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6. CONCLUSIO

6.1 Blockchain und die Verwaltung

6.2.2 Regulierungsansätze für die Blockchain-Technologie

Die Untersuchung legt nahe, dass die Notwendigkeit, ein eigenes Blockchain-Recht zu schaffen, nicht besteht. In diesem Zusammenhang scheint meines Erachtens ein kurzer Blick auf Adaptionen im Rechtsbereich in Bezug auf das Internet lohnenswert. So regelt bspw. das E-Commercegesetz bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs, nämlich die Zulassung von DienstanbieterInnen, deren Informationspflichten

90 und Verantwortlichkeit sowie den Abschluss von Verträgen, das Herkunftslandprinzip und die Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten.231 Das E-Government-gesetz regelt den elektronischen Verkehr mit öffentlichen Stellen und die Schaffung von technischen Mitteln zur Verbesserung des Rechtsschutzes, wo nicht bereits durch andere Vorkehrungen ausreichender Schutz bewirkt wird sowie die Barrierefreiheit für behördliche Internetauftritte.232 Die Aufzählung ist freilich nicht abschließend, insbesondere gab es auch Änderungen bestehender Gesetze wie bspw. im Strafgesetzbuch.233 Diese wenigen Beispiele sollen lediglich veranschaulichen, dass im Zusammenhang mit dem Internet Regeln dort angepasst bzw. geschaffen wurden, wo es notwendig war. Ein eigenes Internet-Recht bzw. -Gesetz, das die Technologie an sich abschließend regelt, besteht jedoch nicht. Im Gegensatz dazu hat Liechtenstein im August 2018 einen Gesetzesentwurf für ein Blockchain-Gesetz veröffentlicht. Jenes Gesetz, dass eigentlich den Titel „Gesetz betreffend die Schaffung eines Gesetzes über auf vertrauenswürdigen Technologien (VT) beruhende Transaktionssysteme (VT-Gesetz; VTG)“

trägt, regelt jedoch auch nicht die gesamte Technologie, sondern weite Bereiche des im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie stehenden Finanzsektors, welche unter dem Begriff „Tokenökonomie“ zusammengefasst werden.234 So konnte im Rahmen der Untersuchung in ähnlicher Weise festgestellt werden, dass sich Fragen zur Regulierung primär auf die Bereiche Kryptowährungen und ICOs konzentrierten, wobei grundsätzlich drei verschiedene Vorgehensweisen möglich sind: 1. eine ausgeprägte Regulierung als hartes Recht, 2. die Festsetzung von bestimmten Mindeststandards und 3. die Ausgestaltung der Bereiche als rechtsfreien Raum. Problemstellungen, die sich in dem Zusammenhang ergeben, bilden das fehlende Verständnis von PolitikerInnen für jene Geschäftsmodelle sowie die stetige Fortentwicklung der Technologie. Anzustreben ist eine Regulierung, die auch durchsetzbar ist und die Kriminalisierung von Menschen ist jedenfalls zu vermeiden. Im Allgemeinen ist ein innovationsfördernder Ansatz zu befürworten, der businessmodellneutral ist, um freie Marktentwicklung zu fördern. Mindeststandards können aber insofern zu Innovationen beitragen, als sie durch Festsetzung von Sicherheitsstandards und Transparenz für die Entstehung eines Massenmarktes notwendig sind. Detailverliebte strenge Regelungen verhindern aber jedenfalls Innovation und können Folgekosten verursachen. Eine ebenso große Rolle spielt in diesem Kontext jedoch auch die Schaffung von Transparenz.

Fraglich ist, inwieweit abstrakte Technologien überhaupt auf nationalstaatlicher Ebene geregelt werden können bzw. auch inwieweit eine Einigung auf Ebene der EU erzielt werden

231 Vgl. § 1 ECG.

232 Vgl. § 1 E-Gov-G.

233 Vgl. bspw. § 207a Abs. 3a StGB.

234 Vgl.Ministerium für Präsidiales und Finanzen Liechtenstein 2018.

91 und damit dem aufkommenden Regulierungswettbewerb zumindest innerhalb der EU eine Ende bereitet wird.

6.2.3 Recht durch Smart Contracts

Die Untersuchung führte weiters zu dem Ergebnis, dass Smart Contracts nur geeignet sind um einfache massentaugliche Transaktionen und standardisierte Verfahren abzuwickeln wie bspw. Auktionen, Mahn- oder Steuerverfahren. Große Vorteile durch Smart Contracts ergeben sich dennoch in zahlreichen Sektoren insbesondere in der Logistik, wenn es um die Einhaltung von Regulierungen, die Nachvollziehbarkeit von Produktion oder um die Vermeidung von Betrug geht.

Im Vertragsrecht sind dem Einsatz von Smart Contracs in Bezug auf unvorhergesehene Ereignisse, komplexe Vertragsbestimmungen und lange Vertragslaufzeiten Grenzen gesetzt.

In anderen Rechtsgebieten ist die Anwendung von Smart Contracts in Hinblick auf die Abstraktheit mancher Rechtsfragen wie dies bspw. im grundrechtlichen Bereich bei der Abwägung zwischen Informationsfreiheit und Privatsphäre der Fall sein kann, oder auf Grund des Hinzukommens von subjektiven Rechtselementen wie z.B. die Unterscheidung zwischen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit bei bestimmten Rechtsfragen nahezu ausgeschlossen.

Ein weiteres Bespiel, das meines Erachtens besonders gut veranschaulicht, dass der Subjektivität im Recht nicht durch Smart Contracts ersetzt werden kann, bildet das Kindeswohl im Familienrecht. Zur Veranschaulichung soll ein Beispiel dienen, in dem der OGH zur der Frage, ob der Kontakt eines Kindes zum biologischen Vater dem Kindeswohl entspricht, ausführt: „Die hier zu beantwortende Frage der „Kindeswohldienlichkeit“ ist daher – auf der Basis regelmäßig mit sachverständiger Hilfe getroffener, möglichst konkreter und präziser Feststellungen dazu – jeweils nach der konkreten familiären Situation, der Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, der bestehenden Beziehungskonstellation bzw.

dem Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen und deren Fähigkeit, diese begrenzen zu können, dem Alter und der psychischen Widerstandsfähigkeit des Kindes, dem Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, der Dauer seiner (allfälligen) Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters, aber auch dessen Eignung/Bereitschaft, bei der Ausübung des Kontaktrechts die spezielle Situation des Kindes und das Erziehungsmonopol der rechtlichen Eltern zu respektieren, zu beurteilen. Dabei ist z.B. zu untersuchen, ob und in welchem Ausmaß die Konfrontation mit einem „zweiten Vater“

und Kontakte zu diesem zwar biologisch verbundenen, aber außerhalb der bestehenden sozialen Familie stehenden, allenfalls dem Kind bisher völlig unbekannten Mann für dieses Kind zu einer seelischen Belastung führen werden, und ob bzw. in welchem Ausmaß dessen Verunsicherung zu befürchten ist; ebenso ob die Kenntnis der Abstammung und der Kontakt im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung dieses

92 Kindes positiv zu bewerten sind.“235 Eine Entscheidung durch einen Smart Contract wäre in solch einer Frage meines Erachtens nicht möglich bzw. äußerst fragwürdig. In diesem Sinne kann gefolgert werden, dass die Schaffung eines absoluten Blockchain-Rechts in einer derart ausdifferenzierten Form, wie sie unser Rechtssystem bereitstellt, nicht möglich ist. Die Untersuchung hat jedoch ergeben, dass ein breites Mittelfeld der juristischer Tätigkeit durch Smart Contracts abgelöst werden könnte.