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Der Aktionsplan gegen Desinformation wurde von der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik ausgearbeitet und am 5. Dezember 2018 veröffentlicht. Er wurde auf Grundlage der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 18. Ok-tober 2018 zum Thema „zum Schutz der demokratischen Systeme der Union und zur Bekämpfung von Desinformationen, auch im Kontext der bevorstehenden Wahl zum Europäischen Parlament“

erarbeitet. Dieser Plan soll mit Hilfe von verschiedenen Akteuren unter anderem Konzernen, Journa-listen, Forschern und der Zivilgesellschaft umgesetzt werden.329 Er basiert auf der Grundlage der East StratCom Task Force. Diese wurde im Jahre 2015 vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) gegründet, um Desinformationskampagnen, die aus Russland stammten, zu bekämpfen.330

Aktionsplan gegen Desinformation beruht „auf 4 Säulen:

Ausbau der Fähigkeit der Organe der Union, Desinformationen zu erkennen, zu unter-suchen und zu enthüllen

Mehr koordinierte und gemeinsame Maßnahmen gegen Desinformationen

Mobilisierung des Privatsektors bei der Bekämpfung von Desinformationen

Sensibilisierung der Gesellschaft und Ausbau ihrer Widerstandsfähigkeit“331 l. 1 Säule: Ausbau der Fähigkeiten der Organe der Union

Der Ausbau von bereits bestehenden Organen der Europäischen Union soll verstärkt werden. Dazu

327 Europäischer Aktionsplan für Demokratie, KOM, (2020) 790 endg. S. 22.

328 Europäischer Aktionsplan für Demokratie, KOM (2020) 790 endg. S. 22.

329 Aktionsplan gegen Desinformation, KOM (2018) 36 endg. S.11f.

330 Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit COVID-19 - Fakten statt Fiktion, KOM (2020) 8 endg.

S.2.

331 Aktionsplan gegen Desinformation, KOM (2018) 36 endg. S. 6.

zählen die Task Forces für strategische Kommunikation des Europäischen Auswärtigen Dienstes, die Delegationen der EU und die EU-Analyseeinheit für hybride Bedrohung.332

„Hybride Kampagnen sind multidimensional, kombinieren Zwangsausübung mit subversiven Maß-nahmen und nutzen zur Destabilisierung des Gegners sowohl konventionelle als auch nicht konven-tionelle Mittel und Taktiken auf diplomatischer, militärischer, wirtschaftlicher und technologischer Ebene“333 Diese Bedrohung kann durch Staaten oder nichtstaatliche Organisationen erfolgen.334 Der Aktionsplan sieht vor, dass die bisher vorhandenen Strukturen durch zusätzliches Personal und finanzielle Mittel aufgestockt werden. Die soll es zu einer effizienteren Lösung des Problems füh-ren.335

m. 2. Säule: Koordinierung der gemeinsamen Maßnahmen

Zur besseren Koordinierung soll jeder Mitgliedstaat eine Kontaktstelle einrichten, dessen Aufgabe es ist Mitteilungen über Falschinformationen bzw Desinformationen zu sammeln und sie gebündelt an die EU weiterzuleiten. Durch diese Zusammenarbeit soll ein Schnellwarnsystem entstehen.336 Dieses System wurde im Jahre 2019 erfolgreich umgesetzt. Dadurch wird eine proaktive Kommuni-kation gefördert und es steht ein wirksames Instrument gegen Desinformationskampagnen zur Ver-fügung.337

n. 3 Säule: Mobilisierung des Privatsektors

Die dritte Säule des Aktionsplanes gegen Desinformation basiert auf dem EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformationen, der nun im Folgenden näher ausgeführt wird.

Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass eine Eindämmung des Problems nur erfolgen kann, wenn die führenden Technologie-Unternehmen in die Lösungsfindung mit eingebunden wer-den, denn sie sind diejenigen, die die technischen Plattformen für die Verbreitung von Informationen zur Verfügung stellen.338

Aus diesem Grund wurde im September 2018 der EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desin-formationen ausgearbeitet. Das Ziel dieses Verhaltenskodex ist es, die Transparenz im Internet zu erhöhen. Die Technologie-Unternehmen verpflichten sich in folgenden Bereichen zu Verhaltensän-derungen: Die Werbeeinnahmen von Konten und Webseiten, die Desinformationen verbreiten, sollen unterbunden werden und die Transparenz von politischer Werbung verstärkt werden. Neuer Umgang

332 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung durch Google, Facebook, u.a. unter der An-drohung von Gesetzen, EU-Außenpolitik durch Gegenpropaganda in Drittstaaten?, S. 96.

333 Stärkung der Resilienz und Ausbau der Kapazitäten zur Abwehr hybrider Bedrohungen, KOM (2018) 16 endg. S. 2.

334 Stärkung der Resilienz und Ausbau der Kapazitäten zur Abwehr hybrider Bedrohungen, KOM (2018) 16 endg. S. 2.

335 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 96.

336 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 97.

337 Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit COVID-19 - Fakten statt Fiktion, KOM (2020) 8 endg. S.

6.

mit Fake-Accounts und Online-Bots. Die Sichtbarkeit und Auffindbarkeit von verlässlichen Inhalten soll verbessert werden. Die Nutzer sollen vermehrt dazu aufgefordert werden, Desinformationen zu melden und verschiedene Informationsquellen zu benutzen Die Forschungsgemeinschaft zur Über-wachung von Online-Desinformationen soll verstärkt werden.339

Besonders der Bereich rund um das Thema Werbung ist von besonderer Wichtigkeit für die Bekämp-fung von Falsch bzw Desinformationen, denn erst durch die Platzierung von Werbung auf Webseiten die Falschnachrichten verbreiten, wird die Verbreitung zu einem lukrativen Geschäft.340

Die Verhaltensänderungen, die im Bereich der Werbung von besonderer Wichtigkeit sind, werden nun näher betrachtet. Die Verhaltensänderungen sollen dazu führen, dass es unterlassen wird Wer-bung auf Webseiten zu platzieren, die Falsch bzw Desinformationen verbreiten.341 Die wohl effizi-enteste Methode dies umzusetzen wäre das konsequente Blockieren solcher Werbeanzeigen.342 Des Weiteren soll auch im Internet, so wie es schon im Bereich der klassischen Medien gehandhabt wird, die Werbung vom redaktionellen Teil unterscheidbar sein. Besonders bezahlte Berichterstattungen sollen als solche klar gekennzeichnet sein.343

Besonders im Bereich der politischen Werbung soll die Transparenz verbessert werden. Dadurch soll es dem Nutzer ermöglicht werden, die Gründe weshalb ihm diese und nicht jene politische Werbung angezeigt wird, besser zu verstehen. Der EU-Verhaltenskodex fordert die klare Kennzeichnung von politischer Werbung. Dabei soll die tatsächliche Identität des Sponsors ebenso ersichtlich sein wie der Betrag, der für die politische Werbung bezahlt wurde. Dies soll auch dazu führen, dass vermehrt Scheinkonten aufgespürt werden.344

Eine rechtliche Definition des Begriffes Werbung, der speziell im Zusammenhang mit Falsch bzw Desinformationen steht, gibt es bisher nicht. Der Begriff der Werbung wir in einigen RL definiert, auf die nun näher eingegangen wird. Anzumerken ist, dass diese Definitionen des Begriffes Werbung nur für den Anwendungsbereich der unlauteren Geschäftspraktiken zwischen Unternehmen und Ver-braucher gelten. Sie können aber als Vorlage, für eine zukünftige Begriffsbestimmung herangezogen werden.345

Die RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über ir-reführende und vergleichende Werbung.346 Unter Art 2 Buchstabe a) wird der Begriff der Werbung

339 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 93.

340 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 93.

341 siehe<https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/code-practice-disinformation> (06.04.2021).

342 Ukrow/Etteldorf, “Fake News”, S. 82 f.

343 siehe<Code Of Practice on https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/code-practice-disinformation>

(06.04.2021).

344 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 97 f.

345 Ukrow/Etteldorf, “Fake News”, S. 89 f.

346 ABI Nr L 376/21 vom 27.12.2006.

definiert als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern“.347

Der Begriff der irreführenden Werbung wird unter Buchstabe b) definiert als „jede Werbung, die in irgendeiner Weise ‒ einschließlich ihrer Aufmachung ‒ die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung ihr wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann oder aus diesen Gründen einen Mitbe-werber schädigt oder zu schädigen geeignet ist“.348

Weitere wichtige Rechtsquellen sind die RL 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwi-schen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, die Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie die Verordnung (EG) Nr 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.349

Über irreführenden Geschäftspraktiken steht unter Art 6 Abs 1:„Eine Geschäftspraxis gilt als irrefüh-rend, wenn sie falsche Angaben enthält und somit unwahr ist […]“.Abs 2 führt weiter aus: „[…]gilt es auch, wenn ein Gewerbetreibender wesentliche Informationen […] verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt oder wenn er den kommerziel-len Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht“.350

Der zuvor kurz dargestellte Verhaltenskodex bildet die Grundlage für die dritte Säule des Aktions-planes gegen Desinformationen. Darin fordert die Kommission die Unterzeichner zu einer schnelle-ren und effektiveschnelle-ren Umsetzung der darin festgelegten Ziele auf. Der Verhaltenskodex legt auch fest, dass die Einhaltung der Verhaltensänderungen stetig von der Kommission und der Gruppe Europäi-scher Regulierungsstellen für audiovisuelle Mediendienste (ERGA) überprüft wird.351

Die Unternehmen, die den EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformationen unterzeich-net haben, verpflichten sich zu einem jährlichen Bericht, der öffentlich zugänglich sein soll. Darin sollen die Maßnahmen aufgezeigt werden, die zur Bekämpfung von Desinformationen ergriffen wor-den sind.352 Sollte dieser Verhaltenskodex von den Unternehmen, die ihn unterzeichnet haben, nicht

347 RL 2006/114/EG vom 12. Dezember 2006.

348 RL 2006/114/ EG vom 12. Dezember 2006.

349 ABI Nr 149/22 vom 11.06.2005.

350 RL 2005/29/EG vom 11. Mai 2005.

351 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 98.

352 siehe<https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/code-practice-disinformation> (06.04.2021).

zufriedenstellend umgesetzt werden, behält sich die Europäische Kommission vor, dass auch Maß-nahmen „auch regulatorischer Art sein können“.353

Ob eine gesetzliche Regelung in diesem Bereich juristisch zulässig ist, wird im Folgenden analysiert.

Zuvor wird aber noch die vierte und letzte Säule des Aktionsplanes gegen Desinformation dargelegt.

o. 4. Sensibilisierung der Gesellschaft und Ausbau ihrer Widerstandsfähigkeit

Das Problem der Falsch bzw Desinformationen, kann ohne die Einbindung der Zivilbevölkerung nicht gelöst bzw verbessert werden. Der Aktionsplan gegen Desinformation sieht vor, dass die Me-dienbildung verstärkt werden soll, um das Problembewusstsein in der Bevölkerung zu verstärken.

Die Resilienz, d.h. die Widerstandsfähigkeit gegen Falschmeldungen, soll gesteigert werden. Beson-ders in sozialen Medien sollen die Menschen von sich aus hinterfragen, ob es sich um eine Falsch-meldung handeln könnte. Dieses Verhalten soll besonders in Wahlzeiten erfolgen, damit freie Wahlen auch weiterhin uneingeschränkt möglich bleiben.354

Der Aktionsplan unterstreicht auch die Wichtigkeit von den sog. Faktenprüfern. Sie überprüfen Mel-dungen auf deren Richtigkeit. Diese Arbeit soll weiter verstärkt und ausgebaut werden. Es soll auch eine Plattform auf europäischer Ebene erstellt werden, die der Vernetzung von unabhängigen Fak-tenprüfern dienen soll.355

Der Aktionsplan gegen Desinformation sieht auch vor, dass die Kommission vermehrt unabhängige Medien und investigativen Journalismus, auch in finanzieller Hinsicht, fördert. Denn dies stellt auch in Zukunft eines der wirksamsten Mittel gegen Falschmeldungen dar.356

p. Rechtsgrundlagen für die Maßnahmen des Aktionsplanes

Wie schon zuvor kurz erwähnt, stellt die Kommission in Aussicht auch gesetzgeberisch in diesem Bereich tätig zu werden, wenn die Verhaltensänderungen des Aktionsplanes gegen Desinformationen nicht eingehalten werden. Im Folgenden soll nun analysiert werden, ob es dafür eine juristische Grundlage gibt und auf welcher Rechtsgrundlage der vorliegende Aktionsplan fußt.

Diese Rechtsgrundlagen sind:

Die erste Säule des Aktionsplanes gegen Desinformation, wie zuvor dargelegt, fußt auf der gemein-samen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Sie ist ein Bereich der EU, der mit Sonderregeln aus-gestattet ist, weil die Mitgliedstaaten in diesem sensiblen Bereich nicht bereit waren, die gesamte Souveränität an die EU abzutreten. Daher werden Beschlüsse bis heute mit dem Einstimmigkeitsprin-zip erlassen und richten sich grundsätzlich an die Mitgliedstaaten und nicht an die EU-Bürger.357 Die

353 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 98.

354 Aktionsplan gegen Desinformation, KOM (2018) 36 endg. S. 12.

355 Aktionsplan gegen Desinformation, KOM (2018) 36 endg. S. 12.

356 Aktionsplan gegen Desinformation, KOM (2018) 36 endg. S.12.

357 Eberhard/Grabenwarter/Holoueck/Kröll/Lienbacher/Vranes,Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht I, S. 54.

wichtigsten Normen in diesem Bereich sind:

Art 23 EUV, der besagt: „Das Handeln der Union auf internationaler Ebene[…]beruht auf den Grundsätzen des Kapitels 1, verfolgt die darin genannten Ziele und steht mit den allgemeinen Best-immungen jenes Kapitels im Einklang“.

Dieser Artikel bindet die GASP an die Ziele und Grundsätze der europäischen Außenpolitik, die wie folgt in Art 21 Abs 1 EUV festgelegt sind: „[…] Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschen-würde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grunds-ätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts“.

Art 23 bindet die GASP auch an die vom Europäischen Rat zu bestimmenden“ strategischen Interes-sen und Ziele der Union fest“.

Die Zuständigkeit der GASP betrifft alle Bereiche der Außenpolitik, „einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik“. (Art 24 Abs 1.) Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik fußt auf der Kompetenz des Europäischen Rates und des Rates, Art 24 Abs 1 EUV.

Gesetzgebungsakte dürfen laut Art 24 Abs 1EUV in diesem Bereich nicht erlassen werden. Art 25 EUV besagt, dass die Union allgemeine Leitlinien und Beschlüsse erlassen darf, die die Aktionen, die von der Union durchgeführt werden dürfen, festlegen.

Art 26 Abs 1 EUV besagt: „Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele und die allgemeinen Leitlinien der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fest, und zwar auch bei Fragen mit verteidigungspolitischen Bezügen. Er erlässt die erforderlichen Beschlüsse“.

Es wird nun analysiert, ob der Aktionsplan gegen Desinformation unter Art 24 Abs 1 EUV subsumiert werden kann oder nicht. Da dieser Art von „Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union“

spricht, kann davon ausgegangen werden, dass dadurch auch die Rechtmäßigkeit des Ausbaues zur Erfassung und Bekämpfung von Falschinformationen, die aus dem Ausland stammen, gedeckt ist.

Denn sie können die „die Integrität der EU gefährden“.358 Aus diesem Grund kann der Aktionsplan gegen Desinformation unter Art 24 Abs 1 EUV subsumiert werden.359

Es stellt sich die Frage ob, der Aktionsplan gegen Desinformation im räumlichen Geltungsbereich der Verträge liegt oder nicht. Die Kommission hat sich dazu wie folgt geäußert: „die Aufdeckung von Desinformationen sei komplementär zu den einschlägigen Maßnahmen innerhalb der Union“.360 Auf welcher Rechtsgrundlage diese Aussage fußt, soll nun erörtert werden.

Der räumliche Geltungsbereich der Verträge beschränkt sich gemäß Art 52 EUV nur auf das Gebiet

358 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 101.

359 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 101.

der Mitgliedsstaaten. Art 42 Abs 1 besagt allerdings, dass die GASP „bei Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit“ tätig werden darf. Der Aktionsplan kann aber unter keinen der genannten Missionen subsumiert werden.

Unter diesem Gesichtspunkt kann davon ausgegangen werden, dass der Aktionsplan gegen Desinfor-mation nicht im räumlichen Geltungsbereich der Verträge liegt.361

Diese Feststellung wird auch durch das Verbot der extraterritorialen Wirkung staatlichen Handels, bestätigt, das nun näher beschrieben wird. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung festgelegt, dass das Handeln der Organe denselben geografischen Anwendungsbereich hat wie die Verträge. Dies bedeutet, dass die Organe nur Verordnungen erlassen können, die innerhalb des räumlichen Geltungs-bereichs des Art 52 EUV liegen. Sie gelten grundsätzlich nicht in den Gebieten von Nachbarstaaten bzw Drittstaaten. Diese Feststellung des EuGHs stimmt mit dem Interventionsverbot des Völker-rechts überein. Das Interventionsverbot besagt, dass die Souveränität jedes Staates gewährleistet ist und dass jede Intervention in Drittstaaten verboten ist. Art 3 Abs 5 EUV bekräftigt, dass die EU das Völkerrecht beachtet und seine Weiterentwicklung fördert. Dies spricht gegen die Rechtmäßigkeit der Ersten Säule des Aktionsplanes gegen Desinformationen der EU, da die extraterritoriale Auswei-tung unter diesem Gesichtspunkt nicht zulässig ist.362

Es stellt sich die Frage, „ob sich die räumliche Erweiterung des Unionsrechts auf dem Gebiet von Drittstaaten“ aus einem Assoziierungsabkommen Art 217 AEUV ergeben kann. Unter einem Asso-ziierungsabkommen wird ein völkerrechtlicher Vertrag verstanden, der bestimmte Rechte und Pflich-ten zwischen dem Vertragsstaat und der europäischen Union bildet, die weit über eine Handelsbezie-hung hinausgehen können. Dabei wirkt der Drittstaat aktiv am System der EU mit, meistens durch dessen Vertretung in bestimmten Ausschüssen.363

Art 216 Abs 2 AEUV schreibt vor, dass die Organe der Union an die von der Union geschlossenen Übereinkünfte gebunden sind. Dies bedeutet, dass die Union, ab dem Zeitpunkt des völkerrechtlichen Inkrafttretens des Assoziierungsabkommen, an den Vertrag gebunden ist und somit auch die recht-mäßigen räumlichen Erweiterungen vorliegen. Der Aktionsplan sieht vor, dass die Zusammenarbeit zwischen der östlichen Partnerschaft, südlichen Nachbarschaft und dem Westbalkan im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik weiter ausgebaut werden soll.364

Zur östlichen Partnerschaft gehören folgende Staaten: Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldawien und die Ukraine.365 Hinter der südlichen Nachbarschaft stehen die Staaten Algerien,

361 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 102.

362 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 103 f.

363 Schröder, Grundkurs Europarecht, S. 390.

364 Brauneck, in EuR Europarecht 1/2020, EU-Desinformationsbekämpfung, S. 105.

365 siehe<https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/neighbourhood/eastern-partnership_en> (15.04.2021).

Ägypten, Israel, Jordanien, der Libanon, Libyen, Marokko, Palästina, Syrien und Tunesien.366 Aus diesem Grund kann angenommen werden, dass der Aktionsplan auf der Rechtsgrundlage vorn abgeschlossenen Assoziierungsabkommen fußt.

Abschließend soll noch die Frage beantwortet werden, ob die Rechtmäßigkeit des Aktionsplanes ge-gen Desinformation auch auf Art 11 GRC begründet werden kann. Grundsätzlich lässt sich aus die-sem Art kein Handlungsauftrag an die Union ableiten. Wird die EU aber auf Grundlage, einer zu-stehenden Kompetenz tätig, ist die EU verpflichtet das Pluralismusgebot in Art 11 Abs 2 zu beachten.

Art 51 GRC zielt nicht auf das Territorium, sondern auf die Hoheitsträger ab. Aus diesem Grund kann sich aus Art 11 Abs 1 indirekt eine territoriale Rechtsanwendung für den Aktionsplan ergeben.367

F. Aktionsplan Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit