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Rationalitätsdefizite im Preismanagement

spezifische Immobilieninvestoren

2.5 Definitorische Grundlagen

2.5.5 Preiskalkulation als Managementaufgabe

2.5.5.2 Rationalitätsdefizite im Preismanagement

politik auf die eigenen Marktziele und die Abstimmung und Koor-dinierung mit den anderen Instrumenten des Marketings.222

Für die institutionelle Wohnungswirtschaft kommt es darauf an, die eigene Kostenstruktur und die daraus abgeleiteten retrograden Sollmieten den erzielbaren Marktmieten gegenüberzustellen. Nur so können Investitions- bzw. Desinvestitionsstrategien sinnvoll unter-stützt und Kosten(senkungs-)strategien eruiert werden. Die intern ermittelten Deckungsbeiträge bilden dabei eine mögliche Grundla-ge für PreisentscheidunGrundla-gen und eine sachGrundla-gerechte Beurteilung der Managementleistung.

Dergrundlegendste Unterschied zur Industrie besteht in der Kal-kulation eines Preises für einen langen, meist unbestimmten Zeit-raum. Industrieprodukte sind i. d. R. Produkte, bei denen der Ver-kaufsprozess einmalig abläuft. Hingegen müssen durch den peri-odisch wiederholten Absatzprozess bei Immobilien ergänzende Be-trachtungen angestellt werden. Durch die gesetzlichen Beschränkun-gen bei der Anpassung von Mieten in Bestandsmietverhältnissen wirken sich Defizite im Preismanagement stark und langanhaltend aus. Daher werden nachfolgend die möglichen Rationalitätsdefizite im Preismanagement näher untersucht.

gesteuerten Aufgaben der Willensbildung, Willensdurchsetzung und Kontrolle (...), die darauf abzielen, monetäre Forderungen durchzu-setzen, welche die Nachfrager als Gegenleistung für Produkte und Dienstleistungen des Anbieters zu erfüllen bereit sind.“226

Abbildung 2.8: Prozessverständnis des Preismanagements

Phase im Prozessstufe im Beschreibung der Aufgaben

Führungsprozess Preismanagement

Willensbildung Strategische Analysen zur Preispositionierung

Festlegung von Preiszielen bzw. Leitlinien zur Preispositionierung

Detaillierung von Preisstrategien zur Zielerreichung

Durchführung Analysen zur Listenpreis- bzw. Rabatt-bestimmung

Festlegung konkreter Listenpreise und Rabatt-systeme basierend auf den Preisstrategien

Willensdurchsetzung Weitergabe der festgelegten Listenpreise und

Rabatte an Vertrieb/Aussendienst

Hinterlegung der Preise mit Anweisungen, An-reizen und Maßnahmen zur Durchsetzung beim Endkunden

Ausführung Preisverhandlungen mit Endkunden

Vergabe von Rabatten/Konditionen an Endkunden

Tätigung des Kaufs und Realisierung des Transaktionspreises

Kontrolle Soll-Ist-Vergleiche der erzielten Transaktionspreise

mit geplanten Listenpreisen und Rabatten

Überprüfung Erreichung der Preisziele sowie Umsetzung der Preisstrategien

Ableitung von Konsequenzen operative

Preisbildung Preisziel- und

Preis-strategiebildung

Preisdurchsetzung

Preisausführung

Preiskontrolle

Informationsbereitstellung

Quelle: Rullkötter 2009, S. 11.

Die Informationsbereitstellung227 stellt eine Querschnitts- und Unterstützungsaufgabe über alle Prozessstufen hinweg dar. Unter Informationsbereitstellung werden alle Tätigkeiten verstanden, die zweckorientiertes, entscheidungsrelevantes Wissen zusammentragen, welches als Eingangsfaktor im Rahmen des Preismanagements benö-tigt wird. Hiermit wird der weit gefassten Definition vonFlorissen gefolgt, die alle preisrelevanten Informationen einschließt und sich nicht nur auf Preisdeterminanten beschränkt.228

226Rullkötter 2009, S. 9.

227Vgl. Rullkötter 2009, S. 10.

228Vgl. Wiltinger 1998, S. 53 sowie Florissen 2005, S. 68.

Informationen in Form von Daten, Kennzahlen und Analysen bilden die Grundlage für alle Handlungen in den in Abb. 2.8 be-schriebenen Prozessphasen des Preismanagements. Grundsätzlich lassen sich hierbei preisbezogene Kundeninformationen, preisbezo-gene Wettbewerberinformationen sowie preisbezopreisbezo-gene Controlling-informationen unterscheiden.229

Florissen erstellt eine Konzeption von vermuteten Rationali-tätsdefiziten im Preismanagement und ergründet deren Ursachen unter Zulassung von Könnens- und Wollensdefiziten der Akteure, sowohl individuell als auch bei deren Interaktion.Rullkötterhat mit ihrer Arbeit230 diese Thesen empirisch untersucht und bestäti-gen können. Es besteht demnach eine Diskrepanz231 zwischen der großen Bedeutung des Preismanagements und dessen vielfach ge-ringere Professionalisierung in der Praxis. Rationalitätsdefizite im Preismanagement lassen sich gem. Tab. 2.5 auf der nächsten Seite systematisieren.

Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag, um Defizite im Preis-management der institutionellen Wohnungswirtschaft vor allem in den Ursachenbereichen Informationsbereitstellung und operative Preisbildung zu beheben. Darüber hinaus liefert sie durch die Ab-bildung in einem in sich geschlossenen System auch die Grundlage, um die Preisstrategiefindung, -durchsetzung und -kontrolle zu un-terstützen.

2.5.5.3 Kosten als Grundlage von Preisentscheidungen Preisentscheidungen können nicht allein auf Basis der Kosten ge-troffen werden. Externe Gegebenheiten (z. B. das Kundenverhal-ten oder die Konkurrenzsituation), aber auch interne Gegebenhei-ten (z. B. Finanzkraft), sind maßgebend. Das Zusammenwirken der

229Vgl. Rullkötter 2009, S. 10 ff.

230Rullkötter 2009.

231Vgl. Rullkötter 2009, S. 2.

Tabelle 2.5: Rationalitätsdefizite im Preismanagement

BEREICH/URSACHE RATIONALITÄTSDEFIZIT

1. Informationsbereitstellung 1.1.Fehlende Erschließung externer Informationsquellen 1.2. Fehlende Erschließung interner Informationsquellen 1.3. Mangelnde Systematik der Informationsbereitstellung 1.4. Zu geringe Nutzung formaler Marktforschungsmethoden 1.5. Fehler bei der Prognose preisrelevanter Informationen 1.6. Gehemmter Informationsfluss an Abteilungsschnittstellen 2.1. Fehlende explizite Preisziele

2.2. Fehlerhafte Preiszielauswahl und resultierende Zielkonflikte 2.3. Inadäquates Anspruchsniveau der Preisziele

2.4. Fehlende explizite Preisstrategie

2.5. Fehlerhafte Generierung und Auswahl von Preisstrategien 2.6. Mangelnde langfristige Tragfähigkeit der Preisstrategien 3.1. Fehlende Verzahnung von Preisstrategie und operativer Preisbildung 3.2. Dominanz von Intuition, mangelnde Faktenorientierung 3.3. Fehler beim Einsatz der Preisbildungsmethodik

3.4. Interaktionsprobleme bei der operativen Preisbildung in Gruppen 3.5. Interaktionsprobleme bei der Beteiligung v. mehreren Akteuren aus unterschiedlichen Abteilungen

4. Preisdurchsetzung 4.1. Unzureichende Kommunikation an den dezentralen Vertrieb 4.2. Falsches Ausmaß an Kompetenzdelegation an dezentralen Vertrieb 5. Preiskontrolle 5.1. Unterlassung regelmäßiger bzw. mangelhafte Durchführung von

Preiskontrollhandlungen

5.2. Mangelnde Ergreifung von Konsequenzen aus Preiskontrollen 2. Preisziel- und

Preisstrategiebildung

3. Operative Preisbildung

Quelle: Rullkötter 2009, S. 156.

Preisfestlegung mit anderen Instrumenten des Marketingmix ist zu beachten. Aspekte wie die Durchsetzbarkeit des Preises, Preiselas-tizitäten und die Höhe der Konkurrenzpreise spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle.232

Die ökonomischen Modelle zur Bestimmung optimaler Preise be-nötigen Kosten als eine wichtige Einflussgröße. Bei der Preisfindung arbeiten Marketing und Rechnungswesen eng zusammen. Im Rah-men der Entscheidungsfunktion der KLR wird i. d. R. von einer Ma-ximierung des Periodengewinns ausgegangen.233 Preisgrenzen sind hierbei kritische Werte, bei denen das Unternehmen indifferent bei

232Vgl. Ewert u. Wagenhofer 2014, S. 124. Zu den Marketinginstrumenten zählen hierbei u. a. Konditionen, Produkteigenschaften, Werbung, Distributionska-nal und Serviceumfang.

233Vgl. hier und im Folgenden Ewert u. Wagenhofer 2014, S. 124 f.

Entscheidungen zwischen Alternativen ist. Sie umfassen Preisober-grenzen und PreisunterPreisober-grenzen. PreisPreisober-grenzen sind Entscheidungs-werte, die nur für spezifische Entscheidungssituationen in einem un-ternehmensindividuellen Kontext zutreffen. Aus Sicht der KLR ist die Erscheinungsform des Preises nicht relevant. Vielmehr ist dies eine Marketingentscheidung. Parameter sind u. a. Rabatte, Boni, Einzelkomponenten, Vertragsgestaltungen, Differenzierungen nach Regionen, Kunden, Produkten etc. Unter dem Preis wird nachfol-gend die tatsächlich dem Unternehmen verbleibende Gegenleistung für die eigene Leistung verstanden.234

Die Ermittlung von Angebotspreisen auf der Grundlage von varia-blen Selbstkosten erfolgt vielfach als retrograde Rechnung. Dies hat den Nachteil, dass die geplanten bzw. geschätzten Kostengrößen von der Güte der Schätzung bezüglich der Kostenhöhe abhängig sind.235