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2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS)

2.4.2 Einfluss der Vorspannung auf die Bandstruktur

Nun wird die Reaktion des MOS-Kondensators auf eine sich ändernde äußere SpannungVG am Gatekontakt untersucht. Betrachtet man die energetische Bandstruktur des vorgespannten idealen MOS-Kondensators, so ergibt sich durch den Ausgleich der Fermi-Niveaus von MetallEFM und HalbleiterEFS das in Abbildung 2.8 gezeigte Schema. Die gemessene Gesamtkapazität des idealen MOS-Kondensators setzt sich aus der Kapazität des OxidsCOX und der Kapazität des Siliziums

Abbildung 2.8: Elektronisches Bänderschema einer idealen MOS-Struktur bestehend aus Al, SiO2

und p-dotiertem Si bei angelegter SpannungVG. Die Bandlücke von Si zwischen Leitungsbandkante EC und ValenzbandkanteEVbeträgt 1,12 eV, die des Oxids ist wesentlich größer. Die Fermi-Energien von MetallEFM und Halbleiter EFS liegen auf einem Niveau. Aus [49].

CS, die durch die Bandverbiegung an der Grenzfläche zwischen Silizium und Oxid verursacht wird, zusammen.

Der gewöhnlich als kreisrunde Fläche auf das Oxid aufgedampfte Gatekontakt [49] bildet mit dem darunter liegenden Halbleiter einen Plattenkondensator, der mit der Oxidschicht als Dielektrikum gefüllt ist. DieOxidkapazitätCOXdieses Plattenkondensators ist unabhängig von der angelegten SpannungVG und wird nach [50] berechnet zu

COX=ε0εOX· AG

dOX , (2.9)

wobeiε0 die Permittivität des Vakuums,εOX die relative Permittivität des Oxids, AG die Gate-kontaktfläche und dOX die Oxiddicke angibt. Zur Vereinfachung beziehen sich alle folgenden Gleichungen auf eine Gatekontaktfläche vonAG= 1 cm2.

AlsHalbleiterkapazität CS trägt die Bandverbiegung an der Siliziumoberfläche zur Gesamt-kapazität des MOS-Kondensators bei. Sie verursacht die Ausbildung einer Raumladungszone im Silizium. Bei Variation der von außen angelegten GatespannungVG ändert sich die Dichte der Ladungsträger an der Oxid-Silizium-Grenzfläche und folglich auch die Bandverbiegung (vgl.

Abschn. 2.4.2). Somit wird die Halbleiterkapazität im Gegensatz zur Oxidkapazität von VG beeinflusst (CS=CS(VG)). Auf diese Abhängigkeit wird in Abschnitt 2.4.3 detailliert eingegangen.

Variiert man die an die ideale MOS-Struktur angelegte äußere Gatespannung VG, so durch-läuft deren Bandstruktur verschiedene Zustände. Diese variierenden Verhältnisse führen zu einer Veränderung der Kapazität des MOS-Kondensators.

Man unterscheidet je nach Vorzeichen, Betrag und Frequenz der äußeren Spannung sechs Zustände der Bandstruktur, die im Folgenden für ein p-dotiertes Siliziumsubstrat betrachtet werden und analog für n-dotiertes Material gelten.

2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS) 15 a) Akkumulation

Legt man an den Gatekontakt des idealen MOS-Kondensators eine negative Spannung an, so sammeln sich durch das entstehende elektrische FeldE~im p-dotierten Halbleiter an der Grenzfläche zum Oxid Löcher an. Die sich dadurch bildende Dichte positiver Ladungen−QMist betragsmäßig gleich groß wie die entstehende Dichte negativer FlächenladungenQMim Metall an der Grenzfläche zum Oxid (vgl. Abb. 2.9a). Aufgrund der Anreicherung der Majoritätsladungsträger an der Grenzfläche im Silizium wird dieser Spannungsbereich als Akkumulation (accumulation) bezeichnet.

(a)

(b)

Abbildung 2.9: Akkumulation in p-dotiertem Silizium.(a)Ladungsdichteρin Abhängigkeit vom Ort im MOS-Kondensator x. (b) Bänderschema des MOS-Kondensators. VG <0 verursacht eine Verschiebung vonEFim Metall und damit auch im Si. Es entsteht eine BandverbiegungψS, die die Energieniveaus EC,EV und die intrinsische Energie Ei im Volumen im Vergleich zu denen an der Grenzfläche verschiebt. Aus [46].

Die Akkumulation von Löchern an der Grenzfläche ist im Banddiagramm mit einer leichten Bandverbiegung zu höheren Energien gleichzusetzen (vgl. Abb. 2.9b). Die Bandverbiegung kann durch das Oberflächenpotential ψS quantifiziert werden und ist definiert als Abweichung der Energie der Valenz-EVbeziehungsweise LeitungsbandkanteECan der Halbleiter-Oxid-Grenzfläche von der im Volumen [50]:

ψS=EV(Volumen)−EV(Grenzfläche) . (2.10)

ψS ist somit in diesem Fall eine negative Größe.

Im Bereich der Akkumulation kann aufgrund der Mobilität der Ladungsträger deren Ansammlung im Silizium auf einen infinitesimal schmalen Bereich an der Grenzfläche zum Oxid angenommen werden.

b) Flachbandzustand

Nimmt das OberflächenpotentialψS im Silizium der MOS-Struktur den Wert Null an, so liegt aufgrund der fehlenden Bandverbiegung der sogenannte Flachbandzustand (flatband condition) vor. Im Fall eines idealen MOS-Kondensators wird dies für eine angelegte Gatespannung von VG = 0 V erreicht. Die Ladungsverhältnisse an der Grenzfläche sind somit die gleichen wie im Volumen des Halbleiters und die Raumladungszone verschwindet.

c) Verarmung

Eine Erhöhung der angelegten Spannung auf niedrige positive Werte oberhalb der Flachband-spannung (VG> VFB) führt zu einer Bewegung der Löcher im Silizium von der Oxid-Halbleiter-Grenzfläche weg in das Halbleitervolumen hinein (vgl. Abb. 2.10b). Folglich entsteht eine Verar-mung (depletion) an Majoritätsladungsträgern an der Grenzfläche. Die dadurch verbleibenden

(a)

(b)

Abbildung 2.10: Verarmung in p-dotiertem Silizium. Die durchVG>0 entstandene Flächenladungs-dichte QMwird durch negative Ladungen im Si ausgeglichen (Abstoßung der Majoritätsladungsträger von der Grenzfläche). Die festen Ionen bilden eine RLZ im Halbleiter, wodurch die Ladung nicht an der infinitesimal schmalen Grenzfläche zum Oxid konzentriert ist.ψSist leicht positiv.(a)Ladungsdichte ρin Abhängigkeit vom Ort im MOS-Kondensatorx.(b)Bänderschema des MOS-Kondensators. Aus [46].

negativ geladenen Ionen bilden aufgrund ihres festen Kristallgitterplatzes eine Raumladungszone (RLZ) mit spannungsabhängiger AusdehnungWS=WS(VG).

Unter der Annahme einer scharfen Grenze der Raumladungszone ist die Ladungsverteilungρ(x) aufgrund der festen Lokalisierung der Ionen über die gesamte Raumladungszone im Silizium hinweg konstant (vgl. Abb. 2.10a). Dadurch nimmt das elektrische Feld E~ = −dx über die Raumladungszone linear ab und entsprechend hängt das OberflächenpotentialψS quadratisch mit der Tiefe der Raumladungszone zusammen [51]:

ψS= qNAWS2

2ε0εS (2.11)

mitεS als relativer Permittivität von Silizium. Die Bandverbiegung im Verarmungsbereich ist durch die negative Ladung an der Grenzfläche leicht positiv.

2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS) 17 d) Inversion

Wird die angelegte positive Gatespannung weiter erhöht, bewirkt das stärker werdende elektrische FeldE~ weiterhin das Fortbewegen der Löcher von der Oxid-Silizium-Grenzfläche immer tiefer in das Siliziumvolumen hinein, wie es schon im Verarmungsbereich der Fall war. Zusätzlich werden nun aus dem Volumen diffundierte beziehungsweise thermisch oder über Störstellen erzeugte Elektronen an die Grenzfläche herangezogen (vgl. Abb. 2.11b). Bei ausreichend hoher Spannung

(a)

(b)

Abbildung 2.11:Inversion in p-dotiertem Silizium.(a)Ladungsdichteρin Abhängigkeit vom Ort im MOS-Kondensatorx.QMwird durch negativ geladene Ionen, die bis zur maximalen TiefeWS,lim

in den Halbleiter hineinreichen, und durch eine aus Minoritätsladungsträgern gebildete Flächenladung der DichteQinv ausgeglichen.(b)Bänderschema des MOS-Kondensators. Aus [46].

übersteigt die Konzentration der Minoritätsladungsträger an der Grenzfläche zwischen Halbleiter und Oxid die Dotierstoffkonzentration. Dieser Spannungsbereich wird daher als Inversionsbereich bezeichnet.

Das Eintreten der starken Inversion wird durch den Konzentrationsausgleich von Minoritätsla-dungsträgern an der Oxid-Silizium-Grenzfläche und der Volumendotierung des Halbleiters definiert.

Die dafür anzulegende Spannung wird als Schwellenspannung (threshold voltage) bezeichnet.

Die Ansammlung der Minoritäten bildet an der Grenzfläche eine sogenannte Inversionsschicht aus, die das elektrische FeldE~abschirmt und somit ein weiteres Wegtreiben von Majoritätsladungsträ-gern in das Silizium hinein verhindert. Die Ausdehnung der Raumladungszone ist dadurch auf eine maximale TiefeWS,lim limitiert.

Zur Bestimmung der Bandverbiegung kann das Oberflächenpotential nach [51] mit ψS,inv=−2kBT

q lnNA

ni (2.12)

berechnet werden. Setzt man diese Beziehung in Gleichung (2.11) ein, so kann die maximale Tiefe der RaumladungszoneWS,lim berechnet werden zu [51]

WS,lim=0εS· |ψS,inv| qNA

1/2

. (2.13)

e) Tiefe Verarmung

Die unter d) motivierte maximale Ausdehnung der Raumladungszone in Inversion kann allerdings im Sonderfall der stattdessen auftretenden sogenannten tiefen Verarmung (deep depletion) über-wunden werden. Dazu wird die Gatespannung so schnell auf immer höhere positive Werte geändert, dass es den Minoritäten nicht möglich ist, eine abschirmende Inversionsschicht auszubilden.

Im Metall findet bei schneller Änderung der Gatespannung aufgrund der hohen Leitfähigkeit ein unmittelbarer Vorzeichenwechsel der Ladung mit der DichteQMstatt [51]. Die Geschwindigkeit, mit der im Halbleiter die Majoritätsladungsträger durch das elektrische Feld E~ in Richtung Siliziumvolumen zurückgedrängt werden, ist von der dielektrischen Zeitkonstante4 τD abhängig.

Für Silizium mit einer Dotierung von≈1016 cm−3 ergibt sich eine Zeitkonstante in der Größen-ordnung von 10−12 s. Im Verhältnis zu typischen Änderungen der Gatespannung (Größenordnung Hz bis MHz) wird demzufolge auch die Verarmungszone unmittelbar gebildet.

Gleichzeitig beginnt sich die Inversionsschicht durch Heranziehen von Minoritätsladungsträgern auszubilden. Die thermische Erzeugung der dafür nötigen freien Elektronen ist ein viel langsamerer Prozess [51]. Die Ausbildung der Inversionsschicht dauert daher im Verhältnis zu einer schnellen Änderung der Gatespannung lange, wodurch sich die Raumladungszone zunächst weiter als auf den in Gleichung (2.13) definierten Maximalwert ausdehnen kann und somit die Ladungsneutralität der gesamten MOS-Struktur gewährleistet. Erst nachträglich bildet sich eine Inversionsschicht, indem freie Elektronen aus dem Volumen nachfließen oder thermisch beziehungsweise durch Grenzflächenstörstellen erzeugt werden.

f ) Lawinendurchbruch

Wird die angelegte Gatespannung auf derart große positive Werte erhöht, dass ausreichend starke elektrische Felder auftreten, können die Elektronen aus dem Halbleiter austreten und in die Oxidschicht injiziert werden [52].

Aufgrund der hohen Spannung tritt im Halbleiter eine starke Bandverbiegung an der Grenzfläche zum Oxid auf. Elektronen, die vom Valenzband ins Leitungsband angeregt werden, werden durch das elektrische Feld der Raumladungszone zur Grenzfläche gezogen und können von dort in den Halbleiter injiziert werden. Das sich dort befindende elektrische Feld treibt die Elektronen weiter zum Gatemetall. Da dieser Prozess mit vielen „heißen“ Ladungsträgern gleichzeitig passiert, wird der Effekt als Lawinendurchbruch (avalanche breakdown) bezeichnet.