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Abkürzungsverzeichnis

2 Kulturen als Umgebung für internationale Tätigkeiten

In nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens lässt sich die zunehmende Bedeutung interkultureller Interaktion beobachten. Politik, Wirtschaft und Kultur sind die am stärksten betroffenen Gebiete, die eine Entsendung von Personen in andere kulturelle Kontexte erforderlich machen.

Im Wirtschaftssektor zeigt sich die wachsende Bedeutung internationaler Aktivitäten an verschiedenen Zahlen. Bei Siemens beispielsweise erfolgten 2001 73,0% der Umsätze außerhalb Deutschlands, ca. 2.800 deutsche Mitarbeiter wurden im Ausland beschäftigt, die meisten davon in den USA und China. Mehr als ein Drittel der deutschen Industrieunternehmen planen Auslandsinvestitionen in den folgenden Jahren, die Höhe deutscher Direktinvestitionen im Ausland lag nach Angaben des Arbeitgeberverbandes für das Jahr 2002 bei 127 Mrd. €. Black und Gregersen (1999) berichten, dass 80,0% der großen und mittleren US-amerikanischen Firmen Mitarbeiter ins Ausland entsenden und die Hälfte der Unternehmen davon ausgeht, dass die Tendenz für Auslandsentsendungen in den nächsten Jahren steigen wird. Dennoch ist man sich in der Wissenschaft uneins, welche Unternehmen als international agierende Unternehmen bezeichnet werden können. Kühlmann (1995) beschreibt in seiner Definition solche Unternehmen als international, deren Geschäftstätigkeit grenzüberschreitend abläuft. Formen dieser transnationalen Tätigkeiten sind Exporte, Lizenzvereinbarungen, Vertriebsniederlassungen oder Produktionsauslagerungen. Dülfer (1993) dagegen schreibt solche pragmatischen internationalen Tätigkeiten eher der funktionalen Internationalisierung zu, die er von der institutionellen Internationalisierung unterscheidet: Erst wenn klassische Managementtätigkeiten wie Vertragsverhandlungen oder Mitarbeiterführung unter internationalen Gesichtspunkten durchgeführt werden, kann ein Unternehmen auch zu den internationalen gezählt werden. Fine (1995) sieht eine internationale, multikulturelle Organisation dann gegeben, wenn die innerhalb einer Organisation existierenden kulturellen Eigenarten von allen Beteiligten in ihrem Wert hoch geschätzt werden, der Dialog gefördert und keine Kultur gegenüber einer anderen bevorzugt wird.

Doch nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im politischen Bereich gestaltet sich die Entwicklung zunehmend international, so dass auch Non-Profit-Organisationen staatlicher, kirchlicher oder sonstiger Institutionen mit der Notwendigkeit zu internationaler Tätigkeit konfrontiert werden. Unter anderem gehört beispielsweise die Entwicklungshilfe zu den gesamtgesellschaftlichen Aufgaben der privaten und öffentlichen Einrichtungen (GTZ, 2004),

alleine der DED entsendet jährlich ca. 300 Entwicklungshelferinnen und -helfer in über 45 Länder. Einige der in diesem Bereich agierenden Organisationen entsenden vorwiegend eigenes Personal, wie die Bundeswehr oder das Auswärtige Amt, andere Einrichtungen sind mit der Auswahl und Entsendung von Experten beauftragt, wie die GTZ oder der DED.

In die psychologische Literatur findet die fortschreitende Internationalisierung vor allem aufgrund der Verschiedenartigkeit der einander begegnenden Kulturen und der daraus entstehenden Schwierigkeiten und Synergien Eingang (z.B. Adler, 1997; Brandenburger, 1995; Dadfar, Moberg & Törnvall, 1999; Harris & Moran, 1991). Die Kultur einer Nation stellt den Kontext dar, in dem internationale Erfahrungen gemacht werden. Um die Bedeutung von Auslandsaufenthalten für international agierende Organisationen und Personen darzustellen und damit auch den Hintergrund der vorliegenden Arbeit zu beleuchten, werden im Folgenden zunächst die Kultur und ihre Auswirkungen näher beschrieben.

Kulturbegriff

In vielen Geisteswissenschaften und auch in der Psychologie, die sich mit der Erklärung und Vorhersage von menschlichem Verhalten befasst, wird der Kultur eines Einzelnen oder einer Gruppe umfassende Bedeutung zugeschrieben: Die Kultur ist nicht nur im Sinne der Sozialisierungsumgebung Voraussetzung des menschlichen Handelns, sondern gleichzeitig auch das Produkt von Handlungen und Interaktionen. Kroeber und Kluckhohn (1952) beschreiben: “culture systems may, on the one hand, be considered as products of action, on the other as conditioning elements of further action” (p. 357). Hier wird deutlich, dass die gesellschaftlichen Strukturen mit ihren Konsequenzen für die Gestaltung von Arbeit und Familie und die im Laufe der Zeit gewachsene Kultur den Menschen und seine Verhaltensweisen prägen. Im Verlauf der Sozialisation erfolgt eine fortschreitende Einbindung in die Verhaltensweisen der Umgebung; Nicklas (1991) spricht von der Enkulturation der Kinder. Indem die Kinder von ihrer Umgebung geprägt werden, entwickeln sie kollektive Verhaltensweisen, Ansichten und Wertschätzungen, die wiederum aktiv zur Fortentwicklung der Kultur beitragen.

Ein bekanntes Konzept zur Beschreibung von Kulturen vergleicht die Kultur mit einem vielschichtigen Eisberg (Hofstede, 1993). Die Grundlage der Kultur besteht aus Werten, Welt- und Menschenbildern. Hier sind zentrale Hypothesen darüber verwurzelt, wie das Leben mit seinen Herausforderungen in einem bestimmten Umfeld bewältigt werden soll.

Diese Basisannahmen bilden die Grundlage für die in der zweiten Ebene verankerten Normen und Standards, die im Gegensatz zu den Werten der ersten Ebene vielen Menschen bereits

bewusste Handlungsanweisungen liefern. Tabus, allgemeine Verhaltensrichtlinien und der Umgang mit Werten sind in dieser Ebene begründet. Die dritte, oberste Ebene des Eisbergs beschreibt die Artefakte und Symbole einer Kultur; offenes Verhalten, Erscheinungsbild und Kommunikation sind hier verwurzelt. Nicht alle Ebenen der Kultur sind sichtbar und empirisch erfassbar, beeinflussen aber dennoch das Verhalten der Menschen.

Das Aufwachsen und Lernen innerhalb einer Kultur führt demnach zu spezifischen Verhaltensweisen, welche die Mitglieder einer gemeinsamen Kultur kennzeichnen. Thomas und Hagemann (1996) definieren die Kultur als „universelles, für eine Gesellschaft, Nation, Organisation und Gruppe aber typisches Orientierungssystem“ (S. 175), das sich aus spezifischen Symbolen und Verhaltensweisen zusammensetzt und Denken, Wahrnehmen, Bewerten und Handeln der Gruppenmitglieder beeinflusst. Auch Hofstede (1993) spricht von der Kultur als kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe von Menschen von einer anderen unterscheidet. Für allgemeingültige, in jeder Gruppe auftretende gesellschaftliche Herausforderungen und Aufgaben werden kulturspezifische Herangehensweisen gefunden. So trägt jeder Mensch in seinem Inneren Muster des Denkens, Fühlens und potentiellen Handelns, die er ein Leben lang erlernt hat. Die Auswirkungen dieser sog. mentalen Programmierung (Hofstede, 1993) sind vielfältig und finden ihren Ursprung in der Tiefe, mit der die Kultur auf unsere Umgebung wirkt.

Pike (1966) entwickelte in Anlehnung an die Linguistik das Konzept der emics und ethics zur Unterscheidung von kulturübergreifenden und kulturspezifischen Verhaltensweisen. Analog zur Analyse von Phonemen, den einzelnen Lauten der Sprache, bezeichnen emics kulturspezifische Verhaltensweisen, während ethics, entsprechend dem Konzept der Phonetik (der Suche nach universellen Aspekten in den Phonemen) kulturübergreifende Verhaltensregeln beschreiben. Schwartz konnte in verschiedenen Untersuchungen (Bilsky &

Schwartz, 1994; Schwartz, 1992; Schwartz & Sagiv, 1995) herausarbeiten, dass in vielen Kulturen ähnliche grundlegende Werte angestrebt werden, wobei lediglich die Wege unterschiedlich sind, auf denen die Werte erreicht werden.

Aus der Analyse der Wertstrukturen von IBM-Mitarbeitern in verschiedenen Ländern entwickelte Hofstede (1983, 1993) das Konzept der Kulturdimensionen zur Beschreibung von Kulturen und deren Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen. Hofstede definierte zunächst vier solcher Kulturdimensionen, die seiner Auffassung folgend das Wertesystem von Menschen ausreichend genau beschreiben: (1) Machtdistanz, (2) Individualismus vs.

Kollektivismus, (3) Unsicherheitsvermeidung und (4) Feminität vs. Maskulinität. Für einzelne

Nationen lassen sich in dem Gefüge dieser Kulturdimensionen Positionen bestimmen, durch die man sie voneinander abgrenzen kann. Bei der relativ homogenen Stichprobe der IBM-Mitarbeiter erwies sich die Nationalität trotz geringer Einflüsse durch Alter, Geschlecht, Bildung, Religion oder sozialer Schicht als wichtigster Prädiktor der Einstellung zu unterschiedlichen Problemstellungen.

Die Machtdistanz beschreibt den Umgang der Menschen einer Kultur mit unterschiedlichen intellektuellen oder körperlichen Voraussetzungen, die bei der Geburt festgelegt werden.

Kulturen, die durch hohe Machtdistanz gekennzeichnet sind, betonen diese Unterschiedlichkeit und lassen sie zu Unterschieden in Macht oder Geld anwachsen; Kulturen mit geringer Machtdistanz schaffen gesellschaftliche Strukturen, die gegebene Unterschiede soweit wie möglich reduzieren. Die Ausprägung auf der Dimension Individualismus vs.

Kollektivismus kennzeichnet die unterschiedliche Stärke der Verbindung zwischen einem Individuum und den Menschen seiner Umgebung. In individualistischen Nationen haben die Menschen eher lockere Bindungen zu ihren Mitmenschen, kollektivistische Kulturen betrachten den Einzelnen hauptsächlich als Teil eines Kollektivs, sei es Familie, Stamm oder Dorf. Hofstede (1983) konnte in seinen Untersuchungen zeigen, dass der Platz, den eine Gesellschaft in dieser Dimension annimmt, mit dem Wohlstand, gemessen durch das Bruttosozialprodukt per Kopf, korreliert: Je höher der Wohlstand, umso individualistischer die Prägung des Landes. Außerdem zeigte sich, dass kollektivistische Nationen oft auch eine ausgeprägte Machtdistanz aufweisen, für individualistische Länder lässt sich dagegen kein Zusammenhang mit der Machtdistanz feststellen.

Als dritte Dimension nennt Hofstede (1993) die Unsicherheitsvermeidung, die den Umgang mit der unsicheren, nicht vorhersagbaren Zukunft beschreibt. Während Mitglieder von Kulturen mit geringer Unsicherheitsvermeidung lernen, diese Unwägbarkeit einfach hinzunehmen, wird in Kulturen mit hoher Unsicherheitsvermeidung versucht, die Zukunft kontrollierbar zu machen, sei es durch den Glauben an die Technik oder durch ein stark ausgeprägtes Rechtssystem. Auch Glaube und Religion können dazu genutzt werden, die Zukunft kontrollierbarer erscheinen zu lassen.

Die Dimension Maskulinität vs. Feminität schließlich stellt die Striktheit der Trennung zwischen Männer- und Frauenrollen in der Gesellschaft dar. In überwiegend feminin geprägten Ländern können Männer und Frauen beide Rollen annehmen, in maskulinen Ländern müssen die Männer stark und tapfer sein und das Geld verdienen, während die Frauen die klassische weibliche Rolle behalten. Von beiden Geschlechtern werden eher

männliche Werte wie viel Geld verdienen, etwas Sichtbares erreichen, Big is beautiful bevorzugt.

Andere, von Trompenaars (1996) oder Lewis (1999) ermittelte Dimensionen zur Beschreibung von Kulturen stimmen in wesentlichen Elementen mit Hofstedes Ergebnissen überein und unterscheiden sich vorwiegend durch eine andere Anzahl und Benennung der Dimensionen.

Für den deutschen Sprachraum wurde von Thomas (1993a) das Konzept der Kulturstandards entwickelt. Kulturstandards beschreiben das Verhalten der Menschen innerhalb einzelner Kulturen. Sie „determinieren die Arten des Wahrnehmens, Denkens und Handelns, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer Kultur als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden“ (Thomas, 1995, S. 87) und bilden damit die Grundlage zur Beurteilung eigenen und fremden Verhaltens. Das Handeln nach den Orientierungsregeln der eigenen Kultur wird im Laufe der Sozialisation so selbstverständlich, dass es nur in der Konfrontation mit anderen Standards wahrgenommen werden kann.

Die individuellen Ausprägungen der Kulturstandards und damit die vielen Bandbreiten möglichen Verhaltens variieren innerhalb eines Toleranzbereiches, dessen Mittelwert das von Mitgliedern einer Kultur am wahrscheinlichsten gezeigte Verhalten darstellt. Entspricht zum Beispiel ein beobachtetes Verhalten den deutschen Kulturstandards von Höflichkeit, Pünktlichkeit und Ordnung, dann wird es als richtig empfunden, weicht es um mehr als den individuellen Toleranzbereich davon ab, empfindet man das Verhalten als provokant oder anormal (Thomas, 1991). Des weiteren messen Kulturen ihren jeweiligen Kulturstandards unterschiedliche Bedeutung zu: Während in einigen Kulturen bestimmte Verhaltensweisen oder Einstellungen als von zentraler Bedeutung empfunden werden, schreiben andere Kulturen diesen Verhaltensweisen allenfalls peripheren Wert zu. Die Bedeutung des Kulturstandards und die unterschiedliche Ausprägung der Toleranzbereiche bestimmen die Tiefe von Konflikten, die in interkulturellen Überschneidungssituationen beim Kontakt zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen auftreten können.

Unabhängig davon, welches der verschiedenen Konstrukte zur Beschreibung von Kulturen zur Anwendung kommt, ob Kulturdimensionen oder -standards, deutlich wird, dass das Aufwachsen in einer bestimmten Kultur und die Sozialisation der Eltern das Verhalten des einzelnen nachhaltig beeinflusst und interkulturelle Situationen demzufolge eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Im Folgenden wird gezeigt, wie Kulturen insbesondere auf das Zusammenarbeiten von Angehörigen verschiedener Nationen wirken.

Kulturen als Determinanten wirtschaftlichen Handelns

Die kulturelle Determination des Verhaltens stellt für internationale Tätigkeiten einen erheblichen zusätzlichen Komplexitätsfaktor dar, vor allem, da nicht nur auf der individuellen Ebene, sondern auch in wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht kulturelle Verwurzelungen wirksam werden. Diese Heterogenität birgt Risiken, kann sich aber auch als Vorteil erweisen (Fayerweather, 1989). Scherm (1995) beschreibt die verschiedenen Einflüsse, die bei der Planung internationaler Tätigkeiten berücksichtigt werden sollen, und unterscheidet dabei natürliche und kulturelle Gegebenheiten (Abb. 2-1).

Kulturelle Gegebenheiten Natürliche

Gegebenheiten

Realitätserkenntnis

und Technologie Kulturell bedingte

Wertvorstellungen Soziale Beziehungen

und Bindungen Politisch- rechtliche Normen Denkstil und Sprache Zeitliche

Wertstruktur Demografische Merkmale

Klimatische Bedingungen

lebenswichtige Ressourcen

Umweltver-schmutzung

topographische Bedingungen

Wahrnehmung der Umwelt

Beurteilung des Entscheidungsbedarfs

Risikoeinstellung

Sprache

Zeitempfinden

Zukunfts-orientierung

Bevölkerungsdichte

Urbanisierungsgrad

Altersstruktur

Wachstumsrate

Wanderungen

Legitimität und Zentralisierung staatlicher Macht

Konflikthand-habung durch staatliche Organe

Rechts-sicherheit

Spezielle rechtliche Normen

Bildung Sachliche

Wertstruktur

Qualitative Merkmale indiv. Beziehungen

Alphabetisierungsgrad

Anteil höherer bzw.

akademischer Bildung

Niveau der beruflichen Bildung

Struktur der Bildungsinhalte

Religiosität

Individualismus und persönlicher Erfolg

Materialismus/

Pragmatismus

Arbeit (Stellenwert, Rollenkonflikte Anreiz)

Nationalismus

Paternalismus

Autoritarismus

Maskulinität

Nepotismus

Technologie Qualitative Merkmale

Gruppenbeziehungen

Entwicklungsstand

Anpassungsgrad vertikale Mobilität

interregionale Mobilität

Konfliktpotenzial und

-handhabung zwischen religiösen und ethnischen Gruppen

Abb. 2-1: Faktoren der globalen Unternehmensumwelt. In Anlehnung an: Scherm, E. (1995). Internationales Personalmanagement. München: Oldenbourg, S. 47

Auch Miroshnik (2002) beschreibt die verschiedenen Umgebungsfelder, in denen internationale Tätigkeiten stattfinden, legt dabei aber mehr Gewicht auf die politischen,

rechtlichen und ökonomischen Bedingungen. Wie bereits Phatak vor ihm (1986) unterscheidet er die folgenden vier Bereiche (Abb. 2-2):

Rechtliche Umgebung Kulturelle Umgebung Ökonomische Umgebung Politische Umgebung

Rechtstraditionen

Effektivität des Rechtssystems

Verträge mit anderen Ländern

Handels- und Patentrechte

Recht rund um die Wirtschaft

Sitten, Normen, Werte

Überzeugungen

Sprache

Einstellungen

Motivation

soziale Einrichtungen

Statussymbole

Religiöse Überzeugungen

Level der wirtschaftlichen Entwicklung

Bevölkerung

Bruttosozialprodukt

Per-Kopf-Einkommen

Analphabetenrate

Soziale Infrastruktur

Natürliche Ressourcen

Klima

Teilnahme in internationalen Verträgen (EEC, NAFTA)

Geld- und Steuerpolitik

Wettbewerbform

Währungsstabilität

Inflation

Steuersystem

Zinsraten

Lohnniveau

Regierungsform

Politische Ideologie

Stabilität der Regierung

Stärke der oppositionellen Parteien und Gruppen

Soziale Unruhen

Einstellung der Regierung zu fremden Firmen

Außenpolitik

politische Zwietracht

Abb. 2-2: Umgebungsfelder internationaler Handlungen. Quelle: Miroshnik (2002, S.523), in Anlehnung an Phatak (1986)

Trotz der deutlich werdenden Komplexität der Wirkungen von Kulturen auf internationale Unternehmungen sind Miroshnik (2002) zufolge in der Praxis Manager häufig der Ansicht, dass die Kultur keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft habe. Sie sehen die Zugehörigkeit zu einer Nationalität durch nichts weiter als den Personalausweis definiert und dementsprechend auch Kooperationen nicht eingeschränkt. Vor allem in den 1950er und 1960er Jahren ging man davon aus, dass universelle, überall gültige Managementprinzipien eingesetzt und so die Welt in einen globalen Wohlstand versetzt werden könne (Hofstede, 1983). Verschiedene politische Entwicklungen, wie das zunehmende Verlangen einzelner Völker, auch innerhalb nationaler Grenzen ihre Eigenständigkeit zu behaupten, oder die Schwierigkeiten bei der Weiterentwicklung der EU, aber auch wirtschaftliche Faktoren, wie die Rezession in den 1980er Jahren, die vorführte, dass auch die westlichen Managementprinzipien nicht zu ewigem Wohlstand befähigen, zeigten, dass nationale und regionale Besonderheiten bei der Planung von Prozessen berücksichtigt werden müssen (Brandenburger, 1995). Die zunehmende Bedeutung des japanischen Marktes, dessen Zuwachs vor allem mit den Besonderheiten der japanischen Kultur in Zusammenhang gebracht wurde, und die wachsende

Unzufriedenheit der Entwicklungsländer mit dem Verlauf von sie unterstützenden Projekten trugen ebenfalls dazu bei, diese ursprüngliche Ansicht zu revidieren.

Es besteht derzeit der Konsens, dass die kulturelle Zugehörigkeit bei der Planung von interkulturellen Vorhaben berücksichtigt werden muss. Kühlmann und Stahl (2001) berichten von einer regelrechten Welle von Studien, die vor allem die Einsicht in die Kulturabhängigkeit der Unternehmensführung ausgelöst hat. Mitarbeiterführung, Arbeitsmotivation, Verhandlungsstil und Zeitkonzept gelten als die am gründlichsten erforschten Problemfelder. So haben Schwierigkeiten mit der Durchsetzung eines partizipativen Führungsstils zu der Erkenntnis geführt, dass in manchen Kulturen eher patriarchische Anweisungen verlangt werden (Reber et al., 2000; Triandis & Vassiliou, 1972a). Andere Erfahrungen zeigten, dass Arbeitsmotivation sich aus unterschiedlichen Quellen nährt: Während eher individualistisch orientierte Kulturen durch Arbeit nach Selbstverwirklichung streben, nehmen eher kollektivistische Kulturen ihre Motivation aus der Verpflichtung gegenüber einer sozialen Bezugsgruppe oder der Möglichkeit, Unsicherheit zu vermeiden. Auch das Zeitkonzept mit seinen Auswirkungen auf den Planungsstil und die Organisation der Handlungen weicht bei einigen Kulturen erheblich voneinander ab. Kulturen mit linearem Zeitverständnis betrachten die Zeit als kostbares Gut, Menschen mit polychronem Zeitverständnis dagegen sehen die Zeit als nahezu unbegrenzt an, planen Handlungen parallel und legen nur wenig Wert auf Pünktlichkeit (Dülfer, 1995; Perlitz, 2000).

In den verschiedenen Bereichen der Internationalisierung, sei es in Kultur, Politik oder Wirtschaft, unterscheiden sich die Rahmenbedingungen, in denen die Handlungen stattfinden, sehr stark voneinander. Dennoch erfordern alle Settings, dass Menschen aus einer Kultur für eine Weile in einer anderen Kultur leben und dort unter den bereits beschriebenen komplexen Bedingungen Leistungen erbringen.

Im folgenden Abschnitt wird der Entsendungsprozess von Expatriates genauer beschrieben.

Dabei werden die in den verschiedenen Phasen auftretenden Schwierigkeiten und die den Aktivitäten zugrunde liegenden Ziele ausführlich dargestellt. Die für die vorliegende Arbeit zentralen Aspekte der Gestaltung von Auslandsentsendungen werden eingeführt.