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Bei der Verwendung von hochreinem Siliziummaterial findet die Rekombination von freien Ladungsträgern hauptsächlich an der Halbleiteroberfläche statt. Um diese Rekombination zu vermindern und somit die Ladungsträgerlebensdauer zu erhöhen, kann die Si-Scheibenoberfläche passiviert werden.

2.2.1 Passiviermechanismen

Die Oberflächen von Halbleitern lassen sich mit mehreren Methoden passivieren, welche im Folgenden vorgestellt werden.

Chemische Passivierung

Die Oberfläche einer Si-Scheibe weist aufgrund der Unterbrechung der kristallinen Struktur des Halbleiters eine hohe Dichte an GrenzflächenzuständenDit in der Bandlücke auf. Diese stellen Zentren der Störstellenrekombination dar. Die offenen Bindungen an der Oberfläche können durch die Aufbringung einer Passivierschicht (z. B. SiO2) abgesättigt werden, wodurch sie ihre Eigenschaft als Rekombinationszentren verlieren.

Eine zusätzliche Absättigung von Störstellen kann durch die Anlagerung von atomarem Wasser-stoff erzielt werden. Dazu werden wasserWasser-stoffhaltige Schichten, zum Beispiel eine mit WasserWasser-stoff angereicherte amorphe Siliziumschicht (a-Si:H), auf die Siliziumoberfläche aufgebracht. Durch anschließendes Tempern (annealing) kann der Passiviereffekt durch die Diffusion von Wasserstoff an die offenen Bindungen verstärkt werden [16]. Weitere Technologien für eine solche Wasserstoff-passivierung werden in [17] vorgestellt.

Feldeffektpassivierung

Bei der Feldeffektpassivierung wird auf die Oberfläche der Si-Scheibe eine dielektrische Schicht auf-gebracht, die eingebaute fixe Ladungen einer DichteQf enthält. Freie Ladungsträger im Halbleiter werden dadurch je nach Art ihrer Ladung und der Art der fixen Ladungen von der Grenzfläche abgestoßen oder angezogen. Bei der Feldeffektpassivierung wird über diesen Mechanismus ein möglichst großes Ungleichgewicht zwischen Minoritäts- und Majoritätsladungsträgern an der rekombinationsaktiven Grenzfläche hergestellt. Denn ein Rekombinationsprozess ist natürlich nur beim Zusammentreffen beider Ladungsträgerarten möglich.

Je nach Vorzeichen der fixen Ladung im Dielektrikum und der Dotierung des zu passivierenden Halbleiters gibt es zwei Arten der Feldeffektpassivierung, die im Folgenden für einen p-dotierten Halbleiter erklärt werden und analog für n-dotiertes Halbleitermaterial gelten.

Bei der Akkumulation (vgl. Abb. 2.2b) werden die Minoritätsladungsträger des p-dotierten

2.2 Oberflächenpassivierung 7

Abbildung 2.2: Veranschaulichung der Ladungsverhältnisse im p-dotierten Halbleiter (grau) bei der Feldeffektpassivierung mit verschiedenen Dielektrika, die negative (gelb) bzw. positive (blau) fixe Ladungen enthalten. Aus [18].

Halbleiters durch negative fixe Ladungen im Dielektrikum von der Grenzfläche zwischen Halbleiter und Isolator abgestoßen. Die Majoritätsladungsträger werden gleichermaßen angezogen und an der Grenzfläche akkumuliert. Die dadurch erfolgte Ladungstrennung vermindert die Anzahl der Rekombinationsprozesse.

Bei einer ausreichend hohen Dichte positiver fixer Ladungen im Dielektrikum werden so viele Minoritätsladungsträger an die Grenzfläche angezogen und Majoritätsladungsträger davon abge-stoßen, dass es zu einer Vertauschung der Mengenverhältnisse dieser beiden Ladungsträgerarten an der Grenzfläche kommt. In diesem Fall spricht man von dielektrischer Passivierung durch Inversion (vgl. Abb. 2.2c). Sie führt wie die Akkumulation zu einer verringerten Rekombi-nationsrate an der Oberfläche des Halbleiters.

Zur dielektrischen Passivierung von Siliziumsolarzellen werden gewöhnlich Schichten aus Silizium-nitrid (SiNx:H) oder thermisch erzeugtem Siliziumdioxid (SiO2) verwendet. Beide Schichten enthalten positive fixe Ladungen mit einer Dichte von bis zuQf ≈1012 cm−2 [19], weswegen sie besonders gut zur Oberflächenpassivierung von n-dotiertem Silizium geeignet sind.

Seit einigen Jahren wird auch Aluminiumoxid (Al2O3) als dielektrische Passivierschicht verwendet.

In Al2O3 wurden sehr hohe Dichten fixer Ladungen im Bereich von über Qf ≈1·1013 cm−2 ge-messen (z. B. [3]). Im Gegensatz zu den Ladungen in SiO2und SiNx:H sind diese in Al2O3 negativ.

Die durch Akkumulation bewirkte Passivierung des in der Photovoltaik vorrangig verwendeten p-dotierten Si-Materials führt daher zu exzellenten Passiviereigenschaften (vgl. Abschn. 2.2.2).

Durch die negativen Ladungen im Aluminiumoxid erwächst zusätzlich der Vorteil, dass bei der Kontaktierung von rückseitig Al2O3-passivierten p-Typ Solarzellen keine parasitären Kurzschlüsse möglich sind, die den Strom und damit den Wirkungsgrad der Solarzelle verringern würden [16].

2.2.2 Oberflächenpassivierung mit Aluminiumoxid (Al2O3)

Die Verwendung von Aluminiumoxid stammt aus den Bereichen der Siliziummikroelektronik und der Dünnschichtbauelemente. Deren Forschungsziel einer stetigen Miniaturisierung von Siliziumbauteilen erfordert die Dickenverminderung bei der herkömmlich als Gateoxid verwen-deten SiO2-Schicht auf unter 1 nm. Der dadurch erhöhte Tunnelstrom verursacht jedoch hohe Leckströme und Funktionsinstabilitäten [20]. Sogenannte „high-κ-Dielektrika“, also Isolatoren mit hohen Permittivitätszahlen (für die Bezeichnungκ wird in dieser Arbeit εIsolator gewählt), sollen SiO2 ersetzen. Al2O3 erwies sich aufgrund seiner exzellenten dielektrischen Eigenschaften, seines guten Haftvermögens an vielen Oberflächen sowie seiner thermischen und chemischen Stabilität als technologisch wichtiges Material für diese Zwecke [21].

Der Einsatz von Al2O3 im Bereich der Photovoltaik wurde erstmals 1989 von Hezel und Jaeger [22] untersucht. Sie stellten Aluminiumoxid durch chemische Gasphasenabscheidung bei Atmos-phärendruck (atmospheric pressure chemical vapour deposition, APCVD) her, das sich als wirksame Oberflächenpassivierschicht auf der Rückseite von Solarzellen erwies (Seff ≤500 cm/s auf monokristallinem Si-Material).

Die Aluminiumoxidschichten wurden sodann als Ersatz für das konventionell verwendete „Back Surface Field“1 (BSF) vorgeschlagen. Agostinelli et al. [23] erreichten 2004 mit dem Verfahren der thermischen Atomlagenabscheidung (thermal atomic layer deposition, ALD) von Al2O3 Ober-flächenrekombinationsgeschwindigkeiten von 10 cm/s auf p-dotiertem monokristallinem Silizium (spezifischer Widerstand:ρS = 2 Ωcm).

Hoex et al. [24] untersuchten im Jahr 2006 erstmals Al2O3, das mit plasmaunterstützter Atom-lagenabscheidung (plasma assisted atomic layer deposition, PA-ALD) aufgebracht wurde, und erreichten auf diese Weise effektive Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeiten vonSeff = 2 cm/s auf n-dotierten undSeff = 13 cm/s auf p-dotierten monokristallinen Si-Scheiben (ρS= 2 Ωcm).

Die hervorragende Passivierqualität von Al2O3 wurde der darin gemessenen sehr hohen Dichte an fixen Ladungen (Qf ≈1013 cm−2 [24]) zugeschrieben, die dessen Verwendung als dielektrische Passivierschicht in der Photovoltaik nahelegt. Zur Erforschung der Herkunft wurden in der Mikro-elektronik Untersuchungen mit dem Ziel der Minimierung dieser fixen Ladungen durchgeführt [25], da deren Anwesenheit die Leistungsfähigkeit dieser Bauteile beeinträchtigt [26]. In der Photovoltaikforschung dagegen steht die Maximierung der Dichte fixer Ladungen im Vordergrund, um eine möglichst hohe Feldeffektpassivierung hervorzurufen.

Die negative Ladung kann mit einem Modell für die lokale atomare Bindung von nichtkristallinem Al2O3, das zwei verschiedene Bindungsmöglichkeiten der Al-Atome aufweist, erklärt werden [27].

Nach diesem Modell ist die Strukturformel von Al2O3 gegeben durch:

2(Al2O3) = 3(AlO4/2)1−+ Al3+ . (2.8)

Eine oktaedrische Koordination führt zu den Al3+-Ionen. Der Grund für die negative fixe Ladung ist eine seltene tetraedrische Koordination des Al, die an der Al2O3-Si-Grenzfläche auftritt [3, 28].

Es wird vermutet, dass Al2O3 neben dem starken Feldeffekt eine zusätzliche Passivierung durch die chemische Absättigung der Grenzflächenzustände zwischen Al2O3 und Si bewirkt und damit die Störstellendichte an der GrenzflächeDit reduziert [29]. Diese Absättigung könnte durch die Diffusion von Wasserstoff aus der Al2O3-Schicht an die Grenzfläche herbeigeführt werden.

Herstellung von Al2O3-Schichten

Um die Al2O3-Passivierschicht auf eine Si-Scheibe aufzubringen, können diverse Techniken ver-wendet werden. Dazu zählen die thermische Atomlagenabscheidung [30, 31], die plasmaunterstützte Atomlagenabscheidung [32], die plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung (PECVD) [33, 34] und die zu den physikalischen Gasphasenabscheidungen (PVD) gehörende Kathodenzer-stäubung (sputtering) [10]. Bei all diesen Techniken befindet sich die Probe während des gesamten Prozesses in einer Kammer, in der die Beschichtung vollständig durchgeführt wird. Für eine kostengünstige Aufbringung der Al2O3-Schicht wurden ALD-Systeme mit hohem Probendurchsatz entwickelt. Dabei wird die Si-Scheibe während der Abscheidung durch eine Anlage gefahren und den einzelnen Prozessschritten an verschiedenen Stellen der Anlage unterzogen statt diese Schritte ortsfest durchzuführen [35].

1 Das „Back Surface Field“ ist eine hoch dotierte p+-Zone auf der Rückseite der p-dotierten Si-Basis einer Solarzelle.

Sie vermindert die Rekombinationsverluste an der Rückseite, indem durch eine zusätzliche Bandverbiegung Elektronen von der Oberfläche abgehalten werden [12].

2.2 Oberflächenpassivierung 9 In der vorliegenden Arbeit werden Al2O3-Passivierschichten charakterisiert, die mit dem Verfahren der plasmaunterstützten Atomlagenabscheidung (PA-ALD) aufgebracht wurden. Wie aktuelle Untersuchungen [36] belegen, handelt es sich dabei um das Verfahren, mit dem Al2O3-Schichten höchster Passivierqualität hergestellt werden können. Die Technologie ermöglicht die Abscheidung äußerst homogener Schichten aus der Gasphase auf ein Substrat bei niedrigen Prozesstemperaturen (≈200 °C).

Eingesetzt wird die Atomlagenabscheidung im Bereich der Photovoltaik, trotz der damit er-zielbaren exzellenten Passivierergebnisse, bisher nur in der Forschung, da für deren industrielle Umsetzbarkeit beim derzeitigen Stand der Technik zu lange Prozessdauern notwendig und die Kosten zu hoch sind.

Das PA-ALD-Verfahren basiert auf zwei selbstbegrenzenden Oberflächenreaktionen. Dabei reagiert die gesamte Oberfläche des Substrats gleichermaßen mit einem ersten Reaktionsgas (precursor), woraufhin zunächst keine weitere Reaktion sattfindet und lokal keine dickeren Schichten entstehen.

Erst nach Abpumpen des ersten und Einlass des zweiten Reaktionsgases findet die nächste Oberflächenreaktion statt. Durch die Wiederholung eines vollständigen Reaktionszyklus können dickere Schichten erzeugt werden. Auf diese Weise lassen sich auch auf großen und unebenen Oberflächen Schichten mit atomlagenweise einstellbarer Dicke abscheiden [37].

Als Reaktionsgase für die Al2O3-Schicht werden Sauerstoff und Trimethylaluminium (TMA) verwendet. Aufgrund des hohen Dampfdrucks des zunächst als Flüssigkeit vorliegenden TMA ist schon bei Raumtemperatur eine ausreichende Menge des für die Reaktion benötigten gasförmigen TMA vorhanden, welche über ein Dosierventil in die Prozesskammer geleitet wird.

Ein Zyklus des PA-ALD-Prozesses, bei dem eine Atomlage Aluminiumoxid auf dem Si-Substrat entsteht, beinhaltet die folgenden Einzelschritte (vgl. Abb. 2.3) [38]:

1. TMA wird in die hochvakuumierte Prozesskammer eingeleitet. Die sich dort befindende Si-Scheibe ist an der Oberfläche mit natürlich oder chemisch entstandenem SiOx, das Hydroxylgruppen (OH) enthält, beschichtet.

2. Die TMA-Moleküle reagieren mit den OH-Gruppen an der Scheibenoberfläche, wobei Al(CH3)2-Gruppen entstehen und Methan (CH4) abgespalten wird.

3. Ist die gesamte Oberfläche mit Al(CH3)2-Gruppen abgesättigt, kommt die Reaktion zum Erliegen. Die Restgase werden abgepumpt.

4. Eine indirekte Plasmaquelle (remote-plasma) erzeugt atomaren Sauerstoff in der Prozess-kammer.

5. Dieser reagiert mit den Methylgruppen an der Oberfläche unter Abspaltung von CO2 und H2O.

6. Nach erneutem Abpumpen bleiben gebundene OH-Gruppen auf der Al2O3-Schicht zurück, welche die Ausgangsoberfläche für den folgenden Zyklus bilden.

Zur Aufbringung der Al2O3-Schichten wird eine ALD-Anlage des Typs „FlexAL“ der Firma Oxford Instruments verwendet. Sie bietet die Möglichkeit, die zu beschichtenden Si-Scheiben durch eine Schleuse in die Prozesskammer (Abb. 2.4) zu fahren, sodass diese zum Be- und Entladen nicht geöffnet werden muss. Das verkürzt die Prozesszeit und vermindert Verunreinigungen in der Kammer.

Auf die im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchenden Proben werden durch Variation der ALD-Zyklenanzahl unterschiedliche Al2O3-Schichten aufgebracht, die bei einer konstanten Abscheidedi-cke von etwa 1,2 Å pro Zyklus [31] zwischen 5 und 120 nm dick sind. Für eine hohe Lebensdauer benennt die Literatur [24] eine Al2O3-Schichtdicke von 30 nm als optimal, welche als Standarddicke

OH

Abbildung 2.3: Chemische Reaktionen der einzelnen Prozessschritte eines ALD-Zyklus bei der Al2O3-Abscheidung. Aus [18].

O2

Abbildung 2.4: Schematischer Aufbau der Prozesskammer der FlexAL von Oxford Instruments mit In-situ-Ellipsometer. Aus [18].

auch auf die hier prozessierten Proben aufgebracht wird. Das Schichtwachstum kann während des Prozesses mit einem In-situ-Ellipsometer beobachtet werden.

Nach der Abscheidung von Al2O3-Schichten mittels PA-ALD weisen die Minoritätsladungsträger der Proben eine Lebensdauer von nur einigen Mikrosekunden auf (vgl. [24, 39] und Abschn. 4.5.1).

Da dies bei Al2O3-beschichteten Proben, die mittels thermischer ALD hergestellt wurden, nicht beobachtet wird [36], könnte dieser Effekt auf eine Schädigung der Probe durch das Sauerstoff-plasma zurückgeführt werden. Um eine hohe Lebensdauer zu erreichen, ist nach der Beschichtung ein Temperschritt notwendig, der in der Literatur [24] bei etwa 420 °C durchgeführt wird.

Der mit einem Transmissions-Elektronen-Mikroskop (TEM) aufgenommene Querschnitt einer

2.3 MIRHP-Passivierung 11