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Regulierungen von Falschnachrichten im Zusammenhang von Verbrechen ge- ge-gen die Menschlichkeit

Im vorangegangenen Teil dieser Arbeit wurden die Rechtsgrundlagen der Falsch bzw Desinformati-onen aufgezeigt, die, zur Erinnerung, vom Gesetzgeber als legale InformatiDesinformati-onen eingestuft wurden.

Im Gegensatz zu diesen, gibt es auch solche die als illegal gelten. Dazu gehören die sog. Hassreden.

Sie können die Meinungsfreiheit besonders im Internet wesentlich beeinträchtigen. Hass-Post werden sehr oft dazu benutzt um Personen, die eine kritische Meinung äußern, einzuschüchtern. Dies führt in den meisten Fällen zur Selbstzensierung.389

In Bezug auf schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Hassreden gibt es einige Regelungs-ansätze, die sich in drei verschiedenen Rechtsakten wiederfinden.

1. Das Zusatzprotokoll des Europarates zum Übereinkommen über Computerkriminalität die Krimi-nalisierung mittels Computersysteme begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art, Nr 189 vom 28/01/2003 betreffend.390

Art 6 besagt: „Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen, um fol-gende Handlungen, wenn vorsätzlich und unbefugt begangen, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das Verbreiten oder anderweitige Öffentlich-verfügbar-Machen von Ma-terial folgender Art über ein Computersystem: MaMa-terial, das Handlungen leugnet, grob verharmlost, billigt oder rechtfertigt, die den Tatbestand des Völkermords oder von Verbrechen gegen die Mensch-lichkeit im Sinne des Völkerrechts erfüllen und die als solche festgestellt wurden in rechtskräftigen Endentscheidungen des durch das Londoner Abkommen vom 8. April 1945 errichteten

Internationa-387 Europäischer Aktionsplan für Demokratie, KOM (2020) 790 endg. S.23.

388 Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) und zur Änderung der Richt-linie 2000/31/EG, Brüssel, KOM (2020) 825 endg.

389 Caretti/Cardone, Diritto, S. 254 f.

390 siehe Treaty No.189<https://www.coe.int/en/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/189> (26.03.2021).

len Militärgerichtshofs oder eines anderen internationalen Gerichts, das durch einschlägige internati-onale Übereinkünfte errichtet wurde und dessen Zuständigkeit von der betreffenden Vertragspartei anerkannt worden ist“ .

2. Der Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Be-kämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit391 legt fest: „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stellen unmittelbare Verstöße gegen die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit dar, auf die sich die Europäische Union gründet und die allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“

Art 1 Abs 1 besagt: „Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgende vorsätzliche Handlungen unter Strafe gestellt werden:

a) die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Haut-farbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe;

b) die Begehung einer der in Buchstabe a genannten Handlungen durch öffentliche Verbreitung oder Verteilung von Schriften, Bild- oder sonstigem Material;

c) das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen ge-gen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“.392

3) Die RL (EU) 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvor-schriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten,393 Art 6 Abs 1 besagt, dass „[um] die Menschenwürde zu achten und zu schützen, sorgen die Mitgliedstaaten mit angemessenen Mitteln dafür, dass die audiovisuellen Mediendienste, die von den ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendiensteanbietern bereitgestellt werden,

a) keine Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mit-glied einer Gruppe aus einem der in Artikel 21 der Charta genannten Gründe enthalten;

b) keine öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat gemäß Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 enthalten.

(2) Die für die Zwecke dieses Artikels ergriffenen Maßnahmen müssen notwendig und verhältnismä-ßig sein und im Einklang mit den in der Charta niedergelegten Rechten und Grundsätzen stehen.“

391 ABI Nr L 328 vom 06.12.2008.

392 Der Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008.

393 ABI Nr L 303/69 vom 28.11.2018.

I. Regulierungen von Falschnachrichten im Zusammenhang von Verbrechen ge-gen „Hass im Netz“ - Verhaltenskodex für die Bekämpfung von Hetze im Inter-net

Illegale Hassreden im Netz stellen vermehrt ein Problem dar. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission, gemeinsam mit den vier führenden Technologiekonzernen Facebook, Microsoft, Twit-ter und Google einen Verhaltenskodex ausgearbeitet. Er hat zum Ziel, die Meinungsfreiheit im InTwit-ter- Inter-net zu fördern.394

Art 1 Abs 1 Buchstabe a) des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit definiert den Begriff Hassreden wie folgt als „die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer sol-chen Gruppe“.395

Hassbotschaften wirken sich direkt auf die Personen oder Gruppen aus, gegen die sie gerichtet sind.

Sie wirken sich aber auch indirekt auf die Gesellschaft aus, die für eine offene, freie und tolerante Weltanschauung steht. Hassnachrichten, können auch eine abschreckende Wirkung entfalten. Nutzer, die auf Online-Plattformen ihre Meinung sagen, werden durch sie eingeschüchtert und in Zukunft eher nicht ihre Meinung sagen. Die freie Meinungsäußerung kann dadurch eingeschränkt werden.

Aus diesen Gründen sollen IT-Unternehmen die Verbreitung der illegalen Hassbotschaften einschrän-ken.396

Der Verhaltenskodex geht auf eine gemeinsame Erklärung der außerordentlichen Tagung des Rates

„Justiz und Inneres“ vom 24. März 2016 über die Terroranschläge in Brüssel zurück. Dieser entstand im Rahmen des sog. EU-Internetforums.397

Das EU-Internetforum ist eine Plattforum, die den offenen Diskurs zwischen Politik und privaten Unternehmen zu verschieden Themen und Problem der Digitalisierung fördern soll. Das Forum wird von gewählten Mitgliedern des Europäischen Parlaments geleitet. Zu dessen Mitgliedern zählen auch führende Unternehmen der Technologie- und Kommunikationsbranche.398

Der Verhaltenskodex, auf dem im Folgenden näher eingegangen wird, soll die bereits bestehende strafrechtlichen Regulierungen in den Mittgliedstaaten der EU unterstützen. Die wichtigsten Vor-schriften sind folgende:

394 siehe <https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_805> (19.03.2021).

395 ABI Nr 328 vom 06.12.2008.

396 siehe <https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_805 > (19.03.2021).

397 siehe <https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_805 > (19.03.2021).

398 siehe <https://www.internetforum.eu/> (26.03.2021).

IT-Unternehmen sind verpflichtet, Verfahren auf Webseiten einzurichten, die es dem Nutzer ermög-licht, illegale Hassreden zu melden. Sie sind verpflichtet, sogenannte Community-Leitlinien zu ver-öffentlichen und darin festzulegen, dass das Aufstacheln zur Gewalt verboten ist.399

Die Meldungen der User müssen daraufhin überprüft werden. Es muss festgestellt werden, ob es sich beim Post um eine Hassrede handelt oder nicht. Dabei sind die Community-Leitlinien und der Rah-menbeschluss 2008/913/JHA heranzuziehen. Die Überprüfung erfolgt durch ein eigens dafür einge-richtetes Team, das über die dafür notwendigen Kompetenzen verfügt. Die Mehrheit der Meldungen muss innerhalb von 24 Stunden geprüft werden und „den Zugang zu solchen Inhalten gegebenenfalls entfernen oder deaktivieren“. Die Unternehmen müssen die Nutzer darüber in den Community-Leit-linien informieren.400

Der Verhaltenskodex wird kontinuierlich von der Europäischen Kommission auf seine Wirksamkeit überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass Facebook, Twitter, Google und Microsoft in immer kürzerer Zeit auf rassistische und fremdenfeindliche Post reagieren. Im Jahre 2016 wurden 40 % der gemel-deten Post innerhalb von 24 Stunden geprüft, 2019 lag dieser Wert bei 89 %. 72 % der Inhalte, die als rassistisch eingestuft wurden, wurden im Jahre 2019 auch gelöscht. Zuvor lag der Wert bei 28 %.

Eine kontinuierliche Verbesserung wird festgestellt. Die Evaluierung der Europäischen Kommission zeigt auf, dass es noch Verbesserungspotenzial im Bereich der Transparenz der Entfernung der In-halte gibt und bei der Rückmeldung an die Benutzer, die Hasspostings gemeldet haben.401

Auf dieser Grundlage haben die Republik Deutschland und die Republik Österreich Gesetze erlassen, die einige Neuerungen aufzeigen. Diese werden nun im Folgenden dargelegt.

t. Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkduchset-zungsgesetz NetzDG) vom 1. September 2017402 geht einen analogen Weg wie der Verhaltenskodex der EU. Das NetzDG schreibt allen Anbietern von großen sozialen Netzwerken vor, dass sie ein Be-schwerdeverfahren einrichten müssen, ähnlich dem Verhaltenskodex der EU. Des Weiteren schreibt es eine Berichtspflicht vor. Jedes halbe Jahr soll jedes Technologie Unternehmen einen Bericht an die Bundesrepublik Deutschland senden, der die Häufigkeit von strafrechtlichen Inhalten im Internet dokumentiert. Dieser Bericht soll für die Öffentlichkeit zugänglich sein.403

Im Gegensatz zum Verhaltenskodex der EU schreibt das Gesetz aber in § 3 Abs 2 strenge Löschfristen

399 siehe<https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_805 > (19.03.2021).

400 siehe<https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_805 > (19.03.2021).

401 siehe <https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_805> (19.03.2021).

402 BGBI (D) Nr 61, vom 07.09.2017, Seite 3352.

403 siehe<https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/NetzDG/NetzDG_node.html#:~:text=Netzwerkdurchset- zungsgesetz%20Das%20Gesetz%20zur%20Verbesserung%20der%20Rechtsdurchsetzung%20in,auf%20den%20Platt-formen%20sozialer%20Netzwerke%20wirksamer%20zu%20bek%C3%A4mpfen>(17.03.2021).

vor. Er lautet wie folgt: „Das Verfahren muss gewährleisten, dass der Anbieter des sozialen Netz-werks 1. unverzüglich von der Beschwerde Kenntnis nimmt und prüft, ob der in der Beschwerde gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder der Zugang zu ihm zu sperren ist, 2. einen of-fensichtlich rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt, […]3. jeden rechtswidrigen Inhalt unverzüglich, in der Regel inner-halb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt;“

Diese strengen Löschfristen haben in Deutschland zu kritischen Äußerungen geführt. Es wird be-fürchtet, dass es dadurch zum sog. Overblocking kommt, d.h. Plattformbetreiber entfernen präventiv Inhalte, die möglicherweise rechtswidrig sind, um Sanktionen der Behörden zu verhindern. Die Ein-ordnung, ob ein Inhalt rechtswidrig ist oder nicht, erfolgt durch Mitarbeiter der Online-Plattformen, die großteils nicht juristisch geschult sind. Dadurch kann es zum Entfernen von Inhalten kommen, die aus rechtlicher Sicht vollkommen unbedenklich sind. Die Meinungsfreiheit wird dadurch wesent-lich beeinträchtigt. Eine Lösung wäre wohl eine unabhängige Expertengruppe, die die Inhalte prüft.404

u. Hass im Netz ‒Österreich

Die sog „Hass im Netz“ Gesetzgebung der Republik Österreich ist ein Gesetzespaket, das die Rechts-durchsetzung der bereits vorhandenen Gesetze im Internet verbessern soll. Der medienrechtliche Be-reich sieht dazu Folgendes vor:405

Das Bundesgesetz vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere publizistische Medien (Medienge-setz – MedienG), geändert durch Bundesge(Medienge-setz (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Ge(Medienge-setz –HiNBG)406 sieht in § 33. Abs 1 StGB (Ö) vor: „Im Strafurteil wegen eines Medieninhaltsdeliktes ist auf Antrag des Anklägers auf die Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke oder die Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website zu erkennen (Einziehung)“.

Das sog. Einziehen gibt den Opfern von Medieninhaltsdelikten die Möglichkeit, dass der verletzende Inhalt durch eine gerichtliche Anordnung gelöscht wird.407

Einige Beispiele für Medieninhaltsdelikte sind die Nötigung 105 StGB(Ö), Gefährliche Drohung 107 StGB und Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersys-tems (§ 107c StGB).408 Ein solcher Antrag kann auch gestellt werden, wenn der Medieninhaber nicht bekannt ist bzw eine Straftat nicht nachgewiesen werden kann. § 33 Abs 2.409