider Gruppen im Vergleich war signifikant (p= 0,0001). Unsere Daten zeigen somit ein fünffach erhöhtes Komplikationsrisiko in der Gruppe der Patientinnen mit morbider Adipositas. Am häufigsten und statistisch hoch signifikant (p=0,0001) traten die intraoperativen Problematiken bei der Laparotomie hervor (84,6%). Eine Signifikanz ließ sich ebenso bei der rein vaginalen Hysterektomie ermitteln (p=0,048). Die intraoperativen Schwierigkeiten und Komplikationen bei den Vulvektomien waren mit 75% zwar hoch, aber nicht signifikant (p=0,143). Weniger, aber dennoch erhöht, verzeichneten wir Probleme bei der Laparoskopie (39,6%); das Auftreten war hierbei signifikant (p=0,0001).

In der Literatur ist ebenfalls eine Reihe von Problemen beschrieben, die sowohl den chirurgischen als auch den anästhesiologischen Bereich betreffen (1, 6). Dabei führend sind unter anderem die verlängerte Operationszeit bei Adipösen im Gegensatz zu normgewichtigen Patientinnen, die eine Reihe weiterer Probleme zur Folge haben kann wie z. B. venöse Thromboembolien oder ein vermehrter Blutverlust (1, 2). Unsere Untersuchungen zeigen, dass die durchschnittliche Operationszeit in der BMI-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe 13 Minuten länger war (89 vs. 102 Minuten). Das Ergebnis war jedoch nicht statistisch signifikant (p=0,099). Beim Vergleich der die einzelnen Operationsverfahren, dauerten die Operationen zwar länger, waren jedoch ohne statistische Signifikanz:

- Hysteroskopien Fallgruppe: 11 Minuten länger ohne statistische Signifikanz (p=0,399) - Laparotomien Fallgruppe: 14 Minuten länger ohne statistische Signifikanz (p= 0,284) - Vulvektomien Fallgruppe: 85 Minuten länger ohne statistische Signifikanz (p= 0,181) - rein vaginale Hysterektomie Fallgruppe: 57 Minuten länger ohne statistische

Signifikanz (p=0,234)

- Laparoskopie (alle Diagnosen) Fallgruppe: 2 Minuten kürzer ohne statistische Signifikanz (p=0,824)

- Laparoskopie (bei derselben Diagnose) Fallgruppe: 16 Minuten länger ohne statistische Signifikanz (p=0,358)

Der einzig signifikante Unterschied in der Subgruppenanalyse der Operationszeit zeigt der intraoperative Umstieg von Laparoskopie auf Laparotomie (p= 0,010). Im Gegenzug wurde bei

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der Fallgruppe 61 Minuten länger (Kontrollgruppe: 110 Minuten, Fallgruppe: 171 Minuten) benötigt. Ein ähnliches Ergebnis zeigte darüber hinaus die Studie von Caquant et al. (9), die bei 81 Patientinnen mit der Diagnose Endometriumkarzinom (40 Normgewichtige, 41 Adipöse) eine laparoskopische und vaginale Hysterektomie (mit Adnexektomie und Lymphonodektomie) durchführten. Die Operationszeit war bei Patientinnen mit hohem BMI länger (150 vs. 121 Minuten) (9). Die Analyse von Shah et al. ergab ebenfalls, dass längere Operationszeiten signifikant häufiger auftraten, je höher der BMI war, unabhängig vom operativen Zugangsweg (13). Es zeigte sich bei über 2700 Patientinnen mit morbider Adipositas (BMI > 40 kg/m²) im Rahmen einer laparoskopischen Hysterektomie eine 25 Minuten längere Operationszeit im Vergleich zu Patientinnen mit normalem BMI (128,8 vs. 153,3 Min) (13).

Die verlängerten Operationszeiten sind sowohl in unserer Analyse als auch bei vergleichbaren Studien das Resultat der erschwerten Verhältnisse durch die Adipositas interna und externa und der dadurch bedingten beengenden anatomischen Verhältnisse im Operationsfeld. Durch den Platzmangel wird die Sicht beschränkt, Präparationen verlaufen dadurch nur mühsam und erfordern eine große Präzision. Generell werden durch den Sicht- und Platzmangel Komplikationen begünstigt und die Verletzungsgefahr erhöht, nicht selten kommt es dadurch intraoperativ zu Blutungen oder zur Darmperforation (1, 28). Es kam in unserem Studienkollektiv bei 3 extrem adipösen Patientinnen zu intraoperativen Verletzungen (5,5%

aller intraoperativen Problematiken) aufgrund beengender Verhältnisse. Allerdings gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen Fallgruppe und Kontrollgruppe (p=0,651).

Grundsätzlich lagen in unserer Analyse mit 34,6% statistisch signifikante (p=0,0001) erschwerte Operationsbedingungen bzw. Operationsverhältnisse bei extrem Adipösen vor.

Dabei trat letztere Problematik bei der Laparoskopie (p=0,019) und der Laparotomie (p=0,015) signifikant hervor.

Mit 37,9% zeigte sich eine signifikante Einschränkung der Arbeitssicht während der Operation (p=0,0001), die signifikant bei der Laparoskopie (p=0,005), bei der Laparotomie (p=0,015) sowie bei der Umstellungsoperation (p=0,026) war.

Es zeigte sich zudem bei den extrem adipösen Patientinnen in 6 von 99 Fällen (6,1%) eine intraoperative Blutung, wobei ausschließlich in 2 Fällen die Menge des Blutverlustes dokumentiert worden ist (200ml und 2000ml). Hierunter waren 2 Patientinnen mit einem BMI-Wert über 53 kg/m². Im Vergleich kam es in der Kontrollgruppe nur in einem Fall (1%) zu einem

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kritischen Blutverlust über 1500 ml. Der Unterschied beider Gruppen war nicht signifikant (p=0,054). Je höher der BMI, desto häufiger wurde eine Bluttransfusion benötigt. Das bestätigt ebenso die bereits zitierte Analyse von Shah et al.: Morbid Adipöse benötigen intraoperativ durchschnittlich häufiger Transfusionen als Patientinnen mit einem BMI unter 40 kg/m² (13).

In einer anderen retrospektiven Studie mit 670 Frauen wurden intra- und postoperative Komplikationsraten im Rahmen einer LAVH (laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie) in Abhängigkeit vom BMI ermittelt, wobei der Blutverlust bei Adipösen (BMI

> 25 kg/m²) im Vergleich zu Normgewichtigen um 80 ml erhöht war (299,3 ml vs. 219,1 ml) (1).

Unsere Operationsberichte machen deutlich, dass durch den begrenzten Zugang bzw. die eingeschränkte Sicht über das Operationsfeld die Operationsschritte bei extremer Adipositas nicht immer zufriedenstellend ausgeführt werden konnten. Die „mühsamste Präparationen“

machten 24,1% der intraoperativen Schwierigkeiten aus. Im Vergleich zur Kontrollgruppe war der Unterschied signifikant (p=0,0001), insbesondere bei der Laparotomie (p=0,030). Präzise Präparationen vor allem in der Tiefe des Beckens sowie des Retroperitoneums waren deutlich erschwert. In 5 Fällen von 55 dokumentierten intraoperativen Schwierigkeiten (9,1%) war ein retroperitonealer Zugang mit Darstellung der Urethren sowie in 2 Fällen eine Zwerchfellexplorationwegen adipöser Verhältnisse nicht möglich. Dies ist vergleichbar mit anderen Studienergebnissen (1, 4, 10). Es gab keine Signifikanz zur Kontrollgruppe (p=0,491).

Gleichermaßen problematisch ist die intraoperative Umstellung des Operationsverfahrens, das 19% aller intraoperativen Schwierigkeiten ausmachte. So musste in der Gruppe der extrem adipösen Patientinnen in 11 Fällen die ursprünglich begonnene Operation abgebrochen bzw.

dann auf ein anderes Operationsverfahren umgestellt werden. Führend war hierbei der Umstieg von der Laparoskopie auf die Laparotomie in 8 Fällen. Darüber hinaus gab es in der Kontrollgruppe in 8 Fällen einen Umstieg der Operation von Laparoskopie auf Laparotomie.

Der Unterschied war nicht signifikant (p=0,469), jedoch muss hier erwähnt werden, dass wir in der Kontrollgruppe speziell nach entsprechenden Umstellungsoperationen gesucht haben, um grundsätzlich zu den verschiedenen Parametern einen Vergleich ziehen zu können. Die Umstellung hatte verlängerte Operationszeit zur Folge. Die durchschnittliche Operationsdauer in der Fallgruppe bei reiner Laparoskopie betrug 78 Minuten. Dagegen wurde bei einem intraoperativen Umstieg der Operation von Laparoskopie auf Laparotomie in der Fallgruppe eine durchschnittliche Operationsdauer von 171 Minuten benötigt. Der Umstieg bei

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Normgewichtigen hingegen lag bei durchschnittlich 110 Minuten. Die Operationszeit im Falle einer intraoperativen Umstellung des Operationsverfahrens war in der Gruppe der morbid adipösen Patientinnen signifikant verlängert (p=0,010). In der bereits oben genannten retrospektiven Studie mit 670 Patientinnen ist bei Patientinnen mit einem BMI > 25 kg/m² die Umstellung auf eine Laparotomie in 19% der Fälle ermittelt worden, in der Gruppe der Normgewichtigen hingegen in 10,1% (1). Im Committee Opinion No. 619 des American College of Obstetricians and Gynecologists, Obstetrics & Gynecology 2015 wird die erhöhte Rate der Umstellung von Laparoskopie auf Laparotomie bei Adipösen ebenfalls beschrieben, allerdings nimmt sie wiederum mit der vermehrten chirurgischen Erfahrung des Operateurs ab (2). In einer weiteren Studie wird bei ursprünglich geplanter LAVH bei Patientinnen mit einem BMI > 25 kg/m² in 21% der intraoperative Umstieg auf Laparotomie beschrieben (44).

In unseren Fällen war eine Umstellung eine Ursachenkombination aus Sicht- und Platzmangel und dadurch resultierend mühsamste Präparationen durch die Fettmassen, die unzureichende Länge von laparoskopischen Instrumenten und eine inadäquate Gasinsufflation. Die unzureichende Länge von Instrumenten bei extrem Adipösen scheint ein nicht seltenes Problem zu sein. Wir ermittelten 9 Fälle (16,4% der intraoperativen Schwierigkeiten), bei denen die Instrumentennutzung signifikant erschwert war (p=0,002). Eine sehr adipöse Bauchdecke ist sicherlich ein hoher Risikofaktor beim Einbringen der laparoskopischen Instrumente. (1, 33).

Der Zugang zur Bauchhöhle scheint hierbei das Haupthindernis zu sein (28). Es wird empfohlen, längere Instrumente (Trokare und Veressnadeln) mit über 150 mm zu verwenden, allerdings ist wegen der Sichtbehinderung und der begrenzten Manipulationsmöglichkeit der Instrumente eine erhöhte Verletzungsgefahr bekannt (2, 13). Diese Erkenntnisse verdeutlichen nicht nur die technischen Herausforderungen im chirurgischen Umgang mit adipösen Patientinnen, sondern auch das erhöhte Risikopotential, das die adipösen Patientinnen an sich darstellen, weshalb sich die operative Erfahrung des Chirurgen als enorm wichtig erweist (2, 13, 44). Die erhöhte technische Herausforderung bei Adipösen bestätigt sich ebenso in der verlängerten Operationszeit, die sowohl in der Analyse von Shah et al. (13) als auch in unserer Studie nachgewiesen werden konnte.

Neben der Laparoskopie stellt gleichermaßen die Laparotomie eine enorme chirurgische Herausforderung bei extrem adipösen Patientinnen dar, die gleicherweise die Daten unserer Studie verdeutlichen. Der Gedanke, dass die Laparotomie bei Adipositas-Patientinnen leichter durchzuführen sei, ist irreführend. Mit der Zunahme der subkutanen Schichten ist das

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Abdrängen dieser Massen schwierig (2). Zu einen ähnlichen Schuss kommen wir in unserer Studie: In 5 Fällen aller intraoperativen Schwierigkeiten (9,1%) zeigten sich Probleme mit den Wundrändern. In zwei Fällen wurde eine postoperative prophylaktische V.A.C.®-Anlage durchgeführt, um Wundheilungsstörungen vorzubeugen. Trotz dieser Prophylaxe kam es bei einer der beiden Patienten zu Wundheilungsstörungen im Verlauf. So lässt sich sagen, dass die prophylaktische V.A.C.®-Anlage hilfreich sein kann, aber keine Garantie zur Vermeidung von Wundheilungsstörung darstellt. Im Unterschied zur Kontrollgruppe stellte sich keine Signifikanz heraus (p=0,064).

Durch begrenzte Zugangsmöglichkeiten, aber auch aufgrund der vermehrt auftretenden Multimorbidität bei extrem adipösen Patientinnen wird nicht selten die Radikalität im Operationsverfahren bei malignen Erkrankungen eingeschränkt. Adipositas per magna kann bei Karzinom-Eingriffen die rechtmäßige Gewinnung von Lymphknotengewebe bei pelviner und paraaortaler Lymphadenektomie behindern, so dass als Ultima ratio auf ein Staging verzichtet werden muss (1, 4, 7, 11). Unsere Daten zeigten 20 Fälle (47,6% aller onkologischen Diagnosen), bei denen eine Lymphadenektomie oder Adnexektomie trotz maligner Diagnose ausgelassen oder nicht komplettierend durchgeführt werden konnte. Gründe sind vor allem die mangelnde Übersicht oder eine bestehende Multimorbidität. Das Outcome zeigte sich wie folgt:

Bei zwei Patientinnen mit den Diagnosen Ovarialkarzinom (FIGO IIA) und Endometriumkarzinom (FIGO IIIA) trat innerhalb von 11 und 17 Monaten ein Rezidiv auf, eine Patientin starb vier Monate nach Auftritt des Rezidivs. Zwei weitere Patientinnen mit den Diagnosen Endometriumkarzinom (FIGO IVB) und Ovarialkarzinom (FIGO IIIC) verstarben innerhalb von zwei Monaten nach der Erstoperation. In der Kontrollgruppe gab es bei malignen Diagnosen keine Einschränkung bezüglich der Radikalität im Operationsverfahren; alle Operationen wurden leitliniengerecht durchgeführt. Unsere Daten zeigen eine statistische Signifikanz bezüglich der eingeschränkten Radikalität (p=0,033).

Die weiteren drei Rezidivfälle in unserem Kollektiv zeigten ebenso intraoperative Schwierigkeiten hervorgerufen durch massive Adipositas. In zwei Fällen (Vulvakarzinom FIGO III und Vulvakarzinom FIGO IB) kam es zu größeren intraoperativen Blutungen. Beide Patientinnen verstarben innerhalb von 9 Monaten postoperativ. Im dritten Fall (Endometriumkarzinom FIGO IIIB) wurden mühsamste Präparationen beschrieben. Eine weitere Studie von Gunderson et al. bestätigte den negativen Einfluss von Adipositas bei intraoperativer Lymphadenektomie. Dabei war auffällig, dass besonders bei extrem adipösen

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Patientinnen (BMI > 40 kg/m²) auf das intraoperative Staging verzichtet wurde, das sich negativ auf die Prognose auswirken kann. Auf der anderen Seite wurde bei den extrem adipösen Patientinnen, bei denen ein entsprechendes Staging stattfand, im Vergleich die höchsten postoporativen Komplikationsraten festgestellt, insbesondere in Verbindung mit Laparotomien (43, 50).

Es lässt sich also schlussfolgern, dass die Bedingungen für eine optimale chirurgische Versorgung bei stark adipösen Patientinnen erheblich schlechter sind. Dies lässt sich durch weitere Literaturquellen bestätigen (1, 8, 43). Darüber hinaus kann bei einer nachfolgenden Strahlentherapie wegen extrem adipöser Bauchdecken die Strahlenabsorption eingeschränkt sein (1). Die zeigt sich insbesondere beim Zervixkarzinom, in dem mit hohen Dosen die Beckenmitte erreicht werden möchte, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen (43). Für das Endometriumkarzinom wurde ebenso aufgrund der suboptimalen Dosismetrie eine erhöhte Komplikationsrate durch die Strahlentherapie beschrieben (44).

Die Datenlage bezüglich einer Chemotherapie bei adipösen gynäkologisch-onkologischen Patientinnen ist limitiert (1, 7, 8). Im Allgemeinen erfolgt in der Onkologie die Dosierung für die klassischen Zytostatika nach der Körperoberfläche (KOF) oder gelegentlich nach der Körpermasse (45). Bei adipösen Patientinnen würden demnach z.T. außergewöhnlich hohe Absolutdosen das Resultat sein mit einer konsekutiv erhöhten Toxizität (43, 45). Daher gibt es keine einheitliche Reglung bzw. standardisierte Dosisberechnung für adipöse Patientinnen, sodass einige Zentren das absolute Körpergewicht und andere das ideale Körpergewicht verwenden (7, 44). Fachgesellschaften schlagen bis dato für die Berechnung der Chemotherapiedosis eine maximale Körperoberfläche von 2m² vor (44). Aus den o.g. Gründen lässt sich ableiten, dass die absolute Chemotherapiedosis mit steigendem BMI sinkt (48).

Studien zeigten, dass 40% der adipösen Patientinnen unterdosiert wurden, sodass sowohl der Verlauf der Therapie als auch das Outcome schlechter waren (43, 45). Dies wurde von der American Society of Clinical Oncology in der Leitlinie zur Chemotherapiedosierung bei übergewichtigen Patientinnen bestätigt (46). Sie spricht sich gegen eine Dosisreduzierung für dieses Patientengut aus und empfiehlt die Verwendung des realen Gewichtes zur Berechnung der KOF, insbesondere dann, wenn von einem kurativen Ansatz gesprochen wird. Dabei wurden verschiedene Studien analysiert, in denen keine stark erhöhte Toxizität bei Übergewichtigen trotz KOF mit Realgewicht festgestellt wurde (46). In einer weiteren retrospektiven Kohortenstudie, in der übergewichtige Patientinnen mit einer maligen gynäkologischen Diagnose mit einer KOF > 2m² gewichtsadaptiert Chemotherapie erhielten und mit zwei

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Kontrollgruppen (KOF > 2m² mit Dosisreduzierung und KOF <2m² ohne Dosisreduzierung) verglichen wurden, wurde kein erhöhtes Auftreten von toxischen Nebenwirkungen festgestellt (47). Daher empfiehlt das Panel der American Society of Clinical Oncology in ihrer Leitlinie, die klassischen Chemotherapeutika mit Ausnahme von Bleomycin, Carboplatin und Vincristin nach aktuellem Körpergewicht und KOF zu dosieren (45, 46).

Für die Anästhesie zeigen sich intraoperative Schwierigkeiten im Bereich der Respiration.

Intubation und Beatmung sind deutlich eingeschränkt, woraus eine schlechte Ventilation und Perfusion resultieren (1, 4, 44). Schwierigkeiten allein mit der Intubation bei übergewichtigen Patientinnen werden in der Literatur mit 13-25% angegeben und mit 79% für schwierige Verhältnisse bei einer Maskenbeatmung, so dass fiberoptische Wachintubationen in Betracht gezogen werden müssen (12). Adipositas ist mit einem erhöhten Aspirationsrisiko verbunden, sodass oftmals eine RSI (Rapid sequence induction) notwendig sein kann. Eine präoperative Gabe von H2-Rezeptorantagonisten kann supportiv sein (12). Die Beatmungsschwierigkeiten zeigten sich in unserer Studie vor allem bei der erforderlichen Kopftieflagerung (Trendelenburg-Lagerung) im Rahmen der Laparoskopie. So war in fünf Fällen (9,1%) die Kopftieflagerung im Rahmen der Laparoskopie erschwert, das in zwei Fällen sogar eine Umstellung der Operation erforderte. Für die Anästhesie ergaben sich zusätzlich in fünf Fällen (9,1%) Schwierigkeiten während der Beatmung. In 4 Fällen wurde bei der Laparoskopie keine suffiziente Gasinsufflation trotz Druckerhöhung erreicht. In einem Fall war eine Patientin deutlich erschwert in Narkose zu versetzen. Der Unterschied zur Kontrollgruppe war signifikant (p=0,024). Das dadurch resultierende erschwerte kardiopulmonale Management überwiegend bei adipösen Patientinnen bestätigt sich gleichermaßen in der Literatur (2, 12, 28) und erfordert eine überlegte präoperative Planung mit der Frage, ob die Patientin die Position in Kopftieflage lange genug tolerieren kann. Ein schlechter Gasaustausch und die Schädigung von Atemwegen können die Folge sein (12). Insbesondere bei Operationen im tiefen Becken ist ein erhöhter pneumoperitonealer Druck für die Übersicht notwendig, die allerdings schwierig für eine adäquate Ventilation sein kann (2). Es können je nach Adipositasgrad und Art des chirurgischen Eingriffs PEEP-Werte von mehr als 10 mbar erforderlich sein, um eine ausreichende Oxygenierung zu erreichen (12).

Zu den intraoperativen Schwierigkeiten gehören zudem Lagerungsschwierigkeiten der extrem adipösen Patientinnen, die bei 5 Patientinnen unserer Fallgruppe und bei keiner Patientin der Kontrollgruppe dokumentiert wurden. Im Übrigen hier zeigte sich ein signifikanter Unterschied

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(p=0,024). Grundsätzlich besteht bei Adipositas ein hohes Risiko für Druckstellen oder Verletzungen von Nerven und Extremitäten als Resultat von länger andauernder Kompression.

Insbesondere bei Eingriffen, die länger als 6 Stunden dauern, kann mit langfristiger Schädigung v.a. von Nerven gerechnet werden (2, 12, 28). Um die Rate der Verletzungen zu reduzieren, ist die optimale Lagerung der Patientinnen entscheidend. Hierfür sollte für die Lagerung daher genug Zeit und ggf. einen ausgebildeten Lagerungspfleger zu Hilfe genommen werden, um die Sicherheit der Patientin hauptsächlich bei länger andauernden Operationen zu gewährleisten.

Allerdings muss dabei beachtet werden, dass der Chirurg nicht zu sehr eingeschränkt wird.

Gelpads und Sicherheitsgurte sollten genutzt werden, um ungewollte Bewegungen der adipösen Patientin möglichst zu verhindern. Mit der Anwendung der Extra-Polsterung werden Druckpunkte vor allem an Knöcheln und Knien verschont, darüber hinaus wird die Kompression verhindert und ermöglicht somit die Minimierung des thromboembolischen Risikos (2, 12, 28).

Erschwerte Bedingungen während der Operation und die daraus resultierende verlängerte Operationszeit erfordern mehr geschultes Personal und einen höheren Materialaufwand; damit wird die Adipositas zu einem Kostenfaktor für das Krankenhaus sowie das Gesundheitssystem.

Zusammenfassend zeigt der Vergleich beider Gruppen bezüglich intraoperativer Schwierigkeiten und Komplikationen einen statistisch hoch signifikanten Unterschied (p=

0,0001). Im Vergleich von Laparoskopie und Laparotomie innerhalb der Fallgruppe in Bezug auf intraoperative Schwierigkeiten und Komplikationen miteinander, so wird deutlich, dass die Laparoskopie einen klaren Vorteil für die morbid Adipösen im Gegensatz zum abdominellen Verfahren darstellt. In unserer Studie war das Auftreten von intraoperativen Problematiken in der Laparoskopie-Gruppe mit 39,6% deutlich niedriger im Vergleich zu 84,6% in der Laparotomie-Gruppe (p=0,001). Auch in Bezug auf die Operationszeit war diese bei der Laparotomie signifikant verlängert (p=0,001).