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2.6 Proliferation und Apoptose in der Synovialmembran und im Kreuzband

Beim Menschen gibt es vor allen Dingen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis oder Osteoarthritis mehrere Untersuchungen über die Proliferationsaktivität von Entzündungszellen wie B- und T-Lymphozyten und der Synovialdeckzellen in der Synovialmembran.

Bei Hunden mit Synovialitiden liegen bisher keine Erkenntnisse über die Proliferationsaktivität von B- und T-Lymphozyten vor und ebenso nicht über die Proliferationsaktivität der Synovialdeckzellen. Die Apoptose wurde bisher beim Hund nur im Kreuzband untersucht und nicht in der Synovialmembran.

2.6.1 Proliferation der B-Lymphozyten in der Synovialmembran bei der Osteoarthritis und der rheumatoiden Arthritis des Menschen

Plasmazellen und B-Lymphozyten bilden bei der rheumatoiden Arthritis des Menschen eine konstante und dominierende Komponente des Entzündungszellinfiltrates (MAGALHĂES et al. 2002). In einer immunhistochemischen Analyse über proliferierende und Antigen-präsentierende Zellen in der Synovialmembran bei Menschen mit rheumatoider Arthritis zeigten KRENN et al. (1996), dass proliferierende B-Zellen in Sekundärfollikeln, in kleinen follikulären Aggregaten mit dendritischen Retikulumzellen und nahe der synovialen Intima vorhanden sind. Auffallend war dabei, dass die B- und T-Lymphozytenproliferation in Anwesenheit von follikulären dendritischen Retikulumzellen und interdigitierenden dendritischen Zellen geschieht. Die Autoren stellten die Vermutung an, dass die Synovialmembran als Ort für Antigen- abhängige Proliferation und Maturation von B-und T-Lymphozyten fungieren könnte. In den vergangenen Jahren zeigte sich, dass in der Synovialmembran bei 10-23% der Fälle mit rheumatoider Arthritis lymphatische Follikel mit sogenannten Keimzentren vorhanden sind und dass B-Lymphozyten in der Lage sind, eine lokale Keimzentrumsreaktion zu begehen. Dabei werden in der Synovialmembran naive B-Zellen von einem unbekannten Antigen aktiviert und differenzieren sich lokal in Plasmazellen (KIM et al. 1999; MAGALHĂES et al. 2002).

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Die Osteoarthritis ist im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis durch eine nicht follikuläre Entzündungsinfiltration und eine charakteristische Anordnung von Lymphozyten und Plasmazellen gekennzeichnet. Gegenstand der Untersuchungen von KRENN et al. (1999) war die Klärung der Frage, ob die Akkumulationen von Plasmazellen und B-Lymphozyten auf lokaler Proliferation oder auf einer hämatogenen Einwanderung bereits aktivierter Zellen basieren. Die Autoren demonstrierten hochgradig mutierte VH Gene- von B-Lymphozyten aus der Synovialmembran von Patienten mit Osteoarthritis. Antigen-aktivierte B-Lymphozyten gehen mit einer somatischen Hypermutation der VH Gene einher. Die somatische Mutation der VH Gene erfordert eine Keimzentrumsreaktion wie zum Beispiel in Lymphknoten, jedoch sind bei der Osteoarthritis in der Synovialmembran keine Keimzentrum-ähnlichen Strukturen vorhanden. KRENN et al. (1999) zeigten zwei charakteristische Anordnungen der B-Lymphozyten auf. Zum einen wurden perivaskulär lokalisierte CD20 B- und CD4- und CD8- T-Lymphozyten von vorwiegend IgG- positiven Plasmazellen umgeben. In diesen Aggregaten waren sehr wenige proliferierende Zellen und gar keine follikulären dendritischen Zellen vorhanden. Zum anderen wurden Plasmazellen in der Nähe von Blutgefässen lokalisiert.

Aufgrund der nachgewiesenen hochgradig mutierten VH- Gene der B-Lymphozyten, der geringen Proliferationsaktivität in den lymphatischen Aggregaten und zugleich der charakteristischen Anordnung von B-Lymphozyten und Plasmazellen vermuten die Autoren, dass Aktivierung und Proliferation der Lymphozyten an einem anderen Ort als der Synovialmembran stattfindet und diese anschließend hämatogen in die Synovialmembran immigrieren und sich ohne weitere Proliferation direkt zu Plasmazellen differenzieren (KRENN et al. 1999). MAGALHĂES et al. (2002) unterscheiden eine Keimzentumsreaktion (maturativer Typ) von einer Nicht-Keimzentrumsreaktion (akkumulativer Typ) in der Synovialmembran. Die synovialen Keimzentren werden auch als ektopische lymphatische Follikel bezeichnet. Dabei gilt der maturative Typ als charakteristisch für die rheumatoide Arthritis, der akkumulative Typ kommt sowohl bei der rheumatoiden Arthritis als auch bei der Osteoarthritis vor.

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2.6.2 Proliferation von T-Lymphozyten in der Synovialmembran bei der rheumatoiden Arthritis des Menschen

KRENN et al. (1996) zeigten in einer immunhistochemischen Analyse über proliferierende und Antigen-präsentierende Zellen bei der rheumatoiden Arthritis des Menschen, dass proliferierende T-Zellen in T-Lymphozyten- Aggregaten, perivaskulär und sowohl in als auch nahe der Synovialdeckzellschicht vorhanden sind. Dabei vermuteten die Autoren, dass die perivaskuläre Region bei der rheumatoiden Arthritis möglicherweise den Ort der Lymphozytenaktivierung darstellen könnte. Die Tatsache, dass proliferierende T-Lymphozyten in und nahe der Synovialdeckzellschicht vorhanden sind, weist nach Meinung der Autoren auf eine Beziehung zwischen Synovialdeckzellen und T-Lymphozyten hin. Da Synovialdeckzellen charakteristische Eigenschaften von Antigen- präsentierenden Zellen aufweisen, könnte durch die Produktion von Zytokinen eine lokale Proliferation von den in die synoviale Intima einwandernden T-Lymphozyten hervorgerufen werden. Außerdem wiesen die Autoren eine deutliche Korrelation zwischen dem Auftreten proliferierender T-Lymphozyten und der Anzahl von Antigen- präsentierenden Zellen (interdigitierende dendritische Retikulumzellen) nach. SCHASER et al. (1996) demonstrierten, dass T-Zellen von Patienten mit rheumatoider Arthritis kaum Proliferationsaktivität zeigen.

2.6.3 Apoptose von synovialen T- und B-Lymphozyten beim Menschen

Apoptose und auch die Proliferation sind assoziiert mit der Homöostase im Gewebe oder im Immunsystem, genauso wie mit der Pathophysiologie von Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel der rheumatoiden Arthritis. Rheumatoide synoviale T-Zellen sind hoch empfänglich für anti-Fas monoklonale Antikörper (mAB). Dabei sind CD3+, CD4+ und CD45RO+ T-Zellen hoch sensitiv gegen anti-Fas mAB. Fas gehört zu der TNF- Todesrezeptorfamilie des extrinsischen Weges der Apoptose. Im Gegensatz dazu gehen bei der Osteoarthrose die synovialen T-Zellen keine Apoptose durch die Fas-Bindung ein (HASUNUMA et al. 1998).

Bei der rheumatoiden Arthritis des Menschen zeigten SUGIYAMA et al. (1996), dass bcl-2, ein Inhibitor der Apoptose, hauptsächlich in follikulär angeordneten Lymphozyten auffindbar ist. Der Phänotyp der Lymphozyten wurde von den Autoren nicht identifiziert. In keinem ihrer Fälle konnten die Autoren Apoptose bei den infiltrierten Lymphozyten nachweisen.

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Synoviale Zellen, welche das Protein bcl-2 exprimieren, sind resistent gegenüber dem Mechanismus der Apoptose. SCHIRMER et al. (1998) zeigten, dass bei Patienten mit rheumatoider Arthritis CD4+CD28- T-Zellen in der Synovialmembran verstärkt bcl-2 exprimieren. Eine frühere Studie von EDWARDS u. CAMBRIDGE (1995) stellten die Hypothese auf, dass das Ausbleiben der Apoptose bei B-Zellen ein wichtiger Faktor in der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis ist.

2.6.4 Proliferation und Apoptose von Synovialdeckzellen

Die synoviale Proliferation kann durch proinflammatorische Zytokine wie IL-1ß, IL-6 und TNF-α induziert werden. HASUNUMA et al. (1998) vermuteten, dass TNF-α auf autokrinem Weg in den Synovialdeckzellen produziert wird. TNF-α wiederum induziert die Bildung von Interleukin-6. Zellklone von rheumatoiden Synoviozyten, welche für lange Zeit kultiviert werden, produzieren spontan IL-1, welches grossen Einfluss auf die synoviale Proliferation hat (GOTO et al. 1987). Eine neuere Studie von KLOCKE et al. (2005) zeigte, dass die Dichte von synovialen Makrophagen signifikant assoziiert ist mit dem Schweregrad der Osteoarthritis bei Hunden und zudem mit der Häufigkeit des Vorkommens von Interleukin-6 und TNF-α. Die Autoren stellen damit die bisher übliche Meinung über die Herkunft von Il-6 und TNF-α aus den Synovialdeckzellen in Frage und vermuten als Quelle dieser proinflammatorischen Zytokine die synovialen Makrophagen.

Inwieweit die synoviale Hyperplasie bei der rheumatoiden Arthritis des Menschen vorrangig durch ein Rekruitment von Zellen des mononukleären Phagozytensystems entsteht oder auch Folge lokaler Proliferationsvorgänge von synovialen Deckzellen ist, bleibt Gegenstand kontroverser Diskussion (SCHASER et al. 1996). SCHASER et al. (1996) zeigten, dass im Vergleich zum Synovialsarkom die Zahl der proliferierenden Synovialdeckzellen sowohl bei Patienten mit Osteoarthritis als auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis niedrig ist. Aus den Ergebnissen schlossen die Autoren, dass der Hyperplasie in der Synovialmembran der rheumatoiden Arthritis eher ein Rekruitment von Zellen aus dem Blut, als eine signifikante lokale Proliferation von Synovialdeckzellen zugrundeliegt. Dieser Meinung schließen sich KRENN et al. (1996) an, die bei der rheumatoiden Arthritis des Menschen auch nur eine

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geringe Proliferationsaktivität der Synovialdeckzellen nachweisen können. Auch das Ergebnis von KINNE et al (1993) zeigte, dass die Synovialdeckzellen zwar stark positiv für die als Aktivierungsmarker geltenden Protoonkogene c-fos und jun-b sind, aber nur zu 1% das Ki-67- Antigen coexprimieren. Einige Studien weisen eine Mutation des p53- Tumorsuppressor- Proteins in Synoviozyten bei der rheumatoiden Arthritis nach (FIRESTEIN et al. 1997;

REME et al. 1998; AUPPERLE et al. 1998). Das Fehlen oder eine Mutation des p53- Tumorsuppressor- Proteins ist mit Neoplasien und Zelltransformationen verknüpft. Die genannten Autoren vermuten, dass die Mutation des p53- Proteins zu einer überschießenden Proliferationsaktivität in den Synoviozyten führt und letztendlich zur Gelenkszerstörung. In einer Studie von KAMIMOTO et al. (2003) wird die Proliferationsaktivität von Synovialdeckzellen bei Ratten in situ im Adjuvans-Arthritis Modell demonstriert. Es stellte sich heraus, dass jeweils beide Synovialdeckzelltypen zu einem bestimmten Zeitpunkt proliferieren. Dabei sind die Typ B- Zellen die ersten, welche in der tiefen Synovialdeckzellschicht eine Proliferationsaktivität zeigen, während die Proliferationsaktivität der Typ A- Zellen während des Entzündungsprozesses in der oberflächlichen Synovialdeckzellschicht ansteigt. Die Autoren vermuten, dass die synoviale Hyperplasie ihren Ursprung in proliferierenden Synovialdeckzellen und/oder einwandernden Stammzellen haben kann.

Eine ausbleibende Aktivierung der Apoptose stellt einen wichtigen Teil der Mechanismen dar, welche letztendlich zur Progression einer Vielzahl von Erkrankungen wie Krebs, Autoimmunerkrankungen und degenerativen Erkrankungen führen. Eine Dysregulation des apoptotischen Prozesses könnte auch eine wichtige Rolle in der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis spielen. Ein Ausbleiben der Apoptose könnte eine abnormale Proliferation initiieren (SUGIYAMA et al. 1996). SUGIYAMA et al. (1996) wiesen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis nach, dass Synovialdeckzellen zusätzlich zu einer Proliferationsaktivität auch eine Apoptose in niedriger Frequenz zeigen. Dabei vermuten die Autoren, dass der apoptotische Prozess durch eine Überexprimierung von Bcl-2, einem Inhibitor der Apoptose, unterdrückt wird. In einer immunhistochemischen Analyse von PERLMAN et al. (2000) stellte sich heraus, dass die bcl-2- Expression bei Patienten mit rheumatoider Arthritis in der Synovialmembran höher ist als bei Patienten mit Osteoarthritis.

Dabei waren hauptsächlich Fibroblasten-ähnliche Deckzellen positiv; die Dicke der

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Synovialdeckzellschicht und die Entzündung waren positiv korreliert mit der Anzahl der bcl-2- positiven Zellen. Die Autoren vermuten, dass bcl-2 die Apoptose bei Fibroblasten- ähnlichen Deckzellen unterdrückt und letztendlich zu einer Synovialdeckzellhyperplasie führt.

HASANUMA et al. (1998) demonstrierten, dass die Apoptose bei rheumatoiden Synoviozyten von dem Rezeptor Fas abhängig und charakteristisch für die rheumatoide Arthritis ist und nicht bei der Osteoarthritis vorkommt.

2.6.5 Apoptose im Kreuzband von Hunden

Über die Apoptose im Kreuzband existieren nur sehr wenige Studien; diese haben hauptsächlich das kanine Kreuzband zum Gegenstand ihrer Untersuchungen. VASSEUR et al.

(1985) zeigten, dass das rupturierte kanine Kreuzband im Kern ein Defizit an Fibroblasten aufweist. Als Hintergrund dessen vermuten die Autoren einen erhöhten Zelltod im Kreuzband. Eine Studie von HAYASHI et al. (2003) demonstrierte eine hohe Anzahl nicht lebensfähiger Zellen im kaninen rupturierten Kreuzband, jedoch war dabei die Anzahl apoptotischer Zellen nicht hoch. Aus diesem Grunde vermuteten die Autoren die Nekrose als Hauptart des Zelltodes der Fibroblasten. Hypoxie, verursacht durch ein Trauma des Kreuzbandes, soll letztendlich zur Nekrose der Fibroblasten führen. GYGER et al. (2006) untersuchten in ihrer Studie die Verteilung von apoptotischen Zellen in normalen und in rupturierten kaninen Kreuzbändern. Dabei stellte sich heraus, dass Apoptose sowohl im gesunden kaninen Kreuzband als auch im rupturierten kaninen Kreuzband vorhanden ist, jedoch die Anzahl apoptotischer Zellen im rupturierten Band wesentlich höher ist. Die Autoren gehen konform mit HAYASHI et al. (2003) in der Meinung, dass die Nekrose die Hauptform des Zelltodes nach einer Ruptur darstellt. Vor einer Ruptur könnte die Apoptose möglicherweise eine tragende Rolle hinsichtlich einer erhöhten Matrix- Degeneration im Band spielen und letztendlich ursächlich für eine Ruptur sein. Um festzustellen, ob Apoptose im kaninen Kreuzband eine Rolle vor der Ruptur oder nach der Ruptur spielt, untersuchten KRAYER et al. (2008) Hunde mit partieller Kreuzbandruptur. Besonderes Augenmerk galt dabei dem intakten Teil des partiell rupturierten Kreuzbandes, welches ebenso wie der rupturierte Teil eine hohe Anzahl apoptotischer Zellen zeigte. Die Autoren schlossen daraus, dass Apoptose nicht die Konsequenz eines akuten Traumas des Bandes ist, sondern vorher im

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Band existiert. Die Apoptose könnte somit eine Rolle in der Pathogenese des Kreuzbandrisses des Hundes spielen.

2.6.6 Apoptose bei der Osteoarthrose

Die Apoptose ist bei der Osteoarthrose sowohl beim Menschen als auch beim Hund ein Mechanismus des Zelltodes von Chondrozyten (BOILEAU et al. 2002; CHEN et al. 2005). In einem Kreuzband Transsektionsmodell bei Kaninchen konnte erfolgreich eine Knorpeldegeneration mit einem Caspase- Inhibitor verhindert werden (D`LIMA et al. 2001).

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