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Abkürzungsverzeichnis

4 Ziele von Auslandsaufenthalten

4.2 Problematik bisheriger Ansätze zum Auslandserfolg

Kollegen in Japan häufiger und wiesen eine geringere Anpassung auf. Stahl schlussfolgert, dass Expatriates, die mit starken Kultur- und Sprachunterschieden zu kämpfen haben, vermehrt Strategien anwenden, die die direkten Folgen des Stresses reduzieren, sich aber langfristig negativ auf die Anpassung im Gastland auswirken. Insgesamt hält Stahl fest:

Effektive Expatriates haben eine stärkere Tendenz, auftretende Schwierigkeiten offensiv anzugehen und Konflikte direkt zu lösen, statt die auszusitzen, die Kultur kennen zu lernen, sich anzupassen, Beziehungen aufzubauen, statt sich auf die Besonderheiten der eigenen Kultur zurückzuziehen. Sie arbeiten mit positiven Verstärkern, die sie bewusst einsetzen und, falls ihre präferierten Verstärker nicht verfügbar sind, bewusst ersetzen, sich also neue Verstärkungen suchen.

Aus seinen Forschungen leitete Selmer (1999) Empfehlungen für Unternehmen und andere entsendende Organisationen ab, die bei der Gestaltung des Entsendungsprozesses berücksichtigt werden sollten und Expatriates dabei helfen, positive Coping-Strategien anzuwenden. Er fordert, dass vor allem die Kontaktaufnahme mit Einheimischen forciert werden sollte. Gerade in den ersten Tagen ihres Einsatzes sollen Expatriates nicht entmutigt, sondern von Gast- und entsendender Organisation unterstützt werden.

Auch über den geeigneten Zeitpunkt einer Erfolgsmessung herrscht Diskussionsbedarf, da er abhängig von den Zielen des Auslandsaufenthaltes ist. Noch im Ausland betrachten Expatriates ihren Aufenthalt als großen Erfolg und brennen darauf, ihre neuen Erkenntnisse im Heimatland anzubringen. Kehren sie dann zurück, werden sie durch die vielfältigen Schwierigkeiten und das Desinteresse von Kollegen und Angehörigen jedoch schnell wieder ernüchtert. In einigen Fällen erweisen sich die eigenen Ziele der beruflichen Weiterentwicklung trotz gegenteiliger Versprechungen als nicht realisiert (Müller, 1991;

Steinmann & Kumar, 1984). Andererseits können sich auch für das Unternehmen konkrete Zielerreichungen, wie z.B. Umsatzsteigerungen oder Aufbau neuer Kontakte, erst langfristig manifestieren.

Zur Messung der Anpassung stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, das Konstrukt ist gut definiert (Aycan, 1997; Kraimer, Wayne & Jaworski, 2001). Umstritten ist aber, wie bereits dargestellt, das Ausmaß, in dem eine Anpassung erreicht werden soll. Auch hier ergeben sich Schwierigkeiten in Abhängigkeit vom Messzeitpunkt: Die Anpassung sollte während des Auslandsaufenthaltes hoch sein, darf gegen Ende nicht mehr zu stark ausgeprägt sein, um die Reintegration nicht zu gefährden (Thomas, 1995; Trompenaars, 1993). Aber wie soll sie nach dem Auslandsaufenthalt ausgeprägt sein, wenn der Gesamterfolg der Entsendung erst dann ermittelt wird?

Für die Messung des Entsendungserfolges werden also Variablen benötigt, die über den gesamten Entsendungszeitraum des Expatriates eine Rolle spielen und dabei die Problembereiche der verschiedenen Akteure berücksichtigen (vgl. Kap. 1). Eingeführt wird deshalb im Folgenden ein Vorschlag für die Ermittlung des Entsendungserfolgs anhand von vier Kriterien: Lebens- und Arbeitszufriedenheit, Commitment zur entsendenden Organisation und Einstellung zum Gastland.

4.3 Lebens- und Arbeitszufriedenheit, Commitment und Einstellung zum Gastland als Indikatoren für den Erfolg von Auslandsaufenthalten Schröder (1995) führt an, dass sich Erfolgsindikatoren wie soziale Beziehungen zu Gastlandangehörigen oder die Qualität der Aufgabenerfüllung im Laufe der Zeit verändern können und von den Expatriates nicht unbedingt über den gesamten Entsendungsverlauf als befriedigend erlebt werden. So kann es, wie bereits beschrieben, zu Beginn der Entsendung hilfreich sein, verstärkt Kontakte mit anderen Expatriates aufzusuchen, um die Fremdheit der Umgebung zu reduzieren (Mendenhall & Oddou, 1986). In späteren Entsendungsphasen kann

eine solche Einschränkung der Kontakte die Anpassung dagegen reduzieren, bei der Rückkehr wiederum den Abschiedsschmerz verringern (Brislin, 1981; Fontaine, 1986; Kim, 1987).

Abhängig vom Zeitpunkt der Entsendung gewinnt also die Qualität der Beziehungen zu Gastlandangehörigen eine andere Funktionalität. Solche Beobachtungen sprechen für die Einführung eines Messmodells, das die subjektive Zufriedenheit mit dem Leben im Gastland in den Vordergrund stellt.

Die in Kapitel 1 vorgestellte Systematik zur Gliederung von Entsendungen hat gezeigt, dass neben dem Expatriate auch seine Familie und die entsendende Organisation relevante Akteure des Entsendungsprozesses sind, zudem Problembereiche aus dem privaten Umfeld, dem Arbeitsleben und dem Kontakt mit der fremden Kultur berücksichtigt werden müssen.

Zusammengestellt wurde deshalb für die vorliegende Arbeit eine Kombination von Kriterien, welche die verschiedenen Aspekte in der subjektiven Wahrnehmung des Expatriates abbildet:

Die Lebenszufriedenheit gibt an, wie zufrieden der Expatriate mit der Gesamtheit seiner Lebensbedingungen wie der Abbildung der privaten Situation im Gastland ist, die Arbeitzufriedenheit spiegelt die Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen insgesamt wider, die Ausprägung des Commitments zeugt von der Zufriedenheit mit den Leistungen der entsendenden Organisation und die Einstellung zum Gastland beschreibt den Eindruck, den der Expatriate von Gastland und Gastlandangehörigen hat. Alle Kriterien können über den gesamten Entsendungszeitraum hinweg relevant sein: Die Lebenssituation des Expatriate und seiner Angehörigen sollte so gestaltet werden, dass alle Beteiligten nicht nur vor der Ausreise, sondern auch während des Aufenthaltes und nach der Rückkehr zufrieden damit sind. Ebenso sollten die Arbeitsbedingungen und Einsatzfelder des Expatriates in allen Entsendungsphasen den Anforderungen entsprechen, zumal solche Faktoren für Expatriates als Motiv für die Zustimmung zum Auslandsaufenthalt sind (Bittner, 1996; Hieronymi et al., 2003).

Entsprechend sollten Lebens- und Arbeitszufriedenheit über den gesamten Entsendungszeitraum konstant hohe Werte aufweisen. Darüber hinaus soll die entsendende Organisation daran interessiert sein, das Commitment der Expatriates über den gesamten Zeitpunkt auf einem hohen Niveau zu halten, soll er doch während des Aufenthaltes die entsendende Organisation repräsentieren und im Anschluss im Profit-Bereich der entsendenden Organisation sein Wissen zur Verfügung stellen bzw. im Non-Profit-Bereich zur Bildungsarbeit beitragen (z.B. DED, 2006a, 2006b). Die Einstellung zum Gastland schließlich sollte ebenfalls über den gesamten Entsendungszeitraum positiv sein. Eine Ablehnung bereits vor Beginn des Engagements kann keine geeignete Basis für den Auslandsaufenthalt sein; aber auch nach Ende der Entsendung kann eine positive Einstellung

des Expatriates dazu beitragen, die geknüpften Kontakte besser auszunutzen bzw. die Bildungsarbeit zu verbessern.

Im folgenden wird die Auswahl der bereits beschriebenen Konstrukte durch Ergebnisse bisheriger Studien gestützt.

Lebenszufriedenheit

Der Zusammenhang zwischen der Lebenszufriedenheit und dem Gelingen des Auslandsaufenthaltes zeigt sich zum Beispiel in der Diskussion um das Konzept des Kulturschocks zu Beginn des Auslandsaufenthaltes. Oberg (1960) und andere Autoren (u.a.

Grove & Tobiörn, 1985; Gullahorn & Gullahorn, 1963; Haupert & Schnettler, 1999;

Lysgaard, 1955) beschreiben den kurvigen Verlauf des subjektiven Wohlbefindens nach Beginn des Auslandseinsatzes. Der Expatriate erlebt zunächst eine Phase der Euphorie, in der die neuen Lebensumstände spannend und herausfordernd erscheinen. Es erfolgt eine Krise, in der der Expatriate mit der neuen Lebenssituation unzufrieden ist und teilweise erhebliche Einschränkungen erlebt, bevor eine anschließende Erholung das ursprüngliche Ausgangsniveau der Lebenszufriedenheit wieder herstellt (vgl. Kap. 3.2).

In weiteren Studien konnten Zusammenhänge zwischen der Lebenszufriedenheit und anderen Indikatoren für den Auslandserfolg nachgewiesen werden: Shaffer und Harrison (2001) berichten beispielsweise, dass der Umzug in die weniger strukturierte Umgebung, die eine Menge an Umstellungen und verstärkt Interaktion mit fremden Menschen erfordert, sich negativ auf die Lebenszufriedenheit (nonwork-satisfaction) auswirkt. Black und Gregerson (1990) konnten eine signifikante negative Beziehungen zwischen der Absicht, in naher Zukunft das Land zu verlassen und der Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen insgesamt feststellen; Birdseye und Hill (1995) zeigten einen Zusammenhag zwischen der Zufriedenheit mit einzelnen Aspekten der fremden Umgebung und der Abbruchintention.

Nach Dössel (1999) variiert die individuelle Lebenszufriedenheit über die Lebensspanne und wird sowohl von den objektiven Lebensbedingungen als auch von deren Wahrnehmung und Bedeutsamkeit determiniert: Sind die Lebensbedingungen positiv oder werden zumindest so wahrgenommen, ist die Lebensqualität hoch. Bullinger und Ravens-Sieberer (1995) beschreiben die Faktoren, die in internationaler Übereinstimmung zur Bestimmung der Lebensqualität herangezogen werden. Mit einzubeziehen sind dabei die körperliche Verfassung, das psychische Befinden, die sozialen Beziehungen sowie die funktionale Kompetenz, verstanden als Fähigkeit, Rollenanforderungen im Alltag gerecht zu werden.

Auch Rudinger, Rietz und Schiffhorst (1997) identifizieren in ihren Forschungen mehrere Determinanten für die Lebenszufriedenheit - neben der sozio-ökonomischen Situation und der Gesundheit spielen auch Persönlichkeitseigenschaften und kognitive Komponenten eine Rolle. Diese werden durch demografische Variablen wie Schulbildung, Geschlecht und Familienstand erweitert.

Diesen Faktoren wird auch die Definition der Lebenszufriedenheit durch Angermeyer, Kilian und Matschinger (2000) gerecht. Die Autoren definieren die Lebensqualität als „die individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation im Kontext der jeweiligen Kultur und des jeweiligen Wertesystems und in bezug auf die eigenen Ziele, Erwartungen, Beurteilungsmaßstäbe und Interessen“ (S. 10). Auf Basis dieser Definition wurde im Auftrag der WHO ein Fragebogen zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebenszufriedenheit entwickelt, der von Angermeyer, Kilian und Matschinger (2000) ins Deutsche übertragen wurde. Der WHOQOL-100 beschreibt die Zufriedenheit in sechs verschiedenen Dimensionen: physische Befindlichkeit, psychisches Wohlbefinden, Unabhängigkeit, soziale Beziehungen, Umwelt und Religion/persönliche Überzeugungen.

Arbeitszufriedenheit

Die Arbeitszufriedenheit von Auslandsmitarbeitern gilt als Indikator für ihre Leistungsfähigkeit und den Entsendungserfolg, ähnlich wie bei Mitarbeitern im Inland (Matiaske, 1999; Vroom, 1964). Tett und Mayer (1993) konnten darüber hinaus den Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Kündigungsbereitschaft bei Auslandsmitarbeitern nachweisen. Die Arbeiten zur Arbeitszufriedenheit sind geprägt von den Theorien, die sich seit der Mitte der 1950er Jahre entwickelt haben, als Herzberg, Mausner, Peterson und Capwell (1957) Determinanten für die Entstehung von Arbeitszufriedenheit und -unzufriedenheit identifizierten, Lawler (1973) darauf folgend die Bedeutung der Erwartungen und der ausstehenden Belohnungen beschrieb und Hackman und Oldham (1976) schließlich die Wahrnehmung verschiedener Jobcharakteristika als ausschlaggebend für die Bedeutung der Arbeitszufriedenheit einführten. Forschungen in neuen Paradigmen sind kaum zu finden (Matiaske, 1999); diskutiert werden nach wie vor die Bedeutung der Komplexität und Ganzheitlichkeit der Arbeit, die Anzahl der täglichen Kontakte und der bei der Arbeit entstehende Zeitdruck (Semmer, Zapf & Dunckel, 1995).

Weinert (1998) berichtet von fünf Faktoren, die für das Stresserleben und die Arbeitszufriedenheit relevant sind: Neben der physischen Umwelt (Licht, Lärm und Temperatur, Geruchsbelästigungen) sind Determinanten der Arbeitsorganisation wie

Rollenkonflikte oder Überlastung auf der individuellen Ebene, die Beziehungen zu Vorgesetzten und Kollegen auf der Gruppenebene sowie organisationsbedingte Entscheidungen wie Managementstil, Aufgaben- und Rollenanforderungen von Einfluss.

Darüber hinaus lässt sich der Arbeitsplatz eines Menschen nicht losgelöst von seiner sonstigen Umwelt betrachten, so dass auch Faktoren wie familiärer Stress, wirtschaftliche Unsicherheit und geringe Lebensqualität Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belasten können.

Für Expatriates konnten Hagedorn, Heidemann und Rietz (2004) diesen letzten Faktor nicht verifizieren - weder die umgebende Kultur noch die Zufriedenheit insgesamt wiesen Zusammenhänge mit der Entwicklung der Arbeitszufriedenheit auf. Solche unterschiedlichen Befunde lassen sich gegebenenfalls mit der von Mishra, Das, Mishra und Dash (1989) betonten Passung zwischen kulturellen Einflüssen, personalen Faktoren und der Arbeitsstruktur erklären, die nach ihren Angaben für die Entstehung von Stress am Arbeitsplatz verantwortlich ist.

Die Bedeutung anderer Determinanten für die Ausprägung der Arbeitszufriedenheit konnte jedoch auch für Expatriates bestätigt werden. Naumann, Widmier und Jackson (2000) zufolge hängen die wahrgenommene Wichtigkeit der Aufgabe und die Autonomie bei der Arbeit direkt mit der Arbeitszufriedenheit zusammen, außerdem die realistische Information über alle Bedingungen des Auslandsaufenthaltes. Das lässt für den Auslandsaufenthalt eine höhere Arbeitszufriedenheit erwarten, stellten Bittner und Reisch (1996) in einer Untersuchung zum Vergleich der Anforderungen an Auslands- und Inlandsmanager doch fest, dass Auslandstätigkeiten in der Regel ein weiteres Aufgabenspektrum beinhalten als Inlandstätigkeiten und die Auslandstätigkeit durch einen Zuwachs an Verantwortung gekennzeichnet ist, außerdem durch hohe Intransparenz und gesteigerte Komplexität.

Auch bei Hagedorn, Heidemann und Rietz (2004) erwies sich im Urteil der Expatriates die eindeutige Definition von Position und Aufgabe als maßgeblich für die Entstehung der Arbeitszufriedenheit. Gleichermaßen bedeutend waren der Kontakt zum Stammhaus und die Beteiligung an der internen Kommunikation sowie die Vermittlung eines Mentors im Stammhaus. Wie die Darstellung der Determinanten der Arbeitszufriedenheit zeigte, lässt sich deren Ausprägung auch im Ausland verhältnismäßig gut von der entsendenden Organisation beeinflussen (Bhuian & Al-Jabri, 1996; Lee & Mowday, 1987; Naumann, 1993b). Gleiches gilt auch für das im folgenden Abschnitt vorgestellte Commitment.

Commitment

Cullen, Johnson und Sakano (2000) zählen neben der Arbeitszufriedenheit auch das Commitment zu den Faktoren, ohne die verschiedene mit der Auslandsentsendung verbundenen Ziele möglicherweise nur eingeschränkt erreicht werden können. Während der Entsendung entstehen immer wieder Situationen, die im vorhinein vertraglich nicht geregelt werden konnten, in denen aber dennoch Entscheidungen getroffen werden müssen, so dass Zusammengehörigkeitsgefühl und Vertrauen in hohem Maße gegeben sein müssen. Zudem sind durch die unterschiedlichen aufeinandertreffenden (Unternehmens-)Kulturen Missverständnisse und Konflikte vorprogrammiert (Schein, 1995).

Das Commitment beschreibt die Bereitschaft des Arbeitnehmers, entweder die Beziehung zum Arbeitgeber in positiver Weise fortzusetzen oder bei nur geringer Ausprägung den Arbeitgeber zu wechseln (Cullen, Johnson & Sakano, 2000). Dabei konnten verschiedene Facetten identifiziert werden (Allen & Meyer, 1990; Jaros, Jermier, Koehler & Sincich, 1993;

Meyer & Allen, 1991): Auf der affektiven Ebene spielen für die Entstehung des Commitments Gefühle wie die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und das Zugehörigkeitsgefühl eine Rolle. Darüber hinaus werden vom Mitarbeiter aber auch die persönlichen Verluste im Falle einer Kündigung beim Aufbau einer Bindung an das Unternehmen betrachtet. Hierzu gehören auch die Zufriedenheit mit der Bezahlung und den Aufstiegsmöglichkeiten (kalkulatorisches Commitment), so bei Hagedorn, Heidemann und Rietz (2004) als maßgebliche Faktoren des Commitments insgesamt während des Auslandsaufenthaltes herausgestellt. Die Identifikation und das Ausmaß der Internalisierung der firmenspezifischen Werte und Ziele beeinflussen die Entwicklung des normativen Commitments.

Cullen, Johnson und Sakano (2000) zufolge sollten bei der Ermittlung des Commitments nicht nur die generelle Beziehung zur entsendenden Organisation, sondern auch die dyadische Beziehung zum Vorgesetzten und die individuelle Kommunikation betrachtet werden.

Analysen legen nahe, dass Commitment und Vertrauen in Interaktion der beiden Partner entstehen und einander wechselseitig verstärken bzw. beeinträchtigen. Tett und Mayer (1993) konnten zeigen, dass Arbeitszufriedenheit und Commitment gegenüber der Organisation direkte Bedingungen für die Bereitschaft sind, die Arbeit fortzuführen bzw. zu kündigen;

dabei wird der affektiven Bindung an das Unternehmen der größte Einfluss zugesprochen.

Gregersen und Black (1990) sowie Naumann (1993a) konnten diese Beziehungen auch für Auslandsmitarbeiter aufzeichnen. Für eine langfristig positive Beziehung zum Arbeitgeber oder der entsendenden Organisation ist demnach das Commitment maßgeblich.

Einstellung zum Gastland

Die Erfolgsdefinitionen von Ruben und Kealey (1979) sowie Caligiuri (1997) beinhalten als kulturelle Komponente neben der Anpassung die Güte der Beziehungen zu den Gastlandangehörigen bzw. die Neigung, das Gastland in absehbarer Zeit zu verlassen. Keiner dieser Faktoren kann aber über den gesamten Entsendungsverlauf abgebildet werden, so dass in der vorliegenden Arbeit, basierend auf den Ergebnissen von Hagedorn, Heidemann und Rietz (2004), die Einstellung zum Gastland als zusätzlicher Indikator für den Auslandserfolg ausgewählt wurde. Mit dem Item „Ich lebe gerne in meinem Gastland“ wurde der affektiven Komponente der Einstellung Rechnung getragen, das Item „Die Sitten und Gebräuche der Menschen in meinem Gastland kann ich akzeptieren“ bildete die kognitiven Aspekte ab.

Darüber hinaus wurde die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen der Lebensweise der Allgemeinbevölkerung im Gastland und den eigenen Werten geprüft.

Eingeführt wurden die Faktoren Lebens- und Arbeitszufriedenheit, Commitment und Einstellung zum Gastland als Indikatoren für den Entsendungserfolg. Die Variablen weisen nicht nur augenscheinliche Eignung auf, sondern es finden sich, wie weiter oben dargestellt, auch in der wissenschaftlichen Literatur Hinweise auf ihre Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wurden sie als Kriterien definiert, mit denen die Maßnahmen aus den Phasen des Entsendungsprozesses (Auswahl, Vorbereitung, Betreuung vor Ort und Reintegration als Evaluationsgegenstand) in Verbindung gebracht werden.

Ob die Faktoren allerdings wirklich geeignet sind, den Erfolg von Expatriates im Ausland zu messen, sei dahingestellt und wird in dieser Arbeit nur am Rande betrachtet. Die Ziele der entsendenden Organisation beispielsweise werden in der Zusammenstellung der Variablen vernachlässigt, ebenso die direkte Erfassung der Zufriedenheit der begleitenden Partnerin oder der Auslandsmitarbeiter.

Dass neben dieser Sammlung von Indikatoren für den Entsendungserfolg auch andere Kriterien gelten können, zeigen die folgenden Abschnitte: Vorgestellt wird die Bedeutung, die dem Auslandsaufenthalt für die Entwicklung von Eigenschaften, Soft Skills und Kompetenzen beigemessen wird. Außerdem werden mögliche Gründe betrachtet, aus denen dem Auslandsaufenthalt Veränderungspotenzial zugeschrieben wird.

4.4 Entwicklung von Eigenschaften, Soft Skills und Kompetenzen als Ziel