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Rekombination und Lebensdauer von Ladungsträgern im Halbleiter

Ausgangspunkt für die Funktion einer Solarzelle ist die Erzeugung freier Ladungsträger durch die Einstrahlung von Licht. Beschrieben anhand des elektronischen Bändermodells des Halbleiters wird dabei durch die Absorption eines Photons ein Elektron vom Valenzband ins Leitungsband gehoben und somit ein Elektron-Loch-Paar erzeugt (innerer photoelektrischer Effekt). Bei indirekten Halbleitern wie Silizium wird für diesen Prozess zusätzlich ein Phonon benötigt.

Findet keine räumliche Ladungstrennung statt, so rekombinieren die freien Ladungsträger nach einer gewissen Zeit wieder, da sie dadurch in einen energetisch günstigeren Zustand gelangen.

Rekombinationsprozesse begrenzen daher die Lebensdauer der Minoritätsladungsträgerτ, kurz

„Lebensdauer“, im Halbleiter.

2.1.1 Rekombinationsmechanismen

Die Rekombination von Ladungsträgern kann über verschiedene Mechanismen verlaufen, die im Folgenden erklärt werden und in Abbildung 2.1 veranschaulicht sind. Bei allen gelten die Erhaltungssätze für Energie, Impuls und Drehimpuls.

Ec

Ev Et

Phonon

Photon

angeregter Ladungsträger

(a) (b) (c)

Elektronen

Löcher

Abbildung 2.1: Rekombinationsmechanismen veranschaulicht im Banddiagramm eines Halbleiters.

(a)Störstellenrekombination: Rekombination über ein StörstellenniveauEtin der Bandlücke unter Aussendung von Phononen.(b)Strahlende Rekombination: direkter Übergang eines Elektrons von der Leitungsbandkante ECzur Valenzbandkante EV unter Aussendung eines Photons.(c) Auger-Rekombination: die durch Rekombination freiwerdende Energie wird an Ladungsträger abgegeben, welche daraufhin angeregt werden und wieder an die Bandkante relaxieren. Aus [11].

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Strahlende Rekombination

Der Prozess der strahlenden Rekombination, auch Lumineszenz genannt, verläuft entgegengesetzt zu dem der Photogeneration freier Ladungsträger. Ein Elektron „fällt“ dabei von der Leitungs-bandkante zurück an die ValenzLeitungs-bandkante, wo es mit einem Loch rekombiniert. Die gesamte freiwerdende Energie wird in Form eines Photons ausgesendet. Die Wellenlänge dieses Lichts entspricht folglich der Bandlückenenergie des Halbleiters.

Zur Erhaltung des Impulses in indirekten Halbleitern ist bei diesem Prozess zusätzlich die Emis-sion oder Absorption eines Phonons notwendig. In Silizium als indirektem Halbleiter stellt die strahlende Rekombination somit einen Drei-Teilchen-Prozess dar, der im Verhältnis zu anderen Rekombinationsmechanismen unwahrscheinlich ist [12].

Der strahlende Rekombinationsprozess wird genutzt, um beispielsweise die Ladungsträgerlebens-dauer einer Siliziumscheibe (Si-wafer) bei der Photolumineszenzmessung zu bestimmen (vgl. dazu Abschn. 3.2).

Auger-Rekombination

Bei der Auger-Rekombination hingegen wird die bei der Rekombination eines Elektrons mit einem Loch frei werdende Energie an ein weiteres Elektron im Leitungsband oder ein Loch im Valenzband abgegeben. Der daraufhin angeregte Ladungsträger wird auf ein anderes Energieniveau innerhalb des Bandes angehoben und relaxiert von dort unter Aussendung von Phononen an die Bandkante.

Mit der Ladungsträgerdichte im Valenz- beziehungsweise Leitungsband nimmt die Wahrschein-lichkeit für einen Auger-Rekombinationsprozess zu. Er findet daher besonders in hoch dotierten Halbleitern oder bei hohen Injektionsniveaus statt.

Störstellenrekombination

Die Hauptursache für die Begrenzung der Ladungsträgerlebensdauer in Halbleitern ist die Re-kombination an Störstellen im Kristall (Fremdstoffe, Kristallbaufehler) [12]. Die Theorie wurde von Shockley, Read und Hall in [13] und [14] erarbeitet, weswegen dieser Mechanismus auch als Shockley-Read-Hall-Rekombination (SRH) bezeichnet wird.

Die Energiezustände von Störstellen können sich auf verschiedenen Niveaus in der Bandlücke befinden. Ein Elektron kann vom Leitungsband über die Störstellenniveaus in der Bandlücke bis ins Valenzband rekombinieren. Die freiwerdende Energie wird auf diese Weise in mehreren Schritten überwiegend durch Phononenemission an den Halbleiterkristall abgegeben, was einen viel wahrscheinlicheren Prozess darstellt als der direkte Übergang bei der strahlenden Rekombination [15]. Die durch die Störstellenrekombination limitierte Ladungsträgerlebensdauer hängt von der Lage und der Dichte der Störstellenniveaus in der Bandlücke und damit von der Materialqualität des Siliziums ab.

Oberflächenrekombination

Neben Defekten im Kristallvolumen, wie Fremdatomen oder Kristallfehlern, existiert eine Vielzahl von Störstellen an der Oberfläche des Halbleiterkristalls, die durch das Ende der periodischen Gitterstruktur und der dadurch erzeugten offenen Bindungen (dangling bonds) entstehen. Deren Energieniveaus sind folglich kontinuierlich in der Bandlücke verteilt. Die Defektdichte pro Energie-intervall an der Oberfläche beziehungsweise an der beschichteten Grenzfläche einer Siliziumscheibe (density of interface traps) wird durch die Größe Dit in [cm−2eV−1] angegeben. Die an der Oberfläche stattfindende Rekombination ist zu dem Mechanismus der Störstellenrekombination zu zählen.

2.1 Rekombination und Lebensdauer von Ladungsträgern im Halbleiter 5 2.1.2 Lebensdauer der Minoritätsladungsträger

Eine hohe Lebensdauer ist für die Leistungsfähigkeit einer Solarzelle von zentraler Bedeutung.

Innerhalb dieser Zeit muss ein freier Ladungsträger das elektrische Feld am p-n-Übergang der Solarzelle, welches die räumliche Ladungstrennung bewirkt, erreicht haben. Die zurückzulegende Entfernung muss daher innerhalb der DiffusionslängeL=√

τ ·D(D=Diffusionskoeffizient) liegen.

Die die Lebensdauer begrenzenden Rekombinationsmechanismen werden durch die zusammenge-fasste RekombinationsrateR quantifiziert, welche die Lebensdauer wie folgt beeinflusst [15]:

τ = ∆n

R . (2.1)

Die sich einstellende Lebensdauerτ ergibt sich zu [12]:

1

τ = 1

τStrahlend + 1

τAuger + 1

τSRH . (2.2)

Die Rekombinationsrate ist im Allgemeinen von der Dichte der angeregten Ladungsträger abhängig.

Für die Grenzfälle von Niedrig- und Hochinjektion lassen sich die einzelnen Terme aus Gleichung (2.2) vereinfacht darstellen.

Bei Niedriginjektion ist die Überschussminoritätsladungsträgerkonzentration ∆n viel kleiner als die Majoritätsladungsträgerkonzentration im thermischen Gleichgewichtp0 (entspricht den elektrisch aktiven Dotieratomen): ∆np0. Dann gilt [11]:

τStrahlend∝ 1 p0

, τAuger ∝ 1

p02 , τSRHτn , (2.3)

wobeiτn die sogenannte Einfangzeitkonstante der Minoritätsladungsträger bezeichnet und mit τn:= 1/(Ntσnvth) definiert ist.Nt gibt dabei die Defektkonzentration,σn den Einfangquerschnitt der Minoritätsladungsträger undvth die thermische Geschwindigkeit der Ladungsträger an. Die Gesamtlebensdauer τ wird im Fall von Niedriginjektion folglich von der Höhe der Dotierung beeinflusst und ist unabhängig von ∆n.

Bei Hochinjektion (∆np0) gilt hingegen [11]:

τStrahlend∝ 1

n , τAuger ∝ 1

n2 , τSRHτp+τn (2.4)

mit τp := 1/(Ntσpvth) als Einfangzeitkonstante der Majoritätsladungsträger. Bei einer hohen Überschussladungsträgerdichte ∆nwird die Gesamtlebensdauer somit hauptsächlich durch die Auger-Rekombination begrenzt.

In Bezug auf die Limitierung der Lebensdauer durch Rekombinationsprozesse, die sowohl im Volumen als auch an der Oberfläche des Halbleiters stattfinden, wird die effektive Lebensdauer τeff wie folgt definiert [15]:

1

τeff = 1

τVolumen+ 1 τOberfl¨ache

. (2.5)

Die in Kapitel 3 vorgestellten Methoden zur Lebensdauerbestimmung dienen alle der Ermittlung der Größeτeff. Für gut passivierte Oberflächen lässt sich diese Gleichung umformen in [15]

1

τeff = 1

τVolumen+ 2Seff

W , (2.6)

wobeiSeff die sogenannte effektive Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit undW die Dicke der Si-Scheibe angibt. Dabei wird angenommen, dass die Rekombination an Vorder- und Rückseite

der Scheibe gleichermaßen stattfindet. Lebensdauerproben sollten daher immer eine symmetrische Struktur aufweisen.

Die im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchenden Lebensdauerproben werden aus hochreinem Si-Material hergestellt. Bei deren Charakterisierung wird davon ausgegangen, dass die Rekombination im Kristallvolumen für die Limitierung vonτeff nur eine vernachlässigbare Rolle spielt. Mit einer als unendlich angenommenen VolumenlebensdauerτVolumen lässt sich somit aus Gleichung (2.6) eine obere Grenze für die effektive Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit berechnen:

SeffWeff

, (2.7)

die der Beschreibung der Qualität der Oberflächenpassivierung dient.