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Professionssoziologische Erkenntnisse: zur

Vergeschlechtlichung von Berufen

Die bisher dargestellten Erkenntnisse der Geschlechterforschung zu Stu-dien(fach)wahlen ermöglichen bereits einen umfassenden Einblick in die Wege von Frauen und Männern in unterschiedliche Studienfächer, wobei der bereits erwähnte Fokus auf Frauen in technischen Fächern und Berufen den größten Platz einnimmt. Was allerdings gerade in sozialpsychologischen und sozialkonstrukti-vistischen Studien in den Hintergrund gerät und mit einer poststrukturalistischen Perspektive grundsätzlich nur schwer vereinbar scheint, ist die Rückbindung der Analysen an strukturelle Prozesse der (Re-)Produktion sozialer Ungleichheit: So wurde zwar von Wehner und anderen (2016) festgestellt, dass die antizipierte Familiengründung die Berufswahl von Jugendlichen maßgeblich beeinflusst, aber nicht auf die weiteren Folgen geblickt – dass dies nämlich zu einer geschlechts-spezifischen sozialen Positionierung führt und Frauen strukturell benachteiligt.

Ebenso bedarf es eines erweiterten Blicks auf doing gender-Prozesse, die die Wahl eines Berufs oder Studienfachs zwar als aktive Herstellung von Geschlecht begreifen, diese in der Regel aber nicht als vorstrukturiert begreifen.

An diesem Punkt setzen die professionssoziologischen Studien von Angelika Wetterer (Wetterer 1995; Wetterer 2002) an, die Schnittstellen mit strukturtheo-retischen Ansätzen wie dem der „doppelten Vergesellschaftung“ (Becker-Schmidt 1987) haben und sowohl die Herstellung von Geschlecht durch Berufswahlen wie auch die strukturelle Eingebundenheit der Berufswahlen in den Blick nehmen.

Wetterers Analysen zeichnen nach, dass das zweigeschlechtliche Klassifikations-verfahren auf zwei Arten in Professionalisierungsprozesse eingebunden ist: Zum einen, indem Professionalisierungsprozesse das vorgefundene zweigeschlechtli-che Klassifikationsverfahren als Ressource der Organisation sozialer Ungleichheit legitimieren, zum anderen, indem sie ebendiese Klassifikationen wieder selbst hervorbringen und sie bestätigen. In ihrer Untersuchung über das Berufsfeld der Medizin (Wetterer 2002) zeigt sie auf, dass „Prozesse der Berufskonstruktion und die mit ihnen verbundenen Prozesse der Geschlechterkonstruktion (…) sich

24Zur Vereinbarkeit poststrukturalistischer Ansätze mit der Bourdieuschen Perspektive siehe auch Abschnitt3.4.

zusammenfassend als Prozesse der Strukturbildung begreifen“ (Wetterer 2002:

101) lassen, die zu einer strukturell verankerten Arbeitsteilung zwischen Män-nern und Frauen führen und die Differenz und Hierarchie im Verhältnis der Geschlechter institutionalisieren und festigen.

Dem folgend ist auch die Bezeichnung der ‚horizontalen‘ Arbeitsmarktse-gregation eine irreführende, verschleiert sie die enthaltene vertikale Hierarchie, denn: „Im Falle der horizontalen Geschlechtersegregation sind Arbeitsinhalt und gesellschaftliche Bewertung dieser Arbeit auf das Engste miteinander verquickt“

(Wetterer 2002: 82). Je höher der Frauenanteil in einer Tätigkeit ist, desto geringer ist die Bezahlung in diesem Feld – dieser Effekt schlägt sich durchgängig in allen Berufen, Firmen und Branchen nieder (Trappe 2006: 54). Die horizontale Segre-gation erweist sich damit als „subkutane Form einer geschlechtshierarchischen (‚vertikalen‘) Statusdistribution“ (Wetterer 1995: 11 f.): Die weiblich dominierten Bereiche – auch in hochqualifizierten Berufen – sind zugleich die statusnied-rigeren mit weniger Prestige und Zugangschancen zu materiellen, sozialen und symbolischen Ressourcen. Diese Verknüpfung vom Geschlechterverhältnis inner-halb eines Berufsfeldes und seinem Status bestätigt sich nach Wetterer auch in den historisch häufigen ‚Geschlechtswechsel‘ von Berufen: Mit der zahlenmä-ßigen Feminisierung von Berufen wie dem des Kellners, Friseurs, Apothekers, (Grundschul-)Lehrers oder von Büroberufen wie im Fall des Sekretärs ist zugleich ein deutlicher Statusverlust einhergegangen. Im Zuge der Professionalisierung von Berufen dagegen findet zumeist eine zahlenmäßige Maskulinisierung statt – mit dem Statuszuwachs erhöhen sich die Ausbildungsstandards, Aufstiegsmöglich-keiten, die Bezahlung und die soziale Absicherung (Wetterer 2002: 79 f.). Die Konnotation von ‚Technik‘ mit ‚Männlichkeit‘ ist in diesen Prozessen der Verge-schlechtlichung dagegen eine willkürliche – so kann die gleiche Tätigkeit völlig unterschiedlich geschlechtlich codiert sein: Wie Wetterer anhand des Berufs der Röntgenassistentin in England zeigt, wurde dieser im gleichen Zuge zu einem frauendominierten Beruf wie seine technische Seite in den Hintergrund und statt-dessen medizinische Kenntnisse, die Orientierung an den Patient*innen und das untergeordnete, zuarbeitende Verhältnis zum Arzt in den Vordergrund rückte.

Die „Analogiebildung zwischen Männlichkeit und Technik“ (ebd.: 88 ff.) blieb damit unbeschadet gewahrt. Das heißt, das Geschlecht ist zum einen kreativ, was die Vergeschlechtlichung von Arbeitsinhalten angeht, und zum anderen monoton, sobald es um die Reproduktion der Geschlechterhierarchie geht (Wetterer 1995:

22)25.

25Gleiches betont auch schon Bourdieu, nach dem es eine „radikale Symmetrie in der Bewertung männlicher und weiblicher Tätigkeiten gibt“ und männlich besetzte Tätigkeiten

Dieser Rückgriff und die Re-Konstitution des binären Geschlechtersystems in der Entwicklungs- und Professionalisierungshistorie von Berufen wird so zum Strukturmoment, durch den Frauen und Männern unterschiedliche soziale Status zugewiesen werden. Diese Gleichzeitigkeit der Konstruktion von Geschlecht und von Beruf als Hierarchisierung zwischen und innerhalb der Berufsfelder und als entsprechende Zuschreibung von Fähigkeiten und Tätigkeiten fasst Wetterer resü-mierend unter dem Stichwortdoing gender while doing workzusammen (Wetterer 2002).

In der Folge der Vergeschlechtlichung von Berufen sind „[s]owohl Männer als auch Frauen (…) darum bemüht, ihre Berufstätigkeit so zu interpretieren und für andere darzustellen, dass sie kongruent zu ihrem Geschlecht erscheint“ (Ganß 2011: 77 ff.). Das lässt sich auch bei ‚geschlechtsneutralen‘ Berufen beobachten, in denen zwar keine Genusgruppe zahlenmäßig dominiert, die aber trotzdem mit Vergeschlechtlichungsprozessen verbunden sind – etwa im Versicherungswesen, in dem der männliche Kampfinstinkt zum Verkauf und die weibliche Kommunika-tionskompetenz als geschlechtliche Codierungen der gleichen Tätigkeit fungieren (ebd.). Professionalität und Weiblichkeit werden im gleichen Zuge als Gegen-sätze konstruiert, was sich in männerdominierten Berufen besonders stark zeigt (Heintz/Nadai 1998: 85). Davon bedingt lässt sich das Phänomen der Differenzmi-nimierung(Wetterer 2002) bei Frauen in männerdominierten Berufen feststellen:

Sie inszenieren Weiblichkeit nur bis zu einem gewissen Maß, um der Koppe-lung von Weiblichkeit und Unprofessionalität zu entgehen. Männer in weiblich dominierten Berufen dagegen verfolgen Strategien derDifferenzverstärkung, um ihre Männlichkeit auch in weiblich dominierten Bereichen zu erhalten und zu inszenieren.

Diese geschlechtsspezifischen Strategien des doing gender im Beruf und die damit verbundenen sozialen Prozesse der Ab- und Aufwertung führen wiederum zurintraberuflichen Segregation: Männer sind innerhalb ihres Berufsfeldes häufig in ‚männlichen‘ Nischen zu finden bzw. wählen Tätigkeitsfelder, die mit ‚Männ-lichkeit‘ assoziiert werden (Ganß 2011: 77 ff.)26. So teilen sich viele Berufe auch in einen größeren ‚weiblichen‘ Bereich und einen kleinen ‚männlichen‘

Bereich für „Spitzenkönner“ – wie etwa bei Starköchen (Wetterer 2002: 79–80).

„geadelt“ werden (Bourdieu 2005: 106–107). Analog dazu lässt sich „im wachsenden Anteil von Frauen (…) auf die Zukunft eines Berufszweiges schließen“, also „auf dessen absolute oder relative Abwertung“ (Bourdieu 1982: 186).

26Diese intraberufliche Segregation ist Grund zur Vermutung, dass die Geschlechtsse-gregation noch höher ist als statistisch erfasst, da auch innerhalb paritätisch besetzter Berufsfelder geschlechtlich codierte Nischen bestehen, vgl. auch Wehner et al. (2015: 28).

Diese Segregationsprozesse sind eingewoben in spezifische Mechanismen inner-halb von männlich und weiblich dominierten Berufen und jeweils zum Nachteil der sozialen Positionierung von Frauen: Während Frauen in männerdominierten Berufen an eine glass ceiling stoßen und ohne sichtbare Hürden nicht in der Hierarchie aufsteigen – sich teilweise sogar aktiv gegen Ausgrenzung einsetzen müssen – tritt bei Männern in frauendominierten Berufen der gegenteilige Effekt desglass escalatorsein, durch den sie fast automatisch in höhere und Führungs-positionen aufsteigen – sie „[müssen] sich anstrengen, wenn sie keine Karriere machen wollen“ (Wetterer 2002: 142). Auch in ‚Mischberufen‘ mit paritätischem Geschlechterverhältnis lässt sich dieser Effekt feststellen. Frauen sind zusätzlich vom sogenannten „Drehtüreffekt“ (Teubner 2008: 494) betroffen: Finden sie in einen männerdominierten Beruf, bleiben sie dort häufig nur zeitlich begrenzt.

Dieses Phänomen zeigt sich auch darin, dass Frauen häufiger als Männer einen andersgeschlechtlich dominierten Beruf antizipieren, sich aber deutlich seltener in diesen Berufsfeldern etablieren (Wehner et al. 2016: 27). So schlagen sich etwa in den Berufslaufbahnen von Maschinenbauingenieurinnen, Informatikerinnen und Elektroingenieurinnen vielfältige Benachteiligungen nieder wie ihre im Vergleich zu den männlichen Kollegen doppelt so hohe Arbeitslosenquote (Schreyer 2008).

Darüber hinaus wirkt sich neben der intraberuflichen auch die bereits erwähnte interberufliche Segregation nachteilig für die soziale Positionierung von Frauen aus: Die Bezahlung und das Prestige in mehrheitlich von Männern besetzten Beru-fen ist höher als in den von Frauen dominierten BeruBeru-fen (Wehner et al. 2016:

27).

Diesen komplexen Mechanismen der ständigen beruflichen Reproduktion der Geschlechterdifferenz und -hierarchie wurde in unterschiedlichen Studien und mehreren Berufsfeldern nachgespürt. So ging mit der Professionalisierung der Medizin in England etwa die hierarchisierende Konstruktion von weiblichem Pflegepersonal und männlichem Arztpersonal einher (Wetterer 2002) und die medizinischen Positionen an der Spitze sind nicht vereinbar mit der weiblich konnotierten Ausübung von Familienarbeit (Beaufaÿs 1999). Im juristischen Berufsfeld wiederum werden Frauen in die prestige- und statusärmeren Bereiche der Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit abgedrängt, während die höher gestell-ten Felder von Verfassungs- und Finanzgerichtsbarkeit den Männern vorbehalgestell-ten sind – Prestige und Frauenanteil hängen auch hier unmittelbar zusammen (Böge 1995), ebenso im Berufsfeld der Architektur (Martwich 1995). Und auch das breite Feld der Wissenschaft offenbart sich als vergeschlechtlichtes, in dem Leistung und Kompetenz stärker männlichen Studenten zugeschrieben werden (Münst 2008) und aus dem Frauen durch seine inhärenten männlich-dominierten

Spielregeln27 ausgeschlossen werden (Beaufaÿs 2003; auch Vogel/Hinz 2004).

Ausschlüsse und Abdrängungen von Frauen lassen sich besonders augenschein-lich in dentechnischen und naturwissenschaftlichen Fachgebietennachweisen: So wirken etwa in der Chemie und der Informatik Professionalisierungsprozesse als soziale Prozesse der Gestaltung von Fach und Beruf mit der Wirkung der par-tiellen und marginalisierenden Einbindung von Frauen (Roloff 1999: 70). Dabei ist die Vorstellung von Männlichkeit auch in Ingenieurberufen keinesfalls einheit-lich, sondern vorhandene Männlichkeitskonzepte in den Ingenieurwissenschaften sind vielfältig und Ingenieur*innen können auf unterschiedliche Berufs- und Männlichkeitskonzeptionen zurückgreifen (Paulitz/Prietl 2013: 307). Der Viel-falt zum Trotz wirken ebendiese Männlichkeitskonstruktionen und die damit zusammenhängenden Machtverhältnisse abdrängend und marginalisierend auf die Einmündung und die Positionen von Frauen (Solga/Pfahl 2009a; Solga/Pfahl 2009b; Driesel-Lange 2011).

Und auch inzahlenmäßig weiblich dominierten Disziplinenund Berufsfeldern wirken sich die intraberuflichen Segregationsprozesse nachteilig für Frauen aus:

So zeigt sich etwa für das Feld der Erziehungswissenschaften, dass zwar die Studierendenschaft zahlenmäßig weiblich dominiert ist, die Professuren und der Mittelbau dagegen nicht (Klinger 2015: 115 f.). ‚Feminisiert‘ sind die Erziehungs-wissenschaften damit nicht, fasst man unter diesen Begriff außer der teilweisen quantitativen Dominanz noch die Ebenen der kulturellen Feminisierung, also die Höherschätzung weiblich konnotierter Eigenschaften, und der politischen Femi-nisierung, also die Verbreitung feministischer Positionen. Stattdessen offenbaren sich auch hier zum einen Vergeschlechtlichungsprozesse, die Frauen auf status-mäßig niedrigere Positionen verweisen, sowie Mechanismen der Abdrängung, die sich neben dem Geschlecht besonders entlang der Differenzen nach dem Migrationshintergrund auftun (Rieske 2011: 45).

Vergleichbare Segregations- und Abdrängungsprozesse finden sich ebenfalls in derSozialen Arbeit: Sie ist seit ihren ersten Professionalisierungsschritten durch hierarchische Geschlechterverhältnisse gekennzeichnet (Sabla 2014: 53 f.). Und auch wenn Studenten der Sozialen Arbeit ein im Vergleich zu anderen Studenten plurales, modernes Rollenbild von Männlichkeit haben mögen (Haffner 2014), finden sie sich später vermehrt in den Feldern der Sozialen Arbeit wieder, in denen ihre Arbeitskraft als Ganzes benötigt wird. So lässt sich sagen: „Die sozia-len Praktiken, die geschlechtstypische Erwartungen an die Person adressieren und die offensichtlich auch in der Fachkultur der Sozialen Arbeit existieren, machen

27Zur Konstitution des wissenschaftlichen Feldes nach Bourdieu siehe auch Fröhlich (2003).

so aus einem ‚modernen Mann‘ einen scheinbar ‚richtigen Mann‘“ (ebd.: 146).

Im Ergebnis weichen Männer in der Sozialen Arbeit dichotome und hierarchi-sche Zuschreibungen und Verteilungen nicht auf, sondern stabilisieren sie, indem sie teilweise schon früh entsprechende höhergestellte Positionen im Beruf anti-zipieren oder qua Geschlecht fast automatisch in berufliche Aufstiegsprozesse einmünden (Ganß 2011: 353 ff.; vgl. auch Lepperhoff 2014).

Das verdeutlichen die Erkenntnisse von Ganß, die mit Rückgriff auf Wette-rer und Bourdieu 18 Interviews mit Studenten der Sozialen Arbeit geführt und im Ergebnis drei Typen von Studenten festhält: Die Einsteiger münden nach ihrer Schulzeit in die Soziale Arbeit ein. Diesen Typus kennzeichnet, dass sie die Geschlechterdifferenz nicht aktualisieren – es steht also eine „individuelle Irrelevanzsetzung von Geschlecht gesellschaftliche[n] Relevanzsetzungen gegen-über“, innerhalb der „der ‚berufliche Weg nach oben‘ einen Weg des geringsten Widerstands“ darstellt (Ganß 2011: 353). Die Aufsteiger in die Soziale Arbeit entscheiden sich nach Ausbildungen – etwa im erzieherischen oder pflegerischen Bereich28– für ein Studium. Sie minimieren die Geschlechterdifferenz, aktuali-sieren sie aber zugleich: So ist für sie die eigene Geschlechtszugehörigkeit eine Ressource für die Arbeit mit männlicher Klientel und sie reproduzieren sozi-alarbeiterische „Männernischen“. Und schließlich wechseln die Umsteiger von einem anderen Berufsfeld in die Soziale Arbeit: Im Gegensatz zu den anderen beiden Typen betonen sie das „Männliche“ und konstruieren einen rationalen und disziplinierenden Gegenpol zur Emotionalität und Einfühlsamkeit von Frauen – sie aktualisieren die Geschlechterdifferenz also am stärksten, wobei sie sich eine übergeordnete Position gegenüber Frauen zuschreiben (ebd.: 353 ff.).

Gemeinsam haben die drei Typen, dass sich kein Vordringen in weiblich dominierte Bereiche der Sozialen Arbeit feststellen lässt, sondern sich erste intraberufliche Segregationsprozesse abzeichnen und dabei für alle Gruppen statu-sorientierte Aspekte der Berufswahl und -gestaltung durchaus eine Rolle spielen (Ganß 2011: 313). Die gleichen Prozesse lassen sich bei Grundschullehrern und Grundschulleitungen finden, in deren Fall Bobeth-Neumann (2014) die Mechanismen des glass escalators passend pointiert mit: „Man(n) wird da so hineingelobt“.

Die Vorteile dieser professionssoziologischen und zugleich geschlechtertheore-tischen Perspektive auf Berufe sind offensichtlich: Prozesse desdoing genderbei

28Grundsätzlich sind Erfahrungen in sozialen Tätigkeiten zentral für die Studienfachwahl von Männern hin zur Sozialen Arbeit und zur Pädagogik (Böhm/Budde 2014; Faulstich-Wieland 2012).

der Berufswahl und im Berufsalltag selbst werden nicht als freie Akte der Her-stellung von Geschlecht verstanden, sondern als strukturierte und strukturierende Momente der (Selbst-)Zuweisung von sozialen Positionen. Im Resultat münden Männer zum einen häufiger in die mit mehr Ressourcen verbundenen technischen Berufe ein, Frauen dagegen in die weniger prestigeträchtigen und weniger aus-sichtsreichen sozialen Berufe – und die jeweilige zahlenmäßige Dominanz eines Geschlechts beeinflusst wiederum Status und Prestige des Berufs selbst. Zum anderen besetzen Frauen in allen Berufen die niedrigeren sozialen Positionen. An diesem Verständnis von Geschlecht als Strukturmoment in der Konstitution von Berufen sollte weitergedacht werden, denn es ist zu vermuten, dass in den Berufs-wahlprozessen von Frauen und Männern das Geschlecht als sozialer Platzanweiser gemeinsam mit der sozialen Herkunft wirkt.

Abgesehen von der Untersuchung von Ganß (2011) wurde die Perspektive von Wetterer bisher nicht auf Studien(fach)wahlen hin zu einem sozialen bzw.

technischen Studium angewendet. Außerdem fehlt eine Verknüpfung der Wet-terschen Perspektive mit einer theoretischen und empirischen Berücksichtigung von Klassenverhältnissen. Eine derartige Verbindung, durch die ‚Geschlecht‘

in seiner herstellenden wie strukturierenden Funktion gemeinsam der sozialen Herkunft betrachtet wird, hat besonderes Potential, um eine differenzierte Einbet-tung von Studienfach- und Berufswahlen in Mechanismen sozialer Ungleichheit vorzunehmen.

3.2 Zwischenfazit: Erkenntnisse und Leerstellen