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5. Daten und Analyse

5.3 Faktoren, die für die Annahme der Technologie innerhalb der Verwaltung eine Rolle

Jener Faktor, der für die Annahme der Blockchain-Technologie in der staatlichen Verwaltung am entscheidendsten bewertet wurde, ist der Faktor Mensch. Allgemein wurde davon ausgegangen, dass es sich bei dem Prozess, die Technologie in der Verwaltung einzuführen, um einen Top-Down-Prozess handeln würde und insofern wurde der Führungsebene eine große Rolle zugeschrieben. Auf dieser Ebene wurden vor allem persönlichen Faktoren wie Innovationsbereitschaft, Bewusstsein bzw. Sensibilität und

41 Kompetenz Bedeutung zugemessen, aber auch der Fähigkeit, sich in die Situationslogik der Technologie einzudenken. InnovationstreiberInnen in der Verwaltung müssten identifiziert und vernetzt werden, weiters sei die Notwendigkeit gegeben, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen und ein entsprechendes Budget zur Verfügung zu stellen.

In einem Gespräch wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass jene Leute, welche sich für Innovationen in diesem Sinne begeistern auch besonders beschützt werden müssten, da sie meistens nicht 100%-ig in das System passen würden.

„Am Ende hängt es meistens wieder an den Menschen.“ (Interview 2, Zeile 147)

„[…] es werden auch sehr viele persönliche Faktoren mitspielen.“ (Interview 5, Zeile 331)

„Also das wichtigste, die Priorität 1, glaube ich, ist, nachdem das vermutlich ein Top-Down-Prozess wäre, wäre Schaffung von Kompetenz und Schaffung von Bewusstsein und Sensibilität in der Führungsebene.“ (Interview 4, Zeilen 49ff)

„Das allerwichtigste sind die Führungskräfte, die erstens einmal ein Mindset haben, dass Innovationen wichtig sind. Also, dass die Spitzen der Verwaltung sich auch als Innovatoren zeigen. Und nicht nur den Status quo verwalten.“ (Interview 1, Zeilen 267ff)

„[…] Identifikation von Innovationstreibern in der Verwaltung und diese Menschen dann aber wirklich ganz konkret vernetzen und auch beschützen. Und […] dann schauen, dass sie mit einem Budget oder ganz klaren Rahmenbedingungen versorgt sind und das weitertreiben.“

(Interview 3, Zeilen 154f und 156f)

Außerdem wurde von den Befragten die Möglichkeit genannt, dass es Personen gäben könnte, die derartige Veränderungen zu verhindern versuchen, was insbesondere in der Führungsebene von Bedeutung wäre. Als relevante Faktoren hierfür wurden die Abgabe von Kompetenzen oder die Abflachung von Hierarchien sowie die Streichung von Arbeitsplätzen identifiziert. In dem Zusammenhang wurde auch der Umgang mit solcherart arbeitslos gewordenen Menschen als wichtig erachtet.

„Also wenn jemand sagt, nein, daran glaube ich nicht und das sagt er all seinen Kollegen und er ist vielleicht auch noch Abteilungsleiter, dann wird gar nichts weitergehen.“ (Interview 3, Zeilen 149ff)

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„[…] wahrscheinlich gibt es einen anderen Teil der Verwaltung, der das Ganze nicht so gerne sieht, weil es dann darum geht, vielleicht Arbeitsplätze in der Verwaltung wegzurationalisieren oder ganz wichtig, Kompetenzen abzugeben, weil die wenigsten Leute haben es gerne, wenn die Hierarchien flacher werden. Aber das passiert durch Blockchain.“

(Interview 5, Zeilen 307ff)

„Gleichzeitig allerdings auch mit den Plänen, was man mit den Personen macht und wie man das mit Personen abstimmt, deren Jobs wegfallen werden.“ (Interview 4, Zeilen 55f)

Allgemein wurde zudem der Faktor Zeit als bedeutend angeführt: Zeit um ein geeignetes Verständnis aufbauen, gemeinsam von den Dingen lernen und die Leute daran gewöhnen zu können. Außerdem wurde dazu geraten, die Projekte in kleinen Schritten anzugehen.

Schulungen und ein transparentes Vorgehen wurden in diesem Zusammenhang als wichtig erachtet.

„Und die Projekte auch relativ einen Schritt nach dem anderen zu machen. […] Also klein anfangen und die Leute daran gewöhnen […]“ (Interview 3, Zeilen 144f und 147)

„[…] dann braucht man Verständnis, was passiert und hoffentlich ein sich noch rechtzeitiges darauf einstellen können, wo die nächste große Welle kommt.“ (Interview 4, Zeilen 45f)

„Und es braucht ganz ganz viel Zeit, sich mit diesen Sachen auseinander zu setzen. Damit man da gemeinsam dann davon lernt.“ (Interview 2, Zeilen 155ff)

„[…] Schulung, Schulung, Schulung, Transparenz, Transparenz, Transparenz und so wenig Technophobie wie möglich.“ (Interview 4, Zeilen 53f)

Inwieweit ein besonderer Change Management-Prozess für eine derartige Veränderung in der Verwaltung erforderlich ist, darüber waren sich zwei der Befragten im Detail nicht einig.

Der Widerspruch ergab sich im Konkreten hinsichtlich der Annahme, inwiefern auch ohnedies das Innovationspotential der Technologie in der Verwaltung einschlagen würde.

Während in einem Interview Skepsis geäußert wurde, dass sich ohne einen derartigen Prozess nicht viel verändern würde, wurde in der anderen Befragung in Betracht gezogen, dass die Veränderungen sowieso nicht aufzuhalten wären. Der Widerspruch kann insofern teilweise aufgelöst werden, als davon ausgegangen werden kann, dass ein Change Management-Prozess für den Erfolg bzw. die Dauer der Anpassung an die Veränderungen in jedem Fall ausschlaggebend sein wird.

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„Natürlich wird das einen Change Prozess erzeugen, aber wenn nur die Hälfte von dem Innovationspotential, oder wie man heute sagt, modern oder modernistisch, disruptiven Elementen sich realisiert, die da derzeit von manchen angedacht werden, dann wird dieser Change Management-Prozess deswegen nicht besonders anspruchsvoll, weil das ja eine Flutwelle ist. Und wer nicht schwimmt, wird untergehen.“ (Interview 4, Zeilen 32ff)

„Aber unbegleitet das durchzuführen ist natürlich unmöglich. Da gehört schon auch einmal dazu, ein Prozess, wo man sagt, okay, was ist unsere Strategie, was sind die Bereiche, was tut man bei der Umsetzung.“ (Interview 3, Zeilen 126ff)

„Also ich könnte jetzt natürlich antworten mit den üblichen Dingen, wie sie müssen irgendwie die Leute abholen, wo sie stehen und sie müssen sie schulen und so weiter. Das stimmt alles sicher. Aber die Entwicklung des Internets hat jetzt auch nicht so richtige Change Management Prozesse erfordert […] natürlich haben die Verwaltungen lange gebraucht um sich drauf einzustellen […]“ (Interview 4, Zeilen 36ff und 41f)

Weitere Aspekte, die noch als relevant erachtet wurden, waren Transparenz im Allgemeinen und die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Besonderen.

„Also eine Verwaltung im öffentlichen Sektor hat halt andere Anforderungen als eine Firma, sie muss einfach transparenter sein, sicherer, […]“ (Interview 1, Zeilen 288f)

„ […] im öffentlichen Sektor ist natürlich der Datenschutz immer ein ganz wichtiger Punkt, besonders bei uns Europa.“ (Interview 1, Zeilen 287f)

Der Report des UK Government Chief Scientific Advisers führt zu diesem Themenbereich an, dass ein Verständnis für ethische und soziale Implikationen bezüglich potentieller Anwendungsfelder sowie hinsichtlich der Kosten und Vorteile der Adaption notwendig sei.166 Weiters, dass effektive Steuerung und Regulierung den Schlüssel für die erfolgreiche Implementation von DLT darstellen würde. Die Herausforderungen lägen darin, jene Balance zu finden, die geeignet ist, die Interessen der TeilnehmerInnen des Systems sowie der Gesellschaft zu schützen und die Erdrückung von Innovation durch überschießende starre Strukturen zu vermeiden.167 Die Rolle von Regierungen liege in der Entwicklung einer klaren Vision, wie die Technologie den Modus von Regierungen, Geschäfte zu machen, verbessern und Dienstleistungen für BürgerInnen erbringen kann. Die Regierung könne die

166 Vgl.Government Office of Science2016, S. 10.

167 Vgl.Government Office of Science2016, S. 11.

44 wirtschaftlichen Aktivitäten in dem Sektor fördern und unterstützen.168

Empfehlungen an die (im Dokument angesprochene englische) Regierung lauten:

- Bereitstellung einer amtlichen Führung um eine Regierung zu sichern, welche eine Vision, Führung und Plattform für DLT innerhalb der Regierung bereitstellt,169

- Entwicklung einer Road-Map und eines unterstützenden Rahmenplans170 und

- Zusammenarbeit mit der Industrie und Wissenschaft sowie Prüfung des Einsatzes eines zeitlich begrenzten ExpertInnenberatungsgremius171, weiters

- Investitionen in Forschung und Entwicklung um die Skalierbarkeit, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Energieeffizienz von DLT zu sichern172,

- Unterstützung von Demonstratoren auf lokaler Ebene, welche die Technologie testen und implementieren173.

- Des Weiteren müsse die Regierung prüfen, wie ein Regelungsrahmen für DLT aufgesetzt werden könnte, dabei seien auch technische Codes zur Erreichung der Regulierungsziele einzusetzen174 sowie

- die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Industrie nutzen, um Standards zur Sicherung der Integrität, Sicherheit und Vertraulichkeit der DLT und ihrer Inhalte zu schaffen und in einen Regelungsrahmen sowie Software Code zu überführen175 sowie um die effizientesten und brauchbarsten Identifikations- und Autorisierungsprotokolle für Individuen und Organisationen zu implementieren176. Ebenfalls relevant sei außerdem das Verwenden der Technologie für Applikationen im täglichen Leben und das Etablieren von Testszenarien, um die Technologie hinsichtlich der Brachbarkeit für den öffentlichen Sektor zu bewerten sowie

- die Schaffung einer regierungsübergreifenden Interessensgemeinschaft um potentielle Anwendungsfälle zu generieren und um Wissen und Expertise auszutauschen177.