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Abkürzungsverzeichnis

5 Zusammenfassung und Hypothesen

5.2 Evaluationsgegenstand: Auslandsaufenthalt

5.2.1 Kompetenzerwerb in allen Phasen

Den Hypothesen im folgenden Abschnitt liegt die Annahme zugrunde, dass Veränderungen sich schon alleine aus der Tatsache ergeben, dass die Expatriates - beginnend mit der Einreise ins Gastland - mit einer veränderten Umgebung konfrontiert werden, demzufolge einem Anpassungsdruck ausgesetzt sind und neue Anforderungen bewältigen müssen, die sich auch bei der Rückkehr fortsetzen (Kühlmann, 1995; Stahl, 1998). Da zudem der Auslandserfahrung auf dem Arbeitsmarkt hohe Bedeutung beigemessen wird (von Buol, 1996) und Auslandseinsätze in der Wirtschaft als Maßnahme zur Personalentwicklung eingesetzt werden (Wirth, 1992), sind weitgehend positive Entwicklungen der verschiedenen Kompetenzen und Eigenschaften zu erwarten. Büsing und Glaser (1991) bezeichnen für die Entwicklung der Persönlichkeit im Erwachsenenalter den Tätigkeitsspielraum und die berufliche Sozialisation als ausschlaggebende Faktoren. Das Design der vorliegenden Untersuchung erlaubt zur Prüfung der Hypothesen einen Vergleich der relativen Position auf unterschiedlichen Dimensionen von Teilnehmern einer Gruppe zu unterschiedlichen Messzeitpunkten, wie Abbildung 5-6 am Beispiel der Entwicklung der globalen Kompetenz verdeutlicht.

Die Ausprägung der betrachteten Variablen spielt dabei keine Rolle. 5

Zeit

Gruppe 1.1 Gruppe 1.2 Gruppe 2.1 Gruppe 2.2 Gruppe 3.1 Gruppe 3.2

Abb. 5-6: Die Entwicklung von Eigenschaften, Kompetenzen und Soft Skills im Verlauf des Auslands-aufenthaltes nach dem Muster „Kompetenzerwerb in allen Phasen der Entsendung“ am Beispiel der Globalen Kompetenz

GK 1.1 = Ausprägung der globalen Kompetenz zum 1. Befragungszeitpunkt der Gruppe 1; GK 1.2 = Ausprägung der globalen Kompetenz zum 2. Befragungszeitpunkt der Gruppe 1; GK 2.1 = Ausprägung der globalen Kompetenz zum 1. Befragungszeitpunkt der Gruppe 2; usw.

5 Naheliegend wäre an dieser Stelle ebenfalls ein Vergleich der Ausprägungen zwischen den verschiedenen Gruppen. Da aber möglicherweise strukturelle Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen bestehen, weil sich die Gruppen aus Teilnehmern unterschiedlicher Entsendungsorganisationen zusammensetzen, können eventuell auftretende Unterschiede nicht eindeutig auf den Auslandsaufenthalt als Auslöser zurückgeführt werden. Die Unterschiede zwischen den Gruppen werden aus diesem Grund nicht gesondert betrachtet - Mittelwertausprägungen der Gruppen können der Ergebnisdarstellung für die Unterschiede innerhalb der Gruppen entnommen werden.

Globale Kompetenz

Für die direkt mit der Arbeit verbundenen Kompetenzen, erscheint, bedingt durch die Auseinandersetzung mit den neuen Themen, eine Steigerung plausibel (Nagiah, 2002;

Üstünsöz-Beurer, 1998).

H62: Die Selbsteinschätzungen der globalen, gesellschaftlichen und organisationalen Kompetenz steigen in jeder Gruppe vom ersten zum zweiten Befragungszeitpunkt an. 6

Zu der im Rahmen des Auslandsaufenthaltes erwarteten Steigerung der beruflichen Fähigkeiten gehört auch eine Entwicklung der interkulturellen Kompetenz. So werden Auslandseinsätze häufig organisiert, um in Firmen einen Pool an auslandserfahrenen Kräften aufzubauen, die sich auch in anderen Arbeitsbereichen mit der zunehmenden Internationalität auseinandersetzen können (Glaser, 1999). Die Theorien zur Definition der interkulturellen Kompetenz beschreiben einen Zuwachs durch die fortschreitende Erfahrung und das Ausmaß an Kontakten zu Ausländern (Hammer, 1998; Taylor, 1994). Formuliert wird folgende Hypothese:

H63: Die interkulturelle Kompetenz steigt in jeder Gruppe vom ersten zum zweiten Befragungszeitpunkt an.

Vervollständigt werden die zu erwartenden Veränderungen durch den Bereich der Soft Skills und Persönlichkeitseigenschaften. Brommer (1993) beschreibt die Soft Skills mit der übergeordneten Fähigkeit einer Person, auch in nicht zuvor trainierten Problemsituationen angemessen und kompetent zu handeln. Eine solche Entwicklung sollte im Ausland, bedingt durch die vielfältigen neuen Anforderungen (Schröder, 1995; Stahl, 1998), fast zwangsläufig erfolgen. Kapitel 3 beschreibt eine Auswahl der im Kontext von Auslandsentsendungen als relevant erachteten Konstrukte, deren Veränderung anhand der folgenden Hypothese überprüft wurde:

H64: In allen Gruppen steigen Belastbarkeit, Flexibilität, Lernbereitschaft, Engagement, Organisations- und Improvisationstalent, Verhaltens- und Entscheidungssicherheit, soziale Kompetenz sowie emotionale Stabilität vom ersten zum zweiten Befragungszeitpunkt an.7 5.2.2 Kulturschock

In diesem Abschnitt werden Hypothesen dargestellt, die nicht von einer ausschließlich positiven Entwicklung der Konstrukte ausgehen. Stattdessen wird erwartet, dass in Gruppe 1

6 Das verwendete „und“ in der Aufzählung der Kompetenzen ist in den folgenden Hypothesen lediglich aggregierend zu verstehen und hat keine konjunktive Bedeutung. Eine Hypothese kann dementsprechend auch angenommen werden, wenn nur eine der genannten Kompetenzen, Eigenschaften oder Soft Skills sich wie postuliert verändert. Dies gilt auch für alle anderen Hypothesen im weiteren Verlauf, die eine Aufzählung von Bedingungen beinhalten.

7 Wie in Kapitel 6 beschrieben, werden die Dominanz und das Engagement nicht bei den Teilnehmern aus dem Profit-Bereich erhoben, so dass die Hypothese nur für den Non-Profit-Bereich geprüft werden kann.

LZ 1.1 X

LZ 1.2 X

LZ 2.1 X

LZ 2.2 X

LZ 3.1 X

LZ 3.2 X

nach der Ausreise, bedingt durch den Kulturschock, zunächst eine geringere Ausprägung der betreffenden Konstrukte zu verzeichnen ist, in Gruppe 2 im Verlauf des Auslandsaufenthaltes jedoch eine Steigerung auftritt, die sich auch in Gruppe 3 nach der Rückkehr wiederfindet.

Abbildung 5-7 beschreibt die Entwicklung am Beispiel der Lebenszufriedenheit.

Zeit

Gruppe 1.1 Gruppe 1.2 Gruppe 2.1 Gruppe 2.2 Gruppe 3.1 Gruppe 3.2 Abb. 5-7: Die Entwicklung von Eigenschaften, Kompetenzen und Soft Skills im Verlauf des Auslandsaufenthaltes nach dem Muster „Kulturschock“ am Beispiel der Lebenszufriedenheit

LZ 1.1 = Ausprägung der Lebenszufriedenheit zum 1. Befragungszeitpunkt der Gruppe 1; LZ 1.2 = Ausprägung der Lebenszufriedenheit zum 2. Befragungszeitpunkt der Gruppe 1; LZ 2.1 = Ausprägung der Lebenszufriedenheit zum 1. Befragungszeitpunkt der Gruppe 2; usw.

Die Hypothesen beziehen sich auch hier nur auf die Unterschiede innerhalb der Gruppen, die in Abbildung 5-7 darüber hinaus erkennbaren Differenzen dienen lediglich der schematischen Darstellung.

Gudykunst (1983a) und Gudykunst und Nishida (1984) beschreiben die Sicherheit in der Kommunikation mit den Angehörigen des Entsendungslandes als Indikator für die Qualität der interkulturellen Auseinandersetzung. Erwartet wird:

H65: Die Sicherheit in der Kommunikation mit der einheimischen Bevölkerung sinkt in Gruppe 1 vom ersten zum zweiten Befragungszeitpunkt ab, steigt aber während des Auslandsaufenthaltes (Gruppe 2) sowie nach der Rückkehr (Gruppe 3) wieder an.

Für die soziale Unterstützung lässt sich ebenfalls ein entsprechender Verlauf erwarten, da wahrscheinlich ist, dass sich zu Beginn des Aufenthaltes zunächst oberflächliche Beziehungen entwickeln, die noch keine Möglichkeit bieten, die Funktion sozialer Bezugspunkte ausreichend zu erfüllen, sich aber gegen Ende des Auslandsaufenthaltes zu tragfähigen Beziehungen entwickeln (Gabriel-Ramm, 1996). Auch die von Adelman (1988) und Schröder (1995) beschriebenen sozialen Bindungen zu Nachbarn, Arbeitskollegen oder Bekannten

Lebenszufriedenheit

U 1.1 X

U 2.2

X U 3.1

X U3.2

X U 2.1

X U 1.2

X

(sogenannte weak ties), die einen Indikator für die soziale Unterstützung darstellen, entwickeln sich erst im Verlauf des Auslandaufenthaltes. So ergibt sich folgende Hypothese:

H66: Die aktuelle Einschätzung der sozialen Unterstützung sinkt in Gruppe 1 vom ersten zum zweiten Befragungszeitpunkt ab, steigt aber während des Auslandsaufenthaltes (Gruppe 2) sowie nach der Rückkehr (Gruppe 3) wieder an.