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Reiche vermögen mehr

Im Dokument Lebenslagen in Deutschland (Seite 44-49)

Die Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung entwickelt auch die Analyse des Reichtums in der Gesellschaft weiter. Der steigende Wohlstand in Deutschland spiegelt sich in der gesamtwirtschaftlichen Vermögensentwicklung wider. Im Jahr 2010 belief sich das Volksvermögen auf knapp 12 Billionen Euro und war damit fünf Mal so hoch wie das Bruttoin-landsprodukt mit rund 2,48 Billionen Euro. Im Zuge der notwendigen Rettungsmaßnahmen an-lässlich der Finanz- und Wirtschaftskrise ist eine Verschiebung privater Forderungen und Ver-bindlichkeiten in staatliche Bilanzen feststellbar. In der Folge ist der Schuldenstand der staatli-chen Haushalte im Jahr 2010 auf rund 83 Prozent des Bruttoinlandprodukts gestiegen. Ohne die Krise hätte er bei rund 70 Prozent gelegen.

Während es richtig war, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Krise abzumildern, kommt es zukünftig darauf an, in besseren Zeiten einen Pfad der Konsolidierung einzuschlagen. Diesen Weg geht die Bundesregierung mit Entschlossenheit und setzt die verfassungsrechtliche Schul-denbremse mit Nachdruck um. Allerdings wird sie strategisch auch im Rahmen ihrer

Steuerpoli-tik weiterhin prüfen, wie die nachhaltige Finanzierungsbasis des Staates und damit auch die gestalterischen Spielräume zu sichern sind. Hier entscheidet sich auch, welche Rolle das Ver-mögen finanzpolitisch für die Finanzierung der Staatsaufgaben spielen kann. Eine solide Regu-lierung der Finanzmärkte stellt sicher, dass zukünftig der krisenhaften Vernichtung volkswirt-schaftlichen Vermögens vorgebeugt wird, die letztlich wesentliche Ursache für die Belastung der staatlichen Haushalte war.

Dem seit zwei Jahrzehnten fast unvermindert andauernden Abschmelzen der öffentlichen Ver-mögenswerte stehen beträchtliche Vermögenszuwächse im privaten Sektor gegenüber, die jene Entwicklung mehr als kompensieren. Während das Nettovermögen des deutschen Staates zwischen Anfang 1992 und Anfang 2012 um über 800 Mrd. Euro zurückging, hat sich das Net-tovermögen der privaten Haushalte (einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck) von knapp 4,6 auf rund 10 Billionen Euro mehr als verdoppelt. Im Berichtszeitraum zwischen 2007 und 2012 stieg das private Nettovermögen um 1,4 Billionen [Aktualisierungsvorbehalt].

Entwicklung des privaten Nettovermögens und seiner Zusammensetzung, 1992-2012

Quelle: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bundesbank

Der in den letzten Jahren deutlich angestiegene private Reichtum wird teilweise für das Ge-meinwohl eingesetzt. Etwa in Form von Geldspenden kommt er direkt oder indirekt der Allge-meinheit zugute: Von den Haushalten des obersten Einkommensdezils haben im Jahre 2009 rund 60 Prozent Geld gespendet. Auch die durchschnittliche Höhe der Spenden im Verhältnis zum monatlichen Nettoeinkommen nimmt mit steigendem Einkommen zu: Im Durchschnitt über alle Haushalte werden 0,36 Prozent des Monatsnettoeinkommens gespendet, im höchsten Ein-kommensdezil sind es 0,57 Prozent. Dabei spielen mit zunehmendem Vermögen Spenden für

Kulturelles eine wichtigere Rolle. Hier ist das individuelle Spendenvolumen – wie auch im Be-reich Wissenschaft und Forschung – überdurchschnittlich hoch.

Geldspenden nach Einkommensgruppen im Jahr 2009

Dezile der äquivalenzgewichteten monatlichen Haushaltsnettoeinkommen (2010) Quelle: Darstellung nach Priller, E./Schupp, J. (2011), a. a. O., S. 8.

Auch das Stiftungswesen ist in Anbetracht der finanziellen Erfordernisse an Stiftungskapitel ein Bereich, in dem das finanzielle und persönliche Engagement Vermögender zum Wohle der All-gemeinheit benötigt wird. Die Stiftungen gehören zu 96 Prozent zu den zivilgesellschaftlichen Akteuren, die sich um gemeinnützige Aufgaben und dabei u. a. auch um Teilhabechancen für Benachteiligte bemühen.

Stiftungen und Stiftungszwecke

* Stiftungen bürgerlichen Rechts jeweils mit Stand 31.12. des betreffenden Jahres;

ohne Treuhandstiftungen und kirchliche Stiftungen.

Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen, StiftungsReports, diverse Jahrgänge.

Deutschland braucht aber mehr von diesem sozialen Engagement, sowohl was die finanzielle Seite als auch was das persönliche Engagement anbelangt. Denn die Förderung und Entwick-lung von Teilhabechancen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die neben staatlichen Akti-vitäten das Engagement der Zivilgesellschaft erfordert. 23 Mio. Menschen sind in Deutschland ehrenamtlich tätig und leisten Großartiges und bauen damit Brücken. Mit ihrem Engagement handeln sie häufig flexibler, kreativer, individueller und zielgenauer als der Staat es könnte und wirken damit nicht selten dort, wo staatliche Leistungen nicht hinreichen.

Persönliches und finanzielles Engagement zeigen Vermögende bisher aber vorrangig in Sport-vereinen (45,2 Prozent) und Berufsverbänden (25,1 Prozent), Heimat- und BürgerSport-vereinen (22,6 Prozent) sowie privaten Klubs (21,6 Prozent). Stiftungen und soziale Initiativen dagegen werden nur von unter fünf Prozent der befragten Vermögenden genannt. Dabei bringt ein finan-zielles oder persönliches Engagement für soziale Zwecke in jedem Fall Vorteile – in Form höhe-rer Stabilität und gesellschaftlichen Zusammenhalts, aber auch individueller Befriedigung. Die Bundesregierung ermuntert ausdrücklich zu mehr sozialem Engagement. Staatliches Engage-ment und bezahlte Arbeit darf nicht durch freiwilliges EngageEngage-ment ersetzt werden, sondern soll es sinnvoll ergänzen.

Was bereits getan wird:

 Die Bundesregierung beugt zukünftigen krisenhaften Entwicklungen in den Finanzmärk-ten und damit der Reduzierung volkswirtschaftlichen Reichtums durch eine nachhaltige und stringenteRegulierung des Finanzsektorsvor.

 Die Bundesregierung hat im Herbst 2007 diespendenrechtlichen Rahmenbedingun-genzugunsten von Stiftungen und damit die steuerlichen Anreize für gemeinnütziges Stifterengagement mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Enga-gements noch einmal erheblich verbessert.

 Soweit Stiftungsleistungen nicht unter die Freie Wohlfahrtspflege fallen, hat die Bundes-regierung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz die Rechtslage verbessert, so dass gewisse Zuwendungen der Stiftungen an Leistungsempfängernicht als Einkommen berücksichtigt werden.

Was weiter zu tun ist:

 Die Bundesregierung prüft, ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinausprivater Reichtumfür die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben he-rangezogen werden kann.

 Zusätzlicher Aufbau vonKooperationsinitiativenvon staatlichen Stellen und Stiftun-gen, so zum Beispiel zur Förderung von Bildung und Teilhabe.

 Die Bundesregierung wird dieHandlungsempfehlungen zur nachhaltigen Förderung des strategischen bürgerschaftlichen Engagements von Unternehmender Sach-verständigenkommission zur Erstellung des Ersten Engagementberichts aufnehmen und Umsetzungsmöglichkeiten prüfen.

Inhalt

Inhalt ... 1 Verzeichnis der Infoboxen... 11 Verzeichnis der Tabellen ... 11 Verzeichnis der Schaubilder ... 14

Teil A: Einführung und Rahmenbedingungen...21 I. Konzeption des Berichts...21

I.1 Zielsetzung der Bundesregierung ... 21 I.2 Messung von Teilhabechancen und -ergebnissen ... 23 I.3 Analysefokus „Soziale Mobilität“ in der Gesellschaft ... 24 I.4 Gliederung entlang der Lebensphasen ... 25 I.5 Erweiterungen im Bereich der Reichtumsberichterstattung... 27 I.6 Dialog mit der Zivilgesellschaft... 29

Im Dokument Lebenslagen in Deutschland (Seite 44-49)