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2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS)

2.4.3 Einfluss der Vorspannung auf die Kapazität

Die in Abschnitt 2.4.2 beschriebenen, sich mit der angelegten Gatespannung VG ändernden Verhältnisse in der Bandstruktur führen zu verschiedenen Gesamtkapazitäten eines idealen MOS-Kondensators. Aufgetragen überVG ergibt sich daraus die charakteristische Kapazität-Spannung-Kurve (C-V-Kapazität-Spannung-Kurve), die in Abbildung 2.12 für die verschiedenen Zustände der Bandstruktur dargestellt ist. Um den MOS-Kondensator und dessen Bestandteile untersuchen zu können, werden der Betrag der Gesamtkapazität sowie deren Variationen bei sich verändernder angelegter

4 Die dielektrische Zeitkonstante gibt die Zeit an, während der Majoritätsladungsträger Abweichungen von der elektrischen Neutralität aufrecht erhalten können. Sie wird mit τD = ε0σεS berechnet, wobeiσ =qNAµdie Leitfähigkeit im Halbleiter bezeichnet [51].

2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS) 19

Abbildung 2.12: Normierte Gesamtkapazität C/COX eines idealen MOS-Kondensators mit p-dotiertem Halbleitersubstrat als Funktion der angelegten Gatespannung VG.VG<0: Akkumulation.

VG = 0: Flachbandzustand. VG >0: Verarmung.VG 0: Inversion für (a) niedrige und (b) hohe Spannungsfrequenzen mit der jeweiligen minimalen Kapazität. (c): Tiefe Verarmung mit Lawinen-durchbruch. ψS=ψ0 markiert den Beginn der schwachen Inversion, ψS= 2ψ0 gibt die Grenze zur starken Inversion bei der Schwellenspannung VTan. Aus [50].

SpannungVG und Messfrequenz genutzt. Die GesamtkapazitätC wird aus dem Verhältnis einer kleinen LadungsdichteänderungδQM am Gatekontakt und der dazu nötigen Änderung δVG der angelegten Spannung differentiell berechnet [51]:

C = δQM

δVG =−δQS δVG

. (2.14)

δQM wird durch eine Dichte entgegengesetzter Ladungen −δQS im Halbleiter ausgeglichen.

Die Kapazität wird, wie erwähnt, stets pro Einheitsfläche in [Fcm−2] angegeben. Gemessen wird sie gewöhnlich durch eine an den MOS-Kondensator angelegte Spannung, die sich aus der Überla-gerung einer Wechselspannung (V0·exp{iωt}) mit einer langsam sich ändernden Gleichspannung ergibt. Die Gleichspannung durchläuft dabei den gesamten Messbereich zur Erzeugung der einzel-nen Zustände der Bandstruktur, wohingegen durch die Wechselspannung die zur Berechnung von C benötigte Änderung der Ladungsdichte δQverursacht wird.

Im Folgenden werden die Einflüsse der verschiedenen Vorspannungsbereiche auf die Gesamtka-pazität des MOS-Kondensators beschrieben. Die für die KaGesamtka-pazität maßgeblichen Verhältnisse der Ladungsdichte in der MOS-Struktur sind in Abbildung 2.13 für die verschiedenen Bereiche veranschaulicht.

a) Akkumulation

Im Bereich der Akkumulation wird ein durch die Veränderung der Gatespannung verursachter Anstieg der Ladungsdichte am Gatekontakt δQM durch eine Erhöhung der Ladungsdichte im HalbleiterδQS ausgeglichen. Diese Erhöhung wird durch die sich an der Grenzfläche zum Oxid akkumulierenden Majoritätsladungsträger bewirkt. Es gilt [51]

δQM=−δQS=−δQacc , (2.15)

wie in Abbildung 2.13a veranschaulicht ist.

Abbildung 2.13:Ladungsdichteρ, aufgetragen über den Ort in der idealen MOS-Strukturxfür ver-schiedene Vorspannungsbereiche. Die beiden die Änderung der Ladungsdichte in Metall und Halbleiter angebenden schraffierten Flächen haben in jedem Spannungsbereich jeweils den gleichen Betrag, aber entgegengesetztes Vorzeichen. Die Änderung entsteht durch Anlegen einer Wechselspannung. Aus [51].

Die MOS-Struktur verhält sich folglich in Akkumulation wie ein Plattenkondensator mit ei-ner metallischen Elektrode (dem Gatekontakt), einem Dielektrikum (der Oxidschicht) und eiei-ner zweiten Elektrode (dem Siliziumsubstrat). Ihre KapazitätCaccKapazität entspricht der des Oxids:

Cacc= δQM

δVG =COX= ε0εOX

dOX . (2.16)

Die Gesamtkapazität verändert sich aufgrund der Unabhängigkeit der Oxidkapazität von der angelegten Gatespannung nicht, solange sichVG im Bereich der Akkumulation befindet. Sie ist ebenfalls unabhängig von der Frequenzω des angelegten Wechselspannungssignals, solange die Bewegung der Majoritätsladungsträger, die zuδQS beitragen, mit der Änderungsgeschwindigkeit vonδQMmithalten kann. Dies ist für Frequenzenω, die kleiner sind als die invertierte dielektrische Zeitkonstante von Silizium (ω≈1012 Hz bei einer Dotierung von≈1016cm−3 (vgl. Fußnote 4)), gewährleistet.

b) Verarmung

Wie in Abschnitt 2.4.2 erläutert, wird im Spannungsbereich der Verarmung die Erhöhung der Ladungsdichte im Metall δQM durch einen betragsmäßig gleichen Anstieg δQD infolge einer

2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS) 21 Ausdehnung der Verarmungszone (depletion region) in die Tiefe des Halbleiters ausgeglichen (vgl.

Abb. 2.13b) [51]:

δQM=−δQS=−δQD . (2.17)

Die Verschiebung der Außengrenze dieser Verarmungszone trennt weitere, tiefer im Halbleiter liegende Majoritätsladungsträger von den ortsfesten Dotieratomen ab.

Die durch die Ausdehnung der Verarmungszone entstehende zusätzliche Kapazität wird als CD bezeichnet. Der MOS-Kondensator verhält sich nun wie zwei in Serie geschaltete Konden-satoren, der eine entspricht der Oxidschicht, der zweite der Verarmungszone im Silizium [51]. Die GesamtkapazitätCdep der Struktur wird folglich berechnet mit

1

Cdep = 1

COX + 1

CD , (2.18)

wobei [51]

CD= ε0εS

WS . (2.19)

Die Bestimmung der OxidkapazitätCOX erfolgt wie in Gleichung (2.16) im Akkumulationsfall.

WS kann mithilfe des Oberflächenpotentials aus Gleichung (2.11) berechnet werden.

Eine weitere Erhöhung der Gatespannung innerhalb des Verarmungsbereichs bewirkt nach Gleichung (2.17) eine Vergrößerung der RaumladungszonentiefeWS und nach Gleichung (2.19) eine Verringerung der KapazitätCD. Da dann CD als die kleinere Kapazität der Reihenschaltung deren dominierender Anteil ist, reduziert sich folglich die GesamtkapazitätCdep im Verarmungs-bereich mit zunehmender Gatespannung (vgl. Abb. 2.12).

Aufgrund der Tatsache, dass nur Majoritätsladungsträger die Änderung der LadungsdichteδQD

verursachen, ist die KapazitätC unter denselben Bedingungen wie in Abschnitt a) frequenzunab-hängig.

c) Inversion

Wie auch in den anderen Spannungsbereichen wird ein Anstieg der Ladungsdichte im Metall δQM durch einen Anstieg der Ladungsdichte im Halbleiter δQS egalisiert. Im Inversionsbereich jedoch muss eine Fallunterscheidung zwischen sehr niedrigen (low frequency, lf) und hohen (high frequency, hf) Frequenzen der angelegten Wechselspannung sowie einer schnellen Erhöhung der Gleichspannung (tiefe Verarmung) vorgenommen werden, um zu klären, durch welchen Prozess diese Änderung der Ladungsdichte im Halbleiter jeweils verursacht wird.

Niederfrequenzkapazität

Im Fall von ausreichend niedrigen Frequenzen (typischerweiseω < 10 Hz [51]), bei denen das System während der Messung im thermischen Gleichgewicht ist, wirdδQM durch eine Zunahme der Ladungsdichte der Inversionsschicht umδQinv ausgeglichen [51] (vgl. Abb. 2.13c):

δQM=−δQS=−δQinv . (2.20)

Das heißt, zusätzliche Minoritätsladungsträger sammeln sich an der Oxid-Silizium-Grenzfläche an und erhöhen die dortige Flächenladungsdichte.

Die Erzeugung der Minoritätsladungsträger, welche zuδQinv beitragen, findet in der Verarmungs-zone statt. Diesem langsam verlaufenden Prozess der Inversionsschichtbildung muss durch die gegebene Frequenz ausreichend Zeit eingeräumt sein, um auf Spannungsänderungen zu reagieren.

Analog zum Akkumulationszustand (s. Gl. (2.16)), allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen, ist

die GesamtkapazitätCinv,lf der Struktur im niederfrequenten Fall gleich der Oxidkapazität:

Cinv,lf =COX , (2.21)

deren Berechnung mit der Kapazitätsformel eines Plattenkondensators erfolgt.Cinv,lf ist, wie in Akkumulation, unabhängig von der äußeren Spannung (vgl. Kurvenabschnitt (a) in Abb. 2.12).

Die insgesamt vorhandene LadungsdichteQMwird durch die Kombination aus der Ladungsdichte der RaumladungszoneQD und der Ladungsdichte der InversionsschichtQinv ausgeglichen. Bei Erreichen der maximalen RaumladungszonentiefeWS,lim nimmt die Raumladungszonenkapazität ihr MinimumCD,liman.

Hochfrequenzkapazität

Bei höheren Spannungsfrequenzen (typischerweise ω > 105 Hz [51]) wird ein Anstieg δQM

durch eine Vergrößerung der Verarmungszone, also eine Erhöhung δQD ausgeglichen, da die Minoritätsladungsträger ihre Konzentrationen nicht mehr an die schnell wechselnde Spannung anpassen können [51] (vgl. Abb. 2.13d):

δQM=−δQS=−δQD . (2.22)

Im Inversionsbereich ist die maximale Tiefe der Raumladungszone durch die vorhandene, aber sich nicht ändernde Inversionsschicht erreicht. Die LadungsdichtemodulationδQD findet somit in einer EntfernungWS,lim von der Halbleiter-Oxid-Grenzfläche durch Majoritätsladungsträger statt. Dort werden weitere ortsfeste Dotieratome ionisiert.

Für die Gesamtkapazität Cinv,hf der MOS-Struktur im hochfrequenten Fall folgt analog zum Verarmungsbereich (s. Gl. (2.18)):

Da die Ausdehnung der Raumladungszone im Inversionsbereich für hohe Frequenzen, unabhängig von der angelegten Spannung, immer beiWS,limstattfindet, ist auch die daraus berechnete Kapa-zität unabhängig von dieser Spannung. Somit beschreibt der Kurvenabschnitt (b) in Abbildung 2.12 eine Gerade.

Tiefe Verarmung

Wird der Gleichspannungsanteil der Gatespannung so schnell zu höheren positiven Werten hin verändert, dass sich die Inversionsschicht nicht bilden kann, so überschreitet die Raum-ladungszonentiefe ihren Maximalwert WS,lim, der sonst durch die Abschirmungswirkung der Inversionsschicht vorgegeben ist. Analog zum Bereich der Verarmung findet der Ausgleich einer

2.4 Ideale Metall-Oxid-Halbleiter-Struktur (MOS) 23 LadungsdichteänderungδQM durch eine Ausdehnung der Verarmungszone statt:

δQM=−δQS=−δQD . (2.27)

Damit treffen die den Verarmungsbereich beschreibenden Gleichungen (2.18) und (2.19) auch für die KapazitätCDD im Fall der tiefen Verarmung zu, die mit

1

Dadurch verringert sich gemäß Gleichung (2.19) die KapazitätCDweiter und mit ihr die Gesamt-kapazität, wie der Kurvenabschnitt (c) in Abbildung 2.12 zeigt.

Der Bereich der C-V-Kurve im Modus der tiefen Verarmung ist folglich eine Verlängerung des Verarmungsteils. Durch die nachträgliche Bildung der Inversionsschicht wird der Kapazitätsabfall unterbrochen und die Raumladungszonentiefe verringert sich wieder zuWS,lim. Alternativ beendet ein Lawinendurchbruch den weiteren Abfall der Kapazität.