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Die Rotweinherstellung unterscheidet sich von der Weißweinherstellung primär in einem wesentlichen Schritt, der sogenannten Maischegärung. Bei der Maischegärung wird nicht nur der Saft der Beeren vergoren, sondern auch die Schalen, das Fruchtfleisch und die Kerne. Durch diesen Prozess werden die dunkle Farbe und auch Tannine gewonnen, die für den Geschmack

40 des Rotweines wesentlich sind. Nachdem die Beeren nun durch den Entrapper von ihren Stielen getrennt wurden, folgt die nächste Etappe des Quetschens der Früchte mittels verschiedener Pressen. Der daraus gewonnene Traubenmost, die übrig gebliebenen Schalen und Fruchtteile werden bei der Rotweinbereitung gemeinsam in einen Gärtank befördert. Die gequetschten Beeren und ihr Saft werden als Maische bezeichnet (PRIEWE 2020: 124f.).

7.1.1 Maischegärung

Der nächste Schritt in der Vinifikation ist die Gärung der Maische, auch Maischegärung genannt. Hefen, deren Aufgabe es ist, den Zucker in den Beeren in Alkohol umzusetzen, finden sich auf den Schalen der Früchte oder werden der Maische beziehungsweise dem Most künstlich zugegeben. Der im Traubenmost enthaltene Zucker in Form von Fructose und Glucose liefert die Energie für die Vermehrung der pilzlichen Organismen und stellt auch Nahrung für sie dar. Je höher die Temperaturen sind, desto schneller vermehren sich die Hefen.

Auch Sauerstoff ist nützlich für die Schnelligkeit des Gärprozesses. Die Optimaltemperatur für eine kontinuierliche Umwandlung des Zuckers in Alkohol durch die Hefen beträgt 15°C. Die pilzlichen Organismen arbeiten so lange, bis der gesamte Zucker umgewandelt wurde und sich die Hefen am Boden des Gärtanks ablagern (PRIEWE 2020: 122f.). Eine weltweit bekannte Reinzuchthefe, die im Labor hergestellt wird und auch für Gärungsprozesse anderer Lebensmittel genutzt wird, ist Saccharomyces cerevisiae. Künstlich hinzugefügte Hefen arbeiten zuverlässiger als die auf den Schalen der Beeren natürlich vorkommenden Hefen, da sie aus mehreren Hefestämmen bestehen und vom Anfang bis zum Ende der Gärung durcharbeiten (PRIEWE 2020: 123).

Die Gärung der Maische erkennt man schon nach wenigen Stunden an der Bildung von Bläschen, die sich nach einiger Zeit zu einer offensichtlichen Schaumkrone, die aus Kohlendioxid entsteht, anhäufen. Je nach Gärgefäß und dem Kontakt der Maische mit dem Sauerstoff verläuft die Gärung schneller oder langsamer. Heutzutage sind geschlossene Edelstahlgärtanks weit verbreitet, da sie auch leicht zu reinigen sind und die Gärung gezügelt und reguliert ablaufen kann. Offene Holzbottiche, die für eine schnelle Gärung sorgen und früher oft verwendet wurden, werden heute nur mehr selten eingesetzt, da sie zu kostspielig und sehr aufwendig zu pflegen sind. Eine weitere Gefahr bei der offenen Maischegärung stellt die Oxidation des Alkohols durch den Sauerstoff dar, bei der sich unangenehme und ungewünschte Essigsäure-Bakterien bilden können (PRIEWE 2020: 124).

41 Drei wichtige Prozesse der Maischegärung

Das Besondere an der Maischegärung ist der parallele Ablauf dreier Vorgänge, um guten Wein zu erhalten. Diese Vorgänge können vom Kellermeister gut kontrolliert und reguliert werden, indem er die Temperatur in den Gärtanks aus Edelstahl individuell steuert. Möglich ist das deshalb, da im äußeren, mittleren Bereich des Gärtanks Rohrschlangen verlaufen, durch die Kühlflüssigkeit oder warmes Wasser verläuft, das die Temperatur der Flüssigkeit im Tank verändern kann. Im Zusammenhang mit der Maischegärung wird die Gruppe der Polyphenole bedeutend, denn zu ihr zählen unter anderem Anthocyane und Tannine (PRIEWE 2020: 124f.).

Farbextraktion

Anthocyane befinden sich bei den Beeren in den Schalen und sind die Pigmente, die dem Rotwein seine prächtig dunkle Farbe verleihen. Dadurch, dass Anthocyane wasserlöslich sind, sind sie die Stoffe, die am leichtesten gelöst werden können. Sie werden in der noch kalten Maische freigesetzt, bevor die Gärung begonnen hat. Erhöht der Kellermeister nach ein paar Stunden oder Tagen die Temperatur, um Alkohol entstehen zu lassen, folgt der zweite wichtige Prozess der Tanninextraktion. Die im Hintergrund fortlaufende Farbextraktion intensiviert sich somit und auch aus farblich schwachen Rebsorten kann eine schöne rote Farbe gewonnen werden (PRIEWE 2020: 124f.).

Alkoholische Gärung

Die alkoholische Gärung findet nicht nur in Gärtanks statt, sondern auch überall in der Natur, wenn Früchte zu Boden fallen, geöffnet sind und bestimmten Bedingungen ausgesetzt sind, unter anderem der Wärme (SEILNACHT 1998). Beim chemischen Prozess der alkoholischen Gärung entsteht nicht nur Alkohol, sondern auch einige Nebenprodukte, die teilweise erwünscht, aber auch unerwünscht sind. Die Nebenprodukte haben prozentuell gesehen keinen großen Anteil am gesamten Wein, doch trotzdem sind sie für den Geschmack und den Geruch prägend. Ein wichtiges Nebenprodukt, dass bei der Gärung gebildet wird ist Kohlendioxid (CO2), welches der Flüssigkeit in Form von Bläschen entweicht. Kohlendioxid macht durch die Bläschen und später werdende Schaumkrone ersichtlich, dass die Flüssigkeit gärt.

Unerwünschte Nebenprodukte der alkoholischen Gärung sind unter anderem Acetaldehyd, das eine Oxidation des Weines bewirken kann, und die giftige Substanz Methanol, welches ab er

42 einer bestimmten Menge pro Liter Wein tödlich wirken kann (PRIEWE 2020: 120f.). Zucker wird mit Hilfe der Hefen in Alkohol umgesetzt und die chemische Formel dafür lautet:

C6H12O6 (Zucker) = 2C2H5OH (Alkohol) + 2CO2 (Kohlendioxid)

Diese Gleichung besagt, dass der Zucker, der vergärt, Alkohol und Kohlendioxid entstehen lässt (PRIEWE 2020: 121).

Tanninextraktion

Bei der Gewinnung der Tannine, die auch die Seele des Rotweins genannt werden, gilt es einiges zu beachten. Tannine befinden sich einerseits in den Schalen der Beeren, sind aber auch in den Traubenkernen zu finden. Jedoch werden die weichen, süßen Tannine aus der Schale für die Weinherstellung bevorzugt. Zur Lösung des Tannins aus der Schale dient der entstandene Alkohol, der von der Hefe zuvor aus Zucker umgewandelt wurde. Ein wichtiger Schritt ist hierbei die Aufrechterhaltung des Kontaktes der Flüssigkeit, in der sich der Alkohol befindet, mit den festen Bestandteilen, in dem Fall mit den Schalen, um die Tannine zu lösen. Ein unersetzlicher Vorgang, der dafür häufig angewandt wird, ist das Umpumpen in andere Gärtanks, um die Maische zu durchmischen. Ein weiterer Einflussfaktor, um die Extraktion der Tannine zu intensivieren, ist die Gärtemperatur. Denn je wärmer es im Gärtank ist, desto schneller arbeitet die Hefe und das hat zur Folge, dass in kurzer Zeit mehr Alkohol entsteht und somit Tannine aus den Schalen gelöst werden können. Da die Tannine aus den Schalen leichter lösbar sind als aus den Kernen, darf der Kellermeister den Zeitpunkt nicht verabsäumen, an dem er die Temperatur der Maische senkt, da sich sonst auch meist unerwünschte härtere Tannine aus den Kernen lösen und sich im Wein befinden. Insgesamt dauert die Maischegärung ungefähr zehn bis fünfzehn Tage, wobei der Kellermeister beziehungsweise der Winzer entscheidet, wie weich das Endprodukt ausfallen soll. Der Abstich ist der Schritt, bei dem der Wein von den Schalen getrennt wird, bevor er tanninlastig wird (PRIEWE 2020: 126f.). Der von den Schalen abgezogene Wein wird vorerst Vorlaufwein genannt (JAEGER 2000 b: 123). Die übriggebliebenen, festen Bestandteile werden anschließend ausgepresst, sodass die Kerne unversehrt bleiben. Der daraus entstehende Presswein hat eine Qualität zweiter Klasse und die ausgepressten, festen Teile der übergebliebenen Beeren werden kompostiert oder destilliert (PRIEWE 2020: 127).

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7.1.2 Malolaktische Gärung

Als biologischer Säureabbau wird die Milchsäuregärung bezeichnet, auch malolaktische Gärung genannt, die bei der Rotweinbereitung die zweite Gärung ausmacht. Bei der Weinherstellung entstehen zwei Säuren, die Weinsäure und die Apfelsäure, wobei letztere zwar dem Weißwein seine Frische verleiht, im Rotwein aber eher unerwünscht ist (PRIEWE 2020:

128). Um diese Apfelsäure (Malat) in Milchsäure umzuwandeln werden entweder künstlich hinzugefügte Milchsäurebakterien dem Wein beigemengt, um den Vorgang der zweiten Gärung zu beschleunigen, oder aber die bereits natürlich vorkommenden Milchsäurebakterien beginnen von selbst die Apfelsäure abzubauen (JAEGER 2000 b: 125). Das natürliche Vorkommen dieser Bakterien ist auf die Trauben und bestimmte Orte im Keller, wie zum Beispiel die Ritzen eines Holzfasses, beschränkt. Die Milchsäurebakterien sind träge Mikroorganismen und arbeiten erst ab einer Temperatur von 20°C, was wiederum bedeutet, dass Winzer, die diesen Abbau der Apfelsäure beschleunigen wollen, in den Wintermonaten die Temperatur im Keller beziehungsweise in den Fässern oder Gärtanks erhöhen. Sie vermehren sich im sauren Milieu und benötigen keinen Zucker zum Säureabbau. Als Nebenprodukt dieser zweiten Gärung wird Kohlendioxid freigesetzt, was an der erneuten, aber diesmal viel geringeren, Bläschenbildung erkennbar ist. Der Rotwein ist erst nach dem biologischen Säureabbau stabil und enthält mit Ende der malolaktischen Gärung keine Apfelsäure mehr (PRIEWE 2020: 128).

Im Dokument Von der Traube zur Gesellschaftsdroge (Seite 39-43)