• Keine Ergebnisse gefunden

Proteine werden aus demselben Satz von 20 Aminosäuren aufgebaut, sind also Ketten aus vielen Aminosäure-Einheiten. Ob ein Protein nun eine enzymatische oder hormonelle Funktion übernimmt, Antikörper-Aktivität aufweist oder es sich um Transport-, Struktur- oder Speicherproteine handelt, hängt ab von ihren Aminosäurebausteinen, die eine charakteristische Sequenz bilden. Die spezifische Funktion jedes Proteins ist in seinem Gen festgelegt (Lehninger 1987). Die Gesamtheit der Proteine innerhalb einer Zelle, aber auch eines Gewebes oder Organismus wird als Proteom bezeichnet. Unter Proteostase versteht man die Aufrechterhaltung eines funktionalen Proteoms, worauf im Folgenden näher eingegangen wird:

Ein aufeinander abgestimmter Vorgang von Prozessen in einer Zelle ist essentiell für die Lebensfähigkeit der Zelle und wird als Proteostase bezeichnet. Die Proteostase schließt drei Prozesse ein: zum einen die Proteinbiogenese, zum anderen die Proteinmodifikationen sowie des Weiteren die Proteinqualitätskontrolle, die auch den Abbau von Proteinen einschließt (Abb.

1). Die Prozesse der Proteostase führen dazu, dass das Proteom einer Zelle erhalten bleibt und die Zelle bzw. der Organismus die Fähigkeit besitzt sich auf Proteinebene an umweltbedingte Veränderungen anzupassen (Arnsburg und Kirstein-Miles 2014). Es wird auf diese Weise gewährleistet, dass jedes Protein funktionstüchtig vorliegt. Ist dies nicht mehr der Fall werden Proteine eliminiert um die Zelle vor Schäden zu bewahren (Baker und Haynes 2011, Powers und Balch 2013).

Abb. 1: Die Proteostase schließt drei Prozesse ein: Proteinbiosynthese, Proteinmodifikationen und Aggregation und/oder Abbau von Proteinen (modifziert von http://www.sfb969.uni-konstanz.de/research/)

Einleitung

12

Im Rahmen der Proteostase nimmt insbesondere bei der Proteinqualitätskontrolle der Abbau von Proteinen, die Proteolyse, wichtige Funktionen wahr. Bei der Proteolyse kommt es zur Hydrolyse von Peptidbindungen eines Proteins, was durch Enzyme, die als Proteasen bezeichnet werden, katalysiert wird. Neben der Reparatur falsch gefalteter Proteine und dem Abbau von Proteinen, die nicht mehr funktionstüchtig sind oder nicht mehr benötigt werden übernimmt die Proteolyse auch Funktionen an der Reifung von Vorläuferproteinen und ist damit an Vorgängen der Signaltransduktion und an posttranlationalen Modifikationen beteiligt (Wickner et al. 1999, Hasenbein et al. 2007, Turk und Stoka 2007). Die Spaltung einer Peptidbindung ist irreversibel und eine unkontrollierte intrazelluläre Proteolyse ist gefährlich für die Zelle. Komplexe Mechanismen stellen sicher, dass das richtige Protein zum richtigen Zeitpunkt abgebaut wird (Huesgen 2007). Es gibt Proteasen, deren Substratspezifität so hoch ist, dass sie ausschließlich ein Substrat angreifen, während Proteasen mit einem breiteren Substratspektrum ein Signal wie beispielsweise eine Konformationsänderung oder posttranslationale Modifikation des Substrats benötigen um proteolytisch aktiv zu werden (Turk und Stoka 2007). Einige Proteasen werden als inaktives Vorläuferprotein synthetisiert und werden erst aktiviert wenn sie ihr Zielkompartiment erreicht haben oder werden erst unter bestimmten zellulären Bedingungen proteolytisch aktiv.

Im Folgenden wird auf zwei der drei Prozesse in der Proteostase nämlich auf die Proteinmodifikationen und die Proteinqualitätskontrolle näher eingegangen, da es dort zur Beteiligung von Proteasen kommt.

1.1 Modifizierung von Proteinen durch limitierte Proteolyse

Proteasen können durch limitierte Proteolyse Proteine irreversibel modifizieren und sind an Prozessen wie Signaltransduktionen und posttranslationalen Modifikationen beteiligt (Hasenbein et al. 2007, Turk und Stoka 2007). Proteine mit N-terminalen Präsequenzen bzw.

Transitpeptiden werden aufgrund der Signalsequenz zum korrekten subzellulären Kompartiment geführt. Die Signalpeptide werden zumeist nach dem Import ins Zielkompartiment, z.B. das Mitochondrium (Neupert 1997), den Chloroplasten (Kirwin et al. 1988, Shi und Theg 2013) oder das Peroxisom (Swinkels et al. 1991, Lanyon-Hogg et al. 2010) spezifisch vom Protein abgespalten und stellen ein Beispiel für eine posttranslationale Modifikation dar. Eine selektive Prozessierung an einer spezifischen Stelle eines Proteins kann auch zur Aktivierung oder Inaktivierung eines Enzyms führen. Die Auslösung des programmierten Zelltods bei Tieren beispielsweise erfolgt durch eine proteolytische Signalkaskade, die Caspasekaskade, unter Beteiligung von Proteasen. Eine Initiator-Caspase wird nach Empfang eines pro-apoptotischen Signals durch autoproteolytische Spaltung aktiviert und spaltet ihrerseits wiederum Effektor-Procaspasen. Die aktiven Effektor-Caspasen wirken daraufhin auf eine Vielzahl von weiteren Substraten und führen schließlich zum Zelltod (Thornberry 1998, Turk und Stoka 2007, Kurokawa und Kornbluth 2009). Alternativ kann bei einer Signaltransduktion ein Vorläuferprotein mehrfach durch zahlreiche Proteasen gespalten werden. Ein Beispiel hierfür ist die Weiterleitung eines Stressignals über die Membran im σE-Signalweg in Escherichia coli. In der Plasmamembran von E. coli wird die Serinprotease DegS durch die Interaktion mit einem falsch gefalteten Protein aktiviert und spaltet das Transmembranprotein RseA an einer periplasmatischen Proteinschleife (Clausen et al. 2002, Walsh et al. 2003, Wilken et al. 2004,

Einleitung Hasenbein et al. 2007, Barchinger und Ades 2013). Dieses Ereignis löst eine weitere Spaltung von RseA durch eine zweite Protease, der Metalloprotease YaeL, aus und führt zur Freisetzung des alternativen σE-Faktors aus dem Vorläuferprotein RseA. Der freie σE-Faktor schaltet dann die Transkription von Genen zur Stressantwort an (Hasenbein et al. 2007, Barchinger und Ades 2013).

1.2 Proteinqualitätskontrolle: ein Zusammenspiel von Proteasen und Chaperonen

Bei der zellulären Qualitätskontrolle sollen aggregierte oder geschädigte Proteine entweder verhindert, repariert oder abgebaut werden um die Zellhomöostase aufrechtzuerhalten (Wickner et al. 1999, Bukau et al. 2006, Baker und Haynes 2011). Die dreidimensionale Faltung eines Proteins hängt von den intramolekularen Wechselwirkungen einer Polypeptidkette ab und ist durch die Primärstruktur vorgegeben. Bei korrekt gefalteten löslichen Proteinen befinden sich hydrophobe Reste meist im Inneren des Proteins während bei nicht nativ gefalteten Proteinen die hydrophoben Reste ins wässrige Milieu ragen und dort mit Proteinen und hydrophoben Substanzen aggregieren um dem wässrigen Milieu zu entgehen (Ellis und Minton 2006, Hartl et al. 2011). Die Aggregation von Proteinen führt zur Beeinträchtigung der normalen Zellfunktion und kann beim Menschen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson zur Folge haben (Soto et al. 2006, Baker und Haynes 2011, Hartl et al. 2011).

Abb. 2: Qualitätskontrolle von Proteinen durch das Zusammenspiel von Chaperonen und Proteasen

Chaperone helfen Polypetidketten bei der korrekten Faltung nach Verlassen des Ribosoms und können falsch gefaltete Proteine wieder entfalten und in den korrekten Faltungszustand überführen. Nicht zu rettende, falsch gefaltete oder geschädigte Proteine werden abgebaut durch die Beteiligung von Proteasen und durch den proteosomalen Abbau.

Einleitung

14

Falsch gefaltete Polypeptidketten können bereits bei der Biosynthese am Ribosom entstehen oder posttranslational, wenn eine Zelle oder ein Organismus Stress ausgesetzt ist. Unter Stress werden vermehrt aggressive chemische Reagenzien wie beispielsweise reaktive Sauerstoffspezies (ROS) gebildet, die zumeist schädliche Modifikationen von Proteinen auslösen können (Wickner et al. 1999, Tatsuta 2009). Deshalb entwickelte sich während der Evolution ein gut abgestimmtes Netzwerk aus Proteasen und Chaperonen, die den Faltungszustand von Proteinen permanent kontrollieren (Baker und Haynes 2011) (Abb. 2).

Chaperone sind Proteine, die ungefaltete Proteine, insbesondere Polypeptidketten die das Ribosom gerade verlassen, erkennen und ihnen bei der korrekten Faltung behilflich sind (Bukau et al. 2006, Liberek et al. 2008, Hartl et al. 2011). Einige Chaperone sind zylindrisch aufgebaut und stellen für die Faltung ein zentrales Kompartiment zur Verfügung. Auf diese Weise kann sich die Polypeptidkette getrennt von anderen Proteinen oder bereits vorhandenen Aggregaten falten (Hartl et al. 2011, Kim et al. 2013). Bereits aggregierte und falsch gefaltete Proteine können mithilfe von Chaperonen gerettet werden, indem sie entfaltet werden und erneut in den korrekten Faltungszustand überführt werden (Bukau et al. 2006, Liberek et al. 2008).

Proteinaggregate oder falsch gefaltete Proteine, die nicht mehr durch Chaperone gerettet werden können, werden durch Proteasen vollständig abgebaut (Wickner et al. 1999, Bukau et al. 2006).

Die dabei entstehenden Aminosäuren werden bei der Neusynthese von Proteinen recycelt.

Manche Enzyme besitzen sowohl Chaperon- als auch Proteaseaktivität, wie für einige Mitglieder der Serinproteasen-Familie der Deg-Proteasen gezeigt wurde (Spiess et al. 1999, Clausen et al. 2002). Die primäre Abbaumaschinerie für Proteine in Eukaryoten ist das ATP-abhängige 26S-Proteasom, ein hoch konserviertes Oligomer aus Threoninproteasen (DeMartino et al. 1996, Glickman und Ciechanover 2002). Proteine, die für den proteasomalen Abbau bestimmt sind, werden durch Ubiquitinierung markiert indem mehrere Ubiquitin-Proteine an das abzubauende Protein angehängt werden. Eine regulatorische Untereinheit des 26S-Proteasoms erkennt aufgrund der Ubiquitinierung das abzubauende Protein und entfaltet das Protein unter Verbrauch von ATP. Die entfaltete Polypeptidkette wird ins Proteasom geführt und zu Oligopeptiden abgebaut (Glickman und Ciechanover 2002, Vierstra 2003). Neben der Beseitigung von falsch gefalteten Proteinen, die z.B. durch zellulären Stress entstanden sind, ist der proteasomale Abbauweg auch für die Regulation der Transkription, die Zelldifferenzierung, die Hormonantwort, die Stoffwechselregulation, die Pathogenabwehr und die Seneszenz zuständig sowie am Zelltod beteiligt (Hellmann und Estelle 2002, Yang und Yu 2003, Smalle und Vierstra 2004). Bakterien und eukaryotische Organellen, die durch Endosymbiose entstanden sind wie Mitochondrien und Chloroplasten, besitzen keinen proteosomalen Abbauweg (Gottesman 2003), überflüssige Proteine werden durch ATP-abhängige Proteasen wie Clp-, Lon- und FtsH-Proteasekomplexe oder durch ATP-unabhängige Proteasen wie Deg-Proteasen abgebaut (Gottesman 2003, Jarvis und Robinson 2004, Adam et al. 2006, Huesgen et al. 2006, Baker und Haynes 2011).