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2 LITERATURÜBERSICHT

2.2 Prophylaxe, Behandlung und Bekämpfung

2.2.1 Resistenzzucht

Zahlreiche Studien (EMERY et al. 1984; BULGIN et al. 1988) belegen, dass ein Zusammenhang zwischen der Schafrasse und dem Schweregrad der klinischen

Symptome besteht. Grundsätzlich ist eine Übertragung von D. nodosus auf jedes Schaf möglich. Jedoch variiert, unabhängig von der Virulenz des Erregers, das klinische Bild zwischen den Tieren einer Herde, da in jedem Körper unterschiedliche immunologische Reaktionen nach einer D. nodosus Infektion stattfinden.

In der Literatur wird bei Moderhinke sowohl der Begriff der Toleranz als auch der Resistenz angeführt. Die Toleranz ist die Eigenschaft eines Tieres trotz Infektion, bspw. mit D. nodosus, keine klinischen Symptome zu entwickeln. Im Gegensatz hierzu werden resistente Tiere in Folge ihrer genetisch determinierten Nichtempfäng-lichkeit gegenüber dem Erreger mit geringerer WahrscheinNichtempfäng-lichkeit infiziert (BISSET u.

MORRIS 1996).

Die Zucht von Moderhinke toleranten Tieren kann der Tierbesitzer auf drei verschiedenen Wegen verfolgen: einerseits unter der Berücksichtigung der Horn-qualität im Exterieur, des Weiteren über die Genotypisierung von Neuzukäufen oder durch die Merzung von therapieresistenten Tieren (STROBEL 2009).

Die Hornqualität wird neben externen Faktoren von der Pigmentierung der Klaue und der Zahl der Hornröhrchen beeinflusst. Beides ist genetisch determiniert und wurde in der Vergangenheit im Exterieur nicht berücksichtigt. Untersuchungen von ERLEWEIN (2002) und THOMS (2006) an Merinoland- und Rhönschafen bestätigen einen weiteren genetischen Zusammenhang zwischen den Parametern Klauenhärte, Diagonalenlänge sowie Dorsalwandlänge der Klauen und der Prädisposition zu Klauenerkrankungen. Diese Parameter könnten ihrer Ansicht nach auch vom Tier-besitzer beurteilt werden.

Die Genotypisierung stellt eine Selektionsmethode dar, mit der eine Aussage bezüglich der Toleranz der Nachkommenschaft eines Tieres gegenüber einer Infektion mit D. nodosus, auf Basis der Bestimmung des DQA2 Gens auf dem ovinen MHC2 (Major Histocompatibility Complex), getroffen wird. Die Toleranz leitet sich von der genetisch determinierten und auf die Nachkommen des Tieres weiter vererbten immunologischen Reaktion auf eine Infektion ab. Innerhalb des DQA2 Gens und der DQA2 like Genorte besteht ein hoher Polymorphismus mit bereits über 20 detektierten Allelkombinationen (HICKFORD et al. 2006). Die Arbeitsgruppe von

Grundlage der in Neuseeland gezüchteten Schafrassen. Pro Tier werden die beiden Allele auf dem diploiden Chromosomensatz ermittelt und den Scores von 1 bis 5 zugeordnet, aus denen sich die Empfänglichkeit der Schafe ableiten lässt, d.h., der Deszendent eines Tieres mit der Zahlenkombination 5,5 besitzt laut Aussage von HICKFORD et al. (2006) eine 10-mal höhere Wahrscheinlichkeit an Moderhinke zu erkranken als ein Tier mit den Werten 1,1. Da die Genotypisierung die Wahrscheinlichkeit der Nachkommen zur Ausbildung von klinischen Symptomen aufzeigt, wird über die züchterische Selektion der Aufbau einer Moderhinketoleranz innerhalb der Herde und langfristig eine Senkung der Prävalenz erzielt.

Schlussendlich kann der Landwirt mit der Behandlung infizierter Tiere indirekt ins Zuchtprogramm eingreifen. Demnach sollten jene Schafe, die nach einer Therapie keine Verbesserung im klinischen Bild aufweisen oder trotz Impfung an Moderhinke erkranken vom Rest der Herde getrennt und von der Zucht ausgeschlossen werden.

Tiere, die sofort Symptome zeigen bzw. mit Rezidiven auffallen, halten den Infektions-druck in der Herde aufrecht und müssen ebenfalls den Betrieb verlassen (STOBEL 2009).

2.2.2 Immuntherapie bzw.–prophylaxe

Mit der Vakzination wird das Ziel der Ausbildung einer protektiven Immunantwort gegen D. nodosus verfolgt. Der multivalente Impfstoff Footvax® (MSD Animal Health, Intervet Deutschland GmbH, Unterschleißheim) steht sowohl für die Therapie als auch Prävention zur Verfügung. Footvax® deckt 9 der 10 Serogruppen (A-I) ab und bietet nach erfolgreicher Grundimmunisierung einen protektiven Immunschutz für max. 12 Wochen (LAMBELL 1986; HUNT et al. 1994; RAADSMA et al. 1994).

Die Wirksamkeit einer Immuntherapie überzeugte aufgrund der ambivalenten Ergebnisse in Feldversuchen weder die Tierbesitzer noch die Forscher (GLENN et al.

1985; LAMBELL 1986; LIARDET et al. 1986), was darauf zurückzuführen ist, dass keine ausreichend hohen Antikörperspiegel gegen alle Serogruppenantigene gleichzeitig ausgebildet werden (SCHWARTZKOFF 1993; HUNT et al. 1994;

RAADSMA et al. 1994). Der Nachweis der Antigenkonkurrenz zwischen den Serogruppen trug zur Entwicklung bestandsspezifischer Vakzinen bei. Dass eine

Herdensanierung mittels der Anwendung von bivalenten Impfstoffen möglich ist, zeigten die Studienergebnisse von DHUNGYEL et al. (2008) und EGERTON et al. (2002).

Weitere unerwünschte Effekte, die in Zusammenhang mit der Anwendung von Impfstoffen beobachtet werden, stellen lokale Impfstoffreaktionen an der Injektions-stelle dar. Footvax® enthält als Adjuvans ein Mineralöl, das die Ausbildung einer nachhaltigen humoralen Immunantwort stimuliert, aber auch zu Umfangsver-mehrungen, Abszessen und Fisteln an der Injektionsstelle führen kann (MULVANEY et al. 1984; LAMBELL 1986; JANETT 1993; ABOTT u. LEWIS 2005). Beispielsweise wurde in den Felduntersuchungen von LOTTNER (2006) zur Bekämpfung der Moderhinke mittels Vakzinen die Wirksamkeit eines bestandsspezifischen Impfstoffs mit Footvax® verglichen und festgestellt, dass 4 Wochen nach bestimmungsgemäßen Gebrauch von Footvax® 44,24 % der Schafe lokale Impfstoffreaktionen zeigten. Im Gegensatz dazu führte die stallspezifische Vakzine, die mit Aluminiumhydroxid ein vergleichsweise mildes Adjuvans enthielt, zu einer um 30 % niedrigeren Inzidenzrate an palpatorischen Injektionsreaktionen. Dabei wurde drei Monate nach der Grund-immunisierung zwischen den beiden Impfstoffen kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Moderhinke-Prävalenz ermittelt.

2.2.3 Topische Behandlungen

Hierzu zählt die Entfernung sämtlichen unterminierten Klauenhorns mit evtl. an-schließendem Aufsprühen einer antibiotikahaltigen Lösung oder das Treiben der Tiere durch ein Klauenbad. Beides wird gewöhnlich in Form einer Herdenbehandlung und oft in Kombination durchgeführt. Viele aktuelle Studien widerlegen die lang geglaubte Hypothese, dass eine großzügige Entfernung unterminierten Klauenhorns den Heilungsverlauf beschleunigt (WASSINK et al. 2003; GREEN et al. 2007; KALER u.

GREEN 2008b). Vielmehr erhöht das Ausschneiden das Risiko von Rezidiven und Neuinfektionen (HOSIE 2004) und trägt zur Entwicklung von Granulomen bei (WINTER 2004b). Ein zur Absicherung der Diagnose angewandter Klauenpflege-schnitt ist somit dem blutigen Ausschneiden vorzuziehen. Als Folgebehandlung zur

Therapiebeginn das abgelöste Klauenhorn vorsichtig freizulegen. Gezielt am Einzeltier eingesetzte Klauenpflege dient aber weiterhin der Vorbeugung von Klauenerkrank-ungen (WINTER 2004b).

Aktuell ist in Deutschland ein oxytetrazyklinhaltiges Klauenspray zur Therapie von Klauenerkrankungen zugelassen.

„Bewährte“ Klauenbadlösungen enthalten Zinksulfat mit einem Tensidzusatz, Formalin, Kupfersulfat oder wasserlösliche Antibiotika, wie z. B. Tetrazykline. In Deutschland ist kein Tierarzneimittel (s.o.) für die Anwendung als Klauenbad zugelassen. Der Erwerb eines in Europa zugelassenen Wirkstoffs, wie z. B. Zinksulfat (Golden Hoof plus®, Shepfair Products Ltd, Abergavenny, Großbritannien), darf nach dem aktuellen Arzneimittelgesetz (§ 56a) nur bei Vorliegen eines Therapienotstands und ausschließlich durch den Tierarzt erfolgen (EMMERICH et al. 2013).

Formaldehyd, Kupfer- und Zinksulfat sind apothekenpflichtige Stoffe. Die Herstellung eines Klauenbades auf tierärztliche Verschreibung in der öffentlichen Apotheke für die Behandlung der Moderhinke, welches einen der aufgeführten Wirkstoffe enthält, ist nur bei Therapienotstand rechtmäßig. Im Vergleich hierzu können zinksulfat- oder kupfersulfathaltige Klauenbäder im Therapienotstand für die Prophylaxe der Moderhinke beim Schaf, z. B. zur Härtung des Klauenhorns oder Desinfektion, durch den Tierarzt verschrieben und in der Apotheke hergestellt werden, da die Wirkstoffe in diesem Fall nicht dem § 44 Absatz 1 bzw. 2 Nummer 5 des AMG unterliegen (KLEIMINGER 2012).

Abzugrenzen von den Tierarzneimitteln sind nach der BiozidRichtlinie 98/8/EG bzw. -Verordnung (EG) 528/2012 registrierte Substanzen, wie Formalin oder DragonhydeTM (T-HEXX Animal Health, Branchburg, New Jersey, USA), die Bakterien abtöten, aber nicht zur Behandlung der Moderhinke eingesetzt werden dürfen.

Neben den arzneimittelrechtlichen Einschränkungen spielt die Entsorgung der verwendeten Lösungen aus Sicht des Naturschutzes eine limitierende Rolle.

JELINEK und DEPIAZZI (2003) mussten ihre zwei Jahre zuvor aufgestellte These zum Sanierungserfolg mit Zinksulfatklauenbädern rückwirkend einschränken.

Demnach sind Klauenbäder lediglich zur Behandlung von interdigitalen Läsionen und

als vorbeugende Managementmaßnahme empfehlenswert, weil kein ausreichender Wirkstoffspiegel in den tiefen Schichten des Klauenhorns erreicht wird.

Klauenbäder führen nur zu befriedigenden Ergebnissen, wenn der Landwirt über optimale Umsetzungsmöglichkeiten vor Ort verfügt. Dazu zählen laut LOTTNER und GANTER (2004) ausreichend Personal, ein Klauenbad mit Treibegang, das Ansetzen der Lösung in der geforderten Konzentration, ein an das Klauenbad anschließendes zehn Minuten langes Aufstallen der Tiere auf befestigtem Boden und der Austrieb auf zuvor mindestens zwei Wochen nicht beweidetes Grünland.