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2.2 Eigenschaften des Gutes „Immobilie“

2.2.3 Lebenszyklusphasen

dung Verbindungen zur Raumordnung sowie der Städte- und Lan-desplanung.37

Die Übertragung des theoretischen Konzeptes des Lebenszyklus auf Immobilien bildet die Grundlage einer wissenschaftlich syste-matischen und holistischen Betrachtungsweise von Immobilien. So kann die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes Immobilie verringert werden. Durch die Zyklenunterteilung erfolgt eine erste Definition unterschiedlicher Aufgabenbereiche und der ihnen zuge-hörigen Disziplinen des Immobilienmanagements. Das Immobilien-controlling erfüllt kontextspezifische Funktionen in allen Lebenszy-klusphasen. Daher ist der Immobilienlebenszyklus überblicksartig darzustellen (vgl. Abb. 2.1).43

Abbildung 2.1: Der Immobilienlebenszyklus

Quelle: Eigene Darstellung nach Schäfers 1997, S. 26.

Grundsätzlich möglich ist eine Einteilung des Lebenszyklus einer Immobilie in die drei Hauptphasen

• Entstehung

43Vgl. Homann 1999, S. 32. Zu weiteren Einordnungen und Systematisierungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Prognose von Ein- und Auszahlun-gen, vgl. Metzner 2013, S. 462 f.

• Nutzung und

• Verwertung.44

Schulte/Homannbeschreiben den Aufbau eines lebenszyklusori-entierten Immobilien-Controllingsystems. Dabei definieren sie pha-senkonkret unternehmerische Entscheidungs- und Handlungsfelder sowie die dazugehörigen Controllingmodule und -instrumente (vgl.

Tab. 2.3).45

Der Lebenszyklusansatz gehört zu den kausalen Methoden.46 Kau-sale Methoden nutzen bekannte Beziehungen zwischen der zu pro-gnostizierenden Variablen und gegebenen Einflussfaktoren. Die Ab-leitung der Zusammenhänge erfolgt aus Theorien und empirischen Beobachtungen.47 Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung kausaler Methoden ist die relativ sichere Prognose der jeweiligen Einflussfaktoren bzw. die zeitlich frühere Feststellbarkeit als die ei-gentliche Prognosegröße.48

Eine Einteilung des Gebäudelebenszyklus allein in die drei Pha-sen Entstehung, Nutzung und Verwertung greift zu kurz. Sinnvoll er-scheint eine Kombination mit anderen Techniken, z. B. der

Szenario-44Vgl. Homann 1999, S. 30.Homannweist darauf hin, dass es sich, abweichend zur Bezeichnung eigener Unterzyklen durchSchäfers1997, S. 26, bei der Einteilung um zeitliche Abschnitte handelt. Er plädiert für die Bezeichnung Phasen.

45Homann konstatiert, dass die Funktionsbereiche zu unterschiedlichen Zeit-punkten im Immobilienlebenszyklus ihrer Aufgabe der zielgerichteten Reali-sierung von Erfolgspotenzialen nachkommen. Dies führt infolge der starken zeitlichen und funktionalen Differenzierung des Immobilienmanagements zu erheblichen Koordinationsproblemen mit der Folge, dass Maßnahmen eines Funktionsbereiches in einer Lebenszyklusphase die Bestrebungen eines an-deren zu einem späteren Zeitpunkt ggf. konterkarieren können. Vgl. Homann 1999, S. 111.

46Zu den kausalen Methoden zählen u. a. ökonometrische Modelle (bzw. Regres-sionsmodelle), Input-Output-Analysen sowie der Lebenszyklusansatz. Häufig werden bei diesen Methoden abweichend von qualitativen Techniken -die zugrunde gelegten Ursache-Wirkungsbeziehungen teilweise oder vollstän-dig mithilfe mathematischer Formeln wiedergegeben. Vgl. Frerichs u. Kübler 1980, S. 64 sowie Weber 1993, S. 459.

47Vgl. Römhild 1995, S. 172.

48Vgl. Metzner 2002, S. 290.

Tabelle 2.3: Aufbau eines lebenszyklusorientierten Immobilien-Con-trollingsystems

Lebens- zyklus- phase

unternehm. Entschei- dungs- felder Planung Realisierung

Moderni-sierung

Umwidmung/

Redevelop-ment

Verkauf

Objektqualität

Nutzungsreversibilität Kostenverhalten Verwertungsfähigkeit

zukünftiges Kostenverhalten Verfügbarkeit/Nutzbarkeit Substanzerhalt

zukünftiges Instandhaltungsverhalten Leistungsbereitschaft Werterhalt

zukünftige Verwertungsqualität Marktgängigkeit Marktgängigkeit

Kosten, Termine, Qualität

Entstehungsphase Nutzungsphase Verwertungsphase

Immobilien-Investitions-Controlling Immobilien-Investitionsrechnung

Instand-haltung

Fokus

Projekt-entwicklung Nutzung Abriss

Immobilien-Informationsversorgungssystem Flächenbereitstellung als

betriebliche Leistung Technische Serviceleistungen

Immobilien-Projektcontrolling Instandhaltungscontrolling

Immobilien-, Instandhaltungs-, Planungs- und Steuerungssysteme

Nutzungskosten-Controlling immobilienbezogene Kostenrechnung

Immobilienverwertung als Des- oder Folgeinvestition

Immobilien-Projektcontrolling

Absatzcontrolling Immobilienbereitstellung

als Investition

Controllingmodule und -instrumente

Wirtschaftliche Serviceleistungen

Qualitätscontrolling

Projektsteuerung unternehm. Handlungs- felder

Immobilien-Managementinformationssystem

Quelle: Eigene Darstellung nach Schulte u. Homann 1996, S. 331.

Technik oder der Trend-Analyse.49Der Lebenszyklusansatz konkre-tisiert allgemeine Prognosen (z. B. Markttrends oder Marktzyklen) und passt sie auf das konkrete Objekt an. Die entsprechenden Pro-gnosen sind realitätsnah und bilden die Basis für weiterführende Betrachtungen (z. B. Finanzierung, Zukunftsbewertung). Der Le-benszyklusansatz allein liefert keine Werte. Eine Kombination mit anderen Controlling-Instrumenten ist daher zwingend.50

Abb. 2.2 enthält eine grafische Darstellung eines Lebenszyklus-ansatzes anhand von Kennzahlen, bei der eine Kombination mit einem allgemeinen Markttrend (quantitative Prognosetechnik) er-folgte. Derartige Darstellungsmodelle liefern Signale, z. B. für Pla-nungen. Mit dem Lebenszyklusansatz können u. a. Mieten, Kosten

49Vgl. Metzner 2002, S. 292.

50Vgl. Metzner 2002, S. 294.

(sog. „life-cycle costing“51), Qualitätsmerkmale oder Gesamtergeb-nisse analysiert werden.52

Abbildung 2.2: Kombination v. Markttrend und Gebäude-Lebens-zyklus

Markt Abschlag Objekt

Objekt Zuschlag Markt

Relative Zeit

Stärke

Zustand neuwertig unmodern modernisiert überaltert

Phase Errichtung Abriss

Mietertrag

Nutzung

Quelle: Metzner 2002, S. 292.

Ein allgemeiner Markttrend könnte beispielhaft ein Mietpreisin-dex o. ä. sein. Dieser kann im günstigsten Fall für den jeweiligen als relevant eingestuften Teilmarkt ermittelt werden. „Markt“ bezeich-net dabei ein idealtypisches, durchschnittliches Objekt mit mittle-rem Alter, mittlerer Ausstattung ohne gravierende Mängel bzw. an-dere Besonderheiten. Für ein konkretes Objekt verändern sich die re-lative Qualität (d. h. die Qualität im Vergleich zum Markt(standard)) und damit die relativen Mieten im Zeitablauf.53Durch die Nutzung des Lebenszyklusansatzes erfolgt die Konkretisierung der Progno-se. Mit Errichtung der Immobilie ist i. d. R. ein moderner Zu-stand ohne Schäden und mit relativ gutem Ausstattungsgrad zu unterstellen. Er liegt dabei oberhalb des Marktstandards. Dies

be-51Vgl. Fröhling 1993, S. 399.

52Vgl. Metzner 2002, S. 292.

53Vgl. hierzu und im Folgenden ausführlich Metzner 2002, S. 293.

gründet Mieten am oberen Ende der Mietspannen. Bei unveränder-terAusstattungundgleichzeitigerWeiterentwicklung imBauwesen bleibt das Objekt zunehmend hinter dem Marktstandard zurück, es wirdunmodern.Diesbedingti.d.R.unterdurchschnittlicheMieten undggf.steigendeLeerstände.54 Durch Instandsetzungenund Mo-dernisierungen kann, unter Beachtung der gegebenen Bausubstanz (technisch-ökonomische Restnutzungsdauer) undanderer Rahmen-bedingungen, wieder ein neubauähnlicher Zustand erzielt werden.

Derartige Modernisierungsmaßnahmen können mehrfach innerhalb derLebensdauereinerImmobilieerfolgen.55Diediesbezügliche gra-fische D arstellung i n A bb. 2 .2 m üsste d urch d ie A nfügung weite-rerLebenszyklusabschnitteerfolgen.DieLängederPhasenistnicht vorherbestimmt, sondern von Umwelteinflüssen auf Mikro- und Ma-kroebenesowieManagementeinflüssenabhängig.Innerhalbder letz-ten Phase erfolgen keine größeren Investitionen mehr. Die Erträ-ge stagnieren bzw. gehen zurück und werden abgeschöpft, solange das Gesamtergebnis positiv ist und keine besseren (Verwer -tungs-)Alternativen bestehen. Mit der wirtschaftlichen oder technischenÜberalterungdesGebäudes endetderLebenszyklus.56

Bei Betrachtung des dargestellten Objektes fällt auf, dass die Mietertragsentwicklung flacher verläuft als im Marktdurchschnitt.

Dies begründet die Forderung, bei Prognosen nicht allein von Markt-durchschnitten auszugehen, sondern stets auch die relative Objek-tattraktivität, d. h. u. a. Auswirkungen durch Alterungsprozesse, zu berücksichtigen.57

54Vgl. Neißer 1998, S. 34 sowie Metzner 2002, S. 293.

55Vgl. hier und im Folgenden Metzner 2002, S. 293. Metzner stellt zudem grundlegende Handlungsalternativen dar, zu denen bei Investition bzw. Ver-besserung der Eigenschaften die Instandsetzung, die Modernisierung und der Neubau gezählt werden. Siehe ebd. S. 233.

56Metznergeht explizit nicht auf die Phase Verwertung ein. Vgl. Metzner 2002, S. 293.

57Vgl. Metzner 2002, S. 293 f.

Die GEFMA hat mit der Richtlinie GEFMA 100-158 neun Le-benszyklusphasen von Immobilien definiert (vgl. Tab. 2.4).

Tabelle 2.4: Lebenszyklusphasen nach GEFMA

Lebens- zyklus-phase

Bezeichnung

1 Konzeption 2 Planung 3 Errichtung 4 Vermarktung 5 Beschaffung 6 Betrieb & Nutzung 7 Umbau & Sanierung 8 Leerstand

9 Verwertung Quelle: GEFMA 2004.

Für die Erfassung der kausalen Zusammenhänge zwischen Investi-tions- und Nutzungskosten (auch als Erst- und Folgekosten bezeich-net) ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Lebenszyklusphase nicht entscheidend. Von größerer Bedeutung ist demgegenüber die zeitliche Verteilung entstehender Kosten bzw. Zahlungen. Da der Zeitwert des Geldes elementarer Bestandteil wirtschaftlicher Über-legungen ist, sollten die Ausgangsdaten eine Information über die Fälligkeit von Zahlungen enthalten.59 Im Rahmen des Immobili-encontrollings muss dennoch der gesamte Lebenszyklus betrachtet werden. Entscheidungen, die ggf. kurzfristige Erfolge bewirken (z. B.

eine kostengünstigere Gebäudeerrichtung), können für nachfolgende

58GEFMA 2004.

59Vgl. GEFMA 2010, S. 2.

Phasen Nachteile zur Folge haben (z. B. höhere Gebäudenutzungs-kosten).60

Ein wesentlicher Unterschied zu Industriegütern ergibt sich aus derAufteilungeiner Immobilie in dasbegrenzt nutzbare Gebäudeund das theoretischunendlich nutzbare Grundstück. Nur für das Gebäu-de ist Gebäu-der Lebenszyklus im herkömmlichen Sinne anwendbar.61 Die Leistungen (Umsätze) erreichen bei einer marktfähigen Immobilie relativ schnell das Maximalniveau. Danach stagnieren (kontinuier-licher Qualitätsverlust) die Preise bzw. wachsen nur noch mit der allgemeinen Preisentwicklung. Im Zeitablauf ergeben sich Sprung-stellen(signifikant höhere bzw. niedrigere Ergebnisse) aufgrund von Umfeldentwicklungen, geänderter Nutzungskonzepte oder Moder-nisierungsmaßnahmen. Insgesamt wird das Immobilienergebnis im Wesentlichen durchpreislicheFaktoren bestimmt, während herkömm-liche Lebenszyklusanalysen überwiegend auf Absatzentwicklungen basieren.62

Fuchsfordert die wertschöpfungsorientierte Gestaltung und Len-kung der einzelnen Wohngebäude entlang ihres Lebenszyklus so-wie den Aufbau eines lebenszyklusorientierten Wohngebäudecon-trollings, welches im Sinne einer Optimierung der Wertschöpfung sämtliche gebäudebezogenen Führungs- und Ausführungsaktivitä-ten abstimmt und die dazu erforderlichen Informationen bereit-stellt.63

60Vgl. Metzner 2002, S. 294 sowie Schub 1985, S. 37 ff.Schubweist darauf hin, dass die Folgekosten eine nicht vernachlässigbare Größe sind. Bei Wirtschaft-lichkeitsüberlegungen ist stets die Gesamtkostensumme zu minimieren.

61Vgl. Metzner 2002, S. 291.Schulte/Schäfersverweisen auf einen unendli-chen Lebenszyklus, in dem sich die Lebenszyklus-Phasen wiederholen. Vgl.

hierzu Schulte u. Schäfers 1999, S. 92.

62Vgl. Metzner 2002, S. 291 sowie Baum, Coenenberg u. Günther 1999, S. 87.

63Mit Hinweis auf die Komplexität des Themas und den Fokus seiner Arbeit vertieftFuchsdas Thema nicht. Er verweist auf Literatur zum Anlagencon-trolling und zur Anlagenwirtschaft. Die Erkenntnisse lassen sich auf Woh-nungsunternehmen übertragen. Vgl. Fuchs 2005, S. 82 f. Siehe auch Männel 1988, Männel 1991 sowie Männel 1992.

Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf Bestandsimmobili-en in der Nutzungsphase. Daher werden die anderen Phasen nicht weiter vertieft. Die Immobilien werden als vollständig erstellt ange-sehen. Jede von ihnen kann Unterschiede zu anderen Immobilien in wesentlichen Eigenschaften wie Baualter, Standort, Größenklasse, architektonische Gestaltung, Wohnungsmix, Vermietungsgrad etc.

aufweisen. Typisch für die Vertreter der institutionalisierten Woh-nungswirtschaft ist eine Mischung aus unterschiedlichen Bautypen, Baualtersklassen, Größenklassen und Teilmärkten, meist in einer Kommune, innerhalb des Bestandsportfolios.