• Keine Ergebnisse gefunden

2.2 Eigenschaften des Gutes „Immobilie“

2.2.1 Begriff der Immobilie

Eine betriebswirtschaftlich ausgerichtete Interpretation des Begrif-fes der Immobilie bezieht neben der räumlichen Ausdehnung der Einheit Grund und Boden und der baulichen Anlagen noch die zeit-liche Dimension der Immobiliennutzung mit ein.4

Immobilien unterscheiden sich in einigen wesentlichen Eigenschaf-ten von anderen Wirtschaftsgütern. Ebenso weisen Immobilienmärk-te spezifische CharakImmobilienmärk-teristika auf, die sie von vielen anderen Märk-ten differenzieren.5Das Gut Wohnung gilt als Wirtschaftsgut, wäh-rend die Nutzung des Gutes Wohnung ganz oder teilweise als Sozi-algut zu verstehen ist.6

„Aus dem Zusammenspiel von Immobilie als räumlich dimensio-niertes Bestandsobjekt und zeitlich dimensionierte Stromgröße erge-ben sich im Vergleich zu anderen Wirtschaftsgütern einige Besonder-heiten , die gleichsam eine Vielzahl immobilienspezifischer Chancen und Gefahren generieren, die sowohl Investitionsentscheidungen als auch Finanzierungsentscheidungen im Immobilienwesen nachhaltig beeinflussen.“7

Immobilien sind - wie der Name schon sagt - an einen konkreten Standort/Bodenabschnitt gebunden. Damit ist dieImmobilitäteines der prägendsten Merkmale von Immobilien. „Die fehlende Mobilität des Wirtschaftsgutes hat weitreichende Konsequenzen.“8 Immobili-en unterscheidImmobili-en sich hinsichtlich ihrer Lage, Größe, Nutzungsflä-che, Ausstattung, ihrem sozialen und stadträumlichen Umfeld usw.

DieHeterogenität des Gutes „Immobilie“ ist ursächlich

verantwort-4Vgl. Maier 2007, S. 58.

5Vgl. Loos 2008, S. 9.

6Vgl. Jenkis 2004, S. 53.

7Maier 2007, S. 59; Siehe auch Kühne-Büning u. Heuer 1994, S. 3 ff. u. Thomas 1997, S. 18 ff.

8Maier 2007, S. 59. Zu den Besonderheiten der Mietobjekte bezüglich Stand-ortbezogenheit, Heterogenität und Langlebigkeit vgl. auch Metzner 2013, S. 457 ff. Zu generellen Immobilieneigenschaften siehe auch Bone-Winkel 1994, S. 27 ff., Murfeld 1997, S. 510 f., Schulte u. a. 1998b, S. 18 ff. , Kloess 1999, S. 12, Brauer 1999, S. 10–13, Jenkis 2004, S. 178 sowie Gondring 2013, S. 16 ff.

lich für das Entstehen einer Vielzahl von sektoralen und sachlichen Teilmärkten.9

Aus derEinmaligkeitvon Immobilien kann eineHeterogenitätdes Wirtschaftsgutes „Immobilie“ hergeleitet werden. Allerdings lässt sich trotz der grundlegenden Einmaligkeit von Immobilien eine Zu-sammenfassung annähernd gleichartiger Immobilien (oder Teilen davon) zu Immobilienclustern als homogenes Gut betrachten.10

Der Nutzen, den eine Immobilie stiften kann, ist zu einem großen Teil durch deren spezifische Eigenschaften vorgegeben. Eine im Zeita-blauf auftretende Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der Nach-frager und dem vorgegebenenNutzungsstrom einer Immobilie führt zu Wertschwankungen auf Immobilienmärkten. Um eine langfristige werthaltende Nutzung zu sichern, muss die Immobilie den sich ver-ändernden Anforderungen und Wünschen der Nachfrager angepasst werden.11

Kritisch anzumerken ist, dass der Nutzenstrom im Zeitablauf kei-nesfalls konstant bleibt. Neben einem technischen Verschleiß unter-liegen Immobilien und Mikrolagen auch Änderungen in den Nachfra-gepräferenzen der potenziellen Nutzer. Diese bewerten die Angebote konkurrierender Immobilien jeweils aktuell nach dem relativen Kun-dennutzen.12In Verbindung mit der langen Lebens-/Nutzungsdauer der Immobilien resultieren hieraus permanente Anpassungserforder-nisse an sich ändernde Umfeldbedingungen, die aber nur begrenzt und mit zeitlicher Verzögerung möglich sind.13

9Vgl. Brauer 2013, S. 11, Kühne-Büning u. a. 2005, S. 11 sowie Maier 2007, S. 60.

10Vgl. Lindner 2008, S. 10. Lindner nennt z. B. alle Wohnungen mit einer bestimmten Raumanzahl in einem Gebiet. Siehe auch Brauer 1999, S. 11.

11Vgl. Maier 2007, S. 60.

12Vgl. hierzu ausführlich Zimmer 2000, S. 237 ff. sowie die Artikelserie von Lüdeke 2003.

13Begrenzungen können vor allem in rechtlicher, sachlicher und wirtschaftlicher Art auftreten. Zu nennen sind hier u. a. statische oder bauordnungsrechtliche Gegebenheiten (z. B. Einhaltung von Abstandsflächen, Verschärfungen der Auflagen gemäß EnEV etc.) sowie fehlende Wirtschaftlichkeit.

Immobilien zeichnen sich durch ihre lange Lebens- bzw. Nut-zungsdauer aus (Dauerhaftigkeit). Je nach bautechnischer Qualität, Art der Immobilie und Umfang der getätigten Instandhaltungsin-vestitionen kann bei Wohnimmobilien eine Nutzungsdauer von bis zu hundert oder mehr Jahren unterstellt werden.14 Dem natürli-chen Verschleiß muss mit Instandhaltungsmaßnahmen15 begegnet werden. Über Modernisierungen16können teilweise Anpassungen an neue Standards und geänderte Nachfrage erfolgen. Eine Änderung des Mengengerüstes ist schwierig, i. d. R. mit hohen Kosten ver-bunden und nur mit größerer zeitlicher Verschiebung zu erreichen.

„Immobilienmärkte sind Bestandsmärkte, die auf quantitative und qualitative Nachfrageverschiebungen angebotsseitig nur mit einem entsprechenden time-lag reagieren können.“17

Dauerhaftigkeit hat einenwiederkehrenden Absatzprozesszur Fol-ge. Dies ist - neben der Immobilität - dergrößte Unterschied zu bei-spielsweise Industrieunternehmen und -gütern. Immobilien müssen über den gesamten Nutzungszyklus instand gehalten bzw. gesetzt werden, damit die Überlassung der Mietsache real möglich ist. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Ausgestaltung des Immobi-lienmanagements sowie für die Ergebnisbeurteilungen des Manage-ments.18

14Vgl. Kühne-Büning u. a. 2005, S. 7 f., Heuer u. Nordalm 2001, S. 24 f., Maier 2007, S. 60 f., Brauer 1999, S. 13 sowie Brauer 2013, S. 12.

15Gemäß DIN 31051 umfasst der Begriff Instandhaltung die Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen während des Lebenszyklus ei-ner Betrachtungseinheit zur Erhaltung des funktionsfähigen Zustandes oder der Rückführung in diesen, sodass sie die geforderte Funktion erfüllt. In der aktuellen Fassung der DIN 31051 ist neben den Bereichen Inspektion, War-tung und Instandsetzung noch der Bereich Verbesserung enthalten. Vgl. DIN 31051 (2012-09).

16Unter Modernisierungen versteht man „bauliche Maßnahmen, die den Ge-brauchswert des Wohnraums nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnver-hältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken.“ Vgl. Bruhn 2001, S. 476 sowie Murfeld 2002, S. 336 ff.

17Maier 2007, S.60 f.

18Die Dauerhaftigkeit und der wiederholte Absatzprozess führen dazu, dass Grenzwertkalküle, die für eine jeweils dazukommende Einheit konzipiert sind, nicht anwendbar sind. Dies führt zur Abkehr vom Prinzip der

unmit-Im Zusammenhang mit dem Erwerb, dem Betrieb und der Ver-äußerung von Immobilien entstehen dem Eigentümer im Vergleich zu anderen Kapitalanlageformen hohe Transaktions- und Manage-mentkosten. Hierzu zählen u. a. die Grunderwerbsteuer, ggf. Makler-courtage, Gerichtsgebühren, Notarkosten sowie weitere Kosten für Baugenehmigungen, Bestellung von dinglichen Sicherheiten, Marke-ting etc. Um die Immobilie dauerhaft am Markt zu platzieren, fallen auch Kosten für aktives Immobilienmanagement/Verwaltung an.19

Die Existenz einer Vielzahl von regionalen, sektoralen oder ob-jektspezifischen Immobilienteilmärkten erschwert und verteuert die Erlangung von Marktinformationen. Die Marktintransparenz führt zu Informationsdefiziten, die die Gefahr einer falschen bzw. unfairen Preisfestsetzung nach sich ziehen.20

Neben der Bauphase an sich sind vor allem die der Bauphase vor-gelagerten Planungs- und Genehmigungsverfahren Ursache für eine lange Erstellungsdauer. Abhängig von Art und Größe der Immobi-lie sowie weiteren Umfeldbedingungen wie allgemeine Bauaktivität, Auslastungsgrad der Baufirmen etc. kann der Zeitraum zwischen Investitionsentscheidung und Baufertigstellung mehrere Jahre be-tragen.21

Abhängig vom Zeitraum des Immobilieneigentums folgt einehohe Kapitalbindung während der Entstehungszeit einer Immobilie. Da-mit verbunden sind Risiken hinsichtlich sich verändernder Marktsi-tuationen, z. B. stagnierende oder sogar sinkende Immobilien- und Mietpreise. Dem stehen ggf. Chancen auf Wertsteigerungen durch steigende Mietpreise gegenüber.22 Der hohe Kapitalbedarf spiegelt sich im Umgang mit den (kalkulatorischen) Zinsen im Rahmen der

telbaren und zusätzlichen Verursachung durch produktionsorientierte Kos-tenträger. Vgl. hierzu und zum Verursachungs- und Identitätsprinzip Riebel 1994, S. 33 u. 75.

19Vgl. Brauer 2013, S. 13 sowie Maier 2007, S. 61.

20Vgl. Maier 2007, S. 61.

21Vgl. Heuer u. Nordalm 2001, S. 25, Schulte u. a. 1998b, S. 20 sowie Lindner 2008, S. 10.

22Vgl. Lindner 2008, S. 10.

Deckungsbeitragsrechnung wider und wird unter Abschn. 4.3.2.4 ge-sondert betrachtet. Immobilien sind typische Investitionsobjekte.23 Auszahlungen sind nötig, um Verfügungsrechte zu erlangen. Im Le-benszyklus der Immobilie (also im Zeitablauf) entstehen dann Ein-zahlungen. Die Beurteilung von Vorteilhaftigkeit24 erfolgt über die Dimensionen Rentabilität, Sicherheit und Liquidität.

Wellner25 hebt die Besonderheiten von Immobilien im Bereich der Produktion, der Handelbarkeit und der Marktgegebenheiten hervor und gliedert die Nachteile gegenüber alternativen Anlage-formen nach materiellen, finanziellen und zeitlichen Aspekten (vgl.

Tab. 2.1). Zudem weist sie auf die Nichtvermehrbarkeit des Bodens hin.

Tabelle 2.1: Besonderheiten von Immobilien

Materielle Aspekte Finanzielle Aspekte Zeitliche Aspekte

Immobilität Eingeschränkte Fungibilität und Liquidierbarkeit Dauer des Entwicklungsprozesses Heterogenität Hohe Erwerbskosten / Investitionsvolumina Hohe Nutzungsdauer Nutzungsgebundenheit Kapitalbindung über langen Zeitraum Geringe Anpassungselastizität Begrenzte Substituierbarkeit Beschränkte Teilbarkeit / Stückelungsmöglichkeit mit time-lag-Effekten Komplexität Hohe Such- und Transaktionskosten

Hoher Erhaltungs- und Verwaltungsaufwand Unsicherheit

Vgl. Wellner, 2003, S. 8 f.Quelle: Eigene Darstellung nach Wellner 2003, S. 8 ff.

Im Kontext von Wohnimmobilien ist diebegrenzte Substituierbar-keit bestimmend. Wohnen gilt als ein nicht substituierbares Grund-bedürfnis, welches jeden Menschen über seine gesamte Lebenszeit tangiert.26

Dabei ist die Unteilbarkeit des Konsums zu beachten. Wohnun-gen sind infolge ihrer physischen Gegebenheiten nur in sehr einge-schränktem Ausmaß teilbar. Dies führt dazu, dass Haushalte, deren Größe oder Einkommen sich verändert oder die sich mit einer

Er-23Vgl. Armonat 2008, S. 21.

24Vgl. Armonat 2008, S. 21 sowie Perridon u. Steiner 2004, S. 9.

25Vgl. Wellner 2003, S. 8 ff.

26Vgl. Brauer 2008, S. 15. Zudem weist BRAUER auf die Einmaligkeit (Unikat) als Folge der Heterogenität hin. Siehe hierzu auch Hellerforth 2012, S. 3.

höhung des Mietpreises konfrontiert sehen, nur reagieren können, indem sie einen anderen Wohnungstyp nachfragen.27